„Lustprinzip“ – Versionsunterschied

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== Das Lustprinzip ==
== Das Lustprinzip ==
[[File:Anatomie der Seele.png|thumb|Das Strukturmodell (3-Instanzen-Modell) der Seele nach Freud, ergänzt um die Unterscheidung der 6 dem Es immanenten Bedürfnisse]]
Freud wurde auf dem Wege der [[Traumanalyse]] zur Formulierung des Lustprinzips geführt, so wurde für ihn seine neue Methode der Traumdeutung der Königsweg in das Unbewusste. Das Anstreben von Lust und das Meiden von Unlust verkörpert die zwei elementarsten Aspekte der Libido, wobei Lust- und Realitätsprinzip - wie Es und Ich - funktional komplementäre Aspekte der selben Libido bilden. Lust- und Realitätsprinzip wirken gemeinsam heraus aus dieser einen universalen Energie und über die Miteinbeziehung der äußeren Welt wieder in sie zurück, sowohl bei der Stillung des Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung, wie auch in der sexuellen Lustbefriedigung zur arterhaltenden Vermehrung, ferner in der geistigen Lust (Wissensdurst), in den sozial vorsorgenden wie erotischen Brutpflege-(Muttersäuglings-) und Gruppenbindungsbedürfnisse und allen weiteren Instinktbereichen, die als naturgemäß denkbar sind oder wären.
Freud wurde vor allem auf dem Wege der [[Traumanalyse]] zur Formulierung des Lustprinzips der Libido im Tiefen Unbewussten geführt, so wurde dies neue Instrument für ihn der Königsweg zur Erkenntnis der Vorgänge im Unbewussten. Das Anstreben von Lust und das Meiden von Unlust verkörpert die elementarsten Aspekte der Libido, wobei Lust- und Realitätsprinzip - wie Es und Ich - funktional komplementäre Aspekte der selben Libido bilden. Lust- und Realitätsprinzip wirken gemeinsam heraus aus dieser einen universalen Energie und über die bedürfnisstillende Wechselwirkung mit der äußeren Welt wieder in sie zurück (s. Abb.).


Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist reines [[Begierde|Begehren]], ein Mangel, der kompensiert sein will - so wie es Platon bezüglich des Dämonen "Eros" im [[Symposion]] erörtert, nämlich die Primärquelle, aus der Freud die gleichnamige metaphorische Umschreibung des Lustprinzips bezog.<ref>Sigmund Freud, [[Massenpsychologie und Ich-Analyse]] - Kapitel 4:''"Wir meinen also, daß die Sprache mit dem Wort »Liebe« in seinen vielfältigen Anwendungen eine durchaus berechtigte Zusammenfassung geschaffen hat und daß wir nichts Besseres tun können, als dieselbe auch unseren wissenschaftlichen Erörterungen und Darstellungen zugrunde zu legen. Durch diesen Entschluß hat die Psychoanalyse einen Sturm von Entrüstung entfesselt, als ob sie sich einer frevelhaften Neuerung schuldig gemacht hätte. Und doch hat die Psychoanalyse mit dieser »erweiterten« Auffassung der Liebe nichts Originelles geschaffen. Der »Eros« des Philosophen Plato zeigt in seiner Herkunft, Leistung und Beziehung zur Geschlechtsliebe eine vollkommene Deckung mit der Liebeskraft, der Libido der Psychoanalyse, wie Nachmansohn und Pfister im Einzelnen dargelegt haben,(...)"''</ref> Dem Begehren liegt wesensmäßig eine ''energetische'' Spannung zugrunde, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar wird - je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb und begann, sich beim Ich-Bewusstsein, seinerseits ein Geschöpf solcher Spannung, zu melden. Dies geschieht 'oben' beim Stillen der geistigen Lust (Wissensdurst, Erkenntnisdrang) und 'unten' über die Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse nach Souveränität (Bewegungsfreiheit), die erotischen der Brutpflege-(Muttersäuglings-) und Gruppenbindungsbedürfnisse, über die Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung, in der sexuellen Lustbefriedigung zwecks arterhaltender Selektion und Vermehrung, und wird Lust vom Ich auch wahrgenommenen und empfunden in den sozial vorsorgenden (Abbbau von Spannung über die selbstlose Einsatzbereitschaft der triebhaften "Liebe" zu den rat- und hilfloseren Artgenossen in Not), sowie allen weiteren Instinkten, die als naturgemäß denkbar sind oder wären.
Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist ein reines [[Begierde|Begehren]], ein Mangel, der kompensiert sein will - vgl. die Erörterung des platonischen "Eros" im Dialog das [[Symposion]], nämlich die Primärquelle, aus der Freud seine gleichnamige metaphorische Umschreibung des Lustprinzips bezog. Dem Begehren liegt wesensmäßig eine ''energetische'' Spannung zugrunde, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar wird - je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb und daher begann, sich beim Ich-Bewusstsein, welches seinerseits ein Geschöpf solcher Spannung ist, zu melden. In Frage kommen weiterhin Einsamkeitsspannungen infolge sozialer Frustrationen, oder Unsicherheitsspannungen infolge eines Sachverhaltes, der (geistig) nicht oder nur unbefriedigend geklärt wurde; ebefalls die vom Magen herauf als "Hunger"-Gefühl spürbar werdenen Spannungen als die vielleicht reinst denkbare Form des Verlangens: Über die Einverleibung von Nahrung versorg sich die Seele mit der Energie, die zwischen den Molekülen z.B. eines leckeren Bratens 'physikalisch' gebunden war (enzymatisch herausgelöst wurde/ "Verdauung") und ihrer eigenen molekularen Struktur integriert wurde, so stellt die ganze Seele (der Organismus nach Freud) eine auf geist-körperlich-/psychophysische Weise konkret gewordene Energie dar. Alles Erdenkliche kann auf Energie reduziert werden und wenn der Geist auch diese noch transzendiert, dann gelangt er an das noumenale "Schöpferische Prinzip" der Libido, die die ganze belebte Natur aus sich kreiert. Dies Prinzip darf aber nicht verwechselt werden mit den religiösen Gottesvorstellungen, denn die Libido ist zuständig für die Gesetze der Natur - nicht für die naturfeindlichen, neurotisch machenden Verhaltensvorschriften der "Moral".

Die vom Magen herauf als "Hunger"-Gefühl spürbar werdenen Spannungen verkörpern vielleicht die reinst denkbare Form des Verlangens: Über die Einverleibung von Nahrung versorg sich die Seele mit der Energie, die zwischen den Molekülen z.B. eines leckeren Bratens 'physikalisch' gebunden war (enzymatisch herausgelöst/ "Verdauung") und ihrer eigenen molekularen Struktur integriert wurde, so stellt die ganze Seele (- der Organismus nach Freud) eine auf geist-körperlich-/psychophysische Weise konkret gewordene Energie dar. Alles kann auf Energie reduziert werden und wenn der Geist auch diese noch transzendiert, dann gelangt er an das noumenale "Schöpferische Prinzip" der Libido, die die ganze belebte Natur aus sich kreiert.

Dies Prinzip darf aber nicht verwechselt werden mit denen der Religionen, denn die Libido ist zuständig für die Gesetze der Natur - nicht für die naturfeindlichen, neurotisch machenden Verhaltensvorschriften, die den abendländischen Religionen nach vom Heergott erlassen worden sind und der Psychoanalyse gemäß dem traumatisch moralerzogenen Über-Ich des Kindes eingeprägt sind, derart, dass das darunter ohnmächtig leidende Ich diese Inhalte ohne es zu merken auf die metaphysische Sphäre seines Vorstellungsweltalls projiziert und sein sich nachgestaltete Geschöpf anbetet und -bettelt um Erlösung, worauf als Gegenleistung für die göttliche Liebe wiederum wie schon gehabt in der Beziehung zu den Eltern ein strenger "Triebverzicht" eingefordert wird. Die "Eiapopeia vom Himmel" führt zum nächsten Kapitel:


== Die Triebökonomie ==
== Die Triebökonomie ==

Version vom 17. April 2016, 20:06 Uhr

Das Lustprinzip ist ein Begriff der klassischen psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds. Er bezeichnet das Streben des "Es" - nach Freud die Seele des Körper und Geist in sich bergenden Geseamtorganismus - nach sofortiger Befriedigung der ihm innewohnenden angeborenen Bedürfnisse (Triebe und Instinkte). Indem dies geschieht, wird eine aufgebaute Triebspannung entladen und verwandelt sich zugleich das darin mitschwingende Unlustgefühl in sein Gegenteil: die Lust. Der hierfür erforderliche, das Lustprinzip erst seiner Erfüllung zuführende psychische Wirkmechanismus ist das sogenannte Realitätsprinzip. Freud ordnet das Lustprinzip dem Es und das Realitätsprinzip dem Ich-Bewusstsein zu, da es dessen eigentlichste Aufgabe ist, die verschiedenen Faktoren der umgebenden Realität zunächst geistig nach dem Kriterium der Brauch- und Unbrauchbarkeit zu unterscheiden und erst im Anschluß daran die motorischen Funktionen der Seele so zu steuern, dass die unbrauchbaren Umgebungsfaktoren gemieden, die zur Bedürfnisstillung geeigneten hingegen angestrebt werden. Hierbei wird das Lustprinzip (Es) nicht etwa vom Realitätsprinzip (Ich) ersetzt - wie häufig sogar Fachleute mißverstehen und irreführend darlegen -, denn letzteres ist eine Funktion im Dienste des ersteren. [1] Allerdings führt die gewaltsame, von den Traumata der Moralerziehung bedingte "Verdrängung" macher der triebhaften (Bedürfnis-)Forderungen des Es regelmäßig zum neurotischen Mißverstehen und Verdrehung seines Wille ins Gegenteil - nämlich der Grund, wegen dem Freuds Psychoanalyse nicht nur eine "Metapsychologie" miteinbegreift, die sich wie hier mit dem Wesen der Unlustspannung und deren lustvoller Entladung philosophisch befasst, sondern auch eine Therapie darstellt.


Entwicklung der Theorie

Analyse und Synthese im Kontext des Strebens nach Lust

Komplementarität des "Lebens-" und "Todestriebs", Synthese & Analyse: die in sich unlustvoll aufgebaute Spannung des Bogens (bios) und sein die Spannung lustvoll entladendes Werk (thanatos). Hierbei wird das Phänomen rechts seinen Schwachpunkt treffend beseitigt. Entnommen aus Freud-Einstieg, S. 6

Als "Analyse" bezeichnet Freud seine unschätzbar wertvolle Methode, weil nicht zuletzt auch der Traum, und zwar in Vorbereitung auf die seinen Sinn verstehen wollende Deutung, in seine Teile (so genannten Symbole) zerlegt wird - eine Vorgehensweise, die bekanntlich die gängige darstellt in allen Wissenschaften beim Versuch, für beliebige ihrer Fragestellungen experimentell reproduzierbare Lösungen zu entdecken. Es geht also um Sachverhalte, Symbole oder Phänomene, deren Zusammenhänge man ihrer Kompliziertheit wegen noch nicht versteht, so werden diese 'Komplexe' auseinandergenommen bzw. in zunehmend simplere Teile zerlegt, um es leichter zu haben, deren u.U. bereits elementaren Formen und Funktionen zu erkennen. Gelingt dadurch des Rätsels Lösung, behinhaltet die selbe, dass die zuvor separat untersuchten Einzelteile zu einem in sich ebenso widerspruchsfreien wie funktionalen Ganzen wiederzusammengefügt wurden: synthetisiert. Analyse und Synthese bilden daher das Gemeinsame (Wesen) des problemlösenden Denkens, zwei komplementäre Seiten desselben, die trotz ihrer widereinander strebenden Verschiedenheit doch wechselseitig zusammen gehen, derart, dass Freud in ihnen einen sich auf alles erstreckenden Antagonismus entdeckte: den die Synthese unlustvoll (noch) begehrenden Lebenstrieb (eros) mit dem des sie über die Analyse lustvoll verwirklichenden Todes (thanatos). Das Gemeinsame von Lust- und Realitätsprinzip, bzw. Es und Ich, verkörpert eine Variante, die in einen bereits komplexeren Bereich führt.

Freud war nicht der erste im Abendland, dem diese Entdeckung gelang, schon Heraklit dokumentiert in seiner Schrift die wie bei all seinen Aphorismen poetisch hochverdichtete Erkenntnis: "Des Bogens Name ist Leben (das 'synthetische' Zusammenklebenwollen, das Begehren), das von ihm verrichtete Werk der Tod (die 'analytische' Zerlegung)." Auch freilich:

"Wir sollen nicht leichthin urteilen über die größten Dinge."

Die Libido

Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum bezieht Freud das Lustprinzip in seinen späteren Werken nicht mehr - wie es der Fall war zu Beginn seiner Forschungsarbeit - ausschließlich auf das sexuelle Lustempfinden; vielmehr kommt er zu dem Ergebnis, dass es für jede Art von Bedürfnissen oder Mängeln maßgeblich ist, die ein Lebewesen ausgleichen muss, um sich und seine Art zu erhalten. Die Herkunft aller Formen der Lust, die auf der biologischen Ebene erkennbar werden, sah Freud in einer universalen, triebenergetischen Lebenskraft, die er Libido nannte, vergleichbar mit dem „élan vitalHenri Bergsons.

An sich monistisch, so Freud, äußert sich die empirisch nicht messbare Energie ab dem Moment ihrer Verwirklichung dualistisch, d. h. nimmt geist-körperliche oder zeit-räumliche Formen und Verhaltensweisen an, also zugleich den Aspekt der Psyche und Physis. 'Geist' und 'Leib' sind erst wieder im „Es“ harmonisch vereinigt, genauer: in der Libido, der noumenalen Quelle des Gesamtorganismus bzw. der Seele (nach Freud). Diese Harmonie wird also erst in dem Moment wieder hergestellt, da das Gleichgewicht zwischen den sich mit Unlust meldenden Grundbedürfnissen und der (lustvollen) Befriedigung des ihnen innewohnenden Begehrens erlangt worden ist.

Die von Freud in seinen anfänglichen Werken vertretene Annahme eines sich naturgemäß ausschließlich auf den Wegen der Sexualität verwirklichenden Lustprinzips erklärt sich aus der Vielzahl von Patientinnen, die an dem zu Zeiten der Victorianischen Epoche weit verbreiteten Problem der sogenannten Hysterie litten und deren Traumsymbole daher – wie mittels ihrer Freien Assoziationen deutlich wurde – regelmäßig zu ihren genitalen Bedürfnissen verwiesen. (Dass die Frauen von diesen Es-Bedürfnissen oft genug nicht die geringste bewusste Ahnung hatten - da infolge der streng lustfeindlichen Erziehung ins Unbewusste traumatisch verdrängt -, gehört mit zu dem Themenkreis der neurotischen Hysterie, welche also eine symptomatische Folgeerscheinung der Erziehung bzw. der von ihr ins Über-Ich eingeprägten Straf- und Liebesentzugsangst ist.)

Kindliche Lust

Aus der Beobachtung von Kleinkindern und den zu dieser Entwicklungsphase deutenden Träumen seiner Klienten schloss Freud bald auf ein von Geburt an bestehendes Luststreben. Dies erschien ihm als so vielgestaltig und unspezifisch, dass er für erforderlich hielt, seine anfängliche Auffassung der Libido als rein sexuelle (Lust-)Energie zu revidieren. Stattdessen prägte er zur Benennung des kindlichen Lustverhaltens den aus heutiger Sicht wiederum irreführend anmutenden Begriff der „polymorphen Perversionen“ - eine Maßnahme, die Freud aber ergriff, um von seinen zeitgenössischen Fachkollegen überhaupt annähernd verstanden zu werden. Während dieser Epoche wurde Kindern das Vermögen zu Lustregungen konsequent abgesprochen, von der Religion nicht weniger wie von den aufklärereischen Wissenschaften. Die Kindheit war als „asexuell“ definiert, als unschuldiger Engelszustand, so wie er an den Deckengewölben der großen Kirchen naiv und gut gemeint destruktiv abgebildet wurde. Diese vergleichsweise extrem lustfeindliche Einstellung der Victorianischen Epoche steht also im engen Zusammenhang mit dem wie o.g. damals weit verbreitet gewesenen Phänomen der Hysterie.

Die sogenannten polymorph-'perversen'[Anm 1] kindlichen Regungen im krassen Gegensatz zu Abbildungen an den 'himmlischen' Kirchendecken äußern sich nach Freud nicht nur in den spielerisch lusvollen Berührungen der Geschlechtsorgane (Onanie bereits in der Wiege, Doktorspiele), sondern ganz allgemein in jeder Form des Lustgewinns durch Körperkontakt (Haut an Haut zu mehreren, allein an Gegenständen sich reiben, Saugen, Nuckeln mit und ohne Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Nasebohren usw.). Schon Ansätze von Lustfeindlichkeit durch die Moralerziehung führen Freuds Theorie zufolge zu einer traumatischen Einschränkung der natürlichen Antriebe und somit zum seelischen Leiden an einer neurotischen Erkrankung.

Das Lustprinzip

Das Strukturmodell (3-Instanzen-Modell) der Seele nach Freud, ergänzt um die Unterscheidung der 6 dem Es immanenten Bedürfnisse

Freud wurde vor allem auf dem Wege der Traumanalyse zur Formulierung des Lustprinzips der Libido im Tiefen Unbewussten geführt, so wurde dies neue Instrument für ihn der Königsweg zur Erkenntnis der Vorgänge im Unbewussten. Das Anstreben von Lust und das Meiden von Unlust verkörpert die elementarsten Aspekte der Libido, wobei Lust- und Realitätsprinzip - wie Es und Ich - funktional komplementäre Aspekte der selben Libido bilden. Lust- und Realitätsprinzip wirken gemeinsam heraus aus dieser einen universalen Energie und über die bedürfnisstillende Wechselwirkung mit der äußeren Welt wieder in sie zurück (s. Abb.).

Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist reines Begehren, ein Mangel, der kompensiert sein will - so wie es Platon bezüglich des Dämonen "Eros" im Symposion erörtert, nämlich die Primärquelle, aus der Freud die gleichnamige metaphorische Umschreibung des Lustprinzips bezog.[2] Dem Begehren liegt wesensmäßig eine energetische Spannung zugrunde, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar wird - je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb und begann, sich beim Ich-Bewusstsein, seinerseits ein Geschöpf solcher Spannung, zu melden. Dies geschieht 'oben' beim Stillen der geistigen Lust (Wissensdurst, Erkenntnisdrang) und 'unten' über die Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse nach Souveränität (Bewegungsfreiheit), die erotischen der Brutpflege-(Muttersäuglings-) und Gruppenbindungsbedürfnisse, über die Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung, in der sexuellen Lustbefriedigung zwecks arterhaltender Selektion und Vermehrung, und wird Lust vom Ich auch wahrgenommenen und empfunden in den sozial vorsorgenden (Abbbau von Spannung über die selbstlose Einsatzbereitschaft der triebhaften "Liebe" zu den rat- und hilfloseren Artgenossen in Not), sowie allen weiteren Instinkten, die als naturgemäß denkbar sind oder wären.

Die vom Magen herauf als "Hunger"-Gefühl spürbar werdenen Spannungen verkörpern vielleicht die reinst denkbare Form des Verlangens: Über die Einverleibung von Nahrung versorg sich die Seele mit der Energie, die zwischen den Molekülen z.B. eines leckeren Bratens 'physikalisch' gebunden war (enzymatisch herausgelöst/ "Verdauung") und ihrer eigenen molekularen Struktur integriert wurde, so stellt die ganze Seele (- der Organismus nach Freud) eine auf geist-körperlich-/psychophysische Weise konkret gewordene Energie dar. Alles kann auf Energie reduziert werden und wenn der Geist auch diese noch transzendiert, dann gelangt er an das noumenale "Schöpferische Prinzip" der Libido, die die ganze belebte Natur aus sich kreiert.

Dies Prinzip darf aber nicht verwechselt werden mit denen der Religionen, denn die Libido ist zuständig für die Gesetze der Natur - nicht für die naturfeindlichen, neurotisch machenden Verhaltensvorschriften, die den abendländischen Religionen nach vom Heergott erlassen worden sind und der Psychoanalyse gemäß dem traumatisch moralerzogenen Über-Ich des Kindes eingeprägt sind, derart, dass das darunter ohnmächtig leidende Ich diese Inhalte ohne es zu merken auf die metaphysische Sphäre seines Vorstellungsweltalls projiziert und sein sich nachgestaltete Geschöpf anbetet und -bettelt um Erlösung, worauf als Gegenleistung für die göttliche Liebe wiederum wie schon gehabt in der Beziehung zu den Eltern ein strenger "Triebverzicht" eingefordert wird. Die "Eiapopeia vom Himmel" führt zum nächsten Kapitel:

Die Triebökonomie

Den inneren Meldungungen der Bedürfnisse von Seiten des Es, und der Aufgabe des Ichs, in der Umwelt deren Befriedung zu erlangen, legte Freud des Weiteren ein Prinzip zugrunde, das er als Triebökonomie[3]) bezeichnete: Die Energie investiert zunächst etwas von sich selbst, um das Ich und mit diesem zugleich das "Bewusstsein" über die Wahrnehmung eines Unlustgefühls wie z. B. Hunger zu erzeugen. Erst dies veranlasst den Organismus - d. h. sein "Ich" - nach den zu ihrer Stillung geeigneten Objekten zu suchen, wobei im Erfolgsfall eben als ein Aspekt des Mehrwertes, den die Investition abwirft, Lust spürbar gewonnen wird. Der begleitende Aspekt besteht im genannten Beispiel aus der Aufnahme von Nahrung, woraus neben der Energie auch die Bausteine gewonnen werden, die der Gesamtorganismus für die Aufrechterhaltung seines Stoffwechsels und die seelischen Funktionen braucht. Hierzu zählt nicht zuletzt die neurosynaptische Internalisierung jener Erfahrungen, die das Ich bei der Verwirklichung seiner Aufgaben macht, und zwar in ein Organ, das Freud das Über-Ich genannt hat, der großen Macht wegen, die die Inhalte der Erfahrungen über das Ich haben. Das Überich stellt nicht nur das Gedächtnis des Lebeswesens dar, sondern auch sein "Gewissen".

Das ICH/Bewusstsein hat vor allem die Aufgabe, nach Klarheit in sich - auch in Hinblick auf die Inhalte seines Über-Ichs - und nach äußeren Begebenheiten zu suchen, die den Bedürfnissen des Es entgegen kommen: So sind Menschen also fähig, im wechselseitig fruchtbaren Austausch die sozialen Spannungen abzubauen, die sich aus einer vorherigen Frustration ergaben, oder auch sich um Nahrung zu kümmern, bei der sich über deren Einverleibung die Lust einstellt.

Siehe auch

Literatur

  • Sigmund Freud: Jenseits des Lustprinzips. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig, Wien und Zürich 1920 (Erstdruck), 2. überarbeitete Auflage 1921, 3. überarb. Auflage 1923
  • Marie-Ann Lenner: Benjamin Barber: Psychologische Dimensionen der Demokratietheorie. GRIN Verlag, Norderstedt 2011, S. 3 ff. (online)

Anmerkungen

  1. Um 1900 verstand Freud alle Arten der Lust, die nicht direkt und ausschließlich nur im Dienste der Fortpflanzung stehen - wie der „homoerotische“ Lustaustausch, eine seiner Zeit als „pervers“ geltende Entartung. So galt es ebenfalls als unschickliche Obszönität, den Appetit auf eine bestimmte Speise mit „Lust auf…“ zu benennen. Der Begriff „Perversionen“ wurde von Freud nie wörtlich verstanden (lat.: perversum = verdreht, unnatürlich, abartig. Griech.: poly- = viel und morphos = Gestalt).
  1. Freud: Das Ich und das Es. S. 294: „Die im Es existierenden Empfindungen werden vom Ich als Lust- und Unlustempfindungen wahrgenommen und bewusst. Das Ich ist bestrebt, dem Es gegenüber die Außenwelt zur Geltung zu bringen und das Realitätsprinzip an die Stelle des Lustprinzips zu setzen. Dabei ist entscheidend, dass es den Zugang zu den Muskelbewegungen kontrolliert. Das Es ist jedoch stärker als das Ich; das Ich pflegt den Es-Wille in Handlung umzusetzen, als ob es der eigene wäre.‘“
  2. Sigmund Freud, Massenpsychologie und Ich-Analyse - Kapitel 4:"Wir meinen also, daß die Sprache mit dem Wort »Liebe« in seinen vielfältigen Anwendungen eine durchaus berechtigte Zusammenfassung geschaffen hat und daß wir nichts Besseres tun können, als dieselbe auch unseren wissenschaftlichen Erörterungen und Darstellungen zugrunde zu legen. Durch diesen Entschluß hat die Psychoanalyse einen Sturm von Entrüstung entfesselt, als ob sie sich einer frevelhaften Neuerung schuldig gemacht hätte. Und doch hat die Psychoanalyse mit dieser »erweiterten« Auffassung der Liebe nichts Originelles geschaffen. Der »Eros« des Philosophen Plato zeigt in seiner Herkunft, Leistung und Beziehung zur Geschlechtsliebe eine vollkommene Deckung mit der Liebeskraft, der Libido der Psychoanalyse, wie Nachmansohn und Pfister im Einzelnen dargelegt haben,(...)"
  3. Sigmund Freud: Jenseits des Lustprinzips, 1. Kapitel: „In der psychoanalytischen Theorie nehmen wir unbedenklich an, daß der Ablauf der seelischen Vorgänge automatisch durch das Lustprinzip reguliert wird, das heißt, wir glauben, daß er jedesmal durch eine unlustvolle Spannung angeregt wird und dann eine solche Richtung einschlägt, daß sein Endergebnis mit einer Herabsetzung dieser Spannung, also mit einer Vermeidung von Unlust oder Erzeugung von Lust zusammenfällt. Wenn wir die von uns studierten seelischen Prozesse mit Rücksicht auf diesen Ablauf betrachten, führen wir den ökonomischen Gesichtspunkt in unsere Arbeit ein. Wir meinen, eine Darstellung, die neben dem topischen und dem dynamischen Moment noch dies ökonomische zu würdigen versuche, sei die vollständigste, die wir uns derzeit vorstellen können, und verdiene es, durch den Namen einer metapsychologischen hervorgehoben zu werden.“