„Abū Hanīfa“ – Versionsunterschied

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Später widmete er sich mit dem [[Fiqh|islamischen Recht]]. Sein Mentor war Hammad ibn Abi Sulayman, nach dem Abu Hanifa seinen ältesten Sohn benannte. Er soll auch Vorlesungen von Ata ibn Abi Rabah in [[Mekka]] gehört haben. Zudem pflegte er Bekanntschaft mit dem 5. und 6. Imam der [[Imamiten|Zwölferschia]], [[Muhammad al-Bāqir]] und [[Dschaʿfar as-Sādiq|Dscha'far as-Sadiq]], der zudem die [[Dschafariten|dschafaritischen]] Rechtsschule gründete.
Später widmete er sich mit dem [[Fiqh|islamischen Recht]]. Sein Mentor war Hammad ibn Abi Sulayman, nach dem Abu Hanifa seinen ältesten Sohn benannte. Er soll auch Vorlesungen von Ata ibn Abi Rabah in [[Mekka]] gehört haben. Zudem pflegte er Bekanntschaft mit dem 5. und 6. Imam der [[Imamiten|Zwölferschia]], [[Muhammad al-Bāqir]] und [[Dschaʿfar as-Sādiq|Dscha'far as-Sadiq]], der zudem die [[Dschafariten|dschafaritischen]] Rechtsschule gründete.


Zu seinen bedeutendsten Schülern zählen [[Abu Yusuf]], [[Asch-Schaybani]] und nach diesen [[Zufar ibn Al-Hudhayl]]. Sein Denken gilt als theoretisch stringent und teilweise mutig in seinen Neuerungen, jedoch manchmal etwas zu wenig praxisorientiert.
Zu seinen bedeutendsten Schülern waren [[Abu Yusuf]], [[Asch-Schaybani]] und nach diesen [[Zufar ibn Al-Hudhayl]]. Sein Denken gilt als theoretisch stringent und teilweise mutig in seinen Neuerungen, jedoch manchmal etwas zu wenig praxisorientiert.


== Werke ==
== Werke ==

Version vom 15. Mai 2017, 13:48 Uhr

Grabstätte von Abu Hanifa

Abū Hanīfa (arabisch أبو حنيفة, DMG Abū Ḥanīfa, mit vollem Namen Abū Hanīfa an-Nuʿmān ibn Thābit ibn Zūṭā ibn Marzubān al-Kūfī; * 699 in Kufa; † 767) war ein islamischer Theologe und Rechtsgelehrter, der in Kufa und Bagdad wirkte und nach dem die Rechtsschule (madhhab) der Hanafiten benannt ist. Die islamische Doxographie rechnet ihn der theologischen Lehrrichtung der Maturidi zu.[1] Von seinen Anhängern wird Abū Hanīfa als „der größte Imam“ (al-Imām al-Aʿẓam) verehrt.

Herkunft

Abū Ḥanīfa war persischer Abstammung. Die meisten Quellen berichten, dass seine Vorfahren aus Kabul stammten. Sein Großvater Zuta soll als Sklave aus Kabul (Afghanistan) nach Kufa im heutigen Irak gebracht und dort freigelassen worden sein. Anderen Quellen zufolge ist Anbar, eine frühere mesopotamische Stadt auf dem linken Ufer des Euphrat, die Heimat seines Urgroßvaters, der dort den Sassaniden als Militärgouverneur gedient habe.

Leben

Er wurde in Kufa, eines der damaligen Zentren islamischer Gelehrsamkeit, geboren und verbrachte dort fast sein gesamtes Leben. Von seinem Leben ist nur wenig bekannt. Er war ein wohlhabender Mann und lebte vom Gewinn seines Handels mit Kleiderstoffen. Er besaß ein großes Gebäude mit Arbeitern und Handwerkern, in dem er Khazz, eine Art Seide, herstellen ließ. Seine Lebensumstände erlaubten ihm Unabhängigkeit, so dass er seine Kraft auf die Wissenschaft konzentrieren konnte. In seiner Lebenszeit fiel der Machtwechsel zwischen den Umayyaden und Abbasiden. In späteren Biographien wird berichtet, dass sowohl der Statthalter der Umayyaden in Kufa als auch fast zwei Jahrzehnte später der Kalif al-Mansur Abu Hanifa durch Prügel zur Übernahme eines Richteramtes zwingen wollten. Abu Hanifa besuchte auf Reisen den Hedschas und pilgerte nach Mekka. Die letzten Jahre der Umayyaden-Herrschaft verbrachte er als politischer Flüchtling ebenfalls dort. Nach dem Machtwechsel kehrte Abu Hanifa nach Kufa zurück. Viele Jahre später wurde er nach Bagdad gebracht und dort inhaftiert. Abu Hanifa starb im Gefängnis. Einige Quellen berichten, dass der Kalif ihn dort habe vergiften lassen.

Am Anfang seines Schaffens widmete sich Abū Hanīfa der Theologie. Auf diesem Gebiet erlangte er rasch Bekanntheit und Ansehen in Kufa und scharte einen eigenen Kreis von Studenten um sich. Bekannt war er für seine spezielle Lehre vom Glauben. Wie Abū l-Hasan al-Aschʿarī überliefert, behauptete er, der Glaube sei Kenntnis (maʿrifa) von und Bekenntnis (iqrār) zu Gott sowie Kenntnis des Propheten und Bekenntnis zu dem, was von Gott gekommen ist (d.h. die Offenbarung) - summarisch, ohne Erklärung im Detail.[1]

Später widmete er sich mit dem islamischen Recht. Sein Mentor war Hammad ibn Abi Sulayman, nach dem Abu Hanifa seinen ältesten Sohn benannte. Er soll auch Vorlesungen von Ata ibn Abi Rabah in Mekka gehört haben. Zudem pflegte er Bekanntschaft mit dem 5. und 6. Imam der Zwölferschia, Muhammad al-Bāqir und Dscha'far as-Sadiq, der zudem die dschafaritischen Rechtsschule gründete.

Zu seinen bedeutendsten Schülern waren Abu Yusuf, Asch-Schaybani und nach diesen Zufar ibn Al-Hudhayl. Sein Denken gilt als theoretisch stringent und teilweise mutig in seinen Neuerungen, jedoch manchmal etwas zu wenig praxisorientiert.

Werke

Abu Hanifa schriebte selbst keine juristischen Werke, seine Lehre auf diesem Gebiet ist allein durch die Schriften seiner Schüler überliefert, etwa Abu Yusuf in Ichtilaf Abi Hanifa wa-bn Abi Layla.

Das einzige authentische Dokument Abū Hanīfas ist ein Brief theologischen Inhalts, den er nach Basra an den Tuchhändler ʿUthmān al-Battī (gest. 760) sandte.[2] Darin verteidigte er sich gegen den Vorwurf, dass er ein Murdschiʾit sei, und bekräftigte die ihm nachgesagte Lehre, dass ein Muslim, der eine Sünde begehe, immer noch als ein Gläubiger (muʾmin) anzusehen sei. Abū Hanīfa meinte, dass die pejorative Bezeichnung Murdschiʾa zu Unrecht für eine Gruppe von Personen verwendet werde, die in Wirklichkeit honorige und rechtgläubige Menschen seien.[3] Hinsichtlich des Sünders vertrat er die Auffassung, dass er ein muʾmin ḍāll sei, "ein Gläubiger, der die Irre gegangen ist", auf keinen Fall aber ein Kafir. Die Ahl al-Qibla, also die Muslime, so meinte er, sind allesamt als gläubig anzusehen.[4]

Eine weitere bekannte Schrift (Fiqh al-Absat) enthält Antworten Abu Hanifas auf theologische Fragen seines Schülers Abu Muti' al-Balchi.

Schließlich gibt es noch zwei Texte mit Listen von Glaubensgrundsätzen, die unter dem Titel al-Fiqh al-akbar ("die größte Einsicht") kursieren und Abū Hanīfa zugeschrieben werden. Der Begriff al-Fiqh al-akbar wurde in hanafitischen Kreisen allgemein als Bezeichnung für ʿIlm al-Kalām (Systematische Theologie) im Sinne der Kenntnis der Glaubenslehren verwendet.[5] Umgekehrt meinte man, dass das, was gewöhnlich Fiqh genannt wird, nur die "kleinere Einsicht (al-Fiqh al-aṣġar) sei.[6] In der Forschung wird zwischen Fiqh akbar I, Fiqh akbar II und Fiqh akbar III unterschieden. Fiqh akbar I ist von Arent Jan Wensinck aus einem Kommentar herausgefiltert worden, der von Josef van Ess auf die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts datiert wird,[7] und besteht aus einer Liste von zehn Lehrsätzen.[8] Fiqh akbar II ist eine erheblich längere Schrift, die nach Wensincks Zählung 29 Glaubensartikel umfasst[9] und von William Montgomery Watt ebenfalls auf das späte 10. Jahrhundert datiert wird.[10] Fiqh akbar III schließlich[11] hat nichts mit Abū Hanīfa zu tun, sondern wird asch-Schāfiʿī zugeschrieben, ist allerdings textlich von Fiqh akbar III abhängig.[12]

Mausoleum

Nizam al-Mulk, der hanafitische Finanzminister (mustawfī) Alp Arslans, errichtete 1066 über dem Grab Abū Ḥanīfas im Bagdader Stadtteil ar-Ruṣāfa ein Kuppelmausoleum zusammen mit einer Madrasa. Damit wollte er dem hanafitischen Madhhab einen kulturellen Mittelpunkt und eine zentrale Lehrstätte verschaffen.[13] Das Viertel um Abū Ḥanīfas Mausoleum wird heute noch nach seinem Beinamen al-Imām al-Aʿzam als al-Aʿzamīya bezeichnet. Auch die Abu-Hanifa-Moschee in Bagdad ist nach ihm benannt.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. van Ess TuG V 32.
  2. Vgl. die deutsche Übersetzung in van Ess TuG V 24-13.
  3. Vgl. van Ess TuG V 29.
  4. Vgl. van Ess TuG V 28. Zum Sendschreiben insgesamt vgl. van Ess TuG II 192-200.
  5. Vgl. dazu van Ess TuG I 51, 209.
  6. Vgl. ʿAlī al-Qārī: Šarḥ Muḫtaṣar al-Manār. Ed. Ilyās Qablān. Beirut 2006. S. 30.
  7. Vgl. TuG I 207.
  8. Sie ist bei Wensinck 103f in Übersetzung wiedergegeben.
  9. Vgl. die Übersetzung bei Wensinck 188-197
  10. W. Montgomery Watt, Michael Marmura: Der Islam II. Politische Entwicklungen und theologische Konzepte. Stuttgart u.a. 1985. S. 133.
  11. Übersetzung bei Wensinck 265-268.
  12. Vgl. van Ess TuG I 207f.
  13. Vgl. Thomas Leisten: Architektur für Tote. Bestattung in architektonischem Kontext in den Kernländern der islamischen Welt zwischen 3./9. und 6./12. Jahrhundert. Berlin 1998. S. 42, 125f.