„Geschichte der Ukraine“ – Versionsunterschied

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=== Bezeichnungen „Kleinrussland“ und „Ukraine“ ===
=== Bezeichnungen „Kleinrussland“ und „Ukraine“ ===
Schon eine griechisch-byzantinische Urkunde aus dem Jahr 1380 im Zusammenhang mit den Aktivitäten zur Einsetzung [[Kiprian]]s als Metropolit von Kiew bezeichnete den Norden mit Nowgorod und Moskau als [[Großrussland]], den Süden als [[Kleinrussland]].<ref name="Kyprianos" />
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Version vom 24. August 2018, 19:11 Uhr

Ukraine 1648

Die Geschichte der Ukraine reicht von der Urgeschichte bis zur Gegenwart.

Ur- und Frühgeschichte

Verbreitungsgebiet der Cucuteni-Tripolje-Kultur

Das Gebiet der heutigen Ukraine wurde schon während des Paläolithikums besiedelt. Während der Jungsteinzeit bestand in der Südukraine von etwa 6500 bis 5000 v. Chr. die Bug-Dnister-Kultur. Ihr folgte die Dnepr-Don-Kultur bis 4000 v. Chr. Darauf folgte die Sredny-Stog-Kultur von 4500 bis 3500 v. Chr. Derijiwka, einer der bekanntesten mit dieser Kultur in Verbindung gebrachten Ausgrabungsorte, liegt in der zentralukrainischen Oblast Kirowohrad. Am Übergang von der Jungsteinzeit zur Kupfersteinzeit gehörte die heutige Ukraine zu den Ursprungsregionen der vermutlich halbnomadischen Kurgankultur, die auf die Zeit von 4400 v. Chr. bis 4300 v. Chr. geschätzt wird – dies ist jedoch wissenschaftlich nicht gänzlich unumstritten (vgl. Kritik an der Kurgantheorie und spätere Forschung).[1]

Chalkolithisches Grab von Katral in der Region Odessa

Die Kurgankultur wurde in der späten Kupfersteinzeit/frühen Bronzezeit von der Jamnaja-Kultur abgelöst bzw. ist in ihr aufgegangen – in der Nähe von Dnipro gibt es den „Storoschowa mohyla“-Kurgan in dem A. I. Trenoschkin frühe Überreste von Wagen ausgegraben hat. Aus dieser Zeit stammen vermutlich auch die Stein-Babas (ukrainisch Баби кам'яні; russisch каменные бабы) – deren größte Sammlung innerhalb der Ukraine sich in Dnipro (siehe Stein-Babas von Dnipropetrowsk),[2] befindet – durch ihre über 3000-jährige Geschichte[3] sind sie sicherlich nicht nur das Produkt eines Volkes; die frühesten werden jedoch mit der Jamnaja-Kultur, die eisenzeitlichen Exemplare mit den Skythen und die mittelalterlichen mit verschiedenen Turkvölkern in Verbindung gebracht.

Der Jamnaja-Kultur folgte in der Bronzezeit etwa von 2800/2500 bis 2000 v. Chr. die Katakombengrab-Kultur die ihren Namen von den von ihnen angelegten Katakomben hat, deren unterirdischer Teil am ehesten mit den ägyptischen Mastabas vergleichbar sind. In der Spätbronzezeit folgte die Srubna-Kultur im 20. bis 12. vorchristlichen Jahrhundert (2000–1200 v. Chr.).

Im 5. Jahrhundert v. Chr. siedelten sich an der ukrainischen Schwarzmeerküste und insbesondere der Krim pontische Griechen an und gründeten Kolonien. Sie sind es auch, die vom Volk der Taurer – woher auch der Name Taurien für die Krim abgeleitet wurde – berichten, die sie als ein Volk von Hirten beschreiben.

An der Straße von Kertsch – in antiken griechischen Quellen „Kimmerischer Bosporus“ genannt – lebte um 1300 v. Chr. das Volk der Kimmerer, bis es von den Skythen in Richtung Kaukasus verdrängt wurden. Das Steppengebiet im Süden der Ukraine war Teil des sogenannten Wilden Feldes, das in der Antike (8./7. Jahrhundert v. Chr.) von den iranischsprachigen Reitervölkern der Skythen und später von den ihnen nahestehenden Sarmaten, die im 4./3. Jahrhundert v. Chr. die Skythen unterwarfen und assimilierten, bewohnt wurde.

Im Norden und Westen der heutigen Ukraine jedoch auch in Weißrussland befand sich die Sarubinzy-Kultur, die vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. bestand, die vermutlich Handel mit den Städten am Schwarzen Meer getrieben haben. Der Fund vieler Pflüge deutet darüber hinaus auf die hohe Bedeutung des Ackerbaus hin.

Völkerwanderungszeit

Vom 2. bis Anfang des 5. Jahrhunderts n. Chr. hat sich in der Ukraine auch die mit den Ostgoten assoziierte Tschernjachow-Kultur gebildet, da die Goten zu dieser Zeit aus dem Weichselraum an die Küsten des Schwarzen Meeres drängten. Daneben gab es nördlich der Tschernjachow-Kultur noch die Kiewer Kultur,[4][5] die ebenfalls auf das 2. und bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. datiert wird. Die Krimgoten lebten noch bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts bis sie vom aufkommenden Chasarenreich unterworfen und assimiliert wurden – wobei sie vermutlich die hier ansässigen Aorsen, den damals größten Stamm der Sarmaten, über einen Zeitraum von 20 Jahren allmählich besiegten. Um das Jahr 374 sollen die ersten Hunnen unter ihrem Führer Balamir die Wolga überquert haben und dabei das Reich der Alanen zerstört haben um mit ihnen anschließend ein Bündnis zu schließen. Durch den Druck aus Osten wurden wohl auch die skythischen Stämme der Jazygen und der Roxolanen in Richtung Westen (am wahrscheinlichsten auf den Balkan) verdrängt. Im Jahre 375 erfolgte dann die Zerstörung des Greutungen (Ostgoten) Ermanarichs (vgl. vor allem Ammianus Marcellinus, 31, 2f.), spätestens hier beginnt der Hunnensturm.[6]

Im vierten Jahrhundert könnten auch die Bulgaren bzw. Proto-Bulgaren im Zuge der Völkerwanderung mitgerissen worden sein. Diese siedelten sich im sogenannten „Onoguria“ an und weiteten ihr Reich über die heutige Süd- und Ostukraine aus. Wahrscheinlich siedelten sich um diese Zeit auch die aus Norden kommenden Slawen erstmals in dem Gebiet an, wobei einige auch (zusammen mit den Bulgaren) in Richtung Balkan gezogen sein könnten. Nach dem Weiterziehen der Hunnen und der von ihnen in Richtung Westen vertriebenen Völkern entstand in der gesamten (Süd-)Ukraine ein Machtvakuum.[7] Im 6. Jahrhundert teilten sich diese frühen Bulgaren vermutlich in Kutriguren welche weiter in Richtung Westen drängten und die Utiguren die am Don verblieben waren und wahrscheinlich das Großbulgarisches Reich gründeten zu dem große Teile der Süd- und Ostukraine gehörten. Was mit den Onoguren einem weiteren Stamm der mit den Protobulgaren in Verbindung gebracht wird, passierte ist unklar. So wurde das Gebiet der ganzen Südukraine jedoch zum Durchzugsgebiet der Bulgaren aus ihrer Heimat, die vermutlich an der Wolga lag. Im 7. Jahrhundert zogen die Bulgaren insbesondere unter ihrem Anführer Kubrat allmählich immer weiter in das heutige Bulgarien, wobei ein Teil vermutlich den Staat der Wolgabulgaren bildete.[8] Zu dieser Zeit gehört wohl auch der Fund des bedeutenden Pereschepenski-Schatz bei Poltawa.[9][10]

Mittelalter

Chasarenreich und Magyarenwanderung

Während der Zeit des europäischen Frühmittelalters wurde die Ostukraine etwa um das Jahr 750 Teil des Chasarenreiches. Außerdem gehörte es zum Handelsnetz der Radhaniten; diese jüdischen Kaufleute stellten etwa vom 8. bis zum 11. Jahrhundert die Handelsbeziehungen zwischen den verfeindeten Ländern des Abendlandes und der Islamischen Welt sicher und betrieben dabei sogar Handel mit Indien und China – dies stellt wahrscheinlich die beste Begründung für die Wichtigkeit des Judentums im Chasarenreich dar. Die Magyaren, die um das Jahr 600 n. Chr. noch im Wolgagebiet lebten, siedelten sich um das Jahr 900 n. Chr. im Gebiet zwischen Dnister und Dnepr an – vermutlich das von den Magyaren so genannte Etelköz (wörtlich: Land zwischen den Flüssen) an der Westgrenze des Chasarenreiches, dem sie tributpflichtig waren. In dieser Zeit schlossen sich ihnen auch die Kabaren an – drei Stämme, die gegen das Chasarenreich rebellierten – und zogen aufgrund des Drucks der Petschenegen aus den Weiten der Eurasischen Steppengebiete und der mit ihnen verbündeten Bulgaren unter Zar Simeon I. in Richtung Westen in die Karpaten. Nach dem Niedergang des Chasarenreiches kamen die Reitervölker der Petschenegen, Kumanen sowie die Goldene Horde.

Kiewer Rus

Kiewer Rus im 11. Jahrhundert

Im 9. Jahrhundert errichteten ostslawische Stämme unter dem Einfluss skandinavischer Waräger an den Handelswegen von Skandinavien und Nowgorod nach Süden in Richtung Konstantinopel ein lose verfasstes Großreich mit der Hauptstadt Kiew, die „Kiewer Rus“. Dessen Herrscher Wladimir der Große (reg. 980–1015) entschied sich im Jahre 988 für die Annahme des Christentums nach östlichem Ritus. Der Süden der heutigen Ukraine wurde bis ins 13. Jahrhundert von nomadischen Steppenvölkern, insbesondere den Petschenegen und später den Kyptschaken (Kumanen, „Polowzern“; ukrainisch Половці) beherrscht.

Nach kultureller und wirtschaftlicher Blüte begann im 12. Jahrhundert der Niedergang der Rus mit zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Fürstentümern. 1169 eroberte der Fürst von Wladimir-Susdal Kiew, brannte es nieder, eignete sich den Titel des Großfürsten an und setzte in Kiew seinen Sohn als Fürsten ein. 1202 nahm Roman von Halytsch-Wolodymyr Kiew in Besitz und leitete daraus einen Anspruch auf die Würde des Großfürsten ab, aber schon im Folgejahr verlor er die Stadt an die Fürsten von Perejaslawl. Im 13. Jahrhundert eroberten mongolische Nomadenstämme aus Asien („Goldene Horde“) die Herrschaft über alle Russischen Staaten außer der Republik Nowgorod und Pskow.

Goldene Horde

Das Reich der Goldenen Horde im Jahr 1389
Der unterlegene Michail Jaroslawitsch steht vor Usbek Khan (historisierende Darstellung)

Nach ersten Konflikten in den 1220er Jahren zwischen Europäern und den Mongolen unter Dschingis Khan, insbesondere der Schlacht an der Kalka, drangen die Mongolen weniger als 20 Jahre später, diesmal unter Batu Khan, einem Enkel Dschingis Khans, bis nach Mitteleuropa vor. Ihre Heere blieben dort am 9. April 1241 in der Schlacht bei Liegnitz (Polen) und zwei Tage später in der Schlacht bei Muhi (Ungarn) ungeschlagen. In der europäischen Geschichtsschreibung werden diese beiden Phasen der mongolischen Eroberungen als Mongolensturm bezeichnet. Die Belagerung von Kiew (1240) während des zweiten der beiden Feldzüge markiert nach dem Verständnis der meisten Historiker das Ende der Kiewer Rus.

Die Mongolen (von den Rus zum Teil auch als „Tataren“ bezeichnet)[11] begründeten das Reich der Goldenen Horde – zu einem wesentlichen Teil auf dem Gebiet der heutigen Ukraine. Während sie selbst hauptsächlich an Wolga und Kama siedelten, stellten sie sich jeweils an die Spitze der Elite der eroberten Kultur und beherrschten diese und zahlreiche Nachbarvölker durch ein System von Tributzahlungen, Geiseln und Strafexpeditionen: Nach Eroberung wurden oftmals die wehrfähigen Männer in das mongolische Heer eingegliedert, eingesessene Herrscher belassen, Familienangehörige jedoch als Geiseln genommen und ein Statthalter eingesetzt (darughachi auf Russisch, داروغه darougheh auf Persisch,[12] basqaq auf Türkisch), der entweder vor Ort verblieb oder jährlich wiederkehrte. Er stellte die Ablieferung des Tributs an den jeweiligen Khan sicher und gewährleistete, dass der Vasallenstaat keine Politik verfolgte, die jener des Mongolischen Reiches entgegenstand.[13][14] Stieß dem Statthalter etwas zu oder berichtete er dem Khan von Ungehorsam, wurden die zuvor genommenen Geiseln umgebracht und Strafexpeditionen gegen den Vasallenstaat unternommen.

Die Masse der Bevölkerung der Goldenen Horde wurde jedoch nicht von Mongolen gestellt. Die Zentren des Staates bildeten die Städte Sarai in Astrachan, Neu-Sarai (auch Berke-Sarai), Bolgar, Kasan und Asow. Die Goldene Horde war vom 13. bis zum 15. Jahrhundert eine dominierende Macht Osteuropas.

Verlegung und Zersplitterung der russischen Metropolis

Die Goldene Horde zerstörte Kiew 1240 erneut, so dass es nach der Beschreibung eines Reisenden „kaum noch zweihundert Häuser“ hatte. 1299/1305 erreichten die Großfürsten von Vladiimir-Susdal die Übersiedlung des Metropoliten aller Russen nach Wladimir. Auf die Drohung König Kasimirs III. von Polen hin, seine russischen Untertanen katholisch taufen zu lassen, wurde 1371 der Bischof Antonios von Galitza (Halitsch) zum Metropoliten erhoben und ihm auch die Bistümer von Cholm, Przemyśl und Wolodymyr-Wolynskyj unterstellt. Aber erst 1375 setzte der Patriarch von Konstantinopel, Philotheos Kokkinos, mit Kiprian einen neuen Metropoliten von Kiew ein, zunächst mit dem Anspruch, nach dem Tode des in Moskau residierenden Metropoliten Alexej alle russischen Christen zu betreuen.[15]

Halitsch-Wolhynien, Litauen, Polen und Krim-Khanat

Das Fürstentum Halytsch-Wolhynien im 13.–14. Jahrhundert

Eine eigenständige Bedeutung erlangte ab dem 12. Jahrhundert das westukrainische Fürstentum Halytsch-Wolhynien (siehe auch Wolhynien und Geschichte Galiziens). Im 13. Jahrhundert musste es die Oberhoheit der Goldenen Horde akzeptieren und dem militärisch stärkeren Kontrahenten Wladimir-Susdal widerstehen. So suchte es Unterstützung im Westen und 1253 ließ sich Daniel Romanowitsch von Galizien von einem päpstlichen Legaten zum Rex Rusiae („König von Russland“) krönen.[16] Im 14. Jahrhundert zerfiel das Fürstentum, sein nordöstlicher Teil wurde, wie auch die zentralukrainischen Gebiete am Dniepr mit Kiew, nach der Schlacht am Irpen Teil des Großfürstentums Litauen (siehe Geschichte Litauens). Den südwestlichen Teil des Fürstentums, („Rotruthenien“, „Galizien“) eroberte Kasimir der Große von Polen Mitte des 14. Jahrhunderts (siehe Geschichte Polens). Im durch die Lubliner Union von 1569 gebildeten litauisch-polnischen Doppelstaat wurden auch die bisher zu Litauen gehörenden ukrainischen Gebiete der polnischen Krone unterstellt. Im Gegensatz zu der bisherigen liberalen Politik Litauens nahmen ab diesem Zeitpunkt die wirtschaftliche und religiöse Unterdrückung der orthodoxen Bevölkerung durch Polen zu. Um die religiöse Spaltung zu überwinden, wurde die Idee einer „Wiedervereinigung“ von katholischer und orthodoxer Kirche in Litauen-Polen verfolgt. Deren konkrete Umsetzung in der Kirchenunion von Brest 1596, stieß aber auf viel Widerstand unter den Ruthenen: Die neu geschaffene griechisch-katholische Kirche, die den östlichen Ritus beibehielt, aber dem Papst unterstellt war, wurde von vielen nicht akzeptiert, da sie organisatorisch nur als Anhängsel der Westkirche wirkte. Weitere Ursache für Konflikte war die Tatsache, dass der ukrainische Adel nicht als gleichberechtigte dritte Stütze des Staates neben den Polen und Litauern anerkannt wurde.

Ukraine als Teil von Polen-Litauen im Jahre 1660
Bis ins 18. Jahrhundert lag im Süden der heutigen Ukraine das Khanat der Krimtataren

Der Süden der heutigen Ukraine wurde zu einem eigenständigen, unter osmanischer Schutzherrschaft stehenden Krim-Khanat. Große Teile der Steppengebiete in der heutigen Südukraine wurden in der Zeit 1368–1783 von den Nachfahren der Nogaier-Horde, den Schwarz-Nogaiern beherrscht und in Gemengelage besiedelt. Viele als „Krimtürken“ aufgefasste Nomaden waren in Wirklichkeit Nogaier.

  1. WEITERLEITUNG Name der Zielseite

Bezeichnungen „Kleinrussland“ und „Ukraine“

Schon eine griechisch-byzantinische Urkunde aus dem Jahr 1380 im Zusammenhang mit den Aktivitäten zur Einsetzung Kiprians als Metropolit von Kiew bezeichnete den Norden mit Nowgorod und Moskau als Großrussland, den Süden als Kleinrussland.[15]

Der Begriff Ukraina wurde erstmals 1187 in der Hypatiuschronik für die südwestlichen Gebiete des Kiewer Reiches, später für das galizisch-wolhynische Gebiet verwendet. Es bedeutete zunächst „Grenzland“, ein Begriff, der in der Rus bis zum 17. Jahrhundert auch für viele andere Gebiete benutzt wurde. Bezogen auf die heutige Ukraine war dieser Name lange Zeit eine enge Regionalbezeichnung für die Gebiete am mittleren Dnepr und war nicht mit dem breiteren geografischen Begriff Kleinrussland identisch.

Bevor man seit dem 19. Jahrhundert von einer ukrainischen oder weißrussischen Nation zu sprechen beginnt, war für die ostslawischen Bewohner der heutigen Ukraine der deutsche Begriff „Ruthenen“ (ukr. русини) und Kleinrussen (ukr. малороси) gebräuchlich.

Kosakenstaat

Gegen den Widerstand der polnisch-litauischen Adligen errichtete Bohdan Chmelnyzkyj 1648 durch einen Vertrag mit dem polnischen König Jan Kazimierz einen eigenständigen ukrainischen Kosakenstaat (Hetmanat) mit Regierungssitz in Tschyhyryn, der aber 1651 durch Bündnisse mit Russland und dem Osmanischen Reich wieder schnell in Abhängigkeiten geriet. Daraufhin wurde die Ukraine zwischen Polen, welches die Rechtsufrige Ukraine erhielt und Russland, das die linksdnieprischen Gebiete bekam, geteilt. Im russischen Teil der Ukraine begann der Aufstieg der Russischen Sprache in der Ukraine, während im polnischen Teil die schon lange anhaltende Polonisierung weitergeführt wurde.

Zwischen Russland und Österreich

Nach den drei Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 wurde die westliche Ukraine mit Ausnahme Ost-Galiziens, das zum Habsburgerreich kam, russisch.

1796 wurden die südlichen und östlichen Gebiete der heutigen Ukraine, die Russland von den Osmanen erobert hatte, zu einem russischen Gouvernement zusammengefasst (Neurussland) und es wurden die Städte Sewastopol (1763, Militärhafen und Festung) und Simferopol (1784) auf der Halbinsel Krim sowie die Hafenstadt Odessa (1793) gegründet. Die bisher fast unbewohnten Steppengebiete im Südosten wurden urbar gemacht und größtenteils mit Russen, aber auch mit Deutschen bevölkert. Katharina die Große (Zarin von 1762 bis 1796) förderte vielerorts die Ansiedlung von Ausländern in Russland.

Die Kern-Ukraine wurde in dieser Zeit auch als „Kleinrussland“ bezeichnet. Die westlichen Gebiete gingen als „Galizien und Lodomerien“ zum Habsburgerreich.

Beim Wiener Kongress verhandelten unter anderem die Großmächte über die territoriale Ordnung Europas. Russland wurde damals von Zar Alexander I. regiert und das Habsburgerreich von Kaiser Franz I. Russland sicherte sich durch die Anerkennung seiner territorialen Gewinne in Finnland und Bessarabien die stattgefundene Ausweitung nach Westen. Von den Gebieten, die Russland bei den drei Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 erlangt hatte, durfte es den größten Teil („Kongresspolen“) behalten.

Entstehung der ukrainischen Nationalbewegung

Der ukrainische Historiker Mychajlo Hruschewskyj schuf Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts in Lemberg die Grundlage für eine ukrainische Nationalbewegung, indem er der Auffassung eines einheitlichen ostslawischen (russischen) „Stromes der Geschichte“ sein Schema einer getrennten Entwicklung der Völker der Russen und Ukrainer entgegenstellte. Daraufhin begannen sich in Kiew Kräfte zu formieren, die eine Unabhängigkeit von Russland einforderten. Sowohl Ukrainer als auch Russen beziehen sich positiv auf die mittelalterliche Rus.[17]

Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg

Ehrenmal für ukrainische Kriegsgefangene im Ersten Weltkrieg in Rastatt

Während des Ersten Weltkriegs unterstützte das Deutsche Reich die Separationsbemühungen der Ukrainer als Kriegsmittel zur Schwächung Russlands. Unter anderem wurden bis zu 50.000 Kriegsgefangene ukrainischer Herkunft durch Unterricht in ukrainischer Geschichte und Vermittlung sozialistischer Ideen in deutschen Kriegsgefangenenlagern ausgebildet, um mit sozialen Unruhen und Nationalismus den Kriegsgegner zu schwächen. Diese kamen jedoch nicht mehr zum Einsatz. Dennoch vertraten einige polnische Nationalisten die Theorie, Ukrainer gebe es eigentlich gar nicht, sie seien eine deutsche Erfindung.[18] Ähnlich wurde im 19. und auch im 20. Jahrhundert in Russland die Vorstellung von einer eigenen ukrainischen Kulturnation als Erfindung der österreichischen Diplomatie und der mit Rom Unierten erklärt.[19]

Zentralna Rada

Mit der Februarrevolution 1917 in Russland und dem Sturz der Zarenregierung sah man in der Ukraine die Chance für eine eigene, unabhängige Staats- und Gesellschaftsentwicklung, für gekommen. Am 17. März 1917 versammelten sich in Kiew Repräsentanten politischer, kultureller und beruflicher Organisationen (Zentralna Rada), um aus ihrer Mitte eine provisorische Regierung zu bilden, die an die Stelle der inzwischen abgeschafften zaristischen Regierungsbehörden treten sollte. Zum Vorsitzenden dieses ukrainischen Volksrats wurde am 20. März 1917 Mychajlo Hruschewskyj gewählt.[20][21][22][23]

Auf dem Allukrainischen Nationalkongress vom 19. bis 21. April 1917 mit rund 900 Delegierten von politischen Parteien, Bauernorganisationen, ländlichen und städtischen Selbstverwaltungen, Militärorganisationen, Kultur- und Bildungseinrichtungen, kirchlichen Institutionen, sowie den ukrainischen Gouvernements wurden zunächst 115 Deputierte in die Zentralna Rada gewählt. Diese war seitdem die gesetzgeberische Versammlung in der Ukraine.[24][25] Die Ukrainische Sozialdemokratische Arbeiterpartei [26] und die Ukrainische Partei der Sozialrevolutionäre waren die wichtigsten Parteien in der Zentralrada.

In ihrem 1. Universal vom 23. Juni 1917[27] forderte die Zentralrada Autonomie für die Ukraine[28] innerhalb eines demokratischen und föderativ organisierten Russlands, Festlegung der Grenzen der Ukraine, sowie die Teilnahme an einer zukünftigen Friedenskonferenz.[20][29][30] Die Forderung nach Autonomie führte zum Konflikt mit der Provisorischen Regierung (Russlands) unter Alexander Kerenski, die die Auffassung vertrat, Generalsekretariat und Zentralrada seien ihr weiterhin untergeordnet. Man handelte einen Kompromiss aus: Die Provisorische Regierung (Russlands) erkannte das Generalsekretariat als oberstes Regierungsorgan der Ukraine an. Das Generalsekretariat und die Zentralrada erkannten im Gegenzug die Provisorische Regierung (Russlands) an. Die Ukraine nahm Abstand von einer „einseitigen“ (unilateral) Autonomie. Diese Vereinbarung schlug sich im 2. Universal (16. Juli 1917) nieder.

Ukrainische Volksrepublik

Wappen der Ukrainischen Volksrepublik (1917–1920)

Am 7. (20.) November 1917 proklamierte die Zentralna Rada die Ukrainische Volksrepublik als autonomen Staat innerhalb des neuen Sowjetrussland nach der Oktoberrevolution. Am 12. (25.) November fanden Wahlen statt, in denen die Bolschewiki 25 % und die anderen Parteien 75 % der Stimmen erhielten.

Mitte Dezember organisierten die Bolschewiki einen Aufstand in Winnyza. Es begann die Eroberung ostukrainischer Gebiete durch russische und ukrainische Rote Garden. Am 24./25. Dezember fand in Charkiw der erste Kongress der Delegierten der Bauern-, Arbeiter- und Soldatenräte statt, der die Beschlüsse der Zentralna Rada für ungültig erklärte. Am 26. Dezember eroberten die Truppen der Bolschewiki Charkiw. Am 30. Dezember proklamierte das Zentrale Exekutivkomitee der Sowjetukraine die Ukrainische Volksrepublik der Sowjets.

Am 9. Januar 1918 fanden Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung der Ukraine statt, konnten allerdings nur in den nicht besetzten Gebieten durchgeführt werden. Die ukrainischen nationalen Parteien erhielten 70 % der Stimmen, die Bolschewiki 10 %. Die Versammlung wurde jedoch nie einberufen, die Zentralna Rad blieb das politische Entscheidungsgremium der Ukrainischen Volksrepublik. Am 22. Januar 1918 (4. Universal der Zentralrada) wurde die volle staatliche Unabhängigkeit der Ukrainischen Volksrepublik verkündet.

Am 29. Januar fand in Kiew ein Aufstand der Bolschewiki statt, der am 4. Februar niedergeschlagen wurde.

Am 7. Februar eroberten die sowjetrussischen und -ukrainischen Truppen Kiew.

Am 9. Februar schloss die Ukrainische Volksrepublik mit den Mittelmächten den so genannten Brotfrieden von Brest-Litowsk.

Deutsche und österreichische Intervention

Mitte Februar begannen deutsche und österreichische Truppen die Eroberung der westlichen Ukraine. Am 3. März eroberten sie Kiew und setzten die Zentralna Rada wieder ein.

Im Osten der Ukraine existierten kurzzeitig mehrere Sowjetrepubliken, so die Sowjetrepublik Donezk-Kriwoi Rog, die Sowjetrepublik Odessa, die Sowjetrepublik Taurida (Krim) und die Ukrainische Sowjetrepublik.

Am 29. April wurde in Kiew General Pawlo Skoropadskyj durch die deutsche Besatzungsmacht an die Spitze des sogenannten ukrainischen Staates gesetzt. Am 14. Dezember 1918 wurde er vertrieben und die Ukrainische Volksrepublik wieder hergestellt.

Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik

Im Januar 1919 eroberten die Bolschewiki Kiew und gründeten die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik. Im März wurde die erste Verfassung verabschiedet.

Bis 1920 kam das gesamte Territorium der östlichen Ukraine unter deren Kontrolle.[31]

Westukrainische Volksrepublik

In dem ehemals österreich-ungarischen Kronland Königreich Galizien und Lodomerien bildete sich im November 1918 die Westukrainische Volksrepublik (Sachidno-Ukrajinska Narodna Respublika, SUNR), deren Hauptstädte nacheinander Lemberg, Ternopil und Stanislau (heute Iwano-Frankiwsk) waren. Die Westukrainische Volksrepublik vereinigte sich im Januar 1919 mit der Ukrainischen Volksrepublik.[32]

Die im Südwesten des Landes gelegene Karpatoukraine, die bis 1919 zu Ungarn gehörte, fiel unter anderem aufgrund eines Votums des amerikanischen Nationalrats der Russinen am 10. September 1919 an die neugegründete Tschechoslowakei.[33]

1921 musste die Westukrainische Volksrepublik nach dem Polnisch-Ukrainischen Krieg kapitulieren. Nach dem Krieg zwischen Polen (unter Führung von Piłsudski) und Sowjetrussland wurde Ost-Galizien polnisch. Es wurden die Woiwodschaft Lemberg um Lemberg sowie die Woiwodschaft Tarnopol um die Stadt Ternopil und die Woiwodschaft Stanisławów um das heutige Iwano-Frankiwsk gebildet, die für fast zwei Jahrzehnte zu Polen gehörten. Wolhynien wurde geteilt. In Polen entstand für 18 Jahre die Woiwodschaft Wolhynien.

In der Zentral- und Ostukraine setzte sich die sowjetische Herrschaft durch. 1922 wurde die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik offiziell Teil der neu gegründeten Sowjetunion, nachdem die Rote Armee unter Leo Trotzki die Machno-Bewegung in einem blutigen Kampf besiegt hatte.

Sowjetzeit

Im Rahmen der Industrialisierung der Sowjetunion wurden im Osten der Ukraine in den heutigen Millionenstädten Dnipro (u. a. Chemie), Donezk (u. a. Schwerindustrie, Kohlebergbau) und Charkiw (u. a. Flugzeuge) große wirtschaftliche Zentren mit Universitäten entwickelt.

Flagge der Ukrainischen SSR 1937–1949

Nach der Einrichtung von Kolchosen im Rahmen der Kollektivierung wurden diese dazu verpflichtet, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Ernte an den Staat abzuführen. Die Quote lag in der Ukraine bei etwa 30 %. Seit 1928 wurde die Quote von Jahr zu Jahr erhöht.[34] 1931 betrug die Steuerquote für Getreide bereits rund 40 %. Im Jahr 1932 kam es zu Problemen, das Getreide einzuziehen. Die ukrainische Landbevölkerung widersetzte sich der Getreideabgabe und versuchte, Teile der Ernte zu behalten, die sie hätte abgeben müssen. Die sowjetische Regierung antwortete mit einer Verschärfung der Repressionen. In den Städten wurden Stoßbrigaden kommunistischer Aktivisten zusammengestellt. Diese fuhren in die landwirtschaftlichen Gebiete und führten dort Beschlagnahmungen durch. Die Lage wurde für die Landbevölkerung immer bedrohlicher: Repressalien, angefangen von Verhören, Drohungen und Belagerungen von Bauernhöfen bis hin zu Verhaftungen mit oder ohne Verurteilung, waren an der Tagesordnung. Am 7. August wurde das „Ährengesetz“ verabschiedet. Dieses sah für jede „Verschwendung sozialistischen Eigentums“ eine Strafe von zehn Jahren bis zur Todesstrafe vor. In den folgenden anderthalb Jahren wurden 125.000 Menschen nach diesem Gesetz verurteilt. Darunter waren 5400 Todesurteile. Das Gesetz brachte aber auch nicht den gewünschten Erfolg. Am 22. Oktober wurde eine Sonderkommission in die Ukraine entsandt. Ihr Auftrag war es, den Widerstand zu brechen, wozu sie weitestgehende Vollmachten hatte. Es folgte eine Verhaftungswelle, von der sowohl Bauern als auch örtliche Partei- und Verwaltungskräfte betroffen waren. Schwerer noch wogen die wirtschaftlichen Repressalien, die Beschlagnahme aller Ladenartikel und das Unterbinden jeglichen Handels. Die Landbevölkerung wurde von der Versorgung abgeschnitten.

Der nächste Schritt war die Anweisung, alle Getreidevorräte auf den Kolchosen zu beschlagnahmen. Diese Beschlagnahmungen wurden mit großer Härte durchgeführt, Folter und Tötungen inbegriffen. Am 27. Dezember 1933 wurden ein Inlandspass und für die Bewohner der großen Städte eine Meldepflicht eingeführt, um die Flucht der Landbewohner in die Städte zu stoppen. Am 22. Januar folgte ein Befehl von Stalin und Molotow an die Geheimpolizei GPU, die Landbewohner am Verlassen der Hungergebiete zu hindern. Mehrere Hunderttausend Menschen, die es in die Städte schafften, wurden von dort wieder vertrieben. Tausende von Kindern wurden von ihren Eltern in die Städte geschafft und dort ausgesetzt in der Hoffnung, jemand werde sich ihrer annehmen. Zur Beseitigung der Kinder aus den Städten wurde daraufhin eine Sondereinheit gegründet. Diese sammelte die verhungernden Kinder auf der Straße ein. Sie wurden aus den Städten abtransportiert. Auf freiem Feld setzte man die Kinder anschließend zum Sterben aus. Zusammen mit dem Hunger brachen Seuchen in der geschwächten Bevölkerung aus. Im Frühjahr 1933 erreichte die Sterblichkeit ihren Höhepunkt. Während die Bauern verhungerten, exportierte die Sowjetunion 1933 1,8 Millionen Tonnen Getreide.

Die Weltöffentlichkeit reagierte kaum auf diesen faktischen Massenmord in der Sowjetunion, der heute in der Ukraine als Holodomor bezeichnet wird. Verschiedene Journalisten, wie Paul Scheffer in Deutschland, Gareth Jones in Großbritannien oder William Henry Chamberlin in den USA, berichteten wiederholt über die Ereignisse. Intensiv beschäftigte sich der Europäische Nationalitätenkongress mit der Ursache der vielen Hungertoten[35] und warf der UdSSR öffentlichkeitswirksam „die Ausrottung der Kulturbestrebungen aller Volksgruppen und Völker aus ideologischen Gründen“ vor.[36] Diplomatische Reaktionen blieben jedoch weltweit aus. Die Sowjetunion selbst zensierte die wahrheitsgemäße Berichterstattung. Die Zahl der Opfer lässt sich nur schwer bestimmen, da es während des Bestehens der Sowjetunion keine Untersuchungen gab. Anhand der Volkszählungen von 1937 und 1939 wird die Zahl der Toten auf 4 Millionen Ukrainer geschätzt. In anderen landwirtschaftlichen Gebieten der Sowjetunion starben danach weitere 2 Millionen Menschen durch die künstlich verursachte Hungersnot.

Der vergleichende Völkermordforscher Gunnar Heinsohn schätzt die Zahl der Opfer auf 6 bis 7 Millionen Ukrainer. Für ihn ist es die „schnellste gegen eine einzelne Volksgruppe gerichtete Massentötung des 20. Jahrhunderts und womöglich der Geschichte“. Als Motiv nimmt er die „Brechung der ukrainischen Unabhängigkeitsbewegung“ an. Andere westliche Untersuchungen gehen davon aus, dass der Holodomor als eine Verkettung von Folgen und Nebenfolgen äußerst rücksichtsloser und brutaler Politik der Zwangskollektivierung, Herrschaftskonsolidierung und Widerstandsunterdrückung sowie zusätzlich hinzukommender wetterbedingter Ernteausfälle erklärt werden könne.

Deutsche Besetzung 1941 –1944

Der Zweite Weltkrieg begann mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939, dem am 17. September 1939 die sowjetische Besetzung Ostpolens folgte. Polen wurde gemäß den Abmachungen des Hitler-Stalin-Paktes zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Die sowjetischen Besatzungsbehörden inszenierten unter unfreien Bedingungen noch 1939 Volksabstimmungen, als deren Ergebnis die südöstlichen polnischen Woiwodschaften der Sowjet-Ukraine zugeschlagen wurden. Amtssprache wurde dort das Ukrainische, die polnische Bevölkerung erlitt Repressionen. Die Anteile der verschiedenen ethnischen Gruppen an der Bevölkerung änderten sich trotz Umsiedlungen in das Innere der Sowjetunion nicht wesentlich.

Deutsche Soldaten schneiden einem jüdischen Mann den Bart ab. Aufnahme einer Propagandakompanie in der Ukraine, datiert Juli 1941

Im Juni 1941 führte der deutsche Überfall auf die Sowjetunion zunächst in diejenigen Gebiete, welche diese erst 1939 von Polen annektiert hatte. Schon in den ersten Tagen kam es zu Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung, angeleitet teilweise durch Himmlers SS-Verbände und (mit-)ausgeübt durch die ukrainischen und polnischen Bewohner. Es begann auch hier der Massenmord der SS-Einsatzgruppen an den Juden. Anfangs fanden die deutschen Truppen in der Ukraine etliche Unterstützer gegen die Sowjetmacht, was sich jedoch infolge der menschenverachtenden nationalsozialistischen Besatzungspolitik änderte, denn in der Ideologie der Nationalsozialisten galten Ukrainer und auch alle anderen Slawen als „Untermenschen“. Von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) wurde kurz nach der Annexion durch Deutschland am 30. Juni 1941 in Lemberg ein eigenständiger ukrainischer Staat proklamiert, welcher sich als gleichberechtigter Bündnispartner Hitlers verstand, was aber von den deutschen Nationalsozialisten selbstverständlich nicht akzeptiert wurde. Im Gegenteil: Die Anführer der OUN wurden verhaftet und in die KZ Ravensbrück und Sachsenhausen gebracht.

Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg stand das Land als „Reichskommissariat Ukraine“ zum größeren Teil unter deutscher Zivilverwaltung. Die Ukraine war neben den baltischen Staaten und Weißrussland einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkrieges. Die Kämpfe von deutschen Wehrmacht- und Waffen-SS-Verbänden mit der Roten Armee und mit Partisanen verursachten in der Ukraine fünf bis sieben Millionen Tote, die Städte und die Wirtschaft wurden fast völlig zerstört. Der Plan Hitlers und der Parteiführung war, im Verlauf der kommenden 20 Jahre nach 1941 in der Ukraine 20 Millionen Deutsche anzusiedeln, zuvor sollte die Ukraine als Kolonie dienen, die man ökonomisch rücksichtslos ausplündern wollte. Seit dem Winter 1941/42 wurden trotz hungernder ukrainischer Bevölkerung Fleisch, Milch und Getreide für die deutschen Truppen „requiriert“, die selbst wegen großer Transportschwierigkeiten infolge der Partisanenaktivitäten unter mangelnder Versorgung litten. Es entstanden hohe Verluste wegen unzureichender Winterkleidung. Nur noch 30 Prozent der als Existenzminimum geltenden Lebensmittelmenge war ab Dezember 1941 für die Einwohner Kiews verfügbar. Über eine Million Ukrainer wurden zur Zwangsarbeit Richtung Deutschland deportiert. Vor Verschleppung, Erschießungen (wegen Sabotageaktivitäten) und Deportation durch Sondereinheiten der SS konnten sich viele nur durch Flucht zu Partisanenverbänden retten. Alle ukrainischen Organisationen wurden zwangsweise durch das „Reichskommissariat“ aufgelöst, selbst alle Sportvereine und das ukrainische Rote Kreuz. Ab Anfang 1942 wurden sämtliche Schulen und Schulklassen oberhalb der vierten Klasse durch das „Reichskommissariat“ geschlossen. Ukrainische Bücher und Zeitschriften wurden nicht mehr zum Druck zugelassen, einige wenige noch erlaubte Zeitungen wurden streng zensiert. Es wurden massenhafte öffentliche Geiselerschießungen als Reaktion auf Aktivitäten von Partisanen durchgeführt und etwa 250 Ortschaften vollständig zerstört.

Die Ukraine und Ostpolen waren die Gebiete, in denen die meisten Menschen dem Holocaust an Juden, Sinti und Roma zum Opfer fielen. Zunächst wurden nach dem Abzug der Roten Armee in vielen Gebieten der Ukraine von ukrainischen Nationalisten Massaker und Pogrome an Juden verübt. Mit dem Einmarsch der SS-Einsatzgruppen begannen die massenhaften Erschießungen von Juden. Das bekannteste dieser Massaker fand am 29. und 30. September 1941 in Babi Jar bei Kiew statt, wo mehr als 33.000 jüdische Kiewer ermordet wurden, gefolgt von weiteren regelmäßigen Massenerschießungen mit weiteren etwa 70.000 Toten. Darüber hinaus wurden alle kommunistischen Zivilisten und KPdSU-Mitglieder erschossen, derer man habhaft werden konnte. In der Ukraine legten Himmlers Sondereinheiten der SS etwa 180 Lager an, in denen etwa 1,4 Mio. Gefangene ermordet wurden. Zahlreiche Massengräber in der Ukraine bargen von Stalins Sondereinheiten (GPU) ermordete Ukrainer.

Kämpfe gegen die Sowjetherrschaft und gegen Polen 1943–1947

Denkmal zur Erinnerung an die Befreiung von 1943 in Swjatogorsk (Oblast Donezk)

Zwischen 1943 und 1947 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die deutschen Okkupanten, sondern gab es auch eine starke nationalistische Unabhängigkeitsbewegung (ukrainische Aufständischenarmee: Ukrajinska Powstanska Armija UPA) gegen die Sowjetherrschaft, die vom NKWD niedergeschlagen wurde. Aber auch die polnische Bevölkerung der heutigen Westukraine wurde zum Angriffsobjekt der UPA. Insbesondere in den Ostkarpaten und in Wolhynien wurden 1944 weit über 100.000 Polen Opfer von Massenerschießungen durch die UPA. Da nach Kriegsende die ukrainischen Nationalisten einen Krieg gegen die Sowjetarmee begannen, wurden rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien umgesiedelt.

Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik

Die territoriale Entwicklung der Ukrainischen Sowjetrepublik

Danach wurde die Ukraine wieder eine Unionsrepublik der Sowjetunion und trug den Namen Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (USSR).

Ausdehnung des Staatsterritoriums

Nach dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg und auf den Kriegs- und Nachkriegskonferenzen (Teheran-Konferenz November 1943, Konferenz von Jalta Februar 1945 und Konferenz von Potsdam Juli/August 1945) gefassten Beschlüssen der Alliierten wurden von der Sowjetunion bzw. der Ukrainischen SSR dauerhaft jene westlich und südwestlich ihrer ursprünglichen Grenzen gelegenen Gebiete einbehalten, die zunächst nach Vereinbarungen des Hitler-Stalin-Pakts, dann im Verlauf des Krieges von der Roten Armee militärisch eingenommen worden waren. Die Grenzen der Ukraine wurden damit zu Lasten Polens, Rumäniens und der Tschechoslowakei weit nach Westen und Südwesten vorgeschoben. Die sowjetische Politik zielte darauf ab, die in den Friedensverträgen von Brest-Litowsk 1918 und Riga 1921 von Russland erzwungenen Gebietsabtretungen rückgängig zu machen, die zahlreichen Minoritätenprobleme durch Umsiedlungsaktionen in Zukunft auszuschalten und durch eine hegemoniale Rolle in Ost- und Mitteleuropa eine sowjetfreundliche Orientierung dieser Regionen zu garantieren, um so den sowjetischen Sicherheitsinteressen gerecht zu werden. 1924 wurden die Okrug Shakyty und Taganrog von der Ukrainischen Sowjetrepublik der Russischen Sowjetrepublik abgetreten.

Verschiebung der Grenzen Polens

Nach dem Angriff Hitler-Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 waren in Übereinstimmung mit einem geheimen Zusatzprotokoll des am 23. August 1939 unterzeichneten deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts die ostpolnischen Gebiete ab 17. September 1939 durch die Sowjetunion militärisch besetzt worden. Im Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 wurde der genaue/korrigierte Grenzverlauf zwischen Hitler-Deutschland und der Sowjetunion festgelegt, der in etwa der am Nationalitätenprinzip orientierten Curzon-A-Linie von 1920 entsprach.

Ost-Galizien und Wolhynien (südlicher Teil der so genannten Kresy) fielen nach diesen vertraglichen Regelungen dabei der Ukrainischen SSR zu. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verblieben diese Gebiete – im Zuge der Westverschiebung Polens – weiterhin im Machtbereich der Sowjetunion bzw. der Ukrainischen SSR. (s. auch Art. Vierte Teilung Polens). Der Grenzverlauf zwischen der Sowjetunion und Polen entsprach dabei fast genau der Linie, die zwischen der Sowjetunion und Hitler-Deutschland im Hitler-Stalin-Pakt bzw. im Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vereinbart worden war.

Bereits Juli 1944 hatte sich in Moskau das kommunistische „Polnische Komitee der Nationalen Befreiung“ (Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego – PKWN) (oder auch: Lubliner Komitee) in Opposition zur Londoner Exilregierung konstituiert. Das Lubliner Komitee sollte die Macht ergreifen, sobald die Rote Armee die Curzon-Linie überschreiten würde. Dies geschah in Lublin am 22. Juli 1944. Im Januar 1945 wurde das Komitee von der Sowjetunion offiziell als provisorische polnische Regierung anerkannt. Das Lubliner Komitee schloss am 27. Juli 1944 mit der Sowjetunion einen (Geheim-)Vertrag über die Abtretung der Gebiete östlich der Curzon-Linie. Am 16. August 1945 folgte ein Grenzvertrag mit der Sowjetunion, der die Westverschiebung Polens und den gegenseitigen Bevölkerungsaustausch regelte.

Anfang (9.) September 1944 schloss das Lubliner Komitee Umsiedlungsverträge mit den Regierungen der angrenzenden Sowjetrepubliken Ukraine, Weißrussland und Litauen. Diese Verträge regelten die Fragen der Umsiedlung der polnischen Bevölkerung nach Westen und die der Ukrainer, Weißrussen und Litauer nach Osten. Aufgrund dieser Regelungen verloren bis Ende 1948 rund 1.200.000 Polen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten ihre Heimat. Viele dieser Menschen fanden in Folge in den ehemals deutschen Gebieten Pommern, Schlesien und im südlichen Ostpreußen ein neues Zuhause. Bis Mitte 1946 wurden etwa 482.000 Ukrainer aus Polen in die Ukraine abgeschoben. Darüber hinaus wurden im Sommer 1947 in der so genannten „Aktion Weichsel“ (polnisch: Akcja „Wisła“) 140.575 Ukrainer in die Oder-Neiße-Gebiete gebracht und dort verstreut angesiedelt.[37]

Verschiebung der Grenzen Rumäniens

Nach dem Ende des deutschen Westfeldzugs und Unterzeichnung des Waffenstillstands von Compiègne am 22. Juni 1940 sah die Sowjetunion den Zeitpunkt gekommen, das zu diesem Zeitpunkt noch zu Rumänien gehörende Bessarabien, die nördliche Bukowina und das Herza-Gebiet zu annektieren. Am 28. Juni 1940 besetzte die Rote Armee diese Territorien. Wie in einem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vom 24. August 1939 abgesprochen, wurde dieses Vorgehen von Hitler-Deutschland geduldet. In Folge zerteilte die Sowjetunion am 2. August 1940 Bessarabien und bildete aus dem größten (mittleren) Teil des Gebietes – unter Hinzuziehung der östlich des Dnister gelegenen Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (MASSR) – die Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik (MSSR). Der Süden Bessarabiens (der Budschak/derzeit Teil der Oblast Odessa) sowie nördliche Teile (Gebiet um die Stadt Chotyn (Hotin)/Oblast Tscherniwzi) wurde der Ukraine (zu diesem Zeitpunkt Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik) zugeschlagen. 1941 – nach dem Angriff Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion – eroberten rumänische Truppen diese Gebiete zunächst wieder zurück, um sie im Mai 1944 erneut an die Rote Armee zu verlieren. Durch die Unterzeichnung der Pariser Friedensverträge am 10. Februar 1947 wurden von Rumänien die neuen Grenzverläufe akzeptiert. Seitdem gehören die nördlichen und südlichen Gebiete des ehemaligen Bessarabien, der nördliche Teil der Bukowina, das Herza-Gebiet zur Sowjetunion bzw. zur Ukraine. In einem Geheimprotokoll von 1948 verzichtete Rumänien auf die Schlangeninsel, die der Ukrainischen Sowjetrepublik angeschlossen wurde.

Weitere Grenzverschiebungen

Auch der östliche Teil der Tschechoslowakei, die Karpatoukraine, die nach 1938 von Ungarn annektiert worden war, fiel nach dem Zweiten Weltkrieg an die Ukrainische Sowjetrepublik.

1954 kam die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Krim durch einen Beschluss des Obersten Sowjets an die Ukraine.

Wie die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik war die Ukrainische SSR neben der UdSSR Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. 1948−49 und 1984−85 war sie nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.[38]

Flagge der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik 1949–1991

Ukrainische Nationalbewegung

In Galizien wurden bereits 1987 erste Regungen einer ukrainischen Nationalbewegung sichtbar. Geistliche und Laien setzten sich für eine Rückgabe der Kirchen an die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche ein, die als unierte Kirche dem Papst unterstand. Die Russisch-Orthodoxe Kirche bekämpfte diese Bestrebungen. Ende 1989 wurde die Ukrainisch-Katholische Kirche nach einem Besuch Gorbatschows im Vatikan wieder zugelassen, ihr Oberhaupt, Kardinal Ljubacivs'kyj, kehrte 1991 aus dem römischen Exil nach Lemberg zurück.

Am 10. September 1989 wurde in Kiew die ukrainische Volksbewegung Narodnyj Ruch Ukrajiny gegründet. Die Delegierten forderten die nationale und wirtschaftliche Souveränität der Ukraine innerhalb einer sowjetischen Konföderation, sowie einen verbesserten Status der ukrainischen Sprache. Außerdem mehr Rechte für die christlichen Kirchen neben der russisch-orthodoxen Kirche.

Bei den Wahlen zum Obersten Sowjet am 4. März 1990 in der Ukrainischen SSR erreichte die Kommunistische Partei der Ukraine etwas mehr als 70 % der Parlamentsmandate. Wolodymyr Iwaschko wurde zunächst zum Parlamentsvorsitzenden gewählt, musste dieses Amt jedoch niederlegen, als er im Juli 1990 auf dem XXVIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion in das neugeschaffene Amt des Stellvertretenden Generalsekretärs der Partei gewählt wurde.[39] Sein Nachfolger wurde Stanislaw Hurenko, der sich als KP-Vorsitzender zum einen für die „nationale Souveränität“ der Ukraine sowie für eine „geistige Wiedergeburt“ des Landes aussprach, andererseits wollte er einen Austritt des Landes aus der Sowjetunion verhindern.[40]

Der Oberste Sowjet in Kiew gab am 16. Juli 1990 mit 355 gegen 4 Stimmen eine Souveränitätserklärung ab, mit der die Gesetze der ukrainischen Sowjetrepublik über die der Sowjetunion gestellt wurden.

Drei Tage nach dem gescheiterten Augustputsch in Moskau 1991 beschloss der Oberste Sowjet in Kiew am 24. August 1991 mit 346 von 450 Stimmen den Austritt aus der Sowjetunion und die Schaffung eines unabhängigen Staates.

Am 23. Oktober 1990 übernahm Witold Fokin kommissarisch die Geschäfte des Vorsitzenden des Ministerrats der Ukraine und wurde am 14. November 1990 in diesem Amt bestätigt.

Erneute Unabhängigkeit

Die Flagge der Ukraine seit 28. Januar 1992
Die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine am 19. August 1991

Unabhängigkeitsbestrebungen, die die ganze Zeit existierten und ihr Zentrum in der Westukraine in Lwiw hatten, führten nach der Perestroika 1991 im Zuge der Auflösung der Sowjetunion zur erneuten staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine.

Unter dem Eindruck des gescheiterten Augustputschs in Moskau verabschiedete die Werchowna Rada am 24. August 1991 eine formale Unabhängigkeitserklärung, die am 1. Dezember 1991 in einem Referendum mit großer Mehrheit bestätigt wurde.[41]

Am 22. Oktober 1991 beschloss der Oberste Sowjet der Ukraine ein Gesetz zur Bildung eigener ukrainischer Streitkräfte im Umfang von rund 420.000 Soldaten sowie eine Nationalgarde von 30.000 Soldaten. Drei Tage später erfolgte auch die Zustimmung zu umfangreichen Wirtschaftsreformen, die die Privatisierung von Grundeigentum, die Preisfreigabe sowie eine Boden- und Finanzreform vorsahen.

Am 1. Dezember 1991 entschieden sich die Ukrainer in einem Referendum mit 90,3 % der abgegebenen Stimmen für die Unabhängigkeit. Auf der Krim stimmten auch über die Hälfte der Bewohner für die Unabhängigkeit. Bei der ersten Direktwahl des Präsidenten der Ukraine mit einer Wahlbeteiligung von 84 % setzte sich Leonid Krawtschuk mit 61,6 % der Stimmen gegenüber Wjatscheslaw Tschornowil mit 23,2 % durch.

Am 5. Dezember 1991 wurde schließlich von dem ukrainischen Parlament der Vertrag über die Bildung der Sowjetunion aus dem Jahr 1922 gekündigt, allerdings beschloss die ukrainische Staatsführung bereits drei Tage später gemeinsam mit Russland und Weißrussland die Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.

Territorium der Ukraine

Mit der Unabhängigkeit stellte sich die Frage nach den Staatsgrenzen der Ukraine.

Grenze zu Russland

Am 2. Dezember 1991 erfolgte die Anerkennung der Ukraine durch Russland. Das Territorium der Ukraine und damit ihre Grenzen zu Russland wurde im Grundlagenvertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine vom 31. Mai 1997 festgeschrieben. Der Grundlagenvertrag trat erst am 1. April 1999 in Kraft, weil der Föderationsrat lange mit der Ratifizierung zögerte.[42] Mit dem Grundlagenvertrag wurden auch weitere Verträge über die Stadt Sewastopol abgeschlossen, die deren Status regelten. Sie bestätigten die Souveränität der Ukraine über die Stadt und den Hafen und garantierte zugleich Russland das Recht, dort für mindestens weitere 20 Jahre einen Marinehafen zu betreiben. Mit der Unterzeichnung des Grundlagenvertrags verzichtete Russland auf alle territorialen Forderungen bezüglich der Krim einschließlich Sewastopols. Der Grundlagenvertrag hat eine Laufzeit von 10 Jahren und verlängert sich automatisch, wenn er nicht gekündigt wird.

Grenze zu Rumänien

Im Westen der Ukraine war die Grenze zu Rumänien bis 1997 strittig. Dabei ging es um die Zugehörigkeit des südlichen Bessarabiens und der nördlichen Bukowina zur Ukraine, Gebiete, die in der Zwischenkriegszeit zu Rumänien gehört hatten.[43]

Krim

Über die Halbinsel Krim kam es zu Kontroversen. Sie war erst seit 1954 Bestandteil der Ukrainischen Sowjetrepublik und hatte zuvor zur Russischen SFSR gehört, bis 1945 als Autonome Republik. Auf der Krim hatte die ethnisch russische Bevölkerung 1989 eine Zweidrittelmehrheit. Wegen eines am 20. Januar 1991 abgehaltenen Referendums wurde die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Krim am 12. Februar 1991 durch den Obersten Sowjet der Ukrainischen SSR wiedererrichtet und verblieb nach der Unabhängigkeit der Ukraine im August 1991 bei der Ukraine. Die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Krim blieb aber zunächst bestehen.[44]

Am 26. Februar 1992 beschloss der Oberste Sowjet der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Krim die Umbenennung in „Republik Krim“. Nach langen Verhandlungen verabschiedete die Werchowna Rada am 22. April 1992 mit großer Mehrheit ein Gesetz, das der Krim Autonomierechte einräumte. Der Oberste Sowjet der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Krim erklärte am 5. Mai 1992 die neue Republik Krim für unabhängig, doch bereits die am Folgetag verkündete Verfassung der Republik Krim beschreibt sie als Teil der Ukraine. Am 21. Mai 1992 wurde die Unabhängigkeit der Krim wieder zurückgezogen. Am 1. Juni 1992 einigten sich die Parlamentspräsidenten der Krim und der Ukraine auf einen wirtschaftlichen Sonderstatus für die Krim und den Verbleib der Halbinsel bei der Ukraine.

Am 21. Mai 1992 hat der Kongress der Volksdeputierten der RSFSR die Abtretung der Krim an die Ukraine im Jahr 1954 für nicht rechtmäßig erklärt. Am 30. Juni 1992 beschloss das ukrainische Parlament mit 246 gegen 4 Stimmen für ein Gesetz, das der Krim weitestgehende Autonomie einräumt. Danach ist die Halbinsel Krim ein autonomer Bestandteil der Ukraine und die Bereiche Außenpolitik, Verteidigung und Währungspolitik verbleiben bei der Ukraine. Die autonome Krim erhält das Recht, die Außenwirtschaftsbeziehungen, die Sozial- und Kulturpolitik eigenständig zu gestalten und kann allein über die Bodenschätze (bspw. Erdgas) verfügen. Ein Anschluss der Krim an ein anderes Land bedarf der Zustimmung des ukrainischen Parlaments und des Parlaments der Krim. Eine Stationierung von Streitkräften bedarf der Zustimmung des Parlaments der Krim.

Am 21. September 1994 wurde die bisherige Republik Krim zur Autonomen Republik Krim. Zuvor hatte im 1992 das Parlament die Unabhängigkeit der Krim erklärt. Es folgte eine verbale Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Russland. Die separatistischen Kräfte zogen schließlich ein Referendum zurück, das auf einen Anschluss der Krim an Russland gezielt hatte. Als Kompromiss wurden die Rechte der Krim als Autonome Republik der Ukraine ausgeweitet. Nach weiteren Machtkämpfen in den folgenden Jahren erhielt die Krim schließlich in der Verfassung von 1995, die 1998 nochmals überarbeitet wurde, erneut den Status einer Autonomen Republik als „integraler Bestandteil der Ukraine“, mit eigener Regionalregierung, eigenem Parlament, aber ohne eigenen Staatspräsidenten.

Im Jahr 2014 fand jedoch gegen den Willen der ukrainischen Regierung unter einer Russischen Okkupation ein keinerlei demokratischen Standards genügendes Referendum über den Status der Krim statt, bei dem angeblich 97 % der Wähler für einen Beitritt zu Russland stimmten. Die anschließende Aufnahme der Krim als russisches Föderationsobjekt wird von der Ukraine und der absoluten Mehrheit der UNO-Staaten nicht anerkannt.

Sicherheitspolitik

Siehe auch: Ukrainische Streitkräfte

Am 2. Januar 1992 verfügte Präsident Leonid Krawtschuk die Unterstellung aller auf dem Territorium der Ukraine stationierten vormals sowjetischen Truppen einschließlich der Schwarzmeerflotte unter ukrainischem Oberbefehl. Ausgeschlossen wurden nur die strategischen Militäreinheiten.

Am 26. März 1992 wurde per Dekret des Präsidenten die Rückkehr aller ukrainischen Wehrpflichtigen aus Armenien, Aserbaidschan und aus Moldawien bis zum 20. Mai 1992 angeordnet. Im Mai 1992 begann auch der Abtransport der in der Ukraine stationierten taktischen Atomwaffen nach Russland.

Am 3. Juli 1992 wurde auch der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine (ukrainisch Рада національної безпеки і оборони України, Abkürzung RNBO) gegründet, er ist ein staatliches Gremium der Ukraine. Der Rat wurde zunächst unter der Bezeichnung Nationaler Sicherheitsrat geschaffen. Seine Aufgaben sind im Artikel 107 der Verfassung der Ukraine geregelt. Nach der ukrainischen Verfassung besteht die Aufgabe des RNBO darin, den Präsidenten des Landes bei Fragen zur inneren und äußeren Sicherheitspolitik zu beraten. Der Rat beschäftigt sich allerdings regelmäßig auch mit Angelegenheiten, die außerhalb der traditionellen Sicherheits- und Verteidigungspolitik liegen, etwa mit der Innen- und Energiepolitik.

Nach der Unabhängigkeit wurde die Ukraine aus der Hinterlassenschaft der Sowjetunion mit 130 Interkontinentalrakete UR-100N (SS-19) und 46 vom Typ RT-23 (NATO-Codename: SS-24) zur drittgrößten Atommacht der Welt. Am 2. Juli 1993 erfolgte in einer Grundsatzerklärung offiziell der Verzicht auf die Atomwaffen und das die Ukraine zukünftig atomwaffenfrei sein soll. Am 15. Juli 1993 beginnt der Abbau der auf dem ukrainischen Territorium stationierten Interkontinentalraketen vom Typ UR-100N (NATO-Codename: SS-19). Die Raketen wurden zur Verschrottung nach Russland gebracht. Die Sprengköpfe blieben anfangs noch in der Ukraine bis der Nachfolgestatus der Sowjetunion und Russlands in Bezug auf die Atomwaffen international geklärt war. Die Ukraine forderte für ihren Verzicht auf Atomwaffen von den Atommächten Sicherheitsgarantieren für ihr Land und finanzielle Unterstützung.

Am 14. Januar 1994 unterzeichneten die Präsidenten Russlands, der Ukraine und der Vereinigten Staaten von Amerika das Abkommen über die Vernichtung der auf ukrainischem Staatsgebiet stationierten Atomwaffen, womit der nicht-nukleare Status der Ukraine endgültig bestätigt wurde. Im Gegenzug erhielt die Ukraine Sicherheitsgarantien von Russland und den USA. Dazu gehörte die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität sowie die Zusage keine Atomwaffen gegen sie einzusetzen.

„Viele ukrainische Politiker äußern ihre Skepsis hinsichtlich der Möglichkeiten des Landes, seine Sicherheit selbständig zu gewährleisten. Sie meinen, daß heute keiner der Hauptfaktoren der nationalen Sicherheit – militärische Stärke, wirtschaftliche Macht sowie ein hoher Grad politischer und wirtschaftlicher Integration in die Weltwirtschaft vorhanden sei. Je mehr sich die Krise in der Ukraine vertieft, desto deutlicher wird sie als die größte Bedrohung der Sicherheit des Landes – von direkter außenpolitischer Relevanz – definiert. Eines der akutesten Probleme in der Ukraine besteht in ihrer fast totalen Abhängigkeit von Energie-Importen aus Russland.“

Olga Alexandrova (* 1943), wissenschaftliche Referentin am Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln im Mai 1994.

Nach gemeinsamen Manövern von US-amerikanischen und ukrainischen Truppen 1995 in der Westukraine beschloss die NATO im Juli 1997 eine „Charta über besondere Partnerschaft“ mit der Ukraine.[45] Ukrainische Kontingente beteiligten sich an NATO-geführten militärischen Interventionen in den Jugoslawienkriegen, im Irakkrieg und in Afghanistan.[46]

Krawtschuk und Kutschma

Leonid Krawtschuk, ukrainischer Präsident von 1991 bis 1994
Leonid Kutschma, ukrainischer Präsident von 1994 bis 2005

Seit ihrer Unabhängigkeit kämpfte die Ukraine vor allem in den 1990er Jahren mit starken wirtschaftlichen Problemen und versucht, außenpolitisch zum einen, eine neutrale Rolle sowohl dem Westen als auch Russland gegenüber zu spielen. In Sewastopol auf der Krim hat die Ukraine einen Militärhafen an die russische Schwarzmeerflotte verpachtet, andererseits bemüht sich die Ukraine um stärkere wirtschaftliche Unabhängigkeit von Russland, beispielsweise mit der Gründung der Sicherheitsallianz GUAM (Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien) im Jahr 1997.

Von 1991 bis 1994 war Leonid Krawtschuk der erste Präsident der Ukraine. Von 1992 bis zu seinem Rücktritt im September 1993 war Leonid Kutschma Ministerpräsident und seit 1994 Präsident der Ukraine. 1999 wurde er erneut zum Präsidenten gewählt. In seiner Amtszeit als Präsident setzte er sich ab 1994 verstärkt für eine neue Verfassung ein, konnte sich aber gegen ein Bündnis von Links-Parteien nicht durchsetzen. Erst im Juni 1996 nahm das Parlament die neue Verfassung an.

Vom 22. Dezember 1999 bis 29. Mai 2001 war Wiktor Juschtschenko Ministerpräsident der Ukraine, dieses Amt verlor er 2001 durch ein Misstrauensvotum des Parlaments, als er mit seinen Bemühungen gegen die wachsende Korruption einigen Oligarchen gefährlich wurde. Nachfolger im Amt des Premierministers wurde der aus Mykolajiw stammende Anatolij Kinach (Partei der Industriellen und Unternehmer Ukraine/PPPU), danach ab 21. November 2002 Wiktor Janukowytsch, der am 31. Dezember 2004 seinen Rücktritt ankündigte. Präsident Kutschma nahm das Rücktrittsgesuch Janukowytschs am 5. Januar 2005 an und bestimmte den Ersten Stellvertreter des Regierungschefs und Finanzminister Mykola Asarow zu Janukowytschs Nachfolger. Asarow war vor seiner Tätigkeit in der Regierung seit Oktober 1996 Leiter der Staatlichen Steuerbehörde.

„Orange Revolution“

Im Herbst 2004 fanden Präsidentschaftswahlen statt. Der seit 1994 amtierende Präsident Leonid Kutschma durfte laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr zu dieser Wahl antreten, die allgemein als Richtungswahl für eine West- oder Ostausrichtung des Landes angesehen wurde. Die Ereignisse um die Stichwahl am 21. November mündeten in die so genannte Orange Revolution, einem mehrwöchigen friedlichen Protest gegen Wahlfälschungen, in dessen Folge nach einem Beschluss des Obersten Gerichts am 26. Dezember 2004 die Stichwahl wiederholt wurde. Die Wiederholungswahl konnte Juschtschenko für sich entscheiden. Die für eine Ausrichtung nach Russland eintretende Seite unter Kutschma und Janukowytsch erkannte ihre Niederlage an, nachdem sie mit der Gegenseite eine zu verwirklichende Verfassungsreform ausgehandelt hatte. Diese sollte die Ukraine, die bislang durch ein präsidiales System regiert wurde, in eine parlamentarische Republik umwandeln. Nach Umsetzung der Reform war die Position des Präsidenten deutlich geschwächt.

Die Präsidentschaft Juschtschenko

Wiktor Juschtschenko, Staatspräsident 2005–2010

Nach der Amtseinführung von Präsident Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 bestätigte das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) am 4. Februar 2005 die neue Regierung unter Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko. Während der ersten 100 Tage der Regierung Tymoschenko wurden die Privatisierungen einiger großer Unternehmen (Kryworischstal) aus der Zeit des früheren Präsidenten Kutschma überprüft. Es zeigte sich auch, wie schon im Wahlkampf, dass die Positionen von Präsident Juschtschenko und Ministerpräsidentin Tymoschenko in der Wahl der Mittel teilweise differieren. So kam es schon nach wenigen Monaten zum Zerwürfnis: Am 8. September 2005 entließ der Präsident die Regierung Tymoschenko im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen und Konflikten innerhalb des Kabinetts. Neuer Regierungschef wurde der Wirtschaftspolitiker Jurij Jechanurow.

Gemeinsam mit Georgien trieb Juschtschenko den Beitritt der Ukraine zur NATO voran. Ein NATO-Gipfel lehnte den Antrag jedoch trotz amerikanischer Unterstützung ab.[47]

Wirtschaftspolitisch strebte Juschtschenko eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine an, kam aber über einen Beitritt zur Östlichen Partnerschaft nicht hinaus.

Nationalpolitisch nahm Juschtschenko für Personen der ukrainischen Geschichte Stellung, die die ukrainische Bevölkerung stark polarisierten. Dazu gehörte der Oberkommandierende Roman Schuchewytsch der Ukrainischen Aufständischen Armee. Stepan Bandera, der als militanter Nationalist mit der nationalsozialistischen Besatzungsmacht in Polen kollaborierte, ernannte er zum Helden der Ukraine.[48]

Aus den Parlamentswahlen 2006 ging die Partei des Präsidenten (Unsere Ukraine) nur als drittstärkste Kraft hervor. Wahlsiegerin war Wiktor Janukowytschs Partei der Regionen, er selber wurde zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Das politische Geschehen war nun von einem Machtkampf zwischen Regierung und Präsident geprägt. Schließlich löste Präsident Juschtschenko das Parlament auf und es kam zu neuerlichen Parlamentswahlen im September 2007. Erneut wurde die Partei der Regionen stärkste Kraft, doch konnten sich diesmal die Parteien von Juschtschenko und Tymoschenko auf eine Koalition einigen. Tymoschenko wurde darauf zum zweiten Mal Ministerpräsidentin. Der politische Machtkampf zwischen Präsident, Regierung und Parlament indes dauerte an. Für Juschtschenko und Tymoschenko führte er in Niederlagen: Der Präsident wurde Anfang 2010 bei den Präsidentschaftswahlen nicht mehr gewählt und Tymoschenko verlor kurz darauf ihr Amt als Regierungschefin. Stattdessen wurde Wiktor Janukowytsch der neue Präsident der Ukraine.

Janukowytsch und innenpolitischer Kampf

Stimmenanteil der Partei der Regionen (blau) bei der Parlamentswahl 2012

Präsident der Ukraine war vom 25. Februar 2010 bis 22. Februar 2014 Wiktor Janukowytsch. Der Nachfolger Janukowytschs als Vorsitzender der Partei der Regionen, Mykola Asarow, war seit 11. März 2010 Ministerpräsident.

Während der Fußball-Europameisterschaft 2012 wurde die Willkürjustiz der Regierung Janukowytsch und die Behandlung der inhaftierten Oppositionsführerin Julija Tymoschenko kritisiert.[49] Ab dem November 2013 kam es zu Protesten gegen das Regime von Wiktor Janukowytsch, welche unter dem Titel Euromaidan bekannt geworden sind. Diese führten zu mindestens 77 Toten. Janukowytsch wurde am 22. Februar 2014, als er in Donezk versucht hatte, das Land zu verlassen, vom Parlament abgesetzt.[50] und flüchtete nach Russland.[51]

Laut Artikel 108 sieht die ukrainische Verfassung nur vier Möglichkeiten für eine Absetzung vor: ein Rücktritt des Präsidenten, gesundheitliche Gründe, im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens oder durch Tod des Amtsinhabers. Eine Amtsenthebung kommt unter Artikel 111 bei Hochverrat und anderen schweren Verbrechen in Frage. Dazu muss jedoch eine Untersuchungskommission der Rada gebildet werden, die an das Verfassungsgericht berichtet. Wenn in diesem Prüfverfahren die Voraussetzungen als gegeben erachtet werden, könnte die Rada mit einer Dreiviertelmehrheit den Präsidenten des Amtes entheben.[52][53] Der vom Parlament genannte Grund, dass er durch Verlassen des Landes seine Präsidentschaft verwirkt hätte, war in der Verfassung nicht vorgesehen. Rein staatsrechtlich betrachtet war Janukowytsch über die Entscheidung der Rada vom 23. Februar hinaus rechtmäßiger Präsident des Landes[52] – dies die ausschließliche Sichtweise, auf die sich Russland wiederholt und ohne weitere Betrachtungen des Völkerrechts berufen hat.[52][54] William Hague bemerkte, dass dies nicht die richtige Fragestellung sei.[55][56]

Übergangsregierung der Ukraine

Dieser Ablauf führte direkt zu den Ereignissen der Krimkrise. Das dortige Parlament beschloss in einer wohl ungültigen Sitzung[57] ein Referendum, das von der ukrainischen Verfassung nicht erlaubt war, unter russischen Truppen stattfand und gefälscht wurde.[58] Am 18. März 2014 trat die Krim aufgrund dieser Vorgänge der Russischen Föderation bei. Von fast allen Staaten wird das Ergebnis des Referendums nicht anerkannt und die Krim weiterhin als Territorium der Ukraine behandelt. Nach dem Anschluss der Krim erfolgte eine russische[59] bzw. pro-russische[60] Operation mit dem Ziel der Destabilisierung von Regionen der Ukraine mit einem bedeutsamen Anteil russischsprachiger Bevölkerung, insbesondere Charkiw, Luhansk und Donezk. Während sich in Charkiw die Lage rasch beruhigte, bildeten sich in den Oblasten Luhansk und Donezk bewaffnete Milizen, unter ihnen auch russische Soldaten.[61] Die ukrainische Regierung beschuldigte Russland, diese Milizen durch das Einsickernlassen von Freischärlern und durch Lieferungen von schweren Waffen bis hin zu Kampfpanzern zu unterstützen.[62][63][64] Die Milizen werden von der Regierung als „Terroristen“ bezeichnet. Am 28. Juli meldete das UNHCHR den totalen Zusammenbruch von Recht und Ordnung in den fraglichen Gebieten, von einer Terror-Herrschaft der bewaffneten Gruppen über die Bevölkerung der Ostukraine mit Freiheitsberaubungen, Entführungen, Folterungen und Exekutionen.[65]

Legitim gewählte Regierung

Am 2. Dezember 2014 wurde eine Koalitionsregierung, die sich nach der Parlamentswahl Ende Oktober gebildet hatte, eingesetzt. Arsenij Jazenjuk wurde als Ministerpräsident bestätigt.[66] Die Amtseinführung des Präsidenten Petro Poroschenko fand am 7. Juni 2014 statt.

Der ukrainischen Regierung gelang es nach wie vor nicht, die Städte Donezk und Luhansk von den pro-russischen Separatisten zurückzuerobern. Sie befinden sich zurzeit unter der Kontrolle der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk, beziehungsweise Volksrepublik Luhansk.

Explosion in Tschernobyl 1986

Im Jahre 1986 kam es zu einer Katastrophe, als eine Explosion im Kernkraftwerk von Tschernobyl große Mengen radioaktiver Stoffe freisetzte, die anschließend durch den Wind über weite Teile Europas verteilt wurden.

Karten

Siehe auch

Literatur

  • Franziska Bruder: „Den ukrainischen Staat erkämpfen oder sterben!“ Die Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) 1928–1948. Metropol, Berlin 2007, ISBN 978-3-938690-33-8.
  • Roman Danyluk: Freiheit und Gerechtigkeit. Die Geschichte der Ukraine aus libertärer Sicht. Edition AV, Lich 2010, ISBN 978-3-86841-029-7.
  • Frank Golczewski: Deutsche und Ukrainer, 1914–1939. Schöningh, Paderborn 2010, ISBN 978-3-506-76373-0.
  • Frank Grelka: Die ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft 1918 und 1941/42. Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05259-7.
  • Kerstin S. Jobst: Geschichte der Ukraine. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-15-019320-4 (Rezension der Erstauflage 2010).
  • Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. 2., aktualisierte Auflage. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45971-4.
  • Michel Kazanski, Jürgen UdolphUkraine. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 31, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2006, ISBN 3-11-018386-2, S. 372–391.
  • Paul Robert Magocsi: A History of Ukraine. University of Toronto Press, Toronto 1996, ISBN 0-8020-0830-5.
  • Anna Reid: Borderland. A Journey Through the History of Ukraine. Phoenix 1997, ISBN 1-84212-722-5.
  • Mykola Rjabtschuk: Die reale und die imaginierte Ukraine. Essay. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-518-12418-8.
  • Thomas Sandkühler: Endlösung in Galizien. Der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von Berthold Beitz 1941–1944. Dietz Nachfolger, Bonn 1996, ISBN 3-8012-5022-9.
  • Gerhard Simon (Hrsg.): Die neue Ukraine. Gesellschaft-Wirtschaft-Politik (1991–2001). Böhlau, Köln/Wien 2002, ISBN 3-412-12401-X.
  • Timothy Snyder: Bloodlands: Europa zwischen Hitler und Stalin. Beck 2011, ISBN 978-3-406-62184-0.
  • Kai Struve: Bauern und Nation in Galizien. Über Zugehörigkeit und soziale Emanzipation im 19. Jahrhundert (Schriften des Simon-Dubnow-Instituts). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-36982-4, (über die Integration der Bauern in die polnische und ruthenisch-ukrainische Nation).
  • Torsten Wehrhahn: Die Westukrainische Volksrepublik. Zu den polnisch-ukrainischen Beziehungen und dem Problem der ukrainischen Staatlichkeit in den Jahren 1918 bis 1923. Berlin 2004, ISBN 3-89998-045-X, (Leseprobe; PDF, 157 KB; aufgerufen am 27. Januar 2012).
  • Ricarda Vulpius: Nationalisierung der Religion. Russifizierungspolitik und ukrainische Nationsbildung 1860–1920. (=Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, Band 64). Verlag Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05275-9.
Commons: Geschichte der Ukraine – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marija Gimbutas: Das Ende Alteuropas. Der Einfall von Steppennomaden aus Südrussland und die Indogermanisierung Mitteleuropas. (=Archeolingua. series minor 6). Archaeological Institute of Hungarian Academy of Sciences/ Linguistic Institute of the University of Innsbruck, 1994, ISBN 3-85124-171-1.
  2. Kurzer Artikel über die „Stein-Babas“ von Dnipropetrowsk, abgerufen am 20. Juni 2013.
  3. J. P. Mallory, D. Q. Adams: Kemi Oba Culture. In: Encyclopedia of Indo-European Culture. Fitzroy Dearborn, 1997, S. 327–328.
  4. Die Kiewer Kultur. (html) In: knowed.ru. 10. Januar 2010, abgerufen am 25. August 2014 (russisch, Originaltitel: russisch Киевская культура).
  5. Frühe Slawische Stämme. Die archäologische Kiewer Kultur als Vorfahren der Anten. 5. Februar 2010, abgerufen am 25. August 2014 (russisch, Originaltitel: russisch Раннеславянские племена змиевщины. Киевская археологическая культура как отражение ранней фазы развития антов.).
  6. Vgl. zur folgenden Geschichte die einschlägigen Handbücher zur Spätantike sowie Maenchen-Helfen: Welt der Hunnen. Wiesbaden 1997, ISBN 3-928127-43-8; allgemein und recht aktuell etwa Peter J. Heather: The Fall of the Roman Empire. London 2005, ISBN 0-330-49136-9, S. 145 ff.
  7. Einführend siehe Florin Curta: The Making of the Slavs. History and Archaeology of the Lower Danube Region, C. 500–700. Cambridge 2001; Florin Curta: Southeastern Europe in the Middle Ages, 500–1250. Cambridge 2006; Christian Lübke: Das östliche Europa. Die Deutschen und das europäische Mittelalter. München 2004.
  8. Paul Robert Magocsi: A History of Ukraine. University of Toronto Press, Toronto 1996, ISBN 0-8020-0830-5, S. 27.
  9. Artikel über den Pereschepenski Schatz auf goldensands.bg (englisch), abgerufen am 22. Juni 2013.
  10. Artikel über den Pereschepenski Schatz auf der Website der St. Petersburger Eremitage (Memento des Originals vom 27. September 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/hermitagemuseum.org, abgerufen am 22. Juni 2013.
  11. J. J. Saunders: Matthew Paris and the Mongols. Toronto, 1968, S. 124.
  12. Dehkhoda Persian dictionary: داروغه . [ غ َ / غ ِ ] (ترکی - مغولی ، اِ) رئیس شبگردان . سرپاسبانان . داروغه که در زبان مغولی به معنی «رئیس » است یک اصطلاح عمومی اداری است
  13. Carsten Goehrke u. a.: Russland. S. 79.
  14. Charles J. Halperin, Russia and the Golden Horde: The Mongol Impact on Medieval Russian History (Bloomington: Indiana University Press, 1987); Donald Ostrowski, Muscovy and the Mongols: Cross-Cultural Influences on the Steppe Frontier, 1304–1589. Cambridge University Press, Cambridge 1998, S. ?
  15. a b Johannes Preiser-Kapeller: „Konfessionswechsel“ als Drohung. Beobachtungen zum Aufstieg des Kyprianos zum Metropoliten von Kiev und Litauen (1375) im Kontext der Politik des Patriarchats von Konstantinopel an Kontaktzonen zur Westkirche im 13. und 14. Jahrhundert. (Memento des Originals vom 27. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oeaw.ac.at (PDF)
  16. Kerstin S. Jobst: Geschichte der Ukraine. Stuttgart 2010, S. 73.
  17. Philipp Ammon: Conundrum Ruthenicum – Zweierlei Rus: Judäa und Israel. Versuch einer Erhellung der ukrainischen Kalamität. In: tabula rasa, 28. Februar 2017.
  18. Ulrich Stoldt, Klaus Wiegrefe: Befreiungstruppen basteln. In: Der Spiegel. Nr. 50, 2007, S. 49 ff. (online).
  19. Philipp Ammon: Conundrum Ruthenicum – Zweierlei Rus: Judäa und Israel. Versuch einer Erhellung der ukrainischen Kalamität. In: tabula rasa, 28. Februar 2017.
  20. a b Internet Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): Central Rada
  21. Internet Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): Mykhailo Hrushevsky
  22. Frank Grelka: Die ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft 1918 und 1941/42. Wiesbaden 2005, S. 56 f.
  23. Frank Golczewski: Deutsche und Ukrainer 1914 – 1939. Paderborn 2010, S. 163.
  24. Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): All-Ukrainian National Congress
  25. Frank Grelka: Die ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft 1918 und 1941/42. Wiesbaden 2005, S. 57 f.
  26. Internet Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): Ukrainian Social Democratic Workers' party
  27. Internet Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): Universals of the Central Rada
  28. Internet Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): Autonomy
  29. Frank Grelka: Die ukrainische Nationalbewegung unter deutscher Besatzungsherrschaft 1918 und 1941/42. Wiesbaden 2005, S. 58.
  30. Encyclopedia of Ukraine (University of Toronto): All-Russian Constituent Assembly
  31. Ein Augenzeugenbericht aus der Sicht eines damals bekannten deutschen Journalisten, des Nahostexperten und Sozialdemokraten Friedrich Schrader, über die Ukraine im Bürgerkrieg findet sich in: Friedrich Schrader: Eine Flüchtlingsreise durch die Ukraine, Mohr/Siebeck, Tübingen, 1919.
  32. Kerstin S. Jobst: Geschichte der Ukraine. Stuttgart 2010, S. 160.
  33. Manfred Alexander (Hrsg.): Kleine Völker in der Geschichte Osteuropas. Festschrift für Günther Stökl zum 75. Geburtstag. Verlag Steiner, Stuttgart 1991, ISBN 3-515-05473-1, S. 132.
  34. Kerstin Susanne Jobst: Geschichte der Ukraine. Reclam, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-15-018729-6, S. 230.
  35. Congress of European Nationalities: Die Nationalitäten in den Staaten Europas: Sammlung von Lagerberichten des Europäischen Nationalitäten-Kongress. W. Braumüller, 1932, S. 16 f.
  36. Verena Moritz u. a.: Gegenwelten. Aspekte der österreichisch-sowjetischen Beziehungen 1918–1938. Residenz Verlag, 2014, S. 353.
  37. Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jhs.: Bevölkerungsaustausch zwischen UDSSR und Polen und die „Aktion Weichsel“ (Memento des Originals vom 10. April 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/erzwungenewege.z-g-v.de
  38. Countries Elected Members of the Security Council. In: un.org. Abgerufen am 25. Februar 2018 (englisch).
  39. Der Spiegel, Ausgabe 29/1990
  40. Und nun erwacht die Ukraine, Die Zeit Ausgabe 36/1990.
  41. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58780-1, S. 252–253.
  42. Winfried Schneider-Deters: Die Ukraine: Machtvakuum zwischen Russland und der Europäischen Union, Berlin 2012, ISBN 978-3-8305-3116-6, S. 128.
  43. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine, München 2009, ISBN 978-3-406-58780-1, S. 269.
  44. Day in history – 20 January. In: RIA Novosti. 8. Januar 2006, abgerufen am 6. August 2007 (russisch).
  45. NATO’s relations with Ukraine
  46. Ukraine`s contribution to NATO peace support activities
  47. Andreas Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, München 2009, ISBN 978-3-40658780-1, 297.
  48. Yves Bizeul (Hrsg.): Rekonstruktion des Nationalmythos?: Frankreich, Deutschland und die Ukraine im Vergleich, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8471-0181-9, S. 227.
  49. Pläne für Polit-Boykott: Ukraine droht EM-Fiasko. Abgerufen am 30. Oktober 2013.
  50. stuttgarter-nachrichten.de
  51. sz-online.de
  52. a b c Münchhausen-Check: Putin und der legitime Präsident der Ukraine – Spiegel Online.
  53. Was Yanukovych's Ouster Constitutional? – Radio Free Europe/Radio Liberty.
  54. Völkerrechtler Jasper Finke: „Putins Argumente sind fadenscheinig“,tagesschau.de, 5. März 2014.
  55. How William Hague Deceived the House of Commons on Ukraine – Huffington Post.
  56. William Hague has been cavalier with the facts in his support for the Ukraine rebels – The Telegraph.
  57. Alissa de Carbonnel: RPT-INSIGHT-How the separatists delivered Crimea to Moscow, Reuters vom 13. März 2013, abgerufen am 4. April 2014 (englisch).
  58. Putins Menschenrechtsrat bestätigt Wahlfälschung auf der Krim. Zeit Online, abgerufen am 13. Mai 2014.
  59. FAZ, 6. April 2014: Die Operation „Russischer Frühling“ ist gescheitert.
  60. Berliner Zeitung: Der russische Frühling von Donezk.
  61. http://www.rp-online.de/politik/ausland/ukraine-geo-daten-russische-soldaten-verraten-sich-mit-fotos-aid-1.4425568
  62. Russia redeploying more troops along Ukraine border, U.S. officials say, Washington Post.
  63. Amerika: Russland soll Panzerlieferungen stoppen FAZ, 21. Juni 2014.
  64. Separatisten bestätigen Rüstungslieferung aus Russland Zeit Online, 16. August 2014.
  65. Erklärung des UNHCHR am 28. Juli 2014: A total breakdown of law and order and a reign of fear and terror have been inflicted by armed groups on the population of eastern Ukraine. The report documents how these armed groups continue to abduct, detain, torture and execute people kept as hostages in order to intimidate and “to exercise their power over the population in raw and brutal ways.”
  66. Zweites Kabinett Jazenjuk auf Ukraine-Nachrichten vom 2. Dezember 2014.