„Speedcore“ – Versionsunterschied

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== Bekannte Interpreten und DJs ==
== Bekannte Interpreten und DJs ==
Amiga Shock Force, Ampakill, ANC, Bazooka, Cipher, Defloration, Diabarha, Elektrotot, [[Gabba Front Berlin]], [[Gabba Nation]], IGoA, Inapt, Interrupt Vector, Komprex, Kreislaufstörung, M1DY, Nasenbluten, Nihil Fist, Noizefucker, DJ Plague, Qualkommando, Speedcore Front Ost Berlin, ScreamerClauz, Sonic Overkill, [[Martin Damm (Musiker)|The Speed Freak]], Stormtrooper, DJ Totschläger, Disco Cunt, [[Martin Kliehm|Trauma XP]], Pain Alliance, Passenger of Shit, Pressterror, Noisekick, Nordcore GMBH, Materialschlacht
Amiga Shock Force, Ampakill, ANC, Bazooka, Cipher, Defloration, Elektrotot, [[Gabba Front Berlin]], [[Gabba Nation]], IGoA, Inapt, Interrupt Vector, Komprex, Kreislaufstörung, M1DY, Nasenbluten, Nihil Fist, Noizefucker, DJ Plague, Qualkommando, Speedcore Front Ost Berlin, ScreamerClauz, Sonic Overkill, [[Martin Damm (Musiker)|The Speed Freak]], Stormtrooper, DJ Totschläger, Disco Cunt, [[Martin Kliehm|Trauma XP]], Pain Alliance, Passenger of Shit, Pressterror, Noisekick, Nordcore GMBH, Materialschlacht


== Stiltypische Tracks ==
== Stiltypische Tracks ==

Version vom 4. Juni 2020, 12:10 Uhr

Speedcore ist der Oberbegriff für die schnellsten Varianten des Hardcore Technos. In Ermangelung einer subsumierbaren Definition, die den „langsamen“ Hardcore Techno vom „schnellen“ Speedcore abgrenzt, können die Beats per minute (BPM) als Kriterium herangezogen werden. Ein BPM-Bereich von 270 bis 500 gilt als typisch.

Charakterisierung

Hauptmerkmal von Speedcore ist die extrem geschwindigkeitsbetonte, übersteuerte Perkussion, deren Klänge aus Drumcomputern stammen können oder gesampelt sind; weiterhin zählen Geräusche, eingängige Monologe, menschliche Laute und Schreie aus Horrorfilmen und nahestehenden Genres zu den häufigsten Beimischungen. Sehr künstlich anmutende Synthesizergeräusche und Melodie-Sequenzen, welche düster, eher selten fröhlich, Mitte der 1990er auch häufig acidlastig oder auch „rockig“ (mit Gitarrensamples z. B. von Cannibal Corpse) klingen können, komplettieren in der Regel das Repertoire.

Die schnell aufeinanderfolgenden Bassschläge werden vom Hörer als Rausch empfunden, der zusammen mit der veranstaltungstypischen Informationsüberflutung schneller Blitzlichter und eventuell auch in Kombination mit Rauschmitteln wie Alkohol oder anderen Partydrogen eine (bei Anhängern der Musikrichtung als positiv empfundene) stressend-befriedigende Wirkung (Eustress) auf den Körper ausübt.

Die Masse aller Tracks hat eine standardmäßige Länge von drei bis fünf Minuten. Ebenso gibt es Speedcore-Tracks mit hohen rechnerischen Taktfrequenzen (z. B. über 1500 BPM), bei diesen Geschwindigkeiten sind die Rhythmen und die einzelnen Takte kaum bis gar nicht mehr voneinander unterscheidbar, da das menschliche Gehör Musiksequenzen von unter 50 ms, die sich permanent wiederholen, als kontinuierliches Geräusch wahrnimmt. „Breaks“, also das Aussetzen einzelner Drum-Sequenzen in mehr oder weniger taktgebenden Abständen, füllen dabei die Rolle des rhythmischen Elements aus, an welchem sich der Tanzende orientieren kann. Als Quelle für diese Musik bedient man sich dabei den unzähligen Gratis-Tracks, die starken Qualitätsschwankungen unterliegen; der zweistelligen Anzahl an deutschsprachigen Plattenläden im Internet, die solche Musik im Angebot haben (wovon vielleicht 3–5 stärker genutzt werden); den Mixen bzw. Partymitschnitten, die in der Regel über sogenannte FreeHoster verteilt werden; oder man klinkt sich in eine (Internet-)Gemeinschaft ein, um über Mittel wie ICQ oder Peer-to-Peer Dateien auszutauschen. Immer noch großer Beliebtheit erfreuen sich auch digitalisierte Kassettenaufnahmen.

Wortherkunft

Es ist nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen, wann und wo der Begriff das erste Mal aufgetaucht ist, von den meisten Szene-Anhängern wird jedoch das 1997 veröffentlichte Album „New York City Speedcore“ des US-amerikanischen Acts Disciples Of Annihilation (DOA)[1] mit dem ersten Auftreten des Namensgebers dieser Szene verbunden. „Schnelle“ Musik dieser Art schon länger, genannt seien Moby mit „Thousand“ (1992) und The Sorcerer mit „Summer“ sowie 303 Nation mit „Double Speed Mayhem“ (beide 1993).

Kategorisierung

Konkret ist es schwierig zum einen die Subgenres zeitlich einzuordnen, die Vielfalt „hinter“ den allseits anstößigen schnellen Drums ist immens, es bildeten sich u. a. musikalische Parallelen zum Grindcore aus (bspw. The Berzerker oder Acid Enema), andererseits gab es auch Experimente im Bereich Klassik, wie beim Act „Dark Orchestra“ oder „Speedcore Front Ost Berlin (SFOB)“.

Geschichte

Anfang der 1990er Jahre gab es viele musikalische Strömungen, die sich der technolastigen Musik verschrieben haben, alles war neu und demnach ging man ungezwungen mit jeglichen Experimenten um. Im Laufe der Zeit bildeten sich klar abgegrenzte Musikrichtungen heraus, um später die Einflüsse anderer Richtungen wieder zu übernehmen und zu adaptieren, demnach ist die Zeit eher unübersichtlich. Im damaligen Underground ist viel an geschichtlichem Fakten für immer untergegangen. Bereits deutlich vor der Etablierung der Genre-Bezeichnung "Speedcore" gab es Stücke, die versuchten die 1.000 BpM-Marke zu erreichen, indem sie langsam steigende BpM benutzten, etwa Mobys Thousand (1993) oder Marc Acardipanes We are from Frankfurt (1993; als PCP). Thousand erhielt dafür mit bis zu 1.015 BpM einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde als Song mit dem höchsten Tempo.[2]

Viele der heutigen Szene-Anhänger gaben an, über die Thunderdome- und Terrordrome-CD-Compilations (letztere ab 1995) in den Sog dieser Musik gerissen worden zu sein, die kein Geschwindigkeitslimit kennt. Diese wurden in Werbespots bei Musiksendern beworben und somit bekannt gemacht.[3] Zu dieser Zeit fanden auch Techno-Partys statt, die teils eine zweistellige Anzahl an Floors aufwiesen. Demzufolge war auch Gabber bzw. Speedcore dort vertreten. Wenig später kam die CD-Reihe Braindead von Shockwave Recordings, gelegen in Bad Kreuznach mit der Verteilerfirma EFA, auf den Musik-Markt (1994). So gingen einige Platten, welche schon einem hohen Geschwindigkeitsbereich zuzurechnen waren, in Pressung, u. a. mit The Speed Freak und dessen zahlreichen Pseudonymen, E-de-Cologne oder auch B.C. Kid.[4] In Frankfurt etablierte sich ebenfalls im Jahr 1994 das zu Planet Core Productions (PCP) gehörende Sub-Label Kotzaak Unltd. mit Künstlern wie Stickhead, Leathernecks (Lenny Dee mit Acardipane) oder Dogge Team (Acardipane). Tracks dieser Künstler erschienen auf der bereits 1990 etablierten Frankfurt Trax-Compilation, die sie bald wesentlich mitprägten, später auch auf den Veröffentlichungen der resident e-Reihe (2000–2004). Im Jahr 1996 erschien die Compilation Bunker Beats One, die Tracks fast aller damals etablierten Speedcore-Produzenten aus Deutschland enthielt und dem bekanntesten Genre-Club Bunker (Berlin) gewidmet war.[5] In Berlin waren es vor allem die Gabba Nation, Alec Empire mit seinem Digital Hardcore-Projekt Atari Teenage Riot und XOL DOG 400 mit seinen Terrorcore-Stücken, die zu den herausragenden Vertretern gezählt wurden.

Während sich der niederländische Gabber von dem Streben nach anfangs ebenfalls schnellen Tracks[6] weitgehend von höherem Tempo fern hielt, kamen vor allem in Deutschland und den USA, aber auch in Frankreich, Japan und Australien immer mehr dem Speedcore zuzurechnende Hardcore-Künstler hinzu. Label wie Bloody Fist (Australien), Industrial Strength (USA) oder Nordcore Records (Hamburg) wurden nun, in der Zeit um 1995, neben Shockwave führend. Die Terrordrome-Compilations wurden ab dem Jahr 1995 (Terrordrome V) von deutschen und französischen Künstlern dominiert. Dort wurde teils die BpM-Zahl mit angegeben und relativ häufig wurden hier 250 BpM durch Projekte wie BSE DJ Team, Gangstar Toons Industry oder Bakalla erreicht. Dies galt in der Mitte der 1990er Jahre als die Grenze zum Speedcore, wobei aber auch teils noch Stücke mit mehr als 220 BpM dazu gezählt wurden.

Besonders unter Speedcore-Produzenten etablierte sich die Provokation gegen den niederländischen Gabber, dem der Ausverkauf unterstellt wurde, als Stilmittel, da dieser erste Charterfolge feierte und Gabber-Projekte wie Charly Lownoise & Mental Theo oder GTO (als Technohead) ihren Stil angeblich vorsätzlich änderten. Besonders oft wurde hierbei der niederländische Gabber-Urvater Paul Elstak attackiert, aber auch deutsche Produzenten wie Hardsequencer oder DJ Hooligan wurden solange angefeindet, bis sie ihre Namen änderten.[7] Den Höhepunkt der DJ Paul-Anfeindungen bildeten im Jahr 1997 die Tracks Paul sucks des japanischen Projekts Hammer Bros. und Rainbow Up My Arse (auch Rotterdam takes it up the arse) des australischen Projektes Nasenbluten. Zu dieser Zeit gab es aber auch bereits im Gegenzug verbale Angriffe auf einige der Urheber dieser Anfeindungen etwa Speedfreak, you better run von Leathernecks. Daneben wurden auch Projekte kritisiert, die sich an den Hardcore Techno anlehnten, insbesondere die deutsche Band Scooter.[8] Trotz dieser Disses kam es aber zu keiner kompletten Spaltung der Szene. Ähnlich wie im Hip Hop dienten sie eher der eigenen Etablierung und kommen teilweise auch im niederländischen Gabber vor.[9]

Als Genre-Bezeichnung setzte sich der Begriff Speedcore nur allmählich durch. Zuvor und zeitgleich hatte man teils auch von Terror gesprochen, etabliert durch den Track Extreme Terror aus dem Jahr 1994 von DJ Skinhead. Zudem gab es zahlreiche andere Benennungsversuche wie Splittercore, Breakcore, Terrorcore oder Doomcore, die sich am jeweiligen Klangbild orientierten. Im deutschsprachigen Raum wurde zumeist Gabba als bewusste Abgrenzung vom Gabber benutzt. Lange Zeit firmierten allerdings alle Stücke unter dem Oberbegriff Hardcore/Gabber. Diese Begriffe haben sich heute teilweise für Subgenres (siehe unten) etabliert. Im Jahr 1996 bildete sich im Rahmen von Shockwave bzw. dessen Mutterlabel Street Trash Alliance ein Sublabel, das zu Napalm Records gehörte und Speedcore hieß. Es bestand mehr als ein Jahrzehnt lang und war maßgeblich an der Etablierung des Begriffes beteiligt. Hier veröffentlichten Künstler wie Amiga Shock Force, Bazooka oder Sonic Overkill.[10] Auch der Track New York City Speedcore der Disciples of Annihilation (D. O. A.) förderte diese Bezeichnung. Mit der Reihe Napalm Rave etablierte sich in den Jahren 1995 bis 1998 eine weitere Compilation.[11]

Als sich dann einige dieser „Geschwindigkeits-Fanatiker“ im damals aufstrebenden Internet zusammenfanden, gab es eine Community mit Namen „United Speedcore Nation“[12], die sich lange Zeit als Unikum im Internet befand und demzufolge eine für damalige Verhältnisse hohe Besucherzahl hatte und ebenfalls zur Etablierung des Begriffs Speedcore beitrug. Daraus entwickelte sich ein Label mit zwei Sublabels (Brain Distortion und Hate System) auf denen Künstler wie Lord Lloigor, Qualkommando oder ANC sowie ehemalige Projekte von Total Brutal Records (wie E-605 oder Noize Squad) Dutzende Platten und MP3-Dateien veröffentlichten.

Gegen 2001 ging dieses Projekt zu Ende, viele der Nutzer verstreuten sich in alle Winde und wurden teilweise wieder aufgefangen von dem weiterführenden Schweizer Projekt Mascha, welches auch Vinyl und CDs (unter Mascha Records) herausbrachte[13] oder dem unter Szeneanhängern legendären „Speedcoreboard“[14] sowie Braindestruction[15], dessen Urheber ebenso Freetracks auf der Seite bereitstellte und CD-Kompilations mit Namen „N0iz3tr4uma“ veröffentlicht(e).

Weiterhin begann sich mit dem Abflauen der Techno-Welle (mit der LoveParade als Indikator) die Welt der Musik zu konsolidieren und weiter zu differenzieren, dabei gingen in der Konsequenz natürlich einige Subgenres des Technos unter, andere entstanden neu, beispielsweise der zur Jahrtausendwende auftretende Frenchcore, der im Weiteren rasch aus seinem Speedcore-Background heraustrat. Die Zahl der Speedcore-Veröffentlichung steigt von Jahrzehnt zu Jahrzehnt an. So rechnet die Seite discogs.com knapp 1.000 Werke zwischen den Jahren 1990 und 1999 diesem Genre zu, wohingegen es zwischen den Jahren 2000 und 2009 schon mehr als 2.500 und von 2010 bis 2019 mehr als 5.000 waren.[16]

Szene

Die meisten Speedcoreanhänger, auch „Speedcore’er“ oder Speedcoreheads genannt, tragen oft schwarze Kleidung, insbesondere Kapuzenpullover, kombiniert mit Tarnfarben – sehr beliebt waren die „Terror Worldwide“ Pullover als Erkennungszeichen, wobei man jüngst eher auf die Standardbekleidung zurückgreift; der Begriff Terror, als Ausdruck von verschiedenen – nicht zwangsläufig politisch gemeinten – Lebensphilosophien und damit zusammenhängende Motive ist oft anzutreffen. Ausgefallene Kleidung, wie zu Zeiten der LoveParade fallen eher negativ auf. Weiterhin geht die „Masse“ der Speedcorehörer kritisch, aber viel öfter sarkastisch – und manchmal auch unbedacht – mit dem Thema Nationalsozialismus um.

Ein Großteil der passionierten Speedcore-Hörer produziert selbst Speedcore und/oder legt als DJ Musik auf Partys auf bzw. spielt seine Arrangements live vom Laptop. Die Speedcore-Szene ist der Anzahl nach größtenteils in Mitteleuropa (Holland, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Schweiz) anzutreffen, seltener und meist in kulturell ganz anderen Herangehensweisen gibt es (verhältnismäßig kleine) Bewegungen in den USA (nachdem die DOA-Künstler abgetreten sind), Kanada (Canadian Speedcore Resistance), Australien (Berzerker, Passenger of Shit), Japan (M1DY) und in Osteuropa sowie den skandinavischen Ländern, dort sind die Hörerzahlen für eine landesumspannende Szene jedoch recht gering. Der Anteil männlicher Freunde des Speedcore liegt – stichprobenartig auf Veranstaltungen betrachtet – deutlich über dem Frauenanteil.

Szene-Anhänger benutzen diese Musik unter anderem zum Spannungs- bzw. Aggressionsabbau gegen alltägliche Zwänge oder Ungerechtigkeiten, zur Abgrenzung von der Musikindustrie (und ihren Vermarktungstechniken), als Ausdruck der Lebensfreude oder schlicht als jugendliche Rebellion gegenüber Dritten.

Erwähnenswert ist noch die lippenbekenntliche Abgrenzung zum langsamen Part des Hardcore Technos, vor allem dessen Subgenres wie z. B. Mainstyle, Jumpstyle oder auch dem Happy Hardcore (insbesondere dessen deutsche Wortbedeutung), wobei es – sehr selten – auch eine Zusammenarbeit beim Organisieren von Partys gibt. Jedoch wird strikt zu kommerzieller Musik (Pop, Vocal Trance und eher teilweise der Hip-Hop-Kultur) abgegrenzt. Darauf besteht ein Teil der Anhänger der Speedcore-Szene, dazu zählt auch die Vermeidung von als kommerziell betrachteten TV-Sendern oder von gewöhnlichen Radiostationen. Zum Wohlgefallen für Anhänger dieser Musikrichtung kann sich die Speedcore-Musik gar nicht in den Kommerz drängen lassen, da die Anbieter und Nutzer sich häufig persönlich kennen – wobei dieses Netzwerk als Szene bezeichnet werden kann – da außerhalb dieser Szene oft nur Gelegenheitshörer anzutreffen sind. Ein weiterer Aspekt, der eine Kommerzialisierung des Speedcore erschwert, ist die von den Hörern populärer Musik empfundene Härte sowie der Nonkonformismus dieser Musikrichtung.

Da die meiste szenebezogene Kommunikation über das Internet stattfindet, sei noch die in unregelmäßigen Abständen erscheinende Zeitschrift Hakkerz und der Videovertrieb „United Network Produktions“ erwähnt, welcher über die alljährlich stattfindende Demo „Fuckparade“ in Berlin Bericht erstattet, auf der sich viele Speedcore-Anhänger wiederfinden.

Produktionen

Der Ursprung des Speedcore liegt in der (oft exzessiven) Benutzung von Drumcomputern und Perkussionssamples.

Mit dem Einzug des Computers in den Alltag rückte der Tracker in den Vordergrund der Speedcore-Produktionen. Er verlangt dem Nutzer kein musikalisches Fachwissen in Form von Instrumentenkenntnis ab und ist leicht, aber nicht zwangsläufig intuitiv zu bedienen. Da die Tracker-Programme auf dem Amiga sehr populär war, verwendeten manche Hardcore-Techno-Produzenten bis vor einiger Zeit diesen Computer beziehungsweise dessen Konkurrenzprodukt, den Atari ST – obwohl die Technik zu diesem Zeitpunkt schon weit überholt war und man heutzutage mit modernen Tracker-Programmen, wie z. B. Renoise oder OpenMPT „arbeitet“, für die VST-Nutzung und Parameter-Automation kein Problem mehr darstellt.

Mit der Zeit steigerte sich die Anzahl der Produzenten und die Vielfältigkeit der Produktionen. Ein Hauptmerkmal ist, dass Speedcore bevorzugt hobbymäßig produziert und bei Publikationen auf Vinyl meist nur eine Auflage von 100 bis 500 Pressungen erreicht wird. Sonstige bevorzugte Computerprogramme sind Ableton Live, Fruity Loops und Propellerhead Reason – sogar N I's Reaktor und Steinbergs Cubase bzw. Nuendo spielen eine Rolle. Magix Music Maker und Ejay werden in der Regel nicht benutzt, weil sie keine hohen BPM-Zahlen zulassen oder weil sie wegen der ursprünglich beschränkten Möglichkeiten einen schlechten Ruf haben. Natürlich kann im Prinzip jede Möglichkeit genutzt werden, um Töne zu erzeugen. Einige (wenige) Künstler treten auch live auf, zum Teil auch ausschließlich mit Hardware (z. B. Ekpyrosis) oder gar mit Gitarren.

Bekannte Interpreten und DJs

Amiga Shock Force, Ampakill, ANC, Bazooka, Cipher, Defloration, Elektrotot, Gabba Front Berlin, Gabba Nation, IGoA, Inapt, Interrupt Vector, Komprex, Kreislaufstörung, M1DY, Nasenbluten, Nihil Fist, Noizefucker, DJ Plague, Qualkommando, Speedcore Front Ost Berlin, ScreamerClauz, Sonic Overkill, The Speed Freak, Stormtrooper, DJ Totschläger, Disco Cunt, Trauma XP, Pain Alliance, Passenger of Shit, Pressterror, Noisekick, Nordcore GMBH, Materialschlacht

Stiltypische Tracks

  • Sorcerer – Summer
  • Disciples Of Annihilation – N.Y.C. Speedcore
  • The ShapeshifterInjected
  • Wendy MilanPush The Button
  • DJ Jappo & DJ Lancinhouse – Trash Fucker
  • Legionz Ov Hell – A Torch For Satan (In The Garden Ov Shadowz)
  • DJ Totschläger – Gegen Nazis
  • Bakalla – Brainstorm
  • esc – Scum
  • StickheadYour Own Death
  • Interrupt Vector – Zombie Suicide Bomber
  • Gabba Front BerlinLacrima Mosa Est
  • m1dy – Tokyo Style Speedcore

Subgenres und verwandte Musikrichtungen

Breakcore

Frenchcore

Breakcore war früher ein Konglomerat mit Speedcore und entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer vollständig autonomen Szene.

Cybergrind

Cybergrind kombiniert Speedcore mit Grindcore, Gabber und Death Metal Ein Beispiel ist die Band The Berzerker

Frenchcore

Eine Stilrichtung, die viele Ähnlichkeiten mit dem Terror aufweist, jedoch sich in dem Merkmal unterscheidet, dass im Frenchcore öfter „ruhigere“ Parts auftreten, in welchen Melodien vorgestellt werden, oder Vocals gespielt werden. Üblicherweise ist das Tempo zwischen 180 und 240 BPM. Produzenten sind u. a.:

Noizecore

Noizecore (auch „Noize“, nach dem Musikgenre Noise) forciert den chaotischen und unstrukturierten Charakter von Speedcore. Zusammenhänge sind für das menschliche Ohr manchmal kaum mehr erkennbar. Der Reiz darin liegt im Experimentieren und Entdecken neuer Klangerzeugungs- und Klangverfremdungsverfahren. Die Verwandtschaft besteht, weil es eine Übergangsregion gibt, in der man von Speedcore zu Noize kommt oder umgekehrt. Noizecore wird mitunter auch als „Drop a Cat On The Equipment“ bezeichnet, was das Chaos in dieser Musikrichtung noch verdeutlicht.

  • Beispiele: DJ Freak, Nihil Fist, Passenger Of Shit, HartNoise, Merzbow, The Grey Wolves, Government Alpha.

Splitter, Extratone

Hierbei handelt es sich, gemeinsam mit Cybergrind, um die schnellsten Varianten des Speedcore, wobei noch zu unterscheiden ist zwischen Künstlern, die solche extremen Geschwindigkeiten bei einem Live-Act herbeiführen (z. B. Elektrotot, Kreislaufstörung) oder, ob ein DJ seine Schallplatten lediglich auf überhöhter Geschwindigkeit auf dem Plattenspieler abspielt. Üblicherweise werden Platten für 33 RPM gepresst, werden dann aber auf 45 oder gar 78 RPM gespielt. Diese Technik gilt jedoch bereits als überholt, da heutzutage mit Hilfe von speziellen Programmen am Computer gemixt wird.

Häufig klingt die Musik dabei so schnell, dass die ursprünglichen Bässe wie andere homogene Geräusche wirken, in etwa vergleichbar mit einem Auto, welches sehr schnell auf einer Betonplatten-Autobahn fährt. Der Gesamteindruck liefert dann ein akustisches Bild, das bei höhenlastigen Passagen wie zersplitterndes Glas klingt – daher der Ursprung des Namens Splitter. Mittlerweile wird die Musik direkt in diesen Geschwindigkeiten produziert, d. h. jenseits der 600 bpm. Dies gilt als „Schallmauer“ zum Splitter, wobei es auch vorher schon ähnlich schnelle Musik gab, diese jedoch kein größeres Publikum ansprach und daher auch keine eigene Bezeichnung bekam – im Grunde hat also der Begriff Splitter den Begriff Speedcore abgelöst, um der Geschwindigkeitssteigerung auch einen sichtbaren Charakter zu verleihen.

Extratöne entstanden zuvor (zur U-S-N Zeit) als Experiment – dieses Minigenre erhielt diese Bezeichnung, weil man die Töne nur noch auf einem Oszilloskop „sehen“ konnte, nicht aber mehr als getrennt hörbar empfand. Daraufhin stellten einzelne Personen diverse Theorien über BPM-Zahlen auf, zur Belustigung aller Beteiligten, da es in dieser Diskussion mehr um die reinen BPM-Werte ging und nicht mehr um die Musik. Ungefähr im Jahr 2005 traten auch Acts in die „Öffentlichkeit der Partygäste“, die aufgrund ausgereifter Computerprogramme wie Ableton Live oder Fruity Loops solche Geräusche eben live per Computer zu erzeugen vermochten, was der ganzen Szene einen kleinen Aufschwung bereiten sollte.

Für die Verwendung im Sinne des DJings eignen sich Platten der Reihen Cerebral Destruction, Speedcore, Analphabetik, C.S.R., Noizekick:

  • (aktuelles) Beispiel für Splitter-LiveAct: Kreislaufstörung,
  • (veraltetes) Beispiel für Extratöne: Einrich 3600bpm.

Terror

Terror klingt ähnlich wie Gabber, nur wurde erst genannter Begriff aus dem niederländischen Raum über z. B. die „This is Terror“-CD-Reihe mit einer Musik verknüpft, die industriell (klanglich verschmutzt), relativ monoton und düster klingt. Die Abgrenzung zum Gabba findet zum einen kulturell statt, da dieser Begriff in Berlin erst generell für Hardcore gebraucht wurde und später etwas differenzierter auf härteren „Berliner“ Gabber bezogen wurde. Zeitlich kann man beides ebenso trennen, da Terror eng verknüpft mit Frenchcore auftrat und Gabba zu diesem Zeitpunkt tendenziell schon ein abgenutzter Begriff war. Weiterhin gab es Gabba-Partys mit BPM-Limit, was eine Abgrenzung zum immer schneller werdenden Speedcore erzwingen sollte. Musiktechnisch ist es schwieriger zu trennen, die klanglichen Attribute überschneiden sich stark, wobei das „Industrielle“ an diesem Subgenre wohl entscheidend hervortritt.

Beispiele für Künstler, entnommen von obengenannter CD-Reihe, sind Stickhead, Drokz[18], Nordcore GMBH, DJ Plague[19], Smurf, Catkiller[20], Creatures of the Occult[21], XOL DOG 400.

Typische Plattenlabel ab Mitte der 90er waren unter anderem Cunt Records[22], Industrial Strength[23] und Kotzaak Unltd.[24]

Einzelnachweise

  1. Disciples Of Annihilation. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  2. George Luke: The Rough Guide to Rock: The Definitive Guide to More Than 1200 Artists and Bands. Hrsg.: Peter Buckley. 3. Auflage. Rough Guides, London 2003, ISBN 978-1-84353-105-0, Moby, S. 683.
  3. Siehe etwa Thunderdome 1-22 Commercials 1993-1998, mechanicsense (YouTube), veröffentlicht am 13. Juni 2009 oder Terrordrome I & II compilation - MTV TV commercial (German), Alvaro F. (YouTube), veröffentlicht am 22. Juni 2014, je abgerufen am 2. Februar 2020.
  4. B.C.Kid. discogs.org, abgerufen am 2. Februar 2020 (englisch).
  5. Bunker Beats One. discogs.org, abgerufen am 2. Februar 2020 (englisch).
  6. So veröffentlichten 1993 die Thunderdome-Urgesteine DJ Dano/The Prophet den Track In 16 beats times second (als Vitamin), eine Umschreibung für 1.000 BpM, und DJ Paul als Too fast for mellow ebenfalls ein dem Speedcore zuzurechnendes populäres Stück namens In My House. Die Euromasters veröffentlichten schon 1992 250-BpM-Remixe ihres Tracks Alles Naar De Kl--te.
  7. Hardsequencer benannte sich in Hardy Hard um, DJ Hooligan in Da Hool. - Omar Santana eröffnete seinen Track Vulgar (1994) mit einem Diss gegen Mental Theo and Charly Lownoise und warf ihnen vor, nur vorzugeben, hart zu sein.
  8. Etwa im Track Prollkommando (1996) von Bakalla.
  9. So warfen die Produzenten aus Rotterdam jahrelang denen aus Amsterdam vor, Mellow zu sein, beginnend mit dem als ersten niederländischen Gabber-Track geltenden Amsterdam waar lech dat dan? von den Euromasters aus dem Jahr 1992 und dem Coverbild der Single Alles Naar De Kl--te (ebenfalls 1992) derselben.
  10. Speedcore. discogs.org, abgerufen am 2. Februar 2020 (englisch).
  11. Napalm Rave. discogs.org, abgerufen am 2. Februar 2020 (englisch).
  12. United Speedcore Nation Records . 1997 - 2001. Abgerufen am 20. Januar 2020.
  13. Mascha Records. discogs.org, abgerufen am 20. Januar 2020 (englisch).
  14. Home | Speedcore. Abgerufen am 20. Januar 2020.
  15. Products. Abgerufen am 20. Januar 2020 (amerikanisches Englisch).
  16. Speedcore Style Übersicht. discogs.org, abgerufen am 2. Februar 2020 (englisch).
  17. Dr. Peacock | Frenchcore Worldwide! Abgerufen am 10. Juni 2017 (englisch).
  18. Drokz. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  19. DJ Plague. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  20. Catkiller. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  21. Creatures Of The Occult. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  22. Cunt Records. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  23. Industrial Strength Records. Abgerufen am 10. Juni 2017.
  24. Kotzaak Unltd. Abgerufen am 10. Juni 2017.