„Schickeria“ – Versionsunterschied

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Die '''Schickeria''' (von [[Italienische Sprache|Italienisch]] ''sciccheria = Schick, Eleganz'' und [[Jiddisch|jidd]]./jüd.-dt. „schickern“ = „trinken, sich betrinken“; auch ''Chiqueria'' oder ''Chikeria'' von frz. chic = schick) ist eine ursprünglich spöttische Bezeichnung für das Szenepublikum, dessen Party-Eskapaden durch den [[Boulevardjournalismus]] der breiten Öffentlichkeit zugetragen werden. Synonym dazu ist der Begriff '''Schickimicki'''. Dieses Wort wird auch adjektivisch und für einzelne Angehörige der „Schickeria“ verwendet. Es gibt auch verschiedene Begriffsverwendung oder Verknüpfungen wie „Schickeria-Droge“ (- für Kokain) oder „Öko-Schickeria“.
Die '''Schickeria''' (von [[Italienische Sprache|Italienisch]] ''sciccheria = Schick, Eleganz'' und [[Jiddisch|jidd]]./jüd.-dt. „schickern“ = „trinken, sich betrinken“; auch ''Chiqueria'' oder ''Chikeria'' von frz. chic = schick) ist eine ursprünglich spöttische Bezeichnung für das Szenepublikum, dessen Party-Eskapaden durch den [[Boulevardjournalismus]] der breiten Öffentlichkeit zugetragen werden. Synonym dazu ist der Begriff '''Schickimicki'''. Dieses Wort wird auch adjektivisch und für einzelne Angehörige der „Schickeria“ verwendet. Es gibt auch verschiedene Begriffsverwendung oder Verknüpfungen wie „Schickeria-Droge“ (- für Kokain) oder „Öko-Schickeria“.


Den Urheberrechtsanspruch für den Begriff „Schickeria“ erhob der Schriftsteller [[Gregor von Rezzori]] und verwies dabei schon als Erklärung auf das Wort „schick“ und den jiddischen Begriff „schickern“ für „sich besaufen“. Erst die Verbindung beider Begriffe bezeichne präzise die gemeinte Sache, wobei darüber hinaus die Schickeria aber auch vom Wichtig-und-schön-sein-wollen lebe, denn Geld allein genügt noch nicht. Die Schickeria „will, sie darf nicht unter sich bleiben, sondern muss die Gesellschaft anderer suchen, nämlich die von noch Höheren, Reicheren, Mächtigeren. Der Schickeria wohnt ein unstillbarer Expansionsdrang inne.“ – so Rezzori 1984 für das Magazin Geo Special.<ref>vgl. dazu Franz Kotteder „Schick, schick, Schickeria“ in Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010.</ref>
Den Urheberrechtsanspruch für den Begriff „Schickeria“ erhob der Schriftsteller [[Gregor von Rezzori]] und verwies dabei schon als Erklärung auf das Wort „schick“ und den jiddischen Begriff „schickern“ für „sich besaufen“. Erst die Verbindung beider Begriffe bezeichne präzise die gemeinte Sache, wobei darüber hinaus die Schickeria aber auch vom Wichtig-und-schön-sein-wollen lebe, denn Geld allein genügt noch nicht. Die Schickeria „will, sie darf nicht unter sich bleiben, sondern muss die Gesellschaft anderer suchen, nämlich die von noch Höheren, Reicheren, Mächtigeren. Der Schickeria wohnt ein unstillbarer Expansionsdrang inne.“ – so Rezzori 1984 für das Magazin Geo Special.<ref>vgl. dazu Franz Kotteder „Schick, schick, Schickeria“ in Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010.</ref
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== Allgemeines ==
== Allgemeines ==

Version vom 7. Mai 2020, 13:58 Uhr

Zwei Paare in Abendkleidung

Die Schickeria (von Italienisch sciccheria = Schick, Eleganz und jidd./jüd.-dt. „schickern“ = „trinken, sich betrinken“; auch Chiqueria oder Chikeria von frz. chic = schick) ist eine ursprünglich spöttische Bezeichnung für das Szenepublikum, dessen Party-Eskapaden durch den Boulevardjournalismus der breiten Öffentlichkeit zugetragen werden. Synonym dazu ist der Begriff Schickimicki. Dieses Wort wird auch adjektivisch und für einzelne Angehörige der „Schickeria“ verwendet. Es gibt auch verschiedene Begriffsverwendung oder Verknüpfungen wie „Schickeria-Droge“ (- für Kokain) oder „Öko-Schickeria“.

Den Urheberrechtsanspruch für den Begriff „Schickeria“ erhob der Schriftsteller Gregor von Rezzori und verwies dabei schon als Erklärung auf das Wort „schick“ und den jiddischen Begriff „schickern“ für „sich besaufen“. Erst die Verbindung beider Begriffe bezeichne präzise die gemeinte Sache, wobei darüber hinaus die Schickeria aber auch vom Wichtig-und-schön-sein-wollen lebe, denn Geld allein genügt noch nicht. Die Schickeria „will, sie darf nicht unter sich bleiben, sondern muss die Gesellschaft anderer suchen, nämlich die von noch Höheren, Reicheren, Mächtigeren. Der Schickeria wohnt ein unstillbarer Expansionsdrang inne.“ – so Rezzori 1984 für das Magazin Geo Special.Referenzfehler: Es fehlt ein schließendes </ref>. Als Wortschöpfer gilt Erhard Busek, der den Begriff sicherlich nicht freundlich meinte.[1] Das Wort wird im Österreichischen Wörterbuch geführt und wurde 2009 auch in den Duden aufgenommen.[2][3]

Die einerseits auch kritisch verstandenen Begriffe Schickeria, Adabei oder Seitenblickegesellschaft dokumentieren und prägen andererseits ein wichtiges redaktionelles Thema, auf das heute auch elektronische Qualitätsmedien aus kommerziellen Gründen nicht verzichten wollen. Die Leute-Berichterstattung über die Seitenblickegesellschaft ist grundsätzlich aber besonders im Print-Medium ein wichtiger nach eigenen Regeln funktionierender Journalismusbereich und wird laut dem Top-Journalisten Norman Schenz mit „Wir schreiben längst nicht mehr einfach über ein Event, sondern wir erzählen Geschichten“ charakterisiert.[4]

Beispiele

München

Als idealtypisch für eine Schickeria gilt die Schwabinger Schickiszene im München der späten 1970er und dann 1980er Jahre, wie sie in der 1981–1983 von Helmut Dietl gedrehten Fernsehserie Monaco Franze vorgeführt wird. Durch den Gegensatz des Münchener Urgewächses Franz Münchinger (gespielt von Helmut Fischer) und seiner Schickeria-affinen Gattin („Spatzl“, gespielt von Ruth Maria Kubitschek) wurde ein sehr detailliertes Bild der Münchener Kultur und insbesondere der Schickeria gezeichnet. Die Fernsehserie Kir Royal (1986) und die Komödie Rossini (1997) – beide ebenfalls gedreht von Helmut Dietl – beschäftigten sich ebenso mit dieser Thematik. Die Spider Murphy Gang besang in ihrem Song Schickeria aber nicht das Münchener Szenelokal „Schikeria“, das in den 1970er- und 1980er-Jahren von Natascha Stangl und ihrem damaligen Mann geleitet wurde, sondern die Schickeria im Allgemeinen und im Speziellen die Münchener Prominentenkneipe „Die Klappe“, die laut Sänger Günther Sigl wegen Drogenvergehen geschlossen worden war.[5] Rudolph Moshammer galt ob seiner Extravaganz als Paradebeispiel für die Münchener Schickeria.

2010 wurde der Kreis der engeren Münchner Schickeria rund um Michael Käfer, Uschi Glas, Roberto Blanco oder Julia Siegel auf 120 Personen geschätzt; im Vergleich zu den Achtzigern hat er aber an Strahlkraft eingebüßt.[6] Eine 2002 gegründete Ultrafangruppe des FC Bayern München nennt sich ironisierend Schickeria München.[7][8]

Durch den Bedeutungsverlust Münchens infolge der Wiedervereinigung verlor auch der Begriff „Schickeria“ Relevanz; stattdessen spricht man wie in Berlin üblich eher von „hip“ oder „Szene“.[9]

Österreich

Der österreichische Liedermacher Rainhard Fendrich beschreibt die Wiener Schickeria in seinem 1981 veröffentlichten Song Schickeria.[10]

Seitenblicke seit 1987 und Chili von 2010 bis 2012 sind bzw. waren Fernsehsendungen des ORF, die täglich über das Geschehen in der österreichischen Adabei-Szene bzw. Schickeria berichten.[11] Der Privatsender Puls 4 zeigt in Pink! Österreichs Starmagazin ebenfalls das aktuelle Society-Geschehen.[12] Der österreichische Privatsender ATV betreibt das Sendeformat Hi Society.[13]

Der Autor Manfred Baumann beschreibt und verwendet den Begriff Schickeria in seinem 2010 erschienenen ersten Kriminalroman Jedermanntod, der in der Festspielstadt Salzburg zur Zeit der „Jedermann"-Aufführungen“ spielt. Unter anderem beleuchtet er die gesellschaftliche Schicht, die nicht nur der Kunst wegen, sondern auch ihrer Selbstdarstellung wegen die Festspielzeit begleitet.

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Schickeria – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Profil. Band 38. Wirtschafts-Trend Zeitschriftenverlag, Wien 2007, S. 362.
  2. Österreichisches Wörterbuch. 43. Auflage. Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2018, ISBN 978-3-209-10546-2, S. 637.
  3. Top 10 der meistinterviewten Promis. Bereits seit 25 Jahren macht die Sendung Österreicher zu heimischen Stars. In: news.at. 16. Oktober 2012, abgerufen am 26. März 2014.
  4. vgl. „Society-Berichterstattung im Wandel. Wer berichtete denn noch über Promis?“ in Wiener Zeitung vom 28. Juni 2013.
  5. https://www.spiegel.de/einestages/spider-murphy-gang-saenger-guenther-sigl-im-interview-a-1174668.html
  6. so Franz Kotteder „Schick, schick, Schickeria“ in Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010.
  7. Bericht vom 4. Januar 2008 in der Welt über die Fangruppe, abgerufen am 5. Januar 2013
  8. Website der Schickeria München, abgerufen am 5. Januar 2012
  9. vgl. Matthias Heine „Nimmt Helmut Dietl die Schickeria mit ins Grab?“ in Die Welt vom 31. März 2015.
  10. Austriancharts
  11. tv.orf.at – Chili (Memento des Originals vom 1. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tv.orf.at
  12. Pink! Österreichs Starmagazin auf puls4.com (Memento des Originals vom 26. November 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.puls4.com
  13. Dominic Heinzl kehrt 2010 zum ORF zurück