„Sportpalastrede“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-J05235, Berlin, Großkundgebung im Sportpalast.jpg|mini|hochkant=1.5|Großkundgebung mit [[Swastika|Hakenkreuzfahnen]] und dem Transparent „TOTALER KRIEG – KÜRZESTER KRIEG“ am 18. Februar 1943 im [[Berliner Sportpalast]]]]
[[Datei:Joseph Goebbels Rede im Berliner Sportpalast 1943.ogg|mini|Joseph Goebbels’ Rede im Berliner Sportpalast 1943]]
Als '''Sportpalastrede''' wird die Rede bezeichnet, die der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistische]] deutsche Reichspropagandaminister [[Joseph Goebbels]] am 18. Februar 1943 im [[Berliner Sportpalast]] hielt und in der er zur Intensivierung des „[[Totaler Krieg|totalen Krieges]]“ aufrief. Die rund 109 Minuten dauernde Rede gilt als ein Paradebeispiel der [[Rhetorik]] und der [[NS-Propaganda|NS]]

[[NS-Propaganda|Propaganda]].

== Vorgeschichte ==
{{Hauptartikel|Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg}}
Die Kriegsführung des Dritten Reiches hatte auf eine [[Blitzkrieg]]strategie gesetzt, also auf die schnelle Niederwerfung der Sowjetunion. Das Dritte Reich war kriegswirtschaftlich nicht auf einen längeren Krieg vorbereitet gewesen.<ref>Mark Harrison: ''The Economics of World War II: Six Great Powers in International Comparison''. Cambridge University Press, 2000, ISBN 978-0-521-78503-7, S. 13.</ref> Stalins Strategie hingegen war ein „Kampf der Maschinen“, ein Abnutzungskrieg, bei dem die größere Kriegswaffenproduktion den Sieg bringen sollte. Die Sowjetunion gewann den Krieg letztlich tatsächlich durch eine gegenüber dem Deutschen Reich deutlich größere Waffenproduktion.<ref name="Duiker, Spielvogel">William J. Duiker, Jackson Spielvogel: ''The Essential World History''. Cengage Learning, 2006, ISBN 978-0-495-09729-7, S. 551.</ref>

Anfang 1943 war die militärische Lage zunehmend schlecht, in Nordafrika waren die Achsenmächte in die Defensive geraten, und an der Ostfront war die 6. Armee in Stalingrad eingekesselt. Goebbels drängte auf eine Intensivierung der Kriegswirtschaft (des sogenannten totalen Krieges) und schlug Hitler in einer Denkschrift vor, „Faulenzer und Parasiten“ wie die „Töchter der [[Plutokrat]]en“ zur Arbeit in der Kriegswirtschaft zu zwingen und die Zivilwirtschaft durch Stilllegungsverfügungen zuvorderst für Luxusgaststätten, Modesalons und Läden zugunsten der Kriegswirtschaft zu verkleinern.<ref name="Spiegel.46/1967">{{Der Spiegel |ID=46209381 |Titel=Nun Volk |Jahr=1967 |Nr=46 |Seiten=}}</ref> Beeinflusst von der [[Dolchstoßlegende]], war Hitler jedoch der Ansicht, dass das deutsche Volk der Wehrmacht in den Rücken fallen könnte, wenn die Zivilgesellschaft in ihrem Konsum allzu sehr beschränkt würde.<ref>William J. Duiker, Jackson Spielvogel: ''The Essential World History''. Cengage Learning, 2006, ISBN 978-0-495-09729-7, S. 551.</ref>

Goebbels spekulierte auch darauf, als Manager des totalen Krieges zum zweiten Mann im NS-Staat aufzurücken. Er plante die Sportpalastrede zu dem Zweck, auf Hitler Druck auszuüben. Indem er das Volk auf radikale Maßnahmen vorbereitet, glaubte er, Hitler auf seine Linie festlegen zu können. Die Rede selbst war detailliert inszeniert, Goebbels hatte das Publikum auf treueste Parteianhänger hin handverlesen, Sprechchöre studierten Slogans ein, eine Hundertschaft wurde instruiert, wann und wie lange sie applaudieren sollten. Über die Lautsprecheranlage des Sportpalastes wurde später auch Applaus von Schallplatte eingespielt.<ref name="Spiegel.46/1967" />

== Aufbau der Rede ==
=== Heraufbeschwörung der bolschewistischen Gefahr ===
Die Rede begann mit einem Lob an das deutsche Volk, das stark sei und die Wahrheit vertrage, so dass es die schwere Lage kenne und bereit sei, diese Situation zu bessern. Darauf verschob Goebbels die Diskussion über Gründe dieser Krise in die Zukunft. Er erklärte nur, dass der [[Bolschewismus|bolschewistische]] Feind größer sei, als wegen seiner großangelegten Tarnungs- und Täuschungsmanöver angenommen werden konnte. Goebbels erhob den Krieg zu einem Kampf gegen die Bedrohung, die gegen die Nation und auch ganz [[Europa]] gehe, zu „unsere[r] geschichtliche[n] Mission“, die jedoch gigantisch sei. Zu diesem Zweck appellierte er an die Emotionen seiner Zuhörer:
{{Zitat
|Text=Das deutsche Volk hat hier seine heiligsten Güter, seine Familien, seine Frauen und seine Kinder, die Schönheit und Unberührtheit seiner Landschaft, seiner Städte und Dörfer, das zweitausendjährige Erbe seiner Kultur und alles, was uns das Leben lebenswert macht, zu verteidigen.}}

Anschließend stellte er drei [[Hypothese]]n auf, die an die Weltöffentlichkeit gerichtet waren und eine von der [[Sowjetunion]] ausgehende Gefahr suggerierten:
# „Wäre die deutsche [[Wehrmacht]] nicht in der Lage, die Gefahr aus dem Osten zu brechen, so wäre damit das [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Reich]] und in kurzer Folge ganz Europa dem Bolschewismus verfallen.“
# „Die deutsche Wehrmacht und das deutsche Volk allein besitzen mit ihren Verbündeten die Kraft, eine grundlegende Rettung Europas aus dieser Bedrohung durchzuführen.“
# „[[Gefahr im Verzug|Gefahr ist im Verzuge]]. Es muss schnell und gründlich gehandelt werden, sonst ist es zu spät. […]“

=== Adressierung der Anwesenden ===
Anschließend [[Captatio benevolentiae|wandte sich]] Goebbels an die Gäste im Sportpalast, die er als [[Repräsentation (Politik)|Repräsentation]] der gesamten Nation ansprach. Goebbels nannte hier [[Invalidität|Invaliden]] von der [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Ostfront]], Rüstungsarbeiter aus den Berliner Panzerwerken, Mitglieder der Partei, Wehrmachtssoldaten, Ärzte, Wissenschaftler, Künstler, Ingenieure, Architekten, Lehrer, Beamte und Angestellte, außerdem Frauen, junge und alte Menschen.

Nachdem Goebbels diese alle genannt hatte, stellte er die rhetorische Frage: „Was hier vor mir sitzt, ist ein Ausschnitt aus dem ganzen deutschen Volk an der Front und in der Heimat. Stimmt das?“ Daraufhin kam eine stürmische Zustimmung aus dem Saal. Nachdem sich der Saal wieder beruhigte, sagte Goebbels noch den Satz: „Allerdings Juden sind hier nicht vertreten.“ Dieser Satz fehlt in manchen Textaufzeichnungen der Sportpalastrede,<ref>[http://royallibrary.sakura.ne.jp/ww2/text/sportpalastrede.html Royal Library: Sportpalastrede]</ref><ref>[http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/zweiter-weltkrieg/wirtschaft-und-gesellschaft-im-krieg/131.html Krieg braucht Erinnerung: Zweiter Weltkrieg]</ref> während er auf den Tonaufzeichnungen vorhanden ist.<ref>[http://www.archive.org/details/JosephGoebbels-Sportpalastrede/ Goebbelsrede]</ref>

Im Weiteren stellte er den Anwesenden – quasi als Stellvertretern des Volkes – zehn [[rhetorische Frage]]n zum Vorhandensein der Kampfesbereitschaft, die vom Publikum erwartungsgemäß jeweils mit einem lauten „Ja“ beantwortet wurden. Die Fragen begannen zum Teil mit angeblichen Behauptungen der Engländer oder der Formel „Ich frage euch“, in Kurzform hießen sie:
# „Glaubt ihr mit dem Führer und mit uns an den endgültigen, totalen Sieg der deutschen Waffen? […] unter Aufnahme auch der schwersten persönlichen Belastungen […]“
# „Die Engländer behaupten, das deutsche Volk sei des Kampfes müde. […] Seid ihr bereit […] diesen Kampf […] fortzusetzen, bis der Sieg in unseren Händen ist?“
# „Die Engländer behaupten, das deutsche Volk hat keine Lust mehr, sich der überhand nehmenden Kriegsarbeit […] zu unterziehen. […] Seid ihr […] entschlossen […] das Letzte für den Sieg herzugeben?“
# „Die Engländer behaupten, das deutsche Volk wehrt sich gegen die totalen Kriegsmaßnahmen der Regierung. Es will nicht den totalen Krieg, sagen die Engländer, sondern die Kapitulation. Ich frage euch: Wollt ihr den [[Totaler Krieg|totalen Krieg]]? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können?“
# „Die Engländer behaupten, das deutsche Volk hat sein Vertrauen zum Führer verloren. […] Vertraut ihr dem Führer? […]“
# „Seid Ihr von nun an bereit, Eure ganze Kraft einzusetzen […], die Menschen und Waffen zur Verfügung zu stellen […], um den Bolschewismus zu besiegen?“
# „Gelobt ihr mit heiligem Eid der Front, dass die Heimat mit starker, unerschütterlicher Moral hinter der Front steht und ihr alles geben wird, was sie zum Siege nötig hat?“
# „Wollt ihr, […] dass die [[Frauen im Nationalsozialismus|Frau]] […] überall da, wo es nur möglich ist, einspringt, um Männer für die Front frei zu machen?“
# „Billigt ihr […] die radikalsten Maßnahmen gegen einen kleinen Kreis von [[Drückeberger]]n und [[Hehlerei|Schiebern]] […]? Seid ihr damit einverstanden, dass, wer sich am Kriege vergeht, den Kopf verliert?“
# „Wollt ihr, dass […] gerade im Kriege gleiche Rechte und gleiche Pflichten vorherrschen […]?“

Besonders das [[frenetisch]] zustimmende Geschrei als Antwort auf die Frage nach dem totalen Krieg ist als prägendes Bild in die Geschichte eingegangen.

=== Schluss der Rede ===
Die Sportpalastrede endete:
{{Zitat
|Text=Der Führer hat befohlen, wir werden ihm folgen. Wenn wir je treu und unverbrüchlich an den Sieg geglaubt haben, dann in dieser Stunde der nationalen Besinnung und der inneren Aufrichtung. Wir sehen ihn greifbar nahe vor uns liegen; wir müssen nur zufassen. Wir müssen nur die Entschlusskraft aufbringen, alles seinem Dienst unterzuordnen. Das ist das Gebot der Stunde. Und darum lautet von jetzt ab die Parole: Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!}}

Der letzte Satz der Rede („Nun, Volk, steh auf, und Sturm, brich los!“) stellte ein leicht geändertes Zitat aus dem 1813 veröffentlichten patriotischen Gedicht ''Männer und Buben'' von [[Theodor Körner (Schriftsteller)|Theodor Körner]], das sich auf die [[Befreiungskriege]] gegen [[Napoléon Bonaparte|Napoleon]] bezieht, dar.<ref>[http://ingeb.org/Lieder/dasvolks.html ingeb.org]</ref> Goebbels hatte es bereits zuvor während einer Wahlkampfrede 1932 verwendet, damals um den Aufbruch in das „[[Drittes Reich|Dritte Reich]]“ zu kennzeichnen. Davor allerdings hatte es unter anderem auch schon der republikanische Schriftsteller [[Kurt Tucholsky]] in den 1920er-Jahren in seiner [[Satire|satirischen]] [[Glosse]] ''Wo kommen die Löcher im Käse her…?'' benutzt.<ref>[http://www.jobstvogt.de/html/tucholsky.html jobstvogt.de]</ref>

Am Tag der Sportpalastrede legten [[Hans Scholl|Hans]] und [[Sophie Scholl]] in der [[Ludwig-Maximilians-Universität]] München das sechste Flugblatt<ref>[http://www.bpb.de/themen/JOELCK,0,0,Flugblatt_VI.html bpb.de]</ref> der [[Weiße Rose|Weißen Rose]] aus, das ebenfalls mit einem Körner-Zitat aus einem patriotischen Lied der Befreiungskriege endete: „Frisch auf mein Volk, die Flammenzeichen rauchen“.<ref>[http://www.zeno.org/Literatur/M/K%C3%B6rner,+Theodor/Gedichte/Leier+und+Schwert/Aufruf zeno.org] aus: Th. Körner, ''Aufruf''</ref>

Im Anschluss an Goebbels’ Rede wurde die erste Strophe des [[Deutschlandlied]]s gesungen.

== Rhetorik ==
{{Belege fehlen|Die Rhetorikanalyse hat keine Belege oder Quellennachweise. --[[Benutzer:Gerundium|Gerundium]] ([[Benutzer Diskussion:Gerundium|Diskussion]]) 16:39, 18. Dez. 2013 (CET)|Der folgende Absatz}}

Die Rede war durchsetzt mit [[Rhetorische Figur|rhetorischen Figuren]], durch die versucht wurde, den Zuhörer zu überzeugen, ihn [[emotion]]al anzusprechen oder zu [[Manipulation|manipulieren]].

Goebbels benutzte viele [[Hochwertwort|Hochwertwörter]] beziehungsweise negative Hochwertwörter, wie beispielsweise „Führer“, „Sieg“, „Volk“, „Heimat“ respektive „Feind“ oder „Weltpest“. Er verwendete darüber hinaus gehäuft religiöse Begriffe, wie es bei einer NS-Propagandarede nicht unüblich war. Es wurden Begriffe aus dem Wortfeld der Religion eingeflochten, wenn beispielsweise von „Gelobt ihr mit heiligem Eid der Front“ oder „Glauben an den Sieg“ die Rede ist, um einerseits den Nationalsozialismus als Religionsersatz zu etablieren und andererseits den Führer als Gott darzustellen oder ihn mit Gott zu vergleichen. Es ging zudem um den „[[Glauben]] an den Führer“ und um das gläubige „Vertrauen an den Führer“.

Besonders geschickt war, die jubelnden Massen im Sportpalast als Repräsentation des gesamten Volkes darzustellen, so dass den Radiozuhörern [[Suggestion|suggeriert]] wurde, dass es sich wirklich um einen repräsentativen Teil der Nation handelte und sie zusammenarbeiten könnten. In Wirklichkeit waren die meisten anwesenden Menschen – wie oben beschrieben – geladene Gäste, denn die Rede wurde im Rahmen einer Parteiversammlung gehalten.

Goebbels’ Rede entspricht ganz den Vorstellungen Hitlers über das Wesen der Propaganda, das er in seinem Buch ''[[Mein Kampf]]'' beschreibt. Der Propagandaminister richtet das geistige Niveau seiner Rede nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten, das in diesem Falle also eher niedrig liegt, da er sich an das ganze Volk richtet. Zusätzlich wiederholt er die wichtigsten Punkte immer wieder, so dass das Vermittelte allen im Gedächtnis bleibt.
Goebbels hat seine [[Rede]] wohl bedacht und gut strukturiert aufgebaut. Sie stellt vom Beginn, der Beschreibung der aktuellen Lage, bis zum Ende, dem Handlungsappell an das Volk, rhetorisch eine Steigerung dar.

Zum Einstieg lobt er das deutsche Volk und wertet es auf. Er beschreibt beispielsweise das „erzogene, geschulte und disziplinierte Volk […] [welches] weiß, wie schwierig es um die Lage des Reiches bestellt ist“. Durch die verwendete Klimax und die Personifikation versucht er das Volk als eine Einheit darzustellen und Vertrauen in den Führer und die Regierung zu schaffen. Im Folgenden geht er auf die Bedrohung durch die Sowjetunion ein, wobei er durch In-Exklusion versucht, auf der einen Seite ein einheitliches [[Europa]], auf der anderen Seite das bedrohliche Russland in Gegensatz zu stellen, da die Alliierten die Rede über den Rundfunk mit verfolgten.

Goebbels zählt die anwesenden geladenen Gäste auf, ohne auch nur einen Beruf, Stand oder Altersklasse auszulassen, und präsentiert sie als „Ausschnitt des deutschen Volkes“. Somit versucht er ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Die Deutschen sollen sich mit diesen Menschen identifizieren und sich selbst an der Versammlung teilnehmen sehen.

[[Datei:8th Air Force psychological warfare leaflet.jpg|mini|Gegenpropaganda, Flugblatt, US Air Force, im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] über Deutschland abgeworfen]]

Nach dieser Feststellung stellt er den Anwesenden zehn Fragen, um den Engländern und auch der ganzen Bevölkerung zu beweisen, dass das deutsche Volk bereit ist, alles zu geben, um den Krieg zu gewinnen. Dabei handelt es sich um rhetorische Fragen, da es bereits klar ist, dass die Antwort „ja“ lauten wird. Dabei sind diese 10 Fragen zum Schein [[Parallelismus (Rhetorik)|parallelistisch]] aufgebaut: Die ersten sowie die letzten fünf Fragen sind strukturell [[Parallelismus (Rhetorik)|parallel]], zueinander verglichen sind diese beiden Teile allerdings von [[Chiasmus|chiastischer]] Natur. Während der ersten fünf Fragen beschuldigt er die Engländer, zu behaupten das deutsche Volk wünsche sich die Kapitulation. Alle Fragen wiederholen sich inhaltlich und beinhalten eine Reihe rhetorischer Mittel. Goebbels verwendet Superlative wie „schwerster“ oder „totaler und radikaler“ zur Emotionalisierung und Unterstützung seines Standpunktes. Des Weiteren verwendet er eine [[Klimax (Sprache)|Klimax]] („zehn, zwölf und […] vierzehn und sechzehn Stunden“), um die Bereitschaft, dem [[Führer]] zu dienen, zu untermauern. Genauso bestärkt er das Vertrauen zum Führer, das er als „größer, gläubiger und unerschütterlicher denn je“ bezeichnet. Die sechste bis zehnte Frage beginnt er immer mit den Worten „Ich frage euch als&nbsp;…“, um eine Fokussierung von den Behauptungen der Engländer auf seine eigene Meinung und damit eine Steigerung der Wichtigkeit der Fragen zu erreichen. Diese zehn Fragen, die Wiederholungen, die Klimax und die Bejahung durch die geladenen Gäste sind seine stärksten Mittel, um seine Zuhörer emotional zu beeinflussen und zu manipulieren.

Mit seinen abschließenden Worten weckt er unter anderem durch eine Personifikation des Sieges im Volk Mut und die Hoffnung, der Krieg sei noch zu gewinnen, und fordert es schließlich durch den Appell „Nun, Volk, steh auf und Sturm brich los!“ zum Handeln auf.

== Wirkung ==
[[Datei:Wollt ihr den totalen Krieg.jpg|mini|hochkant|Herbert Marxen: „''Wollt ihr den totalen Krieg?''“, Karikatur ca. 1945]]
Goebbels bezeichnete seine Rede im Anschluss unter Vertrauten als „Stunde der Idiotie. Wenn ich den Leuten gesagt hätte, springt aus dem dritten Stock des [[Columbushaus]]es, sie hätten es auch getan.“<ref>Helge Hesse: ''Hier stehe ich, ich kann nicht anders. In 80 Sätzen durch die Weltgeschichte''. 4. Auflage. München 2011, S. 283. {{Der Spiegel |ID=46209381 |Titel=Nun Volk |Jahr=1967 |Nr=46 |Seiten=}}</ref> Die über Rundfunk und [[Die Deutsche Wochenschau|Kino-Wochenschau]] verbreitete Rede suggeriert eine geschlossene, zum äußersten Krieg bereite „Volksgemeinschaft“. Auf Hitler entfaltete die Rede aber nicht die gewünschte Wirkung. Weder erfüllte er Goebbels Wunsch, an der Kriegswirtschaftsplanung beteiligt zu werden, noch wurde diese in den folgenden Monaten signifikant entschlossener betrieben.<ref>[http://www.spiegel.de/einestages/goebbels-sportpalastrede-a-946856.html Goebbels’ Sportpalastrede.] [[einestages]]</ref> Auch die Wirkung der Rede auf die ohnehin eher kriegsmüden normalen Deutschen dürfte gering gewesen sein.<ref>[http://www.n-tv.de/politik/Goebbels-war-kein-guter-Redner-article10144691.html ''Goebbels war kein guter Redner''.] NTV, Jens Kegel im Gespräch mit Hubertus Volmer.</ref>

Ein bei der Rede anwesender nationalsozialismuskritischer Redakteur gestand nachher, dass er trotz seiner inneren Distanz so mitgerissen war, dass er auch aufsprang und beinahe mitgeschrien hätte.<ref>So berichtete [[Ursula von Kardorff]] über einen Kollegen bei der ''[[Deutsche Allgemeine Zeitung (1919–1945)|DAZ]]'' in ihren ''Berliner Aufzeichnungen 1942–1945'', hrsg. von [[Peter Hartl]]. 1992, S. 67&nbsp;f. Zitiert nach Christoph Studt: ''Das Dritte Reich. Ein Lesebuch zur deutschen Geschichte 1933–1945.'' München 1995, S. 262.</ref>

Der in seinen Predigten oft das politische Zeitgeschehen kommentierende Wiener Baptistenpastor [[Arnold Köster]] sagte in einer Predigt am 7. Februar 1943, dass der politische Führer und andere „Männer unseres Volkes“ zwar „Propaganda-Reden“ halten könnten, nicht aber in der Lage seien, im Gebet vor Gott für das Volk einzutreten. Nach der Sportpalastrede ging er sogar so weit, Nationalsozialisten als verblendet zu bezeichnen.<ref>So in einem Vortrag am 4. März 1943; nach [[Franz Graf-Stuhlhofer]]: ''Öffentliche Kritik am Nationalsozialismus im Großdeutschen Reich. Leben und Weltanschauung des Wiener Baptistenpastors Arnold Köster (1896–1960)'' (= Historisch-Theologische Studien zum 19. und 20. Jh.; 9). Neukirchen-Vluyn 2001, S. 8&nbsp;f.</ref>
Juden fühlten sich durch den in Zeitungen verbreiteten Text dieser Sportpalastrede zusätzlich bedroht – so äußerte sich [[Victor Klemperer]] in seinen Tagebüchern.<ref>Victor Klemperer: ''Tagebücher 1943.'' Berlin 1995, Eintrag zum 20. Februar 1943. Klemperer hatte den Text im ''Dresdener Anzeiger'' vom 19. Februar gelesen.</ref>
[[Herbert Marxen]], ein Flensburger Karikaturist aus den letzten Jahren der Weimarer Republik und Zeitzeuge, fertigte zum Thema des Ausrufs zum „totalen Krieg“ eine Karikatur an.

== Literatur ==
* [[Günter Moltmann]]: '' Goebbels’ Rede zum totalen Krieg am 18. Februar 1943.'' In: '' [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]].'' Bd. 12, 1964, Heft 1, S. 13–43 ([http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1964_1_2_moltmann.pdf PDF]).
* [[Iring Fetscher]]: ''Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast 1943: „Wollt ihr den totalen Krieg?“'' Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1998, ISBN 3-434-50456-7.
* Jens Kegel: ''„Wollt Ihr den totalen Krieg?“ Eine semiotische und linguistische Gesamtanalyse der Rede Goebbels’ im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943.'' Max Niemeyer, Tübingen 2006, ISBN 978-3-484-31270-8.

== Weblinks ==
* {{archive.org|JosephGoebbels-Sportpalastrede|Tonaufnahme der Rede (geschnitten)}} (MP3).
* [http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0200_goe&object=translation&st=&l=de Transkription der Rede (unvollständig).] In: ''[[1000dokumente.de]]'', aufbereiteter Auszug aus der Rundfunkübertragung, [[Deutsches Rundfunkarchiv|DRA]]-Nr. 2600052, mit [http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0200_goe&object=facsimile&st=&l=de Tonaufnahme].
* [[Peter Longerich]]: [http://www.spiegel.de/einestages/goebbels-sportpalastrede-a-946856.html ''Goebbels Sportpalastrede. Stiller Staatsstreich.''] [[einestages]], 10. Februar 2011.

== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Version vom 25. März 2019, 11:12 Uhr

Einzelnachweise