„Der schwarze Kanal“ – Versionsunterschied

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→‎Rezeption: ...und weil da so ist und das mit der Farbe des Konservatismus zu tun hat, ist das im eigentlichen Sinn auch keine Rezeption für *diesen* Schwarzen Kanal; wenn der stattdessen im Artikel zum Spiegel beschrieben worden wäre, würde das stattdessen eine BKL rechtfertigen
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Das Deutsche Rundfunkarchiv hat die Sehbeteiligungskartei der Sendung von 1965 bis 1990 archiviert. In den ersten Jahren kam ''Der schwarze Kanal'' – Wiederholungen ausgenommen – auf Quoten von meist 14 bis 25&nbsp;Prozent mit großen Abweichungen einzelner Sendungen. Ende der 1970er Jahre erreichte sie kaum noch zweistellige Werte und sank kontinuierlich weiter mit durchschnittlichen Quoten um drei bis fünf Prozent bis zur Einstellung.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.dra.de/cgi-bin/zuschauerforschung/sehbeteiligungskartei.pl?Filecode=PURHA02&Page=1 |text=''Sehbeteiligungskartei (1965–1990).'' |wayback=20150923220347 |archiv-bot=2019-08-31 19:28:46 InternetArchiveBot}} Publizistische Reihen Hauptabend – Der Schwarze Kanal. Deutsches Rundfunkarchiv, dra.de.</ref>
Das Deutsche Rundfunkarchiv hat die Sehbeteiligungskartei der Sendung von 1965 bis 1990 archiviert. In den ersten Jahren kam ''Der schwarze Kanal'' – Wiederholungen ausgenommen – auf Quoten von meist 14 bis 25&nbsp;Prozent mit großen Abweichungen einzelner Sendungen. Ende der 1970er Jahre erreichte sie kaum noch zweistellige Werte und sank kontinuierlich weiter mit durchschnittlichen Quoten um drei bis fünf Prozent bis zur Einstellung.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.dra.de/cgi-bin/zuschauerforschung/sehbeteiligungskartei.pl?Filecode=PURHA02&Page=1 |text=''Sehbeteiligungskartei (1965–1990).'' |wayback=20150923220347 |archiv-bot=2019-08-31 19:28:46 InternetArchiveBot}} Publizistische Reihen Hauptabend – Der Schwarze Kanal. Deutsches Rundfunkarchiv, dra.de.</ref>

Der konservative Journalist [[Jan Fleischhauer]] benannte 2011 seine Online-Kolumne beim [[Der Spiegel (online)|''Spiegel'']] (seit 2019 beim ''[[Focus]]'') nach Schnitzlers Sendung und spielte dabei auf die Assoziation der Farbe Schwarz mit der [[Union (Politik)|Union]] bzw. dem konservativen Spektrum an.<ref>{{Internetquelle |autor=Jan Fleischhauer, DER SPIEGEL |url=https://www.spiegel.de/thema/spon_fleischhauer/ |titel=Der Schwarze Kanal. Alle Beiträge |abruf=2020-10-15 |sprache=de}}</ref>


== Verbleib der Sendungen ==
== Verbleib der Sendungen ==

Version vom 19. Oktober 2020, 21:41 Uhr

Fernsehserie

Der schwarze Kanal war eine politisch-agitatorische Sendereihe des DDR-Fernsehens zu Zeiten des Kalten Krieges. Der Chefkommentator Karl-Eduard von Schnitzler widmete sich im Sinne der SED-Propaganda einzelnen Ausschnitten von Sendungen des Westfernsehens.

In der letzten Version des Vorspanns (ab den späten 1970er Jahren) nahm auf einem Fernsehantennenwald der Bundesadler Platz. Sein schwarz-weiß-rotes Brustband sollte den reaktionären Charakter der Bundesrepublik symbolisieren. Über dem als Zeichentrick visualisierten Szenario kreisten die Akronyme von ARD und ZDF. Die Musik bestand aus elektronischem Gepiepe, das sich zum Rhythmus des Deutschlandlieds fügte.

Geschichte

Die Sendung startete am 21. März 1960.[1] Sie war eine Antwort auf die zwischen 1958 und 1960 im Abstand von drei Monaten von der ARD ausgestrahlten Fernsehsendung Die rote Optik, in der Thilo Koch, der Leiter des West-Berliner Studios des Norddeutschen Rundfunks, Ausschnitte aus Sendungen des DDR-Fernsehens als Propaganda analysierte. Der Titel Der schwarze Kanal war eine Anspielung auf diese Sendung.[2] Schnitzler selbst äußerte sich zu Beginn der ersten Sendung über seine Absicht und zum Titel wie folgt:

„Der Schwarze Kanal, den wir meinen, meine lieben Damen und Herren, führt Unflat und Abwässer; aber statt auf Rieselfelder zu fließen, wie es eigentlich sein müßte, ergießt er sich Tag für Tag in hunderttausende westdeutsche und Westberliner Haushalte. Es ist der Kanal, auf welchem das westdeutsche Fernsehen sein Programm ausstrahlt: Der Schwarze Kanal. Und ihm werden wir uns von heute an jeden Montag zu dieser Stunde widmen, als Kläranlage gewissermaßen.“

Karl-Eduard von Schnitzler: Der schwarze Kanal, zitiert in den Medienobservationen[3]

Die Medienobservationen des Philologischen Instituts an der Ludwig-Maximilians-Universität München bezeichneten seine Beiträge als „polemisch-aggressive Haßtiraden“.[4]

Schnitzler legte in seinen Sendungen auch den Finger in tatsächliche Wunden des verfeindeten Westens, wenn auch oft polemisch überzeichnet. In späteren Jahren galt wegen seiner ähnlich agitatorisch-polarisierenden Wirkung das zwischen 1969 und 1988 ausgestrahlte ZDF-Magazin mit Gerhard Löwenthal als Pendant. Löwenthal und Schnitzler lieferten sich zwei Jahrzehnte lang Vorlagen für ihre politische Agenda.

Der Schwarze Kanal hatte seinen festen Sendeplatz am Montagabend vor 22 Uhr. Der genaue Beginn konnte variieren, da zuvor ein Spielfilm ausgestrahlt wurde. Die Sendung wurde Dienstags um 11:30 Uhr wiederholt, wie alle Sendungen des jeweiligen Vorabends.

Im Zuge der politischen Wende setzte das DDR-Fernsehen am 30. Oktober 1989 nach 1519 Folgen die Sendung ab. Im Jahr 1992 strahlte der ORB einen Ende 1991 neu produzierten „allerletzten Schwarzen Kanal“ aus, mit selbstgeschriebenen und -vorgetragenen Kommentaren Schnitzlers.

Konzept

Die Wochensendung Der Schwarze Kanal zeigte montagabends, unmittelbar nach der Ausstrahlung des populären Montagsfilms (UFA-Reprisen aus dem Staatlichen Filmarchiv der DDR[5]) jeweils um 21:35 Uhr 20 Minuten lang Ausschnitte von Nachrichten, Reportagen und Polit-Magazinen aus dem Westfernsehen, die Schnitzler, der in 1322 von insgesamt 1519 Ausgaben vor der Kamera stand, mit aggressiver Polemik kommentierte. Stellvertretend agierten unter anderem auch Günter Herlt, Ulrich Makosch sowie Heinz Grote, die einen weniger aggressiven Duktus pflegten. Weitere Sprecher der Sendung waren Götz Förster, Volker Ott und Albert Reisz, die allerdings nur wenige Ausgaben kommentierten.

Zum Start der Sendung wollte Schnitzler breite Zielgruppen „von Lieschen Müller bis Dr. Lieschen Müller“ erreichen, in den 1970er Jahren habe der Fokus zunehmend auf Parteifunktionäre, Offiziere der NVA, denen der Konsum westlicher Fernsehsendungen untersagt war, Lehrer, Journalisten und andere Gruppen gewechselt: Multiplikatoren, die Schnitzlers Polemik aufnahmen[6] und interessierten Bürgern ausgewählte westliche Nachrichten nebst ideologischer Interpretation zu präsentieren. Dabei wurden in propagandistischer Manier die westdeutschen Nachrichten- und Magazinsendungen ihrerseits als Propaganda des Klassenfeindes dargestellt.

Rezeption

Das Deutsche Rundfunkarchiv wirft Schnitzler vor, durch sinnentstellende Kürzungen von Szenen und speziell geordnete Abfolgen von Ausschnitten Aussagen manipuliert zu haben.

Schnitzler, der ursprünglich bei der BBC und beim Nordwestdeutschen Rundfunk gearbeitet hatte, war einer der bekanntesten Kommentatoren der DDR-Medien. Zumeist wurde er in respektvoll-ambivalenter Weise „Karl-Eduard“ genannt. Im sprichwörtlichen DDR-Witz wurde er auch als „Karl-Eduard von Schni-“ bezeichnet, um auszudrücken, dass noch vor der vollständigen Aussprache seines Namens der Fernseher ab- oder umgeschaltet wurde. Auch Wolf Biermann schmähte Schnitzler am 1. Dezember 1989 in seiner Ballade von den verdorbenen Greisen [7] als „Sudel-Ede“,[8][9] der „im Grab noch die Würmer belügen“ müsse.[10]

Die Sendung wurde zeitweise, vor allem in den 1960er und Anfang der 1970er Jahre, in einigen Bereichen als eine Art Pflichtveranstaltung betrachtet. So wurde der Inhalt des Schwarzen Kanals zum Beispiel im Politunterricht bei der Armee (NVA oder Grenztruppen) und für den Staatsbürgerkundeunterricht in der Schule verwendet. Das hing aber von den jeweiligen Lehrern und Schulen ab und war regional sehr unterschiedlich.

Im DDR-Bezirk Dresden und in anderen Orten, in denen kein Westempfang möglich war (umgangssprachlich „Tal der Ahnungslosen“) bot Der schwarze Kanal zwar die Möglichkeit, wenigstens Ausschnitte aus Nachrichten von ARD und ZDF zu sehen; sie waren allerdings oft stark gekürzt und aus dem Zusammenhang gerissen, sodass sie kaum als neutrale Informationsquelle dienen konnten.

Das Deutsche Rundfunkarchiv hat die Sehbeteiligungskartei der Sendung von 1965 bis 1990 archiviert. In den ersten Jahren kam Der schwarze Kanal – Wiederholungen ausgenommen – auf Quoten von meist 14 bis 25 Prozent mit großen Abweichungen einzelner Sendungen. Ende der 1970er Jahre erreichte sie kaum noch zweistellige Werte und sank kontinuierlich weiter mit durchschnittlichen Quoten um drei bis fünf Prozent bis zur Einstellung.[11]

Der konservative Journalist Jan Fleischhauer benannte 2011 seine Online-Kolumne beim Spiegel (seit 2019 beim Focus) nach Schnitzlers Sendung und spielte dabei auf die Assoziation der Farbe Schwarz mit der Union bzw. dem konservativen Spektrum an.[12]

Verbleib der Sendungen

Wie auf den Webseiten des Deutschen Rundfunkarchivs als Nachlassverwalter des DDR-Fernsehens ausgeführt ist, zeichnete das DDR-Fernsehen bei Magazinsendungen wie dem Schwarzen Kanal allein die Einspielfilme, nicht aber die live gesprochenen Kommentare und Einleitungen der Moderatoren auf. Im Falle des Schwarzen Kanals sind weder die Aufzeichnungen der Kommentare des Autors und Moderators Schnitzler überliefert, noch die Einspielfilme, die aus Ausschnitten des Westfernsehens bestanden, weil Schnitzler sie zumeist schon wenige Tage nach der Ausstrahlung vernichten ließ. Die Manuskripte jedoch sind weitgehend erhalten und befinden sich ebenfalls im Deutschen Rundfunkarchiv.

Erhalten geblieben sind rund 350 der 1519 Folgen des Schwarzen Kanals, die von westlichen Einrichtungen während der Liveausstrahlung des DDR-Fernsehens aufgezeichnet wurden. 33 Folgen des Schwarzen Kanals sind im Handel auf einer zwölfstündigen DVD-Box erhältlich.

Literatur

  • Marc Levasier: Der Schwarze Kanal. In: Jürgen Wilke (Hrsg.): Journalisten und Journalismus in der DDR. Berufsorganisation. Westkorrespondenten. „Der Schwarze Kanal“. Böhlau, Köln, Weimar, Wien 2007, ISBN 978-3-412-36205-8, S. 217–305.
  • Kirsten Nähle: Der schwarze Kanal – Ein politisches Magazin des DDR-Fernsehens. Tectum-Verlag, 1. Aufl., Marburg 2005, ISBN 3-8288-8908-5.
  • Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.; Red.: Hans Walter Hütter): Bilder, die lügen. Begleitbuch zur Ausstellung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. 3. Aufl., zahlr. Ill., graph. Darst., Bouvier Verlag, Bonn 2003, ISBN 3-416-02902-X.
  • Matthias Steinle: Vom Feindbild zum Fremdbild. Die gegenseitige Darstellung von BRD und DDR im Dokumentarfilm. Mit einem Vorwort von Marc Ferro, (Reihe CLOSE UP, Bd. 18), UVK, Konstanz 2003, ISBN 978-3-89669-421-8.

Einzelnachweise

  1. Berliner Zeitung vom 18. März 1960, S. 10. Das „Fernsehfunkprogramm“ vom 21. März 1960 umfasst demnach acht Sendungen, die um 12.45 Uhr mit dem „Fernsehstudio Naturwissenschaften“ begannen, gefolgt vom Kinderfernsehen, Sport und Musik, 19.45 Uhr Aktuelle Kamera, danach Die ehrbare Dirne, 21.35 Uhr Der schwarze Kanal, gefolgt von „An der Wiege des Menschengeschlchts“ und der Spätausgabe der Aktuellen Kamera.
  2. Propaganda. Riesel-Feldschlacht. Information des Spiegel vom 13. April 1960
  3. (vgl. Weblink)
  4. Horst Rörig: ‚Hygiene im Äther‘ oder die verpaßte Realität – Karl-Eduard von Schnitzler und der ‚Der Schwarze Kanal‘. (Memento vom 25. Oktober 2002 im Internet Archive)
  5. Claudia Dittmar: Feindliches Fernsehen. Das DDR-Fernsehen und seine Strategien im Umgang mit dem westdeutschen Fernsehen. Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1434-3, S. 146, zur Platzierung des Schwarzen Kanals Jürgen Wilke (Hrsg.): Journalisten und Journalismus in der DDR. Berufsorganisation. Westkorrespondenten. „Der Schwarze Kanal“. Böhlau, Köln, Weimar, Wien 2007, ISBN 978-3-412-36205-8, S. 300
  6. Jürgen Wilke: Journalisten und Journalismus in der DDR: Berufsorganisation, Westkorrespondenten, „Der schwarze Kanal“. Böhlau Verlag, Köln und Weimar. S. 240. (Online bei Google Books)
  7. Nicht Rache, nein, Rente! In: Der Spiegel. Nr. 48, 1999 (online).
  8. „Sudel-Ede“ ist tot. In: Manager Magazin, 20. September 2001.
  9. Schnitzlers Schnitzer. In: Spiegel Online, 23. April 2004.
  10. Wolf Biermann – Ballade von den verdorbenen Greisen
  11. Sehbeteiligungskartei (1965–1990). (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dra.de Publizistische Reihen Hauptabend – Der Schwarze Kanal. Deutsches Rundfunkarchiv, dra.de.
  12. Jan Fleischhauer, DER SPIEGEL: Der Schwarze Kanal. Alle Beiträge. Abgerufen am 15. Oktober 2020.