„Präimplantationsdiagnostik“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Lancelet's embryos, 2 and 4 cells.jpg|miniatur|hochkant=1.5|Embryonen im 2- und 4-Zellen-Stadium]]

Als '''Präimplantationsdiagnostik''' ('''PID''') werden die Methoden [[Zellbiologie|zellbiologischer]] und [[Genetik|molekulargenetischer]] Untersuchungen bezeichnet, die dem Entscheid darüber dienen, ob ein durch [[In-vitro-Fertilisation]] erzeugter [[Embryo]] in die [[Gebärmutter]] eingepflanzt werden soll oder nicht.

Die PID ist seit den frühen 1990er Jahren verfügbar und wurde bereits bei der Zeugung von über 10.000 Kindern weltweit angewendet. Sie wird hauptsächlich zur Erkennung von [[Erbkrankheit]]en und Anomalien der [[Chromosom]]en angewendet. Auch die Auswahl des Geschlechts oder bestimmter erblicher Eigenschaften des Kindes sind möglich. Die PID kann auch zur Erzeugung eines sogenannten „Retterbabys“ eingesetzt werden, das als genetisch kompatibler Spender von Stammzellen für ein erkranktes Geschwisterkind geeignet ist.

Die PID ist ethisch und politisch umstritten, da sie grundlegende Fragen nach dem Wert – und der Zulässigkeit der Bewertung – sich entwickelnden Lebens aufwirft. In vielen Ländern, darunter den meisten europäischen Ländern, ist die PID gesetzlich geregelt und für teils unterschiedliche Anwendungen erlaubt. In Deutschland ist sie ausschließlich zur Vermeidung von schweren Erbkrankheiten, Tot- oder Fehlgeburten zulässig, in Österreich nur zur Behebung erblich bedingter Unfruchtbarkeit, und in der Schweiz für beide Anwendungsfälle.

== Begriff und Abgrenzung ==
{{Untersuchungen in der Fortpflanzungsmedizin}}
Als Präimplantationsdiagnostik wird im Allgemeinen die genetische Untersuchung eines außerhalb des Körpers ''([[in vitro]])'' erzeugten [[Embryo]]s vor dessen Implantation in die [[Gebärmutter]] der Frau bezeichnet. Üblicherweise werden dabei dem Embryo drei Tage nach der Befruchtung, wenn er aus sechs bis zehn Zellen besteht, eine oder zwei Zellen entnommen und auf bestimmte [[Mutation|Gendefekte]] (Genmutationen) hin untersucht. Gewöhnlich wird zur Präimplantationsdiagnostik auch das [[Aneuploidie-Screening]] gezählt, bei dem der Embryo auf das Vorliegen überzähliger [[Chromosomen]] oder das Fehlen von Chromosomen überprüft wird.

Die Präimplantationsdiagnostik ist von der [[Präfertilisationsdiagnostik]] zu unterscheiden. Bei dieser Methode finden die Untersuchungen statt, bevor man die Zellkerne von [[Eizelle]] und [[Spermium]] zusammenbringt, also vor dem [[Embryogenese|Embryonalstadium]]. Dazu gehört etwa die [[Polkörperdiagnostik]], ein Untersuchungsverfahren an der Eizelle, bei dem aus der genetischen oder chromosomalen Ausstattung der [[Polkörper]] auf das Erbmaterial der Eizelle geschlossen wird.<ref>Vgl. hierzu etwa M. Montag et al.: ''Polar body biopsy.'' In: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hrsg.): ''Textbook of Assisted Reproductive Techniques.'' London 2009, S. 371–379. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref><ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 10–11. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref> Sie ist weiter zu unterscheiden von der [[Pränataldiagnostik]], der Untersuchung des Fötus in der Gebärmutter.

== Geschichte ==
1990 kam in Großbritannien das erste Kind zur Welt, bei dem mittels PID das Geschlecht festgestellt worden war, um das Auftreten einer X-chromosomalen [[Erbkrankheit]] zu verhindern.<ref>A. H. Handyside et al.: ''Pregnancies from biopsied human preimplantation embryos sexed by y-specific DNA amplification.'' In: ''Nature.'' 1990, Nr. 344, S. 768–770. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> Zwei Jahre später wurde das erste Kind geboren, bei dem mittels PID eine monogene Erbkrankheit ausgeschlossen worden war.<ref>A. H. Handyside et al.: ''Birth of a normal girl after in vitro fertilization and preimplantation diagnostic testing for cystic fibrosis.'' In: ''[[The New England Journal of Medicine]]-'' 1992, Nr. 327, S. 905–909. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> Wurde diese Technik anfangs nur in Einzelfällen und zum Nachweis einiger weniger Erbkrankheiten eingesetzt, so liegt die Zahl der bis heute weltweit nach einer PID geborenen Kinder bereits über 10'000.<ref>Vgl. J. L. Simpson: ''Preimplantation genetic diagnosis at 20 years.'' In: ''Prenatal Diagnosis.'' 2010, Band 30, S. 682–695. Genauere Zahlen hierzu sind nicht erhältlich, da „PID-Kinder“ nicht systematisch registriert werden. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref><ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9–10. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

== Anwendungsbereiche ==
Die immer verbreitetere Anwendung der PID weltweit ist nicht zuletzt auf eine Ausweitung des [[Indikation]]enspektrums zurückzuführen. So wird heute die PID nicht nur zum Nachweis von etwa 200 [[Erbkrankheit]]en<ref>''The Preimplantation Genetic Diagnosis International Society (PGDIS), Guidelines for good practice in PGD: programme requirements and laboratory quality assurance.'' In: ''Reproductive BioMedicine Online.'' Nr. 16, 2008, S. 134–147. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> genutzt, sondern darüber hinaus für andere Zwecke wie etwa um die Erfolgsrate der [[In-vitro-Fertilisation]] zu erhöhen, oder zur [[Geschlechterselektion]] mit oder ohne Krankheitsbezug. Die Ausweitung der Indikation ist auch gegenüber dem Indikationenspektrum im Falle der [[Pränataldiagnostik]] (PND) zu beobachten; so werden mittels PID Krankheiten diagnostiziert, die auch bei einer PND untersucht werden könnten, deren Diagnose aber nicht üblich ist.<ref>„First, PGD testing of adult‐onset disorders (Huntington disease, familial predispositions to cancer, polycystic kidney disease, etc) appears to be more widespread than is the case for prenatal diagnosis. Second, testing may be requested and performed for relatively less severe or less predictable diseases: a quarter of the centres offer PGD for CMT disease, which is not a common prenatal diagnosis.“ A. Corveleyn et al.: ''Provision and quality assurance of preimplantation genetic diagnosis in Europe.'' In: ''[[European Journal of Human Genetics]].'' 2008, Nr. 16, S. 290–299; hier S. 297. (Zitat und Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 10)</ref><ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 15–21. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

=== Screening von numerischen Chromosomenstörungen (Aneuploidie) ===
Heute ist das [[Aneuploidie-Screening]] die häufigste Indikation für eine PID.<ref>Vgl. hierzu etwa V. Goossens et al.: ''ESHRE PGD Consortium data collection IX: cycles from January to December 2006 with pregnancy follow-up to October 2007.'' In: ''Human Reproduction.'' 2009, Nr. 24, S. 1786 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> Seit rund 15 Jahren wird diese Untersuchung im Rahmen einer PID immer häufiger bei unfruchtbaren Paaren in meist fortgeschrittenem Alter angewendet, die z.T. bereits mehrere Fehlgeburten oder mehrere erfolglose [[In-vitro-Fertilisation|IVF]]-Zyklen erlitten haben. Dabei ist das erklärte Ziel, Embryonen mit numerischen Chromosomenstörungen, die für die genannten Probleme als ursächlich angesehen werden, auszusondern, um so die Erfolgsrate der IVF zu verbessern.<ref>S. Munné: ''Preimplantation genetic diagnosis for infertility (PGS).'' In: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hrsg.): ''Textbook of Assisted Reproductive Techniques.'' London 2009, S. 403 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref>

Eine Aneuploidie-Untersuchung im Rahmen einer PID erhöht nicht nur die Chance, ein gesundes Kind zu bekommen, sondern auch die Chance, überhaupt ein Kind zu bekommen. Bei der natürlichen Vereinigung von Ei und Samen entsteht mehr Ausschuss als Nachwuchs. Ein gut fruchtbares Menschenpaar im besten Zeugungsalter erreicht im Durchschnitt nur in jedem vierten Zyklus der Frau eine Schwangerschaft, obgleich es wohl stets zu Befruchtungen kommt. Mehr als vier von fünf befruchteten Eizellen, schätzen Fachleute, nisten sich nie in der Gebärmutter ein. Die wichtigste Ursache für diese Reproduktionsdefizite sind Chromosomenstörungen, so genannte Aneuploiden: Hat das werdende Leben in seinen Zellen mehr als die korrekte Zahl von 46 Chromosomen oder weniger, geht seine Überlebenschance gegen Null.<ref>Die Zeit 11. Juli 2013 (Wissen, S. 33)</ref> Durch das Aneuploidie-Screening soll erreicht werden, dass nur Embryonen mit 46 Chromosomen einer Frau im Rahmen des Embryonentransfers eingesetzt werden, damit die Chance einer Lebendgeburt steigt.

Die PID wird häufig auch fruchtbaren Frauen über 35 Jahren angeboten. Bei dieser Zielgruppe besteht infolge ihres fortgeschrittenen Alters ein erhöhtes Risiko, Kinder mit einer chromosomalen Störung wie insbesondere [[Down-Syndrom|Trisomie 21]] zu bekommen.<ref>B. C. Heng: ''Advanced maternal age as an indication for preimplantation genetic diagnosis (PGD) – the need for more judicious application in clinically assisted reproduction.'' In: ''Prenatal Diagnosis.'' 2006, Nr. 26, S. 1051–1053. Mittels PID sollen diejenigen Embryonen ausgesondert werden, die einen anormalen Chromosomensatz aufweisen. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref>

=== Nachweis genetisch bedingter Krankheiten ===
Ein weiteres mögliches Anwendungsgebiet der PID ist der Nachweis genetisch bedingter, d.h. [[Erbkrankheit|erblicher Krankheiten]], die familiär gehäuft auftreten. Weniger häufig wird die PID auch im Rahmen allgemeiner Risikovorsorge angewendet, namentlich zur Entdeckung spontaner Neumutationen in einer durch genetische Krankheiten bisher unbelasteten Familie.

=== Auswahl immunkompatibler Embryonen ===
Seit 2001 wird die PID auch mit dem Ziel durchgeführt, einen Embryo auszuwählen, der immunologisch verträglich mit einem schwer erkrankten Geschwister ist.<ref>Y. Verlinsky et al.: ''Preimplantation genetic diagnosis for Fanconi anemia combined with HLA matching.'' In: JAMA, 2001, Band 285, S. 3130 ff.; M. Bellavia et al.; ''Preimplantation genetic diagnosis (PGD) for HLA typing: bases for setting up an open international collaboration when PGD is not available.'' In: ''Fertility and Sterility.'' 2010, Nr. 94, S. 1129 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 20)</ref> Man spricht in diesem Zusammenhang von HLA-Typisierung ([[Human Lymphocyte Antigen]]) oder von der Erzeugung eines „Retter-“ oder „Designbabys“. Bei der HLA-Typisierung geht es typischerweise um folgendes Szenario: Eltern haben ein Kind, welches an einer erblichen Krankheit leidet, welche die Blutbildung (z.&nbsp;B. [[Fanconi-Anämie]], [[Diamond-Blackfan-Anämie]], β-[[Thalassämie]]) oder die [[Immunabwehr]] schwer schädigt. Dem erkrankten Kind kann durch eine geeignete [[Blutstammzellenspende]] wirksam geholfen werden. Grundsätzlich findet man unter Geschwistern am ehesten einen immunologisch verträglichen Spender. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein natürlich gezeugtes Geschwister immunkompatibel ist, liegt indessen bei 25 %. Mittels IVF und PID kann die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, erheblich gesteigert werden. Dabei wird nach immungenetischen Kriterien unter den ''in vitro'' erzeugten Embryonen ein Embryo ausgesucht, der zum erkrankten Geschwister passt. Zugleich wird im selben PID-Verfahren ausgeschlossen, dass das „Retterbaby“ ebenfalls Anlageträger für die gleiche Krankheit ist.

Die PID zur Auswahl eines immunkompatiblen Embryos wird bisweilen auch dann eingesetzt, wenn das zu heilende Geschwister an einer nicht erblichen Krankheit wie etwa [[Leukämie]] leidet. In diesem Fall wird die PID ausschließlich im Interesse des erkrankten Kindes durchgeführt.

=== Selektion des Geschlechts ohne Krankheitsbezug ===
Die PID wird zunehmend auch einzig mit dem Ziel durchgeführt, das Geschlecht des Embryos auszuwählen. Diese Indikation wird gewöhnlich als „[[social sexing]]“ oder als „family balancing“ bezeichnet. Dabei geht es in den USA wie auch in Europa darum, Familien ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen zu ermöglichen, so dass keine generelle Präferenz für eines der Geschlechter beobachtet werden kann. In anderen Ländern stellt der Wunsch nach männlichen Nachkommen dagegen die wesentliche Motivation für die Geschlechtsselektion dar.<ref>A. Malpani, et al., Preimplantation sex selection for family balancing in India, in: Human Reproduction, 2002, 17, S. 517–523. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> In Europa wird die PID in knapp 2 % der Fälle zur Selektion des Geschlechts ohne Krankheitsbezug angewendet.<ref>V. Goossens et al.: ''ESHRE PGD Consortium data collection VI: cycles from January to December 2006 with pregnancy follow-up to Oktober 2007'', in: [[Human Reproduction]], 2009, 24, S. 1786–1810. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref> In den USA sind es etwa 10 % aller PID-Zyklen.<ref name="bag.admin.ch">S. Baruch, D. Kaufman, K. L. Hudson: ''Genetic testing of embryos: practices and perspectives of US in vitro fertilization clinics.'' In: ''Fertility and sterility.'' Band 89, Nummer 5, Mai 2008, S.&nbsp;1053–1058, {{DOI|10.1016/j.fertnstert.2007.05.048}}, PMID 17628552. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 9)</ref>

=== Positive Selektion einer genetisch bedingten Anomalie ===
In den USA wird die PID vereinzelt auch Paaren mit einer genetisch bedingten Anomalie angeboten, die sich Kinder mit der gleichen Anomalie wünschen. Als Beispiel hierzu kann die erbliche [[Taubheit (Ohr)|Taubheit]] angeführt werden, die mittels PID nachgewiesen werden kann. Etwa 3 % der IVF/PID-Kliniken in den USA bieten diese Art von Diagnostik an.<ref name="bag.admin.ch" />

== Verfahren ==
Um eine PID durchführen zu können, ist vorgängig eine [[In-vitro-Fertilisation]] (IVF) notwendig. Dabei kann das Verfahren der IVF mit PID grob in fünf Schritte unterteilt werden:

# Hormonstimulation und Eizellgewinnung
# extrakorporale (außerkörperliche) Befruchtung
# Embryo[[biopsie]] (Entnahme bzw. Abspaltung einer Zelle des Embryo)
# genetische Diagnostik
# [[Embryotransfer]] oder [[Kryokonservierung]]

Die Schritte drei und vier machen die PID im engeren Sinn aus und werden hier näher beschrieben.<ref>Vgl. zum Ganzen etwa J. L. Simpson, Preimplantation genetic diagnosis at 20 years, in: Prenatal Diagnosis, 2010, 30, S. 682–695. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 11)</ref><ref>Der vorstehende und nachfolgende Text entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 11–14. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

=== Embryobiopsie ===
Die Embryobiopsie, also die Abspaltung einer oder zweier Zellen von einem Embryo, erfolgt in der Regel am dritten Tag nach der Befruchtung.<ref name="R. Thornhill, A. H 2009">A. R. Thornhill, A. H. Handyside: ''Human embryo biopsy procedures'', in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hrsg.), ''Textbook of Assisted Reproductive Techniques'', London 2009, S. 191–205. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref> Der Embryo besteht zu diesem Zeitpunkt gewöhnlich aus sechs bis zehn Zellen und ist von einer Schutzhülle ''([[zona pellucida]])'' umgeben. Etwa 70 % der Embryonen im 4-Zellen-Stadium erreichen das 8-Zellen-Stadium.

Gemäß einem neueren Verfahren wird der Embryo erst etwa am fünften Entwicklungstag biopsiert.<ref name="R. Thornhill, A. H 2009" /> In diesem Entwicklungsstadium besteht der Embryo aus einer äußeren Zellgruppe, aus der die Plazenta hervorgeht ([[Trophoblast]]), und der inneren Zellmasse, aus der sich der Embryo bzw. [[Fötus]] entwickelt ([[Embryoblast]]), und wird als [[Blastozyste]] bezeichnet. Man spricht demzufolge auch von ''Blastozystenbiopsie''. Bei einer Blastozystenbiopsie werden in der Regel dem Trophoblasten mehrere Zellen entnommen und genetisch untersucht. Noch ist nicht restlos geklärt, welche Vor- und Nachteile die Blastozystenbiopsie im Vergleich zur am dritten Tag durchgeführten Embryobiopsie aufweist. Ein Vorteil der Blastozystenbiopsie ist, dass mehr als zwei Zellen gewonnen und untersucht werden können.

Bei einer Embryobiopsie wird zuerst mit Hilfe von [[Säure]], [[Laser]]licht oder auf mechanischem Weg eine Öffnung in der den Embryo umgebenden Schutzhülle geschaffen. Anschließend werden dem Embryo mittels einer Saug[[pipette]] eine oder zwei Zellen entnommen. Diese Zellentnahme verläuft nicht immer erfolgreich: In etwa 5 % der Biopsien gehen die abgespaltenen Zellen zugrunde und können nicht mehr genetisch untersucht werden. Demzufolge kann der betroffene Embryo grundsätzlich nicht mehr zu Fortpflanzungszwecken verwendet werden, weil nicht feststellbar ist, ob er den fraglichen Gendefekt trägt oder nicht. In seltenen Fällen stirbt der Embryo direkt infolge der Biopsie ab.

In jüngster Zeit finden sich zudem vermehrt auch Hinweise, dass die Abspaltung von Zellen möglicherweise die Implantationsfähigkeit des Embryos verringert.<ref>L. K. Shahine et al.: ''Preimplantation genetic diagnosis does not increase pregnancy rates in patients at risk for aneuploidy'', in: ''Fertility and Sterility'', 2006, 85, S. 51–56. Bruce Goldman, The First Cut, in: [[Nature]], 2007, 445, S. 479–480. Ferner P. Miny, Ch. De Geyter, W. Holzgreve, Neue Möglichkeiten der pränatalen genetischen Diagnostik inklusive Präimplantationsdiagnostik, in: Therapeutische Umschau, 2006, 63, S. 707. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref> Noch wenig geklärt ist die Frage, ob die Abspaltung darüber hinaus weitere negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Embryos oder des Kindes haben könnte. Gemäß neueren Untersuchungen (Stand 2010) scheint die PID das Risiko für schwere Fehlbildungen bei Neugeborenen nicht zu beeinflussen.<ref>I. Libaers et al., Report on a consecutive series of 581 children born after blastomere biopsy for preimplantation genetic diagnosis, in: Human Reproduction, 2010, 25, S. 275–282; J. L. Simpson, Children born after preimplantation genetic diagnosis show no increase in congenital anomalies, in: Human Reproduction, 2010, 25, S. 6–8. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref> Des Weiteren dürfte die PID zumindest keine negativen Auswirkungen auf die geistige und psychomotorische Entwicklung von Kindern in den ersten beiden Lebensjahren haben.<ref>J. Nekkebroeck et al., Mental and psychomotor development of 2-year-old children born after preimplantation genetic diagnosis/screening, in: Human reproduction, 2008, S. 1–7. Ebenso: I. Barnejee et al., Health of children conceived after preimplantation genetic diagnosis: a preliminary outcome study, in: Reproductive BioMedicine Online, 2008, 16, S. 376–381 sowie A. Sutcliffe et al., Health of children conceived after preimplantation genetic diagnosis: a preliminary outcome study, in: Reproductive Biomedicine Online, 2008, 16, S. 376–381. Skeptisch demgegenüber V. Touliatou et al., Multidisciplinary medical evaluation of children younger than 7.5 years born after preimplantation genetic diagnosis for monogenetic diseases, in: Pediatrics, 2008, 121, S. 102. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref>

=== Genetische Diagnostik ===
Die Untersuchung des Erbguts der abgespaltenen Zelle(n) erfolgt je nach Fragestellung mittels unterschiedlicher Diagnoseverfahren<ref>Y. Yaron et al,, Genetic analysis of the embryo, in: D. K. Gardner, A. Weissmann, C. M. Howles, Z. Shoham (Hrsg.), Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2009, S. 403–416. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref> und dauert gewöhnlich zwischen zwei und 24 Stunden. Der [[FISH-Test]] beispielsweise testet auf [[Chromosomenaberration]]en, sehr schwerwiegende Veränderungen des Genoms. Einzelne Gene werden dann untersucht, wenn bei den Eltern eine Disposition zu einem Gendefekt vorliegt, wenn also eine bestimmte Erbkrankheit in der Familie gehäuft vorkommt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Untersuchung des Genoms einer isolierten Zelle zu einem interpretierbaren Ergebnis führt, liegt bei etwa 90–95 %. In 5–10 % der Fälle erhält man wegen technischer Probleme kein Ergebnis.<ref>J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Feder, Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 386 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 12)</ref>

=== Fehldiagnosen ===
Die PID stellt ein schwierig durchzuführendes Verfahren dar, nicht zuletzt deshalb, weil gewöhnlich höchstens zwei Zellen für den Test zur Verfügung stehen und das Verfahren nicht wiederholt werden kann.<ref>S. Baruch, D. Kaufman, K. L. Hudson: ''Genetic testing of embryos: practices and perspectives of US in vitro fertilization clinics.'' In: ''Fertility and sterility.'' Band 89, Nummer 5, Mai 2008, S.&nbsp;1053–1058, {{DOI|10.1016/j.fertnstert.2007.05.048}}, PMID 17628552. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Deshalb ist das Risiko von [[Fehldiagnose]]n nicht zu vernachlässigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis korrekt ist, liegt bei etwa 90-95 %.<ref>J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hrsg.), Humangenetik, Stuttgart 2006. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Zur Überprüfung des Ergebnisses wird allen betroffenen Paaren empfohlen, während der Schwangerschaft zusätzlich eine PND durchzuführen.

Das häufigste Problem sind falsch negative Untersuchungsergebnisse aufgrund von Kontamination mit Fremd-DNA oder aufgrund des so genannten „Allelic dropout“, d.h. der Analyse nur eines statt beider [[Allel]]e.<ref>A. Kuliev et al., Place of Preimplantation Diagnosis in Genetic Practice, in: American Journal of Medical Genetics, 2005, 134A, S. 105–110. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Bei einem falsch negativen Untersuchungsergebnis ist der Embryo Träger des Gendefektes, obwohl die Diagnose dies nicht aussagt.

Ein weiteres Problem stellt der [[Mosaizismus]] dar, wobei unter einem Mosaik ein Embryo verstanden wird, der aus genetisch verschiedenen Zellen aufgebaut ist. So kommt es vor, dass die untersuchten Zellen ein anderes [[Genom]] aufweisen als die restlichen Zellen, was zu einer Fehldiagnose führt.<ref>S. Ziebe et al., Fish analysis for chromosomes 13, 16, 18, 22, X and Y in all blastomeres of IVF pre-embryos from 144 randomly selected donated human oocytes and impact on pre-embryo morphology, in: Human Reproduction, 2003, 18, S. 2575–2581. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Mosaizismus tritt relativ häufig auf und ist auf Fehler bei der Zellteilung zurückzuführen.<ref>Vgl. hierzu E. Vanneste et al., Chromosome instability is common in human cleavage-stage embryos, in: [[Nature Medicine]], 2009, 15, S. 577–583. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref><ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

=== Erfolgsraten der einzelnen Prozessschritte ===
Die folgende Tabelle gibt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit des Erfolges der einzelnen Prozessschritte im Rahmen einer IVF/PID an, unter der Annahme, dass ein Elternteil an einer autosomal-dominanten Erbkrankheit ([[heterozygot]]) leidet und ein [[Frischzyklus]] durchgeführt wird.<ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 102. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

{|class="wikitable" width="70%"
|-
|1. Eizelle||1||||||||||||||||
|-
|2. inseminationsfähige Eizelle||0.8<ref>Soweit nicht anders vermerkt, beruhen die Angaben in dieser Tabelle auf der Befragung verschiedener Fortpflanzungsmedizinerinnen und -mediziner in der Schweiz im Jahre 2007. Vgl. dazu auch M. Vandervorst et al., Succesfull preimplantation genetic diagnosis is related to the number of available cumulus-oocyte complexes, Human Reproduction, 13, 1998, S. 3169–3176. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>||1||||||||||||||
|-
|3. imprägnierte Eizelle||0.56||0.7||1||||||||||||
|-
|4. Embryo im 4- Zellen-Stadium||0.3||0.38||0.55||1||||||||||
|-
|5. Embryo im 8-Zellen-Stadium||0.22||0.28||0.4||0.72||1 ||||||||
|-
|6. erfolgreiche Biopsie||0.2||0.27||0.38||0.68||0.95<ref>A. D. Handyside, Human embryo biopsy for preimplantation genetic diagnosis, in: D. K. Gardner et al., Textbook of Assisted Reproductive Techniques, London 2004, S. 191–199. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>||1 ||||||
|-
|7. erfolgreiche Diagnose||0.18||0.25||0.34||0.61||0.86||0.9<ref>J. Murken, Pränatale Diagnostik, in: J. Murken, T. Grimm, E. Holinski-Felder (Hrsg.), Humangenetik, Stuttgart 2006, S. 386 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>||1||||
|-
|8. transferierbarer Embryo (ohne genetischen Defekt)||0.09||0.13||0.17||0.31||0.43||0.45||0.5<ref>Bei einem autosomal-dominanten Erbgang beträgt die Wahrscheinlichkeit 50 %, dass ein Kind [[heterozygot]] für das Defektallel ist (Prämisse: ein Elternteil ist krank (heterozygot)).</ref>||1||
|-
|9. Embryo nach erfolgreicher Implantation||0.02||0.02||0.03||0.05||0.06||0.07||0.08||0.15||1
|-
|10. Geburt||0.01||0.02||0.03||0.04||0.05||0.06||0.07||0.13||0.85
|}

<small>''Lesebeispiel'': Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine imprägnierte Eizelle von guter Qualität (Spalte 3) zu einem transferierbaren Embryo (Zeile 8) entwickelt, beträgt 0.17 bzw. 17 %.</small>

Die Wahrscheinlichkeit, dass man aus einer bestimmten Anzahl imprägnierter Eizellen von guter Qualität bei IVF mit PID mindestens einen transferierbaren Embryo erhält, beträgt demnach:

{|class="wikitable" width="70%"
|-
|Anzahl imprägnierte Eizellen||1||2||3||4||5||6||7||8||9||10
|-
|Wahrscheinlichkeit<ref>Wahrscheinlichkeit = 1 – b<sup>n</sup>; a = 0.17 (entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der eine imprägnierte Eizelle von guter Qualität sich zu einem transferierbaren Embryo entwickelt); b = 1-a (Gegenwahrscheinlichkeit).</ref>||0.17||0.31||0.42||0.52||0.61||0.67||0.73||0.78||0.81||0.84
|}

== Ethische Bewertung ==

Die Präimplantationsdiagnostik wird weltweit kontrovers diskutiert. In der Frage, ob und unter welchen Bedingungen die PID angewendet werden darf, verschränken sich grundlegende Aspekte der Individual- und [[Sozialethik]]. Dabei sind weltanschaulich fundamentale Entscheidungen betroffen, wie etwa die Frage, in welchem Moment das Mensch-Sein beginnt.<ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 22–24 und 35 ff. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

Die ethische Kontroverse um die PID schlägt sich in sehr unterschiedlichen nationalen [[Gesetzgebung]]en nieder. So ist die PID in [[Italien]] vollständig verboten, während das strikte Verbot etwa in Deutschland 2010 etwas gelockert wurde. Dagegen existieren in [[China]], [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]], [[Israel]], [[Indien]] und den [[USA]] weitaus weniger rechtliche Einschränkungen.<ref>John A Robertson : ''Ethics and the future of preimplantation genetic diagnostics.'' Reproductive BioMedicine 2005, Vol. 10 Supplement 1, S. 97–101</ref> In den USA kontrastieren dabei eine sehr liberale Praxis und eine wissenschaftlich-ethische Debatte, die vor allem um Einschränkungen persönlicher [[Autonomie]] im Bereich der [[Fortpflanzung]] besorgt ist, mit einer sehr kritischen Haltung christlich-konservativer Kreise. Dagegen stehen das [[Judentum]] und der [[Islam]] den Möglichkeiten der modernen [[Reproduktionsmedizin]] tendenziell aufgeschlossener gegenüber, wenngleich auch dort kontroverse Debatten geführt werden.<ref>Dickens, Bernard and Serour, Gamal I: ''Assisted Reproduction Developments in the Islamic World.'' International Journal of Gynecology and Obstetrics, Vol. 74, S. 187–193, 2001. <br />NEK-CNE, Forschung an embryonalen Stammzellen, Stellungnahme Nr. 3/2002, S. 40–41.</ref>

In vielen [[Asien|asiatischen Ländern]] gibt es weniger grundsätzliche ethische Vorbehalte gegenüber der PID, eine vollständige Freigabe wird allerdings meist kritisch betrachtet. Eine zentrale Rolle im [[Diskurs]] kommt dabei insbesondere in Indien und China der mittels PID möglichen [[Geschlechtsselektion]] und den befürchteten [[Demographie|demographischen Auswirkungen]] zu.<ref>T. El-Toukhy, C. Williams, P. Braude: ''The ethics of preimplantation genetic diagnosis.'' The Obstetrician & Gynaecologist Volume 10, Issue 1, S. 49–54, Januar 2008</ref>

=== Ablehnung ===

Die PID wird insbesondere von der katholischen Kirche,<ref>Vgl. die [[Enzyklika]] ''[[Evangelium vitae]]'' [[Johannes Paul II.|Johannes Pauls II.]] vom 19. März 1995, seither immer wieder bekräftigt. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Gentechnik-kritischen Gruppen<ref>[[Basler Appell gegen Gentechnologie]], [http://www.baslerappell.ch/de/content/themen/documents/check_weg.pdf „Check und weg“ (14. September 2010)] (PDF; 672&nbsp;kB) (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> sowie einzelnen Frauenorganisationen und einigen Stimmen aus Philosophie und Ethik<ref>So etwa [[Jürgen Habermas]]: Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik? Frankfurt/Main: suhrkamp, 4. Auflage, 2002. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> generell abgelehnt. Die Argumente, die dabei eine Rolle spielen, betreffen einerseits das Verfahren selbst und seine unmittelbaren Auswirkungen:

* Es wird überhaupt für unnatürlich oder im Widerspruch zu christlichen Geboten gehalten, auf den Prozess der menschlichen Fortpflanzung in irgendeiner technischen Weise Einfluss zu nehmen. Anfang und Ende des menschlichen Lebens sind demnach in einer besonderen Weise der Verfügbarkeit des Menschen entzogen bzw. sollen dies bleiben.
* Der Eingriff in die Fortpflanzung impliziere die technische Verfügung über den weiblichen Körper und gehe mit der Entwürdigung der Frau einher.
* Embryonen, aus welchen Gründen auch immer, an ihrer Entwicklung zu hindern, sei verwerflich. Sie seien Menschen wie Geborene auch und hätten in derselben Weise Anspruch auf Schutz und Anerkennung.
* Erst recht sei verwerflich, diese Anerkennung davon abhängig zu machen, ob bei den Embryonen bestimmte Eigenschaften vorhanden sind oder nicht, also ihre Entwicklungschancen, d.&nbsp;h. die Entwicklungschancen von Menschen, von einer Art „Qualitätstest“ abhängig zu machen.
* Die Anerkennung und Liebe für Kinder von deren überprüften genetischen Eigenschaften abhängig zu machen, verzerre in schädlicher Weise die natürlichen Familienstrukturen.

Andererseits betreffen die Argumente Fernwirkungen des Verfahrens, die durch seine Etablierung und Verbreitung zu befürchten seien. Diese können sich auf die indirekt betroffene, heutige Gesellschaft beziehen, insbesondere aber auch auf die gesellschaftliche Situation in der Zukunft:

* Die PID stelle ein [[Eugenik|eugenisches]] Verfahren dar, mit dem Entscheidungen über den Wert oder Unwert menschlichen Lebens salonfähig werden.
* Zugleich untergrabe diese Technik die gesellschaftliche Anerkennung von kranken und behinderten Menschen, deren Lebenssituation durch die PID vermeidbar erscheine.<ref>Dieser Ansicht ist z.&nbsp;B. die Schweizer Behindertenorganisation ''[[Insieme (Vereinigung)|insieme]]'': „Die PID schafft in hohem Masse die Gefahr der Stigmatisierung von Menschen mit Behinderung, indem sie dem Mythos Vorschub leistet, ein Kind nach Mass sei machbar.“ ''[http://www.insieme.ch/pdf/EthischeGrund_deutsch.pdf Ethische Grundaussagen zur Biomedizin] (PDF; 273&nbsp;kB)'' (16. September 2010). (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>
* In der Folge drohe die PID den Grundsatz der Gleichheit aller Menschen, der implizit wesentlich auch darauf beruhe, ihre genetische Konstitution außer Acht zu lassen, zu untergraben und so in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft Getesteter und Ungetesteter zu führen.

In der Summe sieht die kategorische Kritik in der PID einen Angriff auf die Grundfesten der humanen Gesellschaft, im Zuge ihrer fortschreitenden Technisierung und Naturentfremdung. Die PID bedeute einen Eingriff in das menschliche Selbstverständnis in gravierender Weise und mit noch viel gravierenderen Konsequenzen in der Zukunft. Sie stelle eine unmittelbare Missachtung der Würde derer dar, die am schwächsten seien und am meisten des Schutzes bedürften, und trage so zur allgemeinen Erosion der [[Menschenwürde]] bei, die schließlich alle erfassen werde.

=== Befürworter ===

Befürworter der PID weisen die Argumente der Gegner zurück:

* Religiös begründete Vorbehalte werden grundsätzlich abgelehnt, weil sie in einer liberalen und säkularen Gesellschaft keine Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen könnten.
* Dies gelte gleichermaßen für die komplementären säkularen Argumente in Bezug auf einen bestimmten, vorausgesetzten Naturbegriff; niemand verfüge über privilegiertes Wissen darüber, was die Natur des Menschen oder konkret eine natürlich-menschengemäße Fortpflanzung sei. Außerdem folge aus einer solchen Natur, selbst wenn man wüsste, wie sie beschaffen sei, noch keine Verpflichtung, sie zu bewahren; der Mensch widersetze sich auch sonst vielen Naturgegebenheiten wie Kälte, Krankheit oder seiner Unfähigkeit zu fliegen. Mehr noch sei unklar, ob diese menschliche Natur überhaupt etwas Festes und Unveränderliches, auch Unverfügbares sei, oder ob sie nicht eher gerade in der „perfectibilité“ des Menschen bestehe, d.h. seiner Fähigkeit und seinem Willen, sich selbst zu verändern, zu verbessern und sich aus seiner Naturverstrickung zu befreien.<ref>[[Kurt Bayertz]]: Die Idee der Menschenwürde: Probleme und Paradoxien. In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Vol. 81 (1995), S. 465–481. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>
* Ein Verbot der PID würde also die Entscheidungsfreiheit des Menschen erheblich einschränken. Es stünde jedem Bürger frei, PID ethisch abzulehnen, doch niemand habe das Recht, diese Sichtweise Andersdenkenden aufzuzwingen. Der Staat dürfe seinen Bürgern nicht eine bestimmte weltanschauliche Vorstellung vorschreiben.<ref name=GDS>[http://www.giordano-bruno-stiftung.de/pid.pdf Für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in erweiterten Grenzen. GDS, 2011] (PDF; 119&nbsp;kB)</ref>
* Zu den weiteren Argumenten für die PID gehören ein behauptetes ''Recht auf optimale Startbedingungen'', wonach Mütter das Recht hätten, ihren Kindern optimale Startbedingungen für das Leben zu schenken,<ref name="GDS" /> sowie eine behauptete ''Pflicht zur Optimierung'': Der Philosoph [[Julian Savulescu]] nennt es eine moralische Verpflichtung der Eltern, Kinder mit den bestmöglichen Startbedingungen auszustatten.<ref>[http://www.ise.ox.ac.uk/__data/assets/pdf_file/0017/20582/human_enhance.pdf Ethics of Enhancement of Human Beings.] (PDF; 810&nbsp;kB)</ref>

In der Folge werden auch die befürchteten gesellschaftlichen Auswirkungen der PID für weniger bedrohlich gehalten:

* Konkret werden, insbesondere auch mit Bezug auf die bis zu 20-jährigen Erfahrungen in denjenigen Ländern, in denen die PID angewendet wird, tatsächlich erkennbare Anzeichen für solche Entwicklungen, etwa der Entsolidarisierung mit Menschen mit Behinderung, verneint. Jedenfalls sei im Blick zu behalten, dass die befürchteten Tendenzen, so sie wirklich auftreten sollten, keineswegs unkorrigierbar seien. Nötigenfalls könne immer noch Gegensteuer gegeben werden, ein allgemeines Verbot sei aber keineswegs erforderlich.
* Im Einzelnen wird etwa angeführt, dass PID eine Ausnahmeuntersuchung bleibe: Sie werde nur nach einer künstlichen Befruchtung durchgeführt, und die Annahme, PID könne in Zukunft in großem Umfang eingesetzt werden, um beispielsweise „optimalen“ Nachwuchs zu bekommen oder vererbbare Krankheiten auszurotten ([[Eugenik]]), sei daher übertrieben.
* Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik erführen die Embryonen zwar einen besonderen Schutz; während der späteren Schwangerschaft sei aber eine [[Abtreibung]] möglich, wenn zum Beispiel eine Behinderung festgestellt werde. Weil die Belastung für die Schwangere wesentlich größer sei als vor der Implantation des Embryos, werde durch das Verbot der PID unnötiges Leiden verursacht.
* Weiter wird argumentiert, ein Verbot verdränge die Behandlungen lediglich ins Ausland: Auch wenn die PID in einem Land verboten sei, stehe es dem Kinderwunschpaar frei, eine PID im Ausland durchführen zu lassen. Dass der sogenannte ''PID-Tourismus'' durch das deutsche PID-Verbot zugenommen habe, sei wissenschaftlich belegt.<ref>[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]: [http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin/kuenstliche-befruchtung-embryoauswahl-bleibt-begrenzt-1412530.html ''Künstliche Befruchtung – Embryoauswahl bleibt begrenzt''], abgerufen am 12. Mai 2010.</ref>

Schließlich bleibt als Kernfrage der PID jene, was ein Embryo – ''in vivo'', im Mutterleib, oder ''in vitro'', im Glas – ist und was mit ihm gemacht werden darf. Befürwortende der PID sehen in ihm keinen vollständigen Menschen, sondern eine Vorstufe dazu. Diese erfordere gewisse besondere Formen des (Be-)Handelns – etwa mit Respekt<ref>[[Giovanni Maio]]: Welchen Respekt schulden wir dem Embryo? Die embryonale Stammzellenforschung in medizinethischer Perspektive. [[Deutsche Medizinische Wochenschrift]] 2002; 127 (4), S. 160–163. Vgl. inzwischen: Ders.: Warum der Embryo Würdeschutz und nicht nur Respekt braucht. Das Beispiel der Reproduktionsmedizin. [[Zeitschrift für Medizinische Ethik]] (2009) 55; 1, S. 90–95. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> –, keinesfalls aber genieße ein Embryo die Unantastbarkeit der Menschenwürde.

=== Einzelne Streitpunkte ===
==== PID und Pränataldiagnostik bzw. Abtreibung ====
Die Auffassung, dass die Unantastbarkeit des Embryos ''in vivo'' durch die Zulassung der PND und des [[Schwangerschaftsabbruch]]s faktisch widerlegt sei und es ungerecht wäre, abweichend dem Embryo ''in vitro'' einen unverhältnismäßig höheren Schutz gewähren zu wollen, ist eines der tragenden Argumente für die Zulassung der PID.<ref>Schweizerische [[Nationale Ethikkommission]] (NEK-CNE), Präimplantationsdiagnostik, Stellungnahme Nr. 10/2005, S. 5. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Die Befürworter der PID führen an, dass mit dem PID-Verbot eine drastische Ungleichgewichtung zwischen der PND und der PID und somit dem Schutz der Embryonen (und Föten) ''in vivo'' und ''in vitro'' gegeben sei. Unverständlicherweise werde so das Lebensinteresse eines nur wenige Zellen großen Embryos höher geachtet als jenes eines bald lebensfähigen, noch nicht geborenen Kindes. Aus dieser Perspektive sei die Zulassung der PID ethisch geradezu geboten, könne sie doch den Frauen und Paaren die Belastung einer „Schwangerschaft auf Probe“ ersparen.

Demgegenüber bestreiten Gegner der PID grundsätzlich die Vergleichbarkeit beider Situationen, weil im Falle der PID sehenden Auges eine Konfliktsituation herbeigeführt werde, im Gegensatz zur unbeabsichtigten Notlage im Falle der natürlichen Schwangerschaft.<ref>Vgl. H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, insb. S. 224 ff. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>

==== Reproduktive Autonomie ====
Gleich wie bei der herkömmlichen Fortpflanzung und Elternschaft, die für viele Menschen zu den essenziellen Zielen ihrer Lebensplanung und Selbstentfaltung gehört, muss es nach Ansicht der PID-Befürwortenden in der individuellen Entscheidungsbefugnis der Einzelnen bzw. Paare bleiben, ob sie eine solche Maßnahme für sich nutzen wollen oder nicht. Einer der Kernbegriffe in der ethischen Debatte um die PID ist deshalb der der „[[Reproduktive Autonomie|reproduktiven Autonomie]]“<ref>H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, S. 186 ff., sowie grundlegend: J. Robertson, Children of choice: freedom and the new reproductive technologies. Princeton: Princeton University Press, 1994. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> der Einzelnen und Paare, in die reglementierend einzugreifen nicht statthaft sei.

Dem wird entgegengehalten, dass Elternschaft nicht allein in Begriffen autonomer Entscheidung definiert werden könne. Vielmehr impliziere diese Rolle gleichermaßen Verantwortung, Fürsorge und Achtung für die wachsende, eigene Persönlichkeit des Kindes, die im Konfliktfall von jeher auch dem Schutz der Allgemeinheit unterstehe. Darüber hinaus beruhe die reproduktive Autonomie der Eltern und die Entscheidung, die sie treffen, auch auf den gesellschaftlichen Lebensbedingungen und wirke auf diese zurück. Fortpflanzung sei nicht nur eine Angelegenheit isolierter Individuen, vielmehr reproduziere sich darin zugleich auch die Gesellschaft als ganze, weshalb sie dem Fortpflanzungsgeschehen auch nicht schlechthin gleichgültig gegenüberstehen könne.<ref>H. Haker, Ethik der genetischen Frühdiagnostik. Paderborn: mentis 2002, insb. S. 61–100 und 245–302. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref>

== Rechtliche Lage in einzelnen Ländern ==

In den meisten europäischen Ländern ist die PID gesetzlich erlaubt und klar geregelt. Ausdrücklich gesetzlich verboten ist die PID in der Schweiz, während Italien von einem impliziten Verbot der PID ausgeht und die PID in Irland und Luxemburg aus anderen Gründen nicht durchgeführt wird.<ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 35–36 und 63 ff. Dieser Text untersteht nach [http://www.admin.ch/ch/d/sr/231_1/a5.html Art. 5 Abs. 1 Bst. c] des schweizerischen [[URG|Urheberrechtsgesetzes]] als Bericht einer Behörde nicht dem Urheberrechtsschutz.</ref>

Die nachfolgenden Angaben über die Rechtslage in westlichen Ländern lassen sich wie folgt tabellarisch darstellen:
{|class="wikitable sortable"
|-
! Land !! Diagnose von Erbkrankheiten !! Aneuploidie-Screening !! Auswahl immunkompatibler Embryonen !! Geschlechtsauswahl !! andere Gründe (z.&nbsp;B. Selektion einer Anomalie)
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Deutschland|Deutschland]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}} ||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Österreich|Österreich]]||align="center"|{{X}}||align="center"|{{J}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Schweiz|Schweiz]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Belgien|Belgien]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#China|China]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}|| ||align="center"|{{X}}||align="center"|{{X}}
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Dänemark|Dänemark]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}||||||
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Frankreich|Frankreich]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{X}} ||align="center"|{{J}}||||
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Indien|Indien]]||align="center"|{{J}}||align="center"|{{J}}|| ||align="center"|{{X}} |||
|-
|[[Präimplantationsdiagnostik#Irland|Irland]]||||||||||
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''Legende:'' {{J}}: erlaubt (ggf. mit Einschränkungen oder nicht überall); {{X}}: verboten; kein Symbol: keine Regelung, Rechtslage unklar oder nachstehend nicht beschrieben.

=== Länder mit PID-Verbot ===
==== Italien ====
Vor Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes im Jahre 2004 war die PID in Italien zumindest in privaten Kliniken erlaubt und wurde auch durchgeführt. Heute gilt sie namentlich gestützt auf den [[Zweckartikel]] des Fortpflanzungsmedizingesetzes als verboten. Dieser Artikel lässt die Techniken der Fortpflanzungsmedizin nur zu, um der Unfruchtbarkeit eines Paares Abhilfe zu schaffen. Außerdem ist gemäß weiteren Vorschriften jegliche Intervention, die mittels Selektion oder anderer Techniken genetische Charakteristiken vorausbestimmen will, verboten, ebenso wie die Kryokonservierung und die Vernichtung von Embryonen.<ref name="bag, S. 63">Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 63.</ref>

=== Länder ohne gesetzliche Regelung der PID ===
==== Irland ====
In Irland besteht weder eine Regelung der PID noch eine Regelung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung. Öffentliche Gesundheitseinrichtungen bieten weder das eine noch das andere an. Auf privater Basis gibt es einzelne IVF-Kliniken. PID-Verfahren werden hingegen nicht durchgeführt, insbesondere wegen der bis vor kurzem noch offenen Frage, ob und inwiefern sich der verfassungsrechtliche Schutz Ungeborener auch auf Embryonen ''in vitro'' erstreckt. Im Dezember 2009 entschied der [[Supreme Court]], dass dem nicht so ist.<ref>Urteil des Supreme Courts vom 15. Dezember 2009, Roche -v- Roche & ors, [2009] IESC 82,
einsehbar unter http://www.supremecourt.ie/. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 21)</ref> Das Gesundheitsministerium
will im Laufe des Jahres 2011 einen Vorschlag für die gesetzliche Regelung der Fortpflanzungsmedizin (inkl. PID) vorlegen.<ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 64–65.</ref>

==== Luxemburg ====
Die PID ist in Luxemburg nicht gesetzlich geregelt. Es besteht nur ein einziges Zentrum für medizinisch unterstützte Fortpflanzung. Dessen Betriebsbewilligung präzisiert, dass die PID nicht unter die bewilligten Tätigkeiten fällt, weshalb in Luxemburg keine PID durchgeführt werden kann.<ref name="bag, S. 65">Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 65.</ref>

=== Länder, in denen die PID gesetzlich geregelt und erlaubt ist ===
==== Deutschland ====
===== Rechtslage =====
In Deutschland wurde bis zum Sommer 2010 das Verbot der PID aus verschiedenen Vorschriften des [[Embryonenschutzgesetz|Gesetzes vom 13. Dezember 1990 zum Schutz von Embryonen]] (ESchG) abgeleitet (insbesondere aus dem Verbot der Befruchtung einer Eizelle zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft, dem Verbot der Verwendung von menschlichen Embryonen zu einem Zweck, der nicht ihrer Erhaltung dient, und dem Verbot des Klonens menschlicher Embryonen).

Am 6. Juli 2010 entschied der [[Bundesgerichtshof]], dass die nach extrakorporaler Befruchtung beabsichtigte PID mittels Blastozystenbiopsie und anschließender Untersuchung der entnommenen pluripotenten Trophoblastzellen auf schwere genetische Schäden hin keine Strafbarkeit nach dem Embryonenschutzgesetz begründe.<ref>Siehe dazu auch: {{Internetquelle|url=http://www.drze.de/im-blickpunkt/pid/rechtliche-aspekte|titel=II. Rechtliche Aspekte|werk=Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften: Im Blickpunkt - Präimplantationsdiagnostik|zugriff=2011-02-26}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://www.focus.de/gesundheit/baby/news/urteil-gentests-an-embryonen-nicht-strafbar_aid_527361.html|titel=Urteil: Gentests an Embryonen nicht strafbar|werk=Focus Online|zugriff=2010-07-06}}</ref><ref>[http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE6650IU20100706 Reuters:Bundesgerichtshof erlaubt Gentests an Embryonen]</ref>

Am 7. Juli 2011 stimmte der [[Bundestag]] mit 326 Stimmen einem überparteilichen Gesetzesentwurf zu, der die PID im Grundsatz verbietet, sie aber zulässt, wenn aufgrund der genetischen Veranlagung der Eltern eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich ist. „Schwerwiegend“ ist eine Erbkrankheit, wenn sie sich durch eine geringe Lebenserwartung oder Schwere des Krankheitsbildes und schlechte Behandelbarkeit von anderen Erbkrankheiten wesentlich unterscheiden.<ref>[http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/054/1705451.pdf bundestag.de: Drucksache 17/5451] (PDF; 205&nbsp;kB)</ref>
Ein vollständiges Verbot<ref>[http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/054/1705450.pdf Drucksache 17/5450] (PDF; 245&nbsp;kB)</ref> erhielt 260 Dafür-Stimmen, ein restriktiverer Kompromissentwurf 58 Stimmen.<ref>[http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/35021821_kw27_angenommen_abgelehnt/index.html bundestag.de]</ref><ref>spiegel.de 7. Juli 2011: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,772905,00.html ''Bundestag erlaubt Gentests bei Embryos''].</ref> Am 23. September 2011 wurde der Gesetzentwurf zur Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PräimpG) im Bundesrat angenommen.<ref>[http://www.bundesrat.de/cln_171/nn_6898/DE/presse/pm/2011/132-2011.html?__nnn=true Bundesrat:Bundesrat akzeptiert Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik]</ref> Das Gesetz ist im Bundesgesetzblatt Nr. 58/2011 veröffentlicht und seit 8. Dezember 2011 gültig.<ref>21. November 2011: Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikgesetz – PräimpG) aus Nr. 58 vom 24. November 2011, Seite 2228; siehe auch: [http://www.buzer.de/gesetz/9928/index.htm]</ref> Die Aufgaben der zuständigen Behörde für die Erteilung der Zulassung zur Durchführung von Präimplantationsdiagnostik sowie die Zusammensetzung, die interne Verfahrensregelung, die Berufung der Mitglieder, die Dauer der Mitgliedschaft und die Finanzierung der Ethikkommission ({{§|3|pidv|juris}} Abs. 1 Nr. 2 bzw. {{§|4|pidv|juris}} Abs. 1 und 4 der Präimplantationsdiagnostikverordnung) wird durch Landesgesetz bestimmt.<ref>beispielsweise durch das [https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=14487&ver=8&val=14487&sg=0&menu=1&vd_back=N Gesetz über die Zulassung von Zentren und über die Einrichtung der Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik in Nordrhein-Westfalen] ( Präimplantationsdiagnostikgesetz Nordrhein-Westfalen - PIDG NRW) vom 4. Juli 2014.</ref>

===== Öffentliche Diskussion =====
Das Urteil des Bundesgerichtshofes von 2010 kritisierten der Augsburger Weihbischof [[Anton Losinger]] und der Freiburger [[Moraltheologe]] [[Eberhard Schockenhoff]]. Sie sind beide Mitglied im [[Deutscher Ethikrat|Deutschen Ethikrat]].<ref>[http://www.bistum-augsburg.de/index.php/bistum/Nachrichten/Neue-Zeitrechnung-der-Fortpflanzungsmedizin-in-die-verkehrte-Richtung-_id_107027 bistum-augsburg.de vom 7. Juli 2010]</ref> Dagegen erklärte der Präses der [[Evangelische Kirche im Rheinland|Evangelischen Kirche im Rheinland]], [[Nikolaus Schneider]], bei der begründeten Gefahr einer Weitergabe von schwersten [[Erbkrankheit]]en sei er für die Zulassung der PID.<ref>[http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article10233112/Der-Islam-gehoert-auf-andere-Weise-zu-Deutschland.html Interview in ''Die Welt'' vom 12. Oktober 2010]</ref> Das Thema wurde auf dem [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]-Bundesparteitag im November debattiert; prominenteste Gegner einer Zulassung der PID waren [[Angela Merkel]] und [[Annette Schavan]], die auf dem Parteitag eine knappe Mehrheit erreichten, knapp unterlegene Befürworter der PID waren die Ministerinnen [[Ursula von der Leyen]] und [[Kristina Schröder]].

In einem parteiinternen Positionspapier befürwortet die [[Freie Demokratische Partei|FDP]]-Politikerin [[Ulrike Flach]] 2010 die Präimplantationsdiagnostik zur Vermeidung schwerer Erbkrankheiten.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,722931,00.html Spiegel:Kanzlerin will Gentests an Embryonen verbieten]</ref> Ähnliche Positionen wie die FDP vertreten die Mehrheiten der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]- und der [[Die Linke|Linkspartei]]-[[Mitglied des Deutschen Bundestages|Bundestagsabgeordneten]] sowie einige Abgeordnete der [[Bündnis 90/Die Grünen|Grünen]].<ref>[http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/praeimplantationsdiagnostik-gewissen-statt-fraktionszwang--33085809.html Badische Zeitung:Präimplantationsdiagnostik: Gewissen statt Fraktionszwang]</ref> Dementsprechend plädiert ein Gruppenantrag der Abgeordneten Ulrike Flach (FDP), Peter Hintze (CDU) und 13 weiteren Abgeordneten aus allen Fraktionen für eine Freigabe der PID im Falle schwerer erblicher Erkrankungen der Eltern.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.fdp-fraktion.de/files/982/Gesetzentwurf_PraeimpG_20_12_2010.pdf|titel=Gesetzentwurf|titelerg=Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik|autor=Ulrike Flach, Peter Hintze|datum=2010-12-20|zugriff=2011-03-17|format=PDF; 44&nbsp;kB}}</ref> Demgegenüber treten mehrheitlich Abgeordnete von CDU/[[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] für ein generelles Verbot der Präimplantationsdiagnostik ein. Vom Bundestagsabgeordneten [[Patrick Ernst Sensburg]] stammt ein Entwurf für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik im Gendiagnostikgesetz.

Im Januar 2011 sprach sich die [[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina|Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina]] in einer Stellungnahme, die sie den Abgeordneten des Bundestages vorgestellt hat, für eine Zulassung der PID in engen Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen aus.<ref>[http://www.leopoldina.org/de/publikationen/detailansicht/?publication%5Bpublication%5D=298&cHash=2dc12bac6580ee7334830ee2293a2147 Stellungnahme: Präimplantationsdiagnostik (PID) – Auswirkungen einer begrenzten Zulassung in Deutschland]</ref> Am 8. März 2011 veröffentlichte der [[Deutscher Ethikrat|Deutsche Ethikrat]] eine ''Stellungnahme'' zur Präimplantationsdiagnostik, in der einander widersprechende Empfehlungen enthalten sind: Dreizehn seiner 26 Mitglieder votieren für eine Zulassung der PID unter streng begrenzten Voraussetzungen, 11 grundsätzlich dagegen, ein Mitglied des Ethikrates enthielt sich der Stimme und ein weiteres empfahl in einem Sondervotum die generelle Zulassung der PID zur Feststellung lebensfähiger Embryonen.<ref>Vgl. die Zusammenfassung dieser Voten in {{Internetquelle|url=http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/pm-2011-03_praeimplantationsdiagnostik.pdf|titel=Pressemitteilung|titelerg=Deutscher Ethikrat legt Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik vor|datum=2011-03-08|zugriff=2011-03-09|format=PDF; 89&nbsp;kB}}, die Stellungnahme selbst {{Internetquelle|url=http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-praeimplantationsdiagnostik.pdf|titel=Stellungnahme|titelerg=Präimplantationsdiagnostik|autor=Deutscher Ethikrat|datum=2011-03-08|zugriff=2011-03-09|format=PDF; 620&nbsp;kB}}</ref>

Am 1. Juni 2011 befürwortete der [[Deutscher Ärztetag|Deutsche Ärztetag]] die Zulassung von Präimplantationsdiagnostik in engen Grenzen. Die PID soll demnach nur für Erkrankungen durchgeführt werden, für die bei einem Paar ein hohes genetisches Risiko bekannt ist.<ref>[http://www.focus.de/politik/schlagzeilen/nid_73714.html Focus: Ärztetag für Embryonen-Gentests in engen Grenzen]</ref>

==== Österreich ====
In Österreich war die Präimplantationsdiagnostik bis 2015 verboten.<ref name="bag, S. 64">[http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 Erläuternder Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 64.</ref> Gemäß §2 des im Januar 2015 beschlossenen Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 ist die Präimplantationsdiagnostik nun ausschließlich zur Behebung erblich bedingter Unfruchtbarkeit zulässig.<ref>"[http://kurier.at/politik/inland/nationalrat-beschliesst-fortpflanzungsmedizingesetz/109.421.776 Nationalrat beschließt Fortpflanzungsgesetz]", ''Kurier'', 21. Januar 2015</ref> Das Gesetz erlaubt sie, wenn nach drei oder mehr Anwendungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung keine Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte, zumindest drei ärztlich nachgewiesene Schwangerschaften mit einer Fehl- oder Totgeburt des Kindes spontan endeten und diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der genetischen Disposition des Kindes hatte, oder auf Grund der genetischen Disposition zumindest eines Elternteils die ernstliche Gefahr besteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt.<ref>[http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/ME/ME_00077/index.shtml Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015], Parlament der Republik Österreich</ref>

==== Schweiz ====
In der Schweiz war die PID seit Inkrafttreten des [[Fortpflanzungsmedizingesetz]]es vom 18. Dezember 1998 ([[FMedG]]) bis zu dessen Änderung 2016 verboten. Artikel 5 Absatz 3 FMedG untersagte in der Fassung von 1998 das Ablösen einer oder mehrerer Zellen von einem Embryo ''in vitro'' und deren Untersuchung. Die Botschaft des [[Bundesrat (Schweiz)|Bundesrates]] zu dem Gesetz begründete das Verbot mit möglichen Langzeitrisiken für den diagnostizierten Embryo, dem Risiko von Fehldiagnosen, der kaum möglichen Grenzziehung zwischen erlaubter Prävention und unerwünschter Selektion, und damit, dass die PID zu einem Automatismus zwischen einem mutmaßlichen genetischen Schaden und der Verwerfung des ungeborenen Lebens führe, der in der Pränataldiagnostik keine Parallele habe.

Danach wurde die Frage der Zulassung der PID in der [[Bundesversammlung (Schweiz)|Bundesversammlung]] wiederholt aufgeworfen. Im Jahr 2005 stimmten beide Parlamentskammern (mit 92:63 bzw. 24:18 Stimmen) einer [[Motion (Schweiz)|Motion]] zu, die den Bundesrat beauftragt, eine Gesetzesänderung zur Zulassung der PID vorzulegen. Im Jahr 2009 legte die Regierung einen entsprechenden Entwurf zur öffentlichen [[Vernehmlassung]] vor. Diesen kritisierten die PID-Befürworter als zu restriktiv, weil er am Verbot der [[Kryokonservierung]] von Embryonen und an der Regel, dass pro Fortpflanzungszyklus höchstens drei Embryonen entwickelt werden dürfen („Dreier-Regel“), festhielt.

Auf der Basis eines überarbeiteten Entwurfs aus dem Jahr 2011 stimmten die Schweizer Stimmberechtigten am 14. Juni 2015 mit 62 % Ja-Stimmen<ref>[https://www.admin.ch/ch/d/pore/va/20150614/det592.html Vorläufige amtliche Endergebnisse: Bundesbeschluss vom 12.12.2014 über die Änderung der Verfassungsbestimmung zur Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich], abgerufen 14. Juni 2015</ref> in einer Volksabstimmung einer Verfassungsänderung zu, die die Voraussetzungen zur Zulassung der PID schaffen sollte. Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c der [[Bundesverfassung (Schweiz)|Bundesverfassung]], der bis dann bestimmte, dass „nur so viele menschliche Eizellen außerhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden dürfen, als ihr sofort eingepflanzt werden können“, wurde geändert in: „…als für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung notwendig sind“.

Gestützt darauf beschloss die Bundesversammlung eine Gesetzesänderung, wonach die PID zugelassen wird für Paare, die Träger von schweren Erbkrankheiten sind, und für Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können. Für andere Indikationen bleibt die PID verboten. Bei allen In-vitro-Fertilisationen mit oder ohne PID dürfen bis zu zwölf Embryonen entwickelt werden.<ref>[https://www.admin.ch/dam/gov/de/Dokumentation/Erl%C3%A4uterung%20des%20Bundesrats/Erlaeuterungen_14juni2015_DE_low.pdf.download.pdf/Erl%C3%A4uterungen%20des%20Bundesrates%20vom%2014.%20Juni%202015.pdf Erläuterungen des Bundesrates] zur Abstimmung vom 14. Juni 2015</ref> Gegen diese Gesetzesänderung ergriff die [[Evangelische Volkspartei]] das [[Referendum]].<ref>Markus Hofmann: [http://www.nzz.ch/schweiz/ein-ja-mit-vielen-offenen-fragen-1.18562145 Fortpflanzungsmedizin: Ein Ja mit vielen offenen Fragen], NZZ, 14. Juni 2015</ref> In der Volksabstimmung vom 5. Juni 2016 nahmen 61 % der Stimmberechtigten die Gesetzesänderung an.<ref>[http://www.derbund.ch/schweiz/standard/jatrend-zum-fortpflanzungsmedizingesetz/story/27020560 Schweiz sagt Ja zur Präimplantationsdiagnostik], Der Bund, 6. Juni 2016</ref>

==== Belgien ====
Das belgische Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 2007 überlässt es den einzelnen Zentren zu entscheiden, bei welchen pathologisch relevanten Indikationen sie eine PID anbieten wollen (Aneuploidie-Screenings, HLA-Typisierung etc.). Verboten bleiben aber auch in Belgien eugenische Beweggründe; diese werden umschrieben als »ausgelegt auf die Selektion oder die Vermehrung nicht pathologischer genetischer Eigenschaften«. Daneben verbietet das Gesetz die Geschlechtsselektion, außer zur Verhinderung geschlechtsbedingter Krankheiten. Die PID wird zurzeit in sieben Zentren angeboten.<ref name="bag, S. 65"/>

==== Dänemark ====
Das dänische Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 1997 lässt die PID zunächst in jenen Fällen zu, in denen für das Kind ein bekanntes und wesentlich erhöhtes Risiko einer schweren erblichen Krankheit besteht. Ebenfalls erlaubt ist sie im Rahmen einer durch Unfruchtbarkeit indizierten IVF, wenn dadurch eine schwere Chromosomenanomalie festgestellt oder ausgeschlossen werden kann. Gemäß Gesetzesänderung aus dem Jahr 2004 kann das „National Board of Health“ im Einzelfall auch die HLA-Typisierung erlauben, wenn dadurch die Behandlung eines an einer lebensbedrohenden Krankheit leidenden Geschwisters ermöglicht wird. Bis anhin wird indessen die PID in Dänemark nur im Rahmen von Forschungsprotokollen durchgeführt.<ref name="bag, S. 65"/>

==== Frankreich ====
Frankreich regelt die PID seit 1994 im Gesundheitsgesetz (Code de la santé publique). Danach darf die PID nur durchgeführt werden, wenn das betroffene Paar mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kind zur Welt bringen würde, welches von einer besonders schweren und zum Zeitpunkt der Diagnose unheilbaren genetischen Erkrankung betroffen wäre. Der Gesetzgeber bestimmt dabei nicht näher, was unter einer solchen Erkrankung zu verstehen ist, so dass es den Fachpersonen der pluridisziplinären PND-Zentren (CPDPN) überlassen bleibt, dieses Kriterium zu konkretisieren. Des Weiteren erlaubt es das Gesetz Paaren, die wissen, dass in ihrer Familie eine bestimmte, sich spät manifestierende schwere genetische Belastung vorliegt, eine PID durchzuführen, ohne erfahren zu müssen, ob sie selber Träger sind.

Nur mit einer Einzelfallbewilligung der zuständigen nationalen Behörde und vorläufig nur versuchsweise erlaubt das Gesetz die PID mit dem Ziel der HLA-Typisierung, um später für die Therapie eines bereits geborenen, kranken Kindes Blutstammzellen zur Verfügung zu haben. Nicht erlaubt ist hingegen das Aneuploidie-Screening. In Frankreich wird die PID in drei Zentren durchgeführt.<ref>Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 65–66.</ref>

==== Niederlande ====
Hauptgrundlage der holländischen Regelung zur PID ist das Gesetz über besondere medizinische Verrichtungen aus dem Jahr 1997. Eine PID kann danach grundsätzlich dann indiziert sein, wenn das Paar ein individuell erhöhtes Risiko auf Nachkommen mit einer schwerwiegenden Erbkrankheit hat. Was als «schwerwiegende Erbkrankheit» gelten kann, wird nicht weiter definiert und somit dem ausführenden Zentrum überlassen. Soll eine PID für eine Erbkrankheit durchgeführt werden, für welche dies bisher in den Niederlanden noch nie geschehen ist, wird zunächst eine nichtstaatliche interdisziplinäre Fachkommission aus den Bereichen Medizin und Ethik um eine Stellungnahme gebeten. Die PID mit dem Ziel der HLA-Typisierung für ein krankes Geschwister ist verboten. Das Embryogesetz aus dem Jahr 2002 verbietet die Auswahl von Embryonen gestützt auf deren Geschlecht, außer wenn dadurch die Weitergabe einer schweren geschlechtsgebundenen Erbkrankheit verhindert wird. Die weitere Gesetzgebung hält fest, dass zunächst nur ein Zentrum die PID durchführen und maximal eine weitere Bewilligung erteilt werden darf. Die numerische Beurteilung des genetischen Materials zum Ausschluss von Aneuploidien ist in den Niederlanden bislang nur im Rahmen von Forschungsprojekten erlaubt, welche in vier Zentren erfolgen.<ref name="bag, S. 66">Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 66.</ref>

==== Norwegen ====
Das norwegische Gesetz zur Anwendung der Biotechnologie trat 2004 in Kraft. Es erlaubte die PID für die Verhinderung der Übertragung geschlechtsgebundener Krankheiten. Seit 2008 ist die PID auch bei monogenetischen oder chromosomal bedingten Erbkrankheiten erlaubt, sofern einer oder beide Partner erkrankt oder Träger sind und ein hohes Risiko besteht, die Krankheit auf das Kind zu übertragen. Auch erlaubt ist die PID für eine HLA-Typisierung zur Auswahl eines immunkompatiblen Embryos. Außerdem hat Norwegen neu eine Behörde eingeführt, welche über jeden Einzelfall entscheidet.<ref name="bag, S. 67">Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 67.</ref>

==== Portugal ====
Das portugiesische Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 2006 regelt auch die PID. Es verbietet sie zur Auswahl des Geschlechts (außer zur Verhinderung einer geschlechtsgebundenen genetischen Krankheit), sowie ihre Anwendung bei multifaktoriell bedingten Krankheiten, bei denen der prädiktive Wert des Tests sehr niedrig ist. Ansonsten ist die PID zulässig, sofern es dabei nicht um die Verbesserung nichtmedizinischer Eigenschaften des Embryos geht. Das bedeutet, dass die PID sowohl für übertragbare schwere genetische Krankheiten als auch für Aneuploidie-Screenings zugelassen ist. Das Gesetz bestimmt zudem, dass das Risiko der Übertragung auf die Nachkommen hoch sein muss, und ein Nationaler Rat der medizinisch unterstützten Fortpflanzung muss die zu diagnostizierende Krankheit als schwer eingestuft haben. Die PID ist auch im Zusammenhang mit einer HLA-Typisierung ausdrücklich erlaubt. Im Frühling 2009 hat das portugiesische Verfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen IVF- und PID-Regelung bestätigt.<ref name="bag, S. 67"/><ref>Acórdão do Tribunal Constitucional n.° 101/2009, einsehbar unter http://www.tribunalconstitucional.pt/. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 67)</ref>

==== Schweden ====
Das schwedische Gesetz aus dem Jahr 2006 über „genetisk integritet“ regelt auch die PID. Diese ist zulässig, wenn der Mann oder die Frau Träger einer schweren monogenen oder chromosomalen Erbkrankheit ist, welche mit sich bringt, dass für das Kind ein hohes Risiko für eine genetische Krankheit oder Schädigung besteht. Besondere Gründe und gestützt darauf eine Einzelfallbewilligung der Gesundheitsbehörde sind nötig für die Durchführung einer PID mit HLA-Typisierung mit dem Ziel der späteren Blutstammzellspende für ein schwer krankes Geschwister.<ref name="bag, S. 67"/>

==== Spanien ====
Das spanische Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 2006 erlaubt die PID erstens zur Erkennung von schweren genetischen Krankheiten, welche frühzeitig auftreten und nach geltendem Stand der Wissenschaft nachgeburtlich nicht therapierbar sind. Zweitens darf sie auch zur Erkennung anderer Beeinträchtigungen durchgeführt werden, welche die Lebensfähigkeit der Embryonen beeinflussen können. Die Beurteilung, ob die Indikation zur Durchführung der PID im Einzelfall gegeben ist, nehmen die Zentren selber vor. Die ebenfalls zulässige Durchführung einer PID mit HLA-Typisierung zu therapeutischen Zwecken für Dritte untersteht hingegen der Einzelfallbewilligung durch die Behörde, wobei auch die positive Stellungnahme der Nationalen Kommission für die unterstützte Fortpflanzung nötig ist. Von öffentlicher Seite her ''(Sistema Nacional de Salud)'' wird die PID nur in Sevilla angeboten. Bei den zahlreichen anderen Kliniken, die IVF-Verfahren mit PID anbieten, handelt es sich um private Einrichtungen. In Spanien wird die PID seit vielen Jahren angeboten und es werden viele Paare aus anderen Ländern behandelt, die nur für die Durchführung der PID nach Spanien reisen.<ref name="bag, S. 68">Der Text dieses Abschnittes entstammt ganz oder teilweise dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 68.</ref>

==== Vereinigtes Königreich ====
Die britische Gesetzgebung („Human Fertilisation and Embryology Act, HFE-Act“, 1990) enthält seit 2008 auch Bestimmungen zur Zulässigkeit der PID. Die zuständige nationale Behörde ([[HFEA]]) erteilt den Zentren zunächst eine generelle Bewilligung zur Durchführung der PID. In der Folge erteilt sie eine Typenbewilligung für jede neue Indikation. Hat sie die PID für ein bestimmtes genetisches Merkmal in einem konkreten Fall bewilligt, können auch andere Zentren die PID für dieses Merkmal durchführen. In diesem Sinne kennt das Vereinigte Königreich eine Liste der zulässigen Indikationen.<ref>http://www.hfea.gov.uk/cps/hfea/gen/pgd-screening.htm (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 68)</ref> Das Gesetz erlaubt Aneuploidie-Screening und PID zur Auswahl immunkompatibler Embryonen, verbietet aber die Geschlechtswahl ohne Krankheitsbezug („social sexing“). Die PID wird im Vereinigten Königreich in neun Zentren durchgeführt.<ref name="bag, S. 68"/>

==== Vereinigte Staaten von Amerika ====
Auf bundesstaatlicher Ebene existieren in den USA keine Regeln zur PID. Nur sehr wenige [[Bundesstaat der Vereinigten Staaten|Bundesstaaten]] kennen diesbezüglich ein Verbot; in allen übrigen Staaten wird die PID sehr liberal gehandhabt. Eine publizierte Umfrage bei den amerikanischen IVF-Kliniken<ref>S. Baruch, D. Kaufman, K. L. Hudson: ''Genetic testing of embryos: practices and perspectives of US in vitro fertilization clinics.'' In: ''Fertility and sterility.'' Band 89, Nummer 5, Mai 2008, S.&nbsp;1053–1058, {{DOI|10.1016/j.fertnstert.2007.05.048}}, PMID 17628552. (Quellenangabe aus dem [http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/03878/06152 erläuternden Bericht vom 28. Juni 2011] des schweizerischen [[Bundesamt für Gesundheit|Bundesamtes für Gesundheit]] zur Änderung von Art. 119 BV und zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, S. 67)</ref> ergab, dass knapp drei Viertel der IVF-Kliniken auch die Durchführung einer PID anbieten. „Social sexing“ ist in vielen Staaten der USA erlaubt, und heute werden etwa 10 % aller PID mit diesem Ziel durchgeführt.<ref name="bag, S. 68"/>

== Literatur ==
* Deutsche Fanconi-Anämie-Hilfe e.V.: Adam: ''Lebensretter aus der Retorte - Hinweis auf Fernsehfilm über Präimplantationsdiagnostik'' In: Wolfram Ebell, Lynn Frohnmaye, Deutsche Fanconi-Anämie-Hilfe: ''Fanconi-Anämie: Ein Handbuch für Eltern, Patienten und ihre Ärzte.'' Deutsche Fanconi-Anämie-Hilfe, Unna 2005, ISBN 978-3-00-015621-2, S. 341–342. ([http://www.fanconi.de/_1handbuch/48_AhgE_50529.pdf PDF]).
* [[Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften]]/Wissenschaftliche Abteilung (Hrsg.): Dossier ''Präimplantationsdiagnostik. Zentrale nationale und internationale gesetzliche Richtlinien und Übereinkommen sowie Stellungnahmen nationaler und internationaler Institutionen.''
* [[Lone Frank]]: ''Mein wundervolles Genom. Ein Selbstversuch im Zeitalter der persönlichen Genforschung.'' (Aus dem Englischen von Ursel Schäfer) Hanser, München 2011, ISBN 978-3-446-42687-0.
* Carl Friedrich Gethmann (Hrsg.): ''Recht und Ethik in der Präimplantationsdiagnostik.'' Fink, München 2010, ISBN 978-3-7705-5088-3.
* Torsten Hartleb: ''Grundrechtsschutz in der Petrischale.'' Duncker & Humblot, Berlin 2006, ISBN 978-3-428-12267-7.
* Norbert Hoerster: ''Ethik des Embryonenschutzes. Ein rechtsphilosophischer Essay.'' Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 978-3-15-018186-7.
* Andreas Kuhlmann: ''An den Grenzen unserer Lebensform. Texte zur [[Bioethik]] und [[Anthropologie]].'' Campus, Frankfurt a.M. 2011, ISBN 978-3-593-39515-9.
* Charikleia Z. Latsiou: ''Präimplantationsdiagnostik. Rechtsvergleichung und bioethische Fragestellungen.'' Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12690-3.
* Daniela Reitz: ''Wunschkinder. Präimplantationsdiagnostik aus der Perspektive der Prinzipienethik und der feministischen Ethik'', [[Edition Ethik]] Band 8, Edition Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-7675-7139-6.
* Marcel Reuter: ''Die Entscheidung des BGH zur Präimplantationsdiagnostik und ihre Auswirkungen auf die Gesetzgebung.'' In: StudZR Heidelberg e.V.: ''StudZR 3/2010.'' Hüthig Jehle Rehm, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8114-7738-4, S. 535–551,([http://books.google.de/books?id=BJ1Yo0Pw3M8C&pg=PA535&lpg=PA535&dq=Marcel+Reuter:+Die+Entscheidung+des+BGH+zur+Pr%C3%A4implantationsdiagnostik+und+ihre+Auswirkungen+auf+die+Gesetzgebung&source=bl&ots=M0X_WJgRiE&sig=vyjpDi44OFFANhWASv2FgtBmx4Y&hl=de&sa=X&ei=_B2ZUr6cAsaAywO9zoLoBQ&ved=0CDcQ6AEwAQ#v=onepage&q=Marcel%20Reuter%3A%20Die%20Entscheidung%20des%20BGH%20zur%20Pr%C3%A4implantationsdiagnostik%20und%20ihre%20Auswirkungen%20auf%20die%20Gesetzgebung&f=false bei Google-books]).
* Bernhard Schlink: ''Die Würde in vitro. Essay zur Debatte des Bundestags um die Präimplantationsdiagnostik.'' In: ''DER SPIEGEL.'' Nr. 25, 2011 ([http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=79051505&aref=image049/2011/06/18/CO-SP-2011-025-0030-0031.PDF&thumb=false PDF-Datei]).
* Jana Thiel, Eberhard Passarge: ''Präimplantationsdiagnostik - Eine Analyse aus medizinischer, genetischer, rechtlicher und Ethischer Sicht.'' Wiku, Duisburg/ Köln 2009, ISBN 978-3-86553-302-9.
* Katja Weiske: ''Geschichte und Ethik der Präimplantationsdiagnostik (PID).'' 1. Auflage, Kontur-Verlag, Fredersdorf 2013, ISBN 978-3-944998-00-8.* Mirjam Zimmermann, Ruben Zimmermann: ''Bericht: Präimplantationsdiagnostik: Chance oder Irrweg? Die Bundesärztekammer und die Fortpflanzungsmedizin.'' In: ''Zeitschrift für Evangelische Ethik'' (ZEE) Nr. 45, 2001, S. 47–57.


'''Kritik:'''
* [[Elmar Brähler]] (Hrsg.): ''Vom Stammbaum zur Stammzelle. Reproduktionsmedizin, Pränataldiagnostik und menschlicher Rohstoff.'' Psychosozial-Verlag, Gießen 2002, ISBN 978-3-89806-134-6.
* [[Jürgen Habermas]]: ''Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik?'' Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2001, ISBN 978-3-518-29344-7.
* [[Hille Haker]]: ''Hauptsache gesund?: Ethische Fragen der Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik - Zur aktuellen Debatte.'' Kösel, München 2011, ISBN 978-3-466-36871-6.
* [[Regine Kollek]]: ''Präimplantationsdiagnostik. Embryonenselektion, weibliche Autonomie und Recht.'' 2. Auflage, Francke, Tübingen/ Basel 2002, ISBN 978-3-7720-2621-8.
* Elmar Mayer: ''Genetische Präimplantationsdiagnostik. Kritische Betrachtung des Einflusses einer modernen medizinisch-genetischen Technik auf das frühe menschliche Lebewesen und unsere Gesellschaft.'' Tectum, Marburg 2006, ISBN 978-3-8288-9147-0.

== Weblinks ==
{{Wiktionary|Präimplantationsdiagnostik}}
* [http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/eschg/gesamt.pdf Bundesministerium für Justiz: „Gesetz zum Schutz von Embryonen“] (PDF-Datei; 40&nbsp;kB)
* [http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Fehler=Wegen+Datenbankproblemen+kann+das+gew%FCnschte+Dokument+zur+Zeit+nicht+abgerufen+werden.&Datum=2010&Sort=3&nr=52897&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf Bundesgerichtshof: „Urteil vom 6. Juli 2010 in der Strafsache wegen Verstoßes gegen das Embryonenschutzgesetz“ (5 StR 386/09)] (PDF-Datei; 122&nbsp;kB)
* [http://www.drze.de/im-blickpunkt/pid/module/rechtliche-regelungen-der-pid Rechtliche Regelungen der PID im In- und Ausland] ([[Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften]])

== Einzelnachweise ==
<references/>

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Version vom 8. November 2016, 09:35 Uhr