„Ausschuss für Rechtsphilosophie“ – Versionsunterschied

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BArch R 61/30: Blatt 141 und 171
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In der Eröffnungsrede knüpfte Frank an [[Friedrich Nietzsche]] an: "Der Durchbruch der Rechtsphilosophie heißt daher: Feierlich Abschied nehmen von der Entwicklung einer Knechtsphilosophie im Dienste undeutscher Dogmen. Lebensrecht und nicht Formalrecht soll unser Ziel sein. ... Unser Recht soll der Allgemeinheit dienen ..., es soll aber ein Herrenrecht und nicht Sklavenrecht sein. Der Staatsbegriff des Nationalsozialismus wird von uns neugebaut auf Einheit und Reinheit des deutschen Menschentums, formuliert und verwirklicht im Recht und im Führerprinzip ... In diesem Sinne bitte ich, daß der Ausschuß sich als ein Kampfausschuß des Nationalsozialismus konstituiert."<br />
In der Eröffnungsrede knüpfte Frank an [[Friedrich Nietzsche]] an: "Der Durchbruch der Rechtsphilosophie heißt daher: Feierlich Abschied nehmen von der Entwicklung einer Knechtsphilosophie im Dienste undeutscher Dogmen. Lebensrecht und nicht Formalrecht soll unser Ziel sein. ... Unser Recht soll der Allgemeinheit dienen ..., es soll aber ein Herrenrecht und nicht Sklavenrecht sein. Der Staatsbegriff des Nationalsozialismus wird von uns neugebaut auf Einheit und Reinheit des deutschen Menschentums, formuliert und verwirklicht im Recht und im Führerprinzip ... In diesem Sinne bitte ich, daß der Ausschuß sich als ein Kampfausschuß des Nationalsozialismus konstituiert."<br />


Die Akademie für Deutsches Recht gab ab 1934 die '''"Zeitschrift der Akademie für deutsche Recht"''' heraus.<br />
Der Ausschuss für Rechtsphilosophie wurde erst - neben einigen anderen Ausschüssen - im Januar 1943 aufgelöst. (BArch R 61/30: Blatt 141). Im Anschluss an Blatt 141 sind Mitgliederlisten der im Januar 1943 aufgelösten Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht gesammelt. Auf Blatt 171 werden alle Mitglieder des Ausschusses für Rechtsphilosophie gelistet. Der Vorsitzende ist auch noch 1943 Hans Frank. Sein Stellvertreter immer noch Carl August Emge. Es gibt darüber hinaus zehn einfache Mitglieder, die mit ihrem vollständigen Namen, ihrem Status und ihrer Postadresse aufgeführt werden.

Das erste Heft wird mit einem '''Geleitwort''' von '''Hans Frank''' eröffnet. Der letzte Absatz lautet: "Die Akademie für Deutsches Recht soll Dienerin des nationalsozialistischen Rechtswollens sein und soll dazu beitragen, dem deutschen schöpferischen Geiste die Bahn freizumachen." <br /> Der erste Artikel der Zeitschrift ist ebenfalls von Hans Frank verfasst worden und trägt den Titel '''"Nationalsozialismus im Recht"'''. Es ist zu lesen:<br />

<small>"Im nationalsozialistischen Staate kann das Recht immer nur ein Mittel sein zur Erhaltung, Sicherstellung und Förderung der rassisch-völkischen Gemeinschaft. Die Einzelpersönlichkeit kann vom Recht nur noch unter dem Gesichtspunkt seines Wertes für die völkische Gemeinschaft gewertet werden. [Absatz] Von dieser hohen Warte aus gesehen liegen die Richtlinien für die nationalsozialistische Gesetzgebung im vergangenen Jahre und für die Zukunft klar auf der Hand. [...] So wächst aus der nationalsozialistischen Rechtsgesinnung, für die die Rasse, die Volksgemeinschaft alles, der Einzelne als solcher aber nichts ist, eine organische Gesetzgebung heraus, die berufen ist, den vom Liberalismus gewaltsam geschaffenen Zwiespalt zwischen Recht und Sitte (Moral) zu überbrücken. Dies ist nur dem Nationalsozialismus möglich; er allein hat uns die Erkenntnis gebracht, daß die Vorstellung von dem, was Recht ist, abhängt von der blutmäßigen Einstellung des Menschen, also rassisch bedingt ist. Schafft der Nationalsozialismus so ein Recht, das nicht getragen ist von sogenannten allgemeingültigen Abstraktionen, sondern nur von dem Rasseempfinden seines Volkes, so wird auch die Übereinstimmung mit dem Sittlichkeitsempfinden gewährleistet; denn der Ursprung ist in der gleichen Quelle zu suchen: im Rassebewußtsem unseres herrlichen Volkes." (S. 8)</small><br />

Im zweiten Heft des ersten Jahrgangs veröffentlichte '''Alfred Rosenberg''' einen Text unter dem Titel '''"Eine neue deutsche Rechtsphilosophie"'''. Der Text beginnt so:<br />

<small>"In einem Umbruch der ganzen weltanschaulichen Haltung, wie wir sie in unserer Zeit durchleben, miterleben und mitgestalten können, kann auch das Rechtsleben und das ganze Rechtsdenken nicht unberührt bleiben. Auf eine ganz einfache Form gebracht, darf man sagen, daß die bisherige individualistische und universalistische Gedankenwelt abgelöst wird von einem biologisch begründeten Denken. D. h. wir glauben nicht, daß eine Rechtsnorm vom Standpunkt des blutgelösten Einzelwesens herzustellen ist, ebensowenig wie durch angeblich „ewige Gesetze“ und „ewige Ideen“, die sich von oben herniedersenken, um alle Völker zu umfassen. Vielmehr wird immer mehr das Erleben lebendig, daß eine Rechtsauffassung mit einer bestimmt gearteten Rassenseele geboren wird und mit dieser Seele stirbt oder siegt." (S. 47) Und er endet so: "Das Recht ist eine der stärksten typenbildenden Kräfte der Nation, und die hohen Aufgaben für eine deutsche Rechtslehre bestehen darin, die große Stunde der deutschen Geschichte nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, um aus dem Fühlen und dem großen Willen unserer Zeit jenen gedanklichen Niederschlag sicherzustellen, der imstande ist, mit bildender Kraft die kommenden Geschlechter im Sinne des Erlebens unserer Tage zu formen und eine der wichtigsten Grundlagen abzugeben für das Bestehen des deutschen Volkstums und des neu gegründeten Reiches." (S. 48)</small><br />

Im sechsten Heft des ersten Jahrgangs veröffentlichte '''Carl August Emge''' einen Text unter dem Titel '''"Ideen über die Aufgaben der wissenschaftlichen Rechtsphilosophie"'''. Gleich eingangs verkündet Emge, was von einem nationalsozialistischen Rechtsphilosophen verlangt wird, und dass von der nationalsozialistischen Rechtsphilosophie "unerhörte Experimente" zu erwarten sind:<br />

<small>"Von dem Rechtsphilosophen ist demgemäß zu verlangen, daß er den Ereignissen nicht unbeteiligt und uninteressiert gegenüberstehe. Er soll sich ihnen hingeben und affekt-betont erleben, daß es sich hier überall um seine, nämlich des Rechtsphilosophen Sache handele. Er muß innerlich dabei sein, begeistert, große Geschichte und unerhörte rechtsphilosophische Experimente erleben zu können." (S. 210)</small><br />

Der '''Ausschuss für Rechtsphilosophie wurde erst''' - neben einigen anderen Ausschüssen - '''im Januar 1943 aufgelöst'''. (BArch R 61/30: Blatt 141). Im Anschluss an Blatt 141 sind Mitgliederlisten der im Januar 1943 aufgelösten Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht gesammelt. Auf Blatt 171 werden alle Mitglieder des Ausschusses für Rechtsphilosophie gelistet. Der Vorsitzende ist auch noch 1943 Hans Frank. Sein Stellvertreter immer noch Carl August Emge. Es gibt darüber hinaus zehn einfache Mitglieder, die mit ihrem vollständigen Namen, ihrem Status und ihrer Postadresse aufgeführt werden.


# Viktor Bruns (Berlin-Zehlendorf, Sven-Hedin- Str. 19),<br />
# Viktor Bruns (Berlin-Zehlendorf, Sven-Hedin- Str. 19),<br />
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# Carl Schmitt (Berlin-Dahlem, Kaiserwertherstr. 17).<br />
# Carl Schmitt (Berlin-Dahlem, Kaiserwertherstr. 17).<br />
Auf dem Blatt mit der Mitgliederliste ist nur der Name von Viktor Bruns durchgestrichen. Viktor Bruns starb am 18. September 1943 in Königsberg. Man darf deswegen annehmen, dass die Mitgliederliste noch im September 1943 bearbeitet worden ist. Als "Reichsminister" werden Hans Frank und Alfred Rosenberg präsentiert. Wilhelm Kischs Status als "Geheimrat" und Carls Schmitts Status als "Staatsrat" werden aufgeführt. Bis auf Alfred Rosenberg wird bei allen Mitglieder der Doktortitel gelistet. Bei allen bis auf Hans Frank und Alfred Rosenberg wird der Professorentitel angegeben.<br />
Auf dem Blatt 171 mit der Mitgliederliste ist nur der Name von Viktor Bruns durchgestrichen. Viktor Bruns starb am 18. September 1943 in Königsberg. Man darf deswegen annehmen, dass die Mitgliederliste noch im September 1943 bearbeitet worden ist. Als "Reichsminister" werden Hans Frank und Alfred Rosenberg präsentiert. Da Alfred Rosenberg erst 1941 "Reichsminister" wurde, kann die Mitgliederliste des Blattes 171 nicht vor 1941 erstellt worden sein.<br />
Als Status von Wilhelm Kischs wird u.a. "Geheimrat" und als Status von Carl Schmitt Status u.a. "Staatsrat" angegeben. Bis auf Alfred Rosenberg wird bei allen Mitglieder der Doktortitel gelistet. Bei allen Mitgliedern bis auf Hans Frank und Alfred Rosenberg wird der Professorentitel angegeben.<br />

Dass Martin Heidegger und Carl Schmitt zusammen mit dem Generalgouverneur Hans Frank und dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg noch mindestens bis Januar 1943 Mitglieder dieses Ausschusses für Rechtsphilosophie der Akademie für deutsches Recht gewesen sind, widerlegt eindeutig die Auffassung, sie hätten sich noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs vom Nationalsozialismus distanziert.

== Quelle ==
BArch R 61/30: Blatt 141 und 171

== Primärliteratur ==
Hans Frank: Geleitwort; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 1 (Juni), S. 1<br />

Hans Frank: Nationalsozialismus im Recht; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 1 (Juni), S. 8<br />

Alfred Rosenberg: "Eine neue deutsche Rechtsphilosophie"; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 2 (Juli), S. 47-48<br />


Carl August Emge: "Ideen über die Aufgaben der wissenschaftlichen Rechtsphilosophie"; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 6 (Dezember), S. 210-212
Dass Martin Heidegger und Carl Schmitt zusammen mit dem Generalgouverneur Hans Frank und dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg noch mindestens bis Januar 1943 Mitglieder dieses Ausschusses für Rechtsphilosophie der Akademie für deutsche Recht gewesen sind, widerlegt eindeutig die Auffassung, sie hätten sich noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs vom Nationalsozialismus distanziert.




== Literatur ==
== Sekundärliteratur ==
* Emmanuel Faye: ''Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie'', Berlin 2009, S. 275–278
* Emmanuel Faye: ''Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie'', Berlin 2009, S. 275–278
* Victor Farías: ''Heidegger und der Nationalsozialismus'', S. Fischer, Frankfurt am M. 1989, S. 277–280
* Victor Farías: ''Heidegger und der Nationalsozialismus'', S. Fischer, Frankfurt am M. 1989, S. 277–280

Version vom 14. Mai 2017, 17:37 Uhr

Der Ausschuss für Rechtsphilosophie bestand in der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht unter Leitung von Hans Frank.

Der Ausschuss arbeitete in den Anfangsjahren seit der Gründung am 3. – 5. Mai 1934 im Weimarer Nietzsche-Archiv. Geschäftsführender Vorsitzender war der Jenaer Rechtsphilosoph Carl August Emge. Als Mitglieder berufen waren u.a. die Professoren Martin Heidegger, Erich Rothacker, Hans Freyer, Staatsrat und Professor Carl Schmitt, Baron Jakob Johann von Uexküll, Julius Binder, Erich Jung, Viktor Bruns, die Geheimräte Wilhelm Kisch, Rudolf Stammler, Ernst Heymann und NS-Politiker wie Alfred Rosenberg und Julius Streicher (1935 berufen).

Auf der Pressekonferenz zur Gründung der Akademie für deutsche Recht verkündete Frank vor über 200 Journalisten am 5. Mai 1934, dass "das Fundament unserer Gesetzgebung die Erhaltung der rassischen Wertsubstanz unseres Volkes ist". Der Ausschuss tagte parallel u.a. zur Entstehung der Nürnberger Gesetze 1935.

In der Eröffnungsrede knüpfte Frank an Friedrich Nietzsche an: "Der Durchbruch der Rechtsphilosophie heißt daher: Feierlich Abschied nehmen von der Entwicklung einer Knechtsphilosophie im Dienste undeutscher Dogmen. Lebensrecht und nicht Formalrecht soll unser Ziel sein. ... Unser Recht soll der Allgemeinheit dienen ..., es soll aber ein Herrenrecht und nicht Sklavenrecht sein. Der Staatsbegriff des Nationalsozialismus wird von uns neugebaut auf Einheit und Reinheit des deutschen Menschentums, formuliert und verwirklicht im Recht und im Führerprinzip ... In diesem Sinne bitte ich, daß der Ausschuß sich als ein Kampfausschuß des Nationalsozialismus konstituiert."

Die Akademie für Deutsches Recht gab ab 1934 die "Zeitschrift der Akademie für deutsche Recht" heraus.

Das erste Heft wird mit einem Geleitwort von Hans Frank eröffnet. Der letzte Absatz lautet: "Die Akademie für Deutsches Recht soll Dienerin des nationalsozialistischen Rechtswollens sein und soll dazu beitragen, dem deutschen schöpferischen Geiste die Bahn freizumachen."
Der erste Artikel der Zeitschrift ist ebenfalls von Hans Frank verfasst worden und trägt den Titel "Nationalsozialismus im Recht". Es ist zu lesen:

"Im nationalsozialistischen Staate kann das Recht immer nur ein Mittel sein zur Erhaltung, Sicherstellung und Förderung der rassisch-völkischen Gemeinschaft. Die Einzelpersönlichkeit kann vom Recht nur noch unter dem Gesichtspunkt seines Wertes für die völkische Gemeinschaft gewertet werden. [Absatz] Von dieser hohen Warte aus gesehen liegen die Richtlinien für die nationalsozialistische Gesetzgebung im vergangenen Jahre und für die Zukunft klar auf der Hand. [...] So wächst aus der nationalsozialistischen Rechtsgesinnung, für die die Rasse, die Volksgemeinschaft alles, der Einzelne als solcher aber nichts ist, eine organische Gesetzgebung heraus, die berufen ist, den vom Liberalismus gewaltsam geschaffenen Zwiespalt zwischen Recht und Sitte (Moral) zu überbrücken. Dies ist nur dem Nationalsozialismus möglich; er allein hat uns die Erkenntnis gebracht, daß die Vorstellung von dem, was Recht ist, abhängt von der blutmäßigen Einstellung des Menschen, also rassisch bedingt ist. Schafft der Nationalsozialismus so ein Recht, das nicht getragen ist von sogenannten allgemeingültigen Abstraktionen, sondern nur von dem Rasseempfinden seines Volkes, so wird auch die Übereinstimmung mit dem Sittlichkeitsempfinden gewährleistet; denn der Ursprung ist in der gleichen Quelle zu suchen: im Rassebewußtsem unseres herrlichen Volkes." (S. 8)

Im zweiten Heft des ersten Jahrgangs veröffentlichte Alfred Rosenberg einen Text unter dem Titel "Eine neue deutsche Rechtsphilosophie". Der Text beginnt so:

"In einem Umbruch der ganzen weltanschaulichen Haltung, wie wir sie in unserer Zeit durchleben, miterleben und mitgestalten können, kann auch das Rechtsleben und das ganze Rechtsdenken nicht unberührt bleiben. Auf eine ganz einfache Form gebracht, darf man sagen, daß die bisherige individualistische und universalistische Gedankenwelt abgelöst wird von einem biologisch begründeten Denken. D. h. wir glauben nicht, daß eine Rechtsnorm vom Standpunkt des blutgelösten Einzelwesens herzustellen ist, ebensowenig wie durch angeblich „ewige Gesetze“ und „ewige Ideen“, die sich von oben herniedersenken, um alle Völker zu umfassen. Vielmehr wird immer mehr das Erleben lebendig, daß eine Rechtsauffassung mit einer bestimmt gearteten Rassenseele geboren wird und mit dieser Seele stirbt oder siegt." (S. 47) Und er endet so: "Das Recht ist eine der stärksten typenbildenden Kräfte der Nation, und die hohen Aufgaben für eine deutsche Rechtslehre bestehen darin, die große Stunde der deutschen Geschichte nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, um aus dem Fühlen und dem großen Willen unserer Zeit jenen gedanklichen Niederschlag sicherzustellen, der imstande ist, mit bildender Kraft die kommenden Geschlechter im Sinne des Erlebens unserer Tage zu formen und eine der wichtigsten Grundlagen abzugeben für das Bestehen des deutschen Volkstums und des neu gegründeten Reiches." (S. 48)

Im sechsten Heft des ersten Jahrgangs veröffentlichte Carl August Emge einen Text unter dem Titel "Ideen über die Aufgaben der wissenschaftlichen Rechtsphilosophie". Gleich eingangs verkündet Emge, was von einem nationalsozialistischen Rechtsphilosophen verlangt wird, und dass von der nationalsozialistischen Rechtsphilosophie "unerhörte Experimente" zu erwarten sind:

"Von dem Rechtsphilosophen ist demgemäß zu verlangen, daß er den Ereignissen nicht unbeteiligt und uninteressiert gegenüberstehe. Er soll sich ihnen hingeben und affekt-betont erleben, daß es sich hier überall um seine, nämlich des Rechtsphilosophen Sache handele. Er muß innerlich dabei sein, begeistert, große Geschichte und unerhörte rechtsphilosophische Experimente erleben zu können." (S. 210)

Der Ausschuss für Rechtsphilosophie wurde erst - neben einigen anderen Ausschüssen - im Januar 1943 aufgelöst. (BArch R 61/30: Blatt 141). Im Anschluss an Blatt 141 sind Mitgliederlisten der im Januar 1943 aufgelösten Ausschüsse der Akademie für deutsches Recht gesammelt. Auf Blatt 171 werden alle Mitglieder des Ausschusses für Rechtsphilosophie gelistet. Der Vorsitzende ist auch noch 1943 Hans Frank. Sein Stellvertreter immer noch Carl August Emge. Es gibt darüber hinaus zehn einfache Mitglieder, die mit ihrem vollständigen Namen, ihrem Status und ihrer Postadresse aufgeführt werden.

  1. Viktor Bruns (Berlin-Zehlendorf, Sven-Hedin- Str. 19),
  2. Hans Freyer (Leipzig, Universität),
  3. Martin Heidegger (Freiburg i. Br., Universität),
  4. Ernst Heymann (Berlin-Lichterfelde, Oberhofer Platz 4),
  5. Erich Jung (Marburg/Lahn, Calvinstr, 14),
  6. Wilhelm Kisch (München 13, Georgenstr. 42),
  7. Max Mikorey (München, Sigmundstr. 3),
  8. Alfred Rosenberg (Berlin W. 35, Kurfürstenstr. 134),
  9. Erich Rothacker (Bonn, Universität),
  10. Carl Schmitt (Berlin-Dahlem, Kaiserwertherstr. 17).

Auf dem Blatt 171 mit der Mitgliederliste ist nur der Name von Viktor Bruns durchgestrichen. Viktor Bruns starb am 18. September 1943 in Königsberg. Man darf deswegen annehmen, dass die Mitgliederliste noch im September 1943 bearbeitet worden ist. Als "Reichsminister" werden Hans Frank und Alfred Rosenberg präsentiert. Da Alfred Rosenberg erst 1941 "Reichsminister" wurde, kann die Mitgliederliste des Blattes 171 nicht vor 1941 erstellt worden sein.

Als Status von Wilhelm Kischs wird u.a. "Geheimrat" und als Status von Carl Schmitt Status u.a. "Staatsrat" angegeben. Bis auf Alfred Rosenberg wird bei allen Mitglieder der Doktortitel gelistet. Bei allen Mitgliedern bis auf Hans Frank und Alfred Rosenberg wird der Professorentitel angegeben.

Dass Martin Heidegger und Carl Schmitt zusammen mit dem Generalgouverneur Hans Frank und dem Reichsminister für die besetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg noch mindestens bis Januar 1943 Mitglieder dieses Ausschusses für Rechtsphilosophie der Akademie für deutsches Recht gewesen sind, widerlegt eindeutig die Auffassung, sie hätten sich noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs vom Nationalsozialismus distanziert.

Quelle

BArch R 61/30: Blatt 141 und 171

Primärliteratur

Hans Frank: Geleitwort; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 1 (Juni), S. 1

Hans Frank: Nationalsozialismus im Recht; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 1 (Juni), S. 8

Alfred Rosenberg: "Eine neue deutsche Rechtsphilosophie"; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 2 (Juli), S. 47-48

Carl August Emge: "Ideen über die Aufgaben der wissenschaftlichen Rechtsphilosophie"; in: Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht, 1. Jahrgang (1934), Heft 6 (Dezember), S. 210-212


Sekundärliteratur

  • Emmanuel Faye: Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie, Berlin 2009, S. 275–278
  • Victor Farías: Heidegger und der Nationalsozialismus, S. Fischer, Frankfurt am M. 1989, S. 277–280