„Neutralität der Schweiz“ – Versionsunterschied

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Die '''Neutralität''' ist einer der wichtigsten Grundsätze der [[Aussenpolitik der Schweiz]]. Sie bedeutet, dass sich die [[Schweiz]] nicht an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligt. Die schweizerische [[Neutralität (Internationale Politik)|Neutralität]] ist im Grundsatz ''selbstgewählt'', ''dauernd'' und ''bewaffnet''. Sie wird nicht als Selbstzweck, sondern wurde immer als ein Instrument der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik verstanden. Inhalt und Tragweite der schweizerischen Neutralität haben sich hingegen im Laufe der Geschichte immer wieder stark gewandelt.

Die [[Bundesverfassung der Schweizerischen_Eidgenossenschaft|Bundesverfassung]] gibt der schweizerischen [[Bundesrat (Schweiz)|Regierung]] den Auftrag<ref>[http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a185.html Artikel 185] der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.</ref> und der [[Bundesversammlung (Schweiz)|Bundesversammlung]] die Aufgabe,<ref>[http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a173.html Artikel 173] der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.</ref> ''Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz'' zu treffen.

== Entstehungsgeschichte ==
Die moderne «dauernde Neutralität» der Schweiz geht auf den [[Wiener Kongress]] von 1814/1815 zurück. Eine neutrale Schweiz erwies sich für die beteiligten Grossmächte als sinnvolle Lösung im Rahmen der umfassenden Neuordnung der Grenzziehungen und politischen Verhältnisse in Europa, nachdem zuvor verschiedenste andere Vorschläge für das Territorium der Alten Eidgenossenschaft gemacht worden waren. So hätten sowohl [[Frankreich]] als auch [[Österreich]] die Schweiz gerne als [[Satellitenstaat]] beherrscht, [[Preussen]] wollte die Schweiz in den [[Deutscher Bund|Deutschen Bund]] eingliedern, sogar die Einrichtung eines [[Monarchie|Königreichs]] auf dem Gebiet der Schweiz wurde diskutiert.<ref>{{Literatur | Autor=Andreas Suter | Titel=Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein | Sammelwerk=Eine kleine Geschichte der Schweiz |Verlag=Suhrkamp|Ort=Frankfurt a.&nbsp;M.| Jahr=1998 | Seiten=159| ISBN=3-518-12079-4}}</ref> Der Historiker [[Andreas Suter]] führt es auf diese «Vielzahl von sich überschneidenden und gegenseitig ausschliessenden Plänen»<ref name="suter160">{{Literatur | Autor=Andreas Suter | Titel=Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein | Sammelwerk=Eine kleine Geschichte der Schweiz |Verlag=Suhrkamp|Ort=Frankfurt a.&nbsp;M.| Jahr=1998 | Seiten=160| ISBN=3-518-12079-4}}</ref> zurück, dass sich letztlich keine Macht durchsetzen konnte und die Unabhängigkeit der Schweiz erhalten blieb, zumal auch in der Schweiz selbst die Meinungen zu den diskutierten Lösungen stark auseinandergingen. Die Grossmächte wollten, so [[André Holenstein]] (2014), «eine Wiederholung der Erfahrung der Jahre 1798 bis 1813 unbedingt vermeiden»,<ref name="h158">{{Literatur | Autor=André Holenstein | Titel=Mitten in Europa. Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte | Verlag=Hier und Jetzt | Ort=Baden | Jahr=2014 | ISBN=978-3-03919-323-3 | Seiten=158}}</ref> als mit Frankreich eine einzelne Grossmacht den Raum der Schweiz unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Für eine neutrale Schweiz eingesetzt hatte sich am Wiener Kongress dabei besonders der [[Genf]]er Politiker [[Charles Pictet de Rochemont]].<ref name="h158"/>
Die moderne «dauernde Neutralität» der Schweiz geht auf den [[Wiener Kongress]] von 1814/1815 zurück. Eine neutrale Schweiz erwies sich für die beteiligten Grossmächte als sinnvolle Lösung im Rahmen der umfassenden Neuordnung der Grenzziehungen und politischen Verhältnisse in Europa, nachdem zuvor verschiedenste andere Vorschläge für das Territorium der Alten Eidgenossenschaft gemacht worden waren. So hätten sowohl [[Frankreich]] als auch [[Österreich]] die Schweiz gerne als [[Satellitenstaat]] beherrscht, [[Preussen]] wollte die Schweiz in den [[Deutscher Bund|Deutschen Bund]] eingliedern, sogar die Einrichtung eines [[Monarchie|Königreichs]] auf dem Gebiet der Schweiz wurde diskutiert.<ref>{{Literatur | Autor=Andreas Suter | Titel=Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein | Sammelwerk=Eine kleine Geschichte der Schweiz |Verlag=Suhrkamp|Ort=Frankfurt a.&nbsp;M.| Jahr=1998 | Seiten=159| ISBN=3-518-12079-4}}</ref> Der Historiker [[Andreas Suter]] führt es auf diese «Vielzahl von sich überschneidenden und gegenseitig ausschliessenden Plänen»<ref name="suter160">{{Literatur | Autor=Andreas Suter | Titel=Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein | Sammelwerk=Eine kleine Geschichte der Schweiz |Verlag=Suhrkamp|Ort=Frankfurt a.&nbsp;M.| Jahr=1998 | Seiten=160| ISBN=3-518-12079-4}}</ref> zurück, dass sich letztlich keine Macht durchsetzen konnte und die Unabhängigkeit der Schweiz erhalten blieb, zumal auch in der Schweiz selbst die Meinungen zu den diskutierten Lösungen stark auseinandergingen. Die Grossmächte wollten, so [[André Holenstein]] (2014), «eine Wiederholung der Erfahrung der Jahre 1798 bis 1813 unbedingt vermeiden»,<ref name="h158">{{Literatur | Autor=André Holenstein | Titel=Mitten in Europa. Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte | Verlag=Hier und Jetzt | Ort=Baden | Jahr=2014 | ISBN=978-3-03919-323-3 | Seiten=158}}</ref> als mit Frankreich eine einzelne Grossmacht den Raum der Schweiz unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Für eine neutrale Schweiz eingesetzt hatte sich am Wiener Kongress dabei besonders der [[Genf]]er Politiker [[Charles Pictet de Rochemont]].<ref name="h158"/>



Version vom 12. März 2018, 11:03 Uhr

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Die moderne «dauernde Neutralität» der Schweiz geht auf den Wiener Kongress von 1814/1815 zurück. Eine neutrale Schweiz erwies sich für die beteiligten Grossmächte als sinnvolle Lösung im Rahmen der umfassenden Neuordnung der Grenzziehungen und politischen Verhältnisse in Europa, nachdem zuvor verschiedenste andere Vorschläge für das Territorium der Alten Eidgenossenschaft gemacht worden waren. So hätten sowohl Frankreich als auch Österreich die Schweiz gerne als Satellitenstaat beherrscht, Preussen wollte die Schweiz in den Deutschen Bund eingliedern, sogar die Einrichtung eines Königreichs auf dem Gebiet der Schweiz wurde diskutiert.[1] Der Historiker Andreas Suter führt es auf diese «Vielzahl von sich überschneidenden und gegenseitig ausschliessenden Plänen»[2] zurück, dass sich letztlich keine Macht durchsetzen konnte und die Unabhängigkeit der Schweiz erhalten blieb, zumal auch in der Schweiz selbst die Meinungen zu den diskutierten Lösungen stark auseinandergingen. Die Grossmächte wollten, so André Holenstein (2014), «eine Wiederholung der Erfahrung der Jahre 1798 bis 1813 unbedingt vermeiden»,[3] als mit Frankreich eine einzelne Grossmacht den Raum der Schweiz unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Für eine neutrale Schweiz eingesetzt hatte sich am Wiener Kongress dabei besonders der Genfer Politiker Charles Pictet de Rochemont.[3]

Im Ergebnis gaben die Signatarstaaten des Vertrags mit der Schweiz im Zweiten Pariser Frieden vom 20. November 1815 – England, Russland, Frankreich, Preussen und Österreich – eine Garantie ab, die Unverletzlichkeit und Unabhängigkeit der Schweiz in den 1815 festgelegten Grenzen zu respektieren.[2] Im Gegenzug verpflichtete sich die Schweiz, in künftigen Konflikten neutral zu bleiben.[2] Dabei wurde die Neutralität auch auf Hochsavoyen ausgedehnt, das zum Königreich Sardinien-Piemont gehörte.

Frühere Darstellungen der Schweizer Neutralität als einer Tradition, die weitere Jahrhunderte zurückreiche und mindestens auf die Schlacht bei Marignano zurückgehe, rücken dabei in der jüngeren Geschichtswissenschaft in den Hintergrund. Ihre Wurzeln hatte diese Interpretation in der 1895 erschienenen Geschichte der schweizerischen Neutralität des Zürcher Staatsarchivars und Geschichtsprofessors Paul Schweizer.[4] Dieses Werk ist im Kontext ausländischen Drucks im Zusammenhang mit sozialistischen und anarchistischen Flüchtlingen in der Schweiz zu lesen: Nachdem Russland, Österreich und das Deutsche Reich 1889 gedroht hatten, der Schweiz den am Wiener Kongress definierten Status der dauernden Neutralität zu entziehen, «erfanden» Paul Schweizer und andere Persönlichkeiten eine eidgenössische Neutralitätstradition, wie Andreas Suter unter Bezugnahme auf Eric Hobsbawms Konzept der erfundenen Tradition festhält.[5] Schweizer versuchte in seinem Werk zu zeigen, dass die Schweiz ihre Neutralität nicht den Mächten verdanke. Übernommen und weiterentwickelt wurde seine These später von Edgar Bonjour, dessen gleich betitelte neunbändige, von 1946 bis 1975 erschienene Geschichte der schweizerischen Neutralität für lange Zeit prägend wirkte.

Die praktische Umsetzung der militärischen Neutralität erfolgte im 19. und 20. Jahrhundert durch die sogenannte «Grenzbesetzung» bei militärischen Konflikten nahe dem schweizerischen Staatsgebiet, so z. B. 1866, 1871, siehe auch Savoyerhandel (1859/1860). Die letzte Grenzbesetzung erfolgte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im späteren Verlauf des Krieges wurde die Grenzbesetzung in Form der Réduit-Strategie ergänzt.

Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik

Berufsoffiziere der Schweizer Armee beim Besuch des NATO-Hauptquartiers in Belgien (2009)

Wenn man von Neutralität spricht, gilt es, Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik auseinanderzuhalten.

Das Neutralitätsrecht ist völkerrechtlich anerkannt und seit 1907 im Haager Neutralitätsabkommen kodifiziert und kommt im Falle eines internationalen bewaffneten Konflikts zur Anwendung. Im Wesentlichen enthält das Neutralitätsrecht die Pflicht zur Unparteilichkeit und Nichtteilnahme sowie das Recht des neutralen Staates, durch den Konflikt unbehelligt zu bleiben.

Die Neutralitätspolitik kommt in Friedenszeiten zur Anwendung und soll die Glaubwürdigkeit und die Wirksamkeit der Neutralität sichern. Die Neutralitätspolitik ist flexibel und kann äusseren Umständen angepasst werden. Die Schweiz hat im Laufe ihrer Geschichte die Neutralität immer als Mittel zum Zweck gesehen und die Neutralität dem jeweiligen aussen- und sicherheitspolitischen Umfeld angepasst.

Funktionen der schweizerischen Neutralität

Die Neutralität hat laut Riklin[6] traditionell folgende Funktionen:

  1. Integration: damit ist die interne Funktion der Neutralität für den Zusammenhalt des Landes gemeint;
  2. Unabhängigkeit: die Neutralität sollte dazu dienen, die Eigenständigkeit der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu sichern;
  3. Handelsfreiheit;
  4. Gleichgewicht: die Neutralität war der Beitrag der Schweiz zur Stabilität auf dem europäischen Kontinent;
  5. Gute Dienste.

Diskussion und Kritik

In der Zeit des Nationalsozialismus war die Neutralität zeitweise Belastungen durch die Propaganda unter dem Aspekt, alle Deutschen sollten sich zu einem einzigen Grossdeutschland zusammenfinden, ausgesetzt. Die Deutschschweizer hätten sich unter die Fittiche des Nachbarlandes begeben sollen. Dieser Ansatz wurde jedoch nicht mehr weiterverfolgt, als Adolf Hitler in einem Gespräch mit Alt-Bundesrat Edmund Schulthess am 23. Februar 1937 erklärte, die Neutralität der Schweiz achten zu wollen.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Neutralität der Schweiz von vielen Seiten kritisiert. Die Siegermächte bezeichneten diese sogar als «illegitime Kooperation mit den Nazis».

Einige der traditionellen Funktionen sind insbesondere seit dem Ende des Kalten Kriegs umstritten. Seitdem wird in der Schweiz auch immer wieder diskutiert, ob die Neutralität noch zeitgemäss sei und wie sie heute umgesetzt werden solle. Sehr umstritten ist beispielsweise die Teilnahme an wirtschaftlichen Sanktionen oder der Beitritt zu internationalen Organisationen wie der Europäischen Union (EU), was für einen vollkommen neutralen Staat nicht infrage komme. Kritiker sehen in der Neutralität daher auch eine internationale Isolierung.

Weitere neutrale Länder

In Europa gelten im Weiteren das Fürstentum Liechtenstein, der Vatikanstaat, Österreich, Schweden, Finnland, Irland, Malta und Monaco als neutral.

Literatur

  • Paul Schweizer: Geschichte der schweizerischen Neutralität. Huber, Frauenfeld 1895 (Digitalisat).
  • Edgar Bonjour: Geschichte der schweizerischen Neutralität: Kurzfassung. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1978.
  • Edgar Bonjour: Geschichte der schweizerischen Neutralität. Vier Jahrhunderte eidgenössischer Aussenpolitik. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1965–1976 (9 Bände).
  • Hadrien Buclin: "Anti-Comunist Policies in a Neutral Country", Journal of Cold War Studies, 2017/4, pp. 137-167.
  • Hanspeter Kriesi: Le système politique suisse. 2. Auflage. Economica, Paris 1998, ISBN 2-7178-3694-2.
  • Robert Chr. van Ooyen: Die schweizerische Neutralität in bewaffneten Konflikten nach 1945. Frankfurt a. M./Bern u. a. 1992.
  • Rita Stöckli: Die Anfänge der eidgenössischen Neutralität in der Historiographie. Eine Text- und Wirkungsanalyse der Neutralitätsgeschichten von Paul Schweizer und Edgar Bonjour. Historisches Institut der Universität Bern, Bern 1997.

Einzelnachweise

  1. Andreas Suter: Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein. In: Eine kleine Geschichte der Schweiz. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1998, ISBN 3-518-12079-4, S. 159.
  2. a b c Andreas Suter: Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein. In: Eine kleine Geschichte der Schweiz. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1998, ISBN 3-518-12079-4, S. 160.
  3. a b André Holenstein: Mitten in Europa. Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte. Hier und Jetzt, Baden 2014, ISBN 978-3-03919-323-3, S. 158.
  4. Andreas Suter: Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein. In: Eine kleine Geschichte der Schweiz. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1998, ISBN 3-518-12079-4, S. 163.
  5. Andreas Suter: Neutralität. Prinzip, Praxis und Geschichtsbewusstsein. In: Eine kleine Geschichte der Schweiz. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1998, ISBN 3-518-12079-4, S. 167.
  6. Alois Riklin: Funktionen der schweizerischen Neutralität. In Passé pluriel. En hommage au professeur Roland Ruffieux. Editions universitaires, Freiburg 1991, S. 361–394.