„Liedermacher“ – Versionsunterschied
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Version vom 12. April 2016, 14:24 Uhr
Der Begriff Liedermacher bezeichnet im deutschsprachigen Raum einen Sänger, der Musik und Texte seines Programms überwiegend selbst geschrieben oder originär bearbeitet hat.
Der Vortrag eines Liedermachers basiert im Kern auf eigener Interpretation und musikalischer Begleitung. Auch wenn die Aufführung gelegentlich mit einer Begleitband erfolgt, liegt meist großes Gewicht auf dem anspruchsvollen, oft witzig-kritischen Text.
Verhältnis zu Songwriting und Chansons
Der Singer-Songwriter (englisch) im Verständnis Bob Dylans ist vom Begriff des Liedermachers vor allem regional (nordamerikanischer Raum) und stilistisch abzugrenzen. Es gibt darüber hinaus neben dem deutschen Liedermacher den Chansonnier (französisch), den Cantautore (italienisch) bzw. Cantautor (spanisch) sowie den Bard (russisch). Die Inhalte haben in der Regel Bezug zur Erfahrungswelt des Liedermachers und sind persönlich oder auch politisch geprägt.
Berühmte Chansonniers sind unter anderem Édith Piaf, Juliette Gréco, Charles Aznavour, Jacques Brel, Jacques Dutronc, Maurice Chevalier und Serge Gainsbourg. Zu den bekannten Cantautores gehören León Gieco (Argentinien), Pablo Milanés (Kuba), Violeta Parra, Víctor Jara (beide Chile), Joaquín Sabina (Spanien) sowie Daniel Viglietti und Alfredo Zitarrosa (Uruguay). Die wohl bedeutendsten Bardy aus Russland bzw. der Sowjetunion waren Wladimir Wyssozki und Bulat Okudschawa.
Stilrichtungen
Das Genre des Liedermachers enthält wegen der individuellen Ausdrucksform eine Vielzahl unterschiedlicher musikalischer und textlicher Stil-Ausprägungen:
Westcoast Niggaz in the House. Eine Stilrichtung mit einer ganz eigenen Art und Weise.
- den Geschichtenerzähler: zum Beispiel Gerhard Schöne, Reinhard Mey, Manfred Maurenbrecher, Klaus Hoffmann, Reinhard Lakomy, Ludwig Hirsch, Dieter Wiesmann, Mani Matter, Peter Reber
- lyrische Vertonungen: Erich Schmeckenbecher, Thomas Friz, Hans-Eckardt Wenzel, Barbara Thalheim, Helmut Debus, Herman van Veen, Roland Zoss, Christof Stählin
- Mundarten-Sänger: Knut Kiesewetter, Fiede Kay, Fredl Fesl, Thomas Felder, Zither-Manä, Mani Matter, Gölä, Roland Zoss, Willy Michl, Hubert von Goisern, Hans Söllner
- gesellschaftskritische und politische Sänger und Komponisten: Wolf Biermann, Franz Josef Degenhardt, Dietrich Kittner, Hannes Wader, Konstantin Wecker, Klaus der Geiger, Bettina Wegner, Dieter Süverkrüp, Hans Söllner, Walter Mossmann, Hanns Dieter Hüsch, Willi Resetarits, Georg Danzer, Götz Widmann, Rüdiger Bierhorst
- Liederschreiber humoristischer bis ironischer Themen: Rainald Grebe, Georg Kreisler, Bodo Wartke, Ulrich Roski, Schobert und Black, Funny van Dannen, Wiglaf Droste, Insterburg & Co.
- christliche Liedermacher: Fritz Baltruweit, Martin Gotthard Schneider, Peter Janssens, Manfred Siebald, Clemens Bittlinger, Hella Heizmann, Samuel Harfst, Siegfried Fietz (siehe auch Neues Geistliches Lied)
- Popkünstler mit fließendem Übergang zum Deutschrock: Stefan Stoppok, Udo Lindenberg, Rio Reiser, Gerhard Gundermann, Wolfgang Michels
- Blödeleien, Ulk & Klamauk: Mike Krüger, Gottlieb Wendehals, Jürgen von der Lippe, Frank Zander
- Liedermacher-Gruppen: Monsters of Liedermaching, Joint Venture, Pension Volkmann
Typisch für Liedermacher ist die gleichzeitige Zugehörigkeit zu mehreren dieser Kategorien. So singt Reinhard Mey auch humorvolle sowie gesellschaftskritische Lieder.
Weitere bekannte Liedermacher finden sich in der Kategorie „Liedermacher“.
Liedermaching
Seit den 1990er Jahren hat sich im deutschsprachigen Raum eine neue Form, das so genannte „Liedermaching“, entwickelt. Die Vertreter dieser Gattung setzen sich textlich sowie musikalisch deutlich vom klassischen Liedermacher ab. Als Begründer der Liedermaching-Szene gilt unter anderem das Bonner Liedermacherduo Joint Venture (1993–2000, bestehend aus Götz Widmann und Martin „Kleinti“ Simon).
Weitere Vertreter dieses Genres sind die Monsters of Liedermaching (seit 2003).
Rechtsextreme Liedermacher
Waren seit den 1960er Jahren Liedermacher fast ausschließlich dem linksintellektuellen Spektrum zuzuordnen, so gibt es seit einigen Jahren auch rechtsextreme Liedermacher. Nach Angaben von Blick nach Rechts listete das Bundesamt für Verfassungsschutz 2003 in einer internen Studie unter anderem die folgenden „rechtsextremistischen Liedermacher“ auf: Jörg Hähnel, Veit Kelterborn, Annett Moeck, Michael Müller und Frank Rennicke. Einige davon sind wegen Volksverhetzung vorbestraft und inhaftiert, manche ihrer Aufnahmen sind indiziert.[1]
Literatur
- Robert von Zahn (Hrsg.): Folk & Liedermacher an Rhein und Ruhr. Agenda, Münster 2002, ISBN 978-3-89688-125-0.
- Lutz Kirchenwitz: Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR. Dietz, Berlin 1993, ISBN 3-320-01807-8.
- Stephan Hammer: Mani Matter und die Liedermacher. Zum Begriff des ‚Liedermachers‘ und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes. Peter Lang, Bern u. a. 2010, ISBN 978-3-0343-0307-1.
- Marc Sygalski: Das „politische Lied“ in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1964 und 1989 am Beispiel von Franz Josef Degenhardt, Hannes Wader und Reinhard Mey. (= eScripta. Göttinger Schriftenreihe für studentische Germanistik. Band 1, ISSN 2192-0559), eScripta, Göttingen 2011, DNB 1013004485 (Magisterarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen, Seminar für Deutsche Philologie, 2011, online (PDF, kostenfrei, 177 Seiten, 1 MB)).
- Simone Burel: Politische Lieder der 68er, eine linguistische Analyse kommunikativer Texte, herausgegeben vom Institut für Deutsche Sprache (= Arbeiten und Materialien zur deutschen Sprache, Band 46), IDS, Mannheim 2013, ISBN 978-3-937241-42-5 (Zugleich Dissertation an der Universität Heidelberg 2013).
Weblinks
- Entwicklung der Liedermacherei 1 - Vom Kriegsende bis zur Burg Waldeck im Westen Deutschlands
- Entwicklung der Liedermacherei 2 - Entwicklung ab 1970
Einzelnachweise
- ↑ Blick nach Rechts 2003 ( vom 11. März 2007 im Internet Archive)