„Oligopol“ – Versionsunterschied

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Als '''Oligopol''' (aus griechisch ''olígos'' „wenig, gering“ und ''pōleĩn'' „Handel treiben“) – auch '''Angebotsoligopol''' – wird in der [[Mikroökonomie|Mikroökonomik]] eine [[Marktform]] bezeichnet, bei der viele [[Nachfrager]] wenigen [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Anbieter]]n gegenüberstehen. Ein '''Oligopson''' ist genau der umgekehrte Fall, bei dem wenigen Nachfragern viele Anbieter entgegenstehen (Nachfrageoligopol).<ref>Arthur Woll (2000) Wirtschaftslexikon, 9. Auflage, R.Oldenbourg Verlag, München, S.&nbsp;564</ref> Ein Oligopol mit genau zwei Anbietern heißt [[Duopol]] oder ''Dyopol'', während ein Markt, auf dem wenigen Anbietern ebenfalls wenige Nachfrager gegenüberstehen, als '''bilaterales Oligopol''' (auch ''zweiseitiges Oligopol'') bezeichnet wird.
Als '''Oligopol''' (aus griechisch ''olígos'' „wenig, gering“ und ''pōleĩn'' „Handel treiben“) – auch '''Angebotsoligopol''' – wird in der [[Mikroökonomie|Mikroökonomik]] eine [[Marktform]] bezeichnet, bei der viele [[Nachfrager]] wenigen [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Anbieter]]n gegenüberstehen. Ein '''Oligopson''' ist genau der umgekehrte Fall, bei dem wenigen Nachfragern viele Anbieter entgegenstehen (Nachfrageoligopol).<ref>Arthur Woll (2000) Wirtschaftslexikon, 9. Auflage, R.Oldenbourg Verlag, München, S.&nbsp;564</ref> Ein Oligopol mit genau zwei Anbietern heißt [[Duopol]] oder ''Dyopol'', während ein Markt, auf dem wenigen Anbietern ebenfalls wenige Nachfrager gegenüberstehen, als '''bilaterales Oligopol''' (auch ''zweiseitiges Oligopol'') bezeichnet wird.

== Arten von Oligopolen ==
; homogenes Oligopol
: Die angebotenen Güter sind aus Sicht der Kunden perfekte [[Substitutionsgut|Substitute]], es bestehen folglich keine [[Präferenz]]en für Güter unterschiedlicher Anbieter.
; heterogenes bzw. inhomogenes Oligopol
: Die angebotenen Güter sind gopols ist die ''Reaktionsverbundenheit'' zwischen der Preis- oder Mengensetzung der verschiedenen Anbieter. Bei einer atomistischen Marktstruktur ([[Polypol]]) ist dies nicht der Fall. Weil es nur wenige Anbieter gibt, hat jeder eine gewisse Marktmacht und kann durch seine Preis- oder Mengenentscheidung das Marktgeschehen beeinflussen. Folglich hängt die Nachfrage nach dem Gut eines Anbieters davon ab, wie sich dessen Konkurrenten verhalten, d. h., es besteht eine ''strategische Interdependenz'' zwischen den Anbietern. Diese Interdependenz basiert darauf, dass ein Oligopol bereits dann vorliegt, wenn einer der Konkurrenten glaubt, dass
das Ergebnis einer von ihm getroffenen Entscheidung signifikant von den Entscheidungen
eines oder mehreren anderen Wettbewerbern abhängig ist.<ref>Gravelle, Hugh und R. Rees (1992) Microeconomics, Pearson Education, London, 2. Aufl., S. 298</ref> Im Oligopol sind sich die Verkäufer also bewusst, dass ihre Entscheidungen sich auf jene der anderen Verkäufer
auswirken, die Käufer jedoch nehmen die Marktkonditionen als gegeben hin. Ein Oligopolist steht also vor einem komplexen Entscheidungsproblem, hängt die Qualität seiner Entscheidung doch maßgeblich davon ab, wie gut er seinen Einfluss auf die Entscheidungen anderer abschätzen und dieses für sich antizipieren kann.
Oftmals ist in oligopolistischen Märkten der [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerb]] besonders intensiv. Senkt ein Anbieter den Preis, so werden die Konkurrenten ihre Preise auch rasch entsprechend anpassen, um keine Kunden zu verlieren. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist der deutsche [[Lebensmitteleinzelhandel]].

Vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation sind verschiedene Reaktionen der Marktteilnehmer denkbar:

; Preisführerschaft
: Ein Oligopolist wird von den anderen als Preisführer anerkannt. Alle Marktteilnehmer verändern ihre Preise erst dann, wenn der Preisführer den Preis verändert hat. Im statischen Fall führt dieses Verhalten zu einem sog. [[Heinrich Freiherr von Stackelberg|Stackelberg]]-Gleichgewicht.
;Imitation
:Während die meisten preistheoretischen Modelle von einer rechnerischen Maximierungsentscheidung ausgehen, zeigen Experimente, dass auch die Imitation, d.h. die Nachahmung eines Konkurrenten, eine häufige Verhaltensform im Oligopol ist. Wenn der Preisführer imitiert wird, kann im 2er-Oligopol auch der Monopolpreis erreicht werden.<ref>[http://www.econ.upf.edu/~apesteguia/imitation.pdf Siehe Paper von Apesteguia/Huck/Oechssler (2006)] (PDF; 240&nbsp;kB), abgerufen 14. März 2013</ref>
; Abgestimmte Verhaltensweisen und [[Wirtschaftskartell|Kartellbildung]]
: In engen Oligopolen lassen sich Preis- und Mengenabsprachen leicht organisieren. Diese Verhaltensweise ist dann für die Anbieter besonders attraktiv, wenn andere Formen des Wettbewerbs (Qualität, Service) ausscheiden, was vor allem bei homogenen Oligopolen der Fall ist. (Beispiele: Zucker-, Zement- und Stromindustrie)
; Ruinöser Wettbewerb
: Wenn ein Unternehmen nur überleben kann, wenn es eine gewisse Größe erreicht, besteht die Tendenz, Konkurrenten durch ein besonders aggressives Preisverhalten aus dem Markt zu drängen, worauf andere mit weiteren Preissenkungen reagieren.
; Preisstarrheit
: Bei mehreren gleich starken oder schwachen Konkurrenten wagt es keiner, sein Verhalten zu ändern, weil er fürchtet, dass die Konkurrenz seine Strategie durchkreuzt.
; Wettbewerb
: Intensiver, dem technischen Fortschritt und dem Kunden dienender Wettbewerb ist insbesondere in weiten, heterogenen Oligopolen gegeben.


== Darstellung in der Theorie ==
== Darstellung in der Theorie ==

Version vom 14. Dezember 2015, 16:06 Uhr

Als Oligopol (aus griechisch olígos „wenig, gering“ und pōleĩn „Handel treiben“) – auch Angebotsoligopol – wird in der Mikroökonomik eine Marktform bezeichnet, bei der viele Nachfrager wenigen Anbietern gegenüberstehen. Ein Oligopson ist genau der umgekehrte Fall, bei dem wenigen Nachfragern viele Anbieter entgegenstehen (Nachfrageoligopol).[1] Ein Oligopol mit genau zwei Anbietern heißt Duopol oder Dyopol, während ein Markt, auf dem wenigen Anbietern ebenfalls wenige Nachfrager gegenüberstehen, als bilaterales Oligopol (auch zweiseitiges Oligopol) bezeichnet wird.

Darstellung in der Theorie

In der Theorie werden Oligopole häufig mit den Instrumenten der Spieltheorie analysiert. In einem solchen Spiel kann bei vollständiger Information jeder Anbieter die optimale Reaktion der Konkurrenten antizipieren. Ein Marktgleichgewicht (Nash-Gleichgewicht) liegt dann vor, wenn kein Anbieter einen Anreiz hat, seine Menge bzw. seinen Preis zu verändern (was entsprechende Reaktionen der Mitbewerber hervorrufen würde).

Oligopolmodelle

  • Cournot-Oligopol: Markt, auf dem die Teilnehmer vorab simultan über die Angebotsmengen entscheiden
  • Stackelberg-Wettbewerb: Markt, auf dem die Teilnehmer vorab hintereinander über die Angebotsmengen entscheiden
  • Bertrand-Wettbewerb: Markt, auf dem die Teilnehmer vorab simultan über die Angebotspreise entscheiden
  • Preisführerschaft: Markt, auf dem die Teilnehmer vorab hintereinander über die Angebotspreise entscheiden
  • Imitation: Markt, auf dem die Oligopolisten nicht den eigenen (Cournot) oder gemeinsamen (Kollusion) Gewinn maximieren, sondern die Aktionen eines Wettbewerber imitieren (sofern dieser einen höheren Gewinn hat)
  • Kreps-Scheinkman-Modell: Markt, auf dem die Teilnehmer zunächst simultan über den Aufbau von Kapazitäten und danach simultan über die Angebotspreise entscheiden
  • Hotelling-Modell: Markt, auf dem die Teilnehmer vorab über ihre Positionierung (räumlich oder durch Produktvarianten) entscheiden
  • Sweezy-Modell: Markt, auf dem der Preis als Wettbewerbsoption der Teilnehmer entfällt, da dieser quasi starr bleibt und somit nur Größen wie Werbung und Serviceleistungen entscheiden.
  • Drei-D-Modell: Stringer und Rudnik beschreibt das Oligopol aus drei Dimensionen.

Rechtliche Konsequenzen

Direkte Preisabsprachen sind nach dem Wettbewerbsrecht verboten, da sie zu einem Effekt führen können, der den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand negativ beeinflusst. Sozialer Überschuss (Wohlfahrtsverlust) wird dadurch vermindert, dass die Produzenten die Konsumenten ausnutzen. Aber auch Fusionen von Unternehmen können vom Kartellamt verboten werden, wenn sie zu einem schädlichen Oligopol führen. Ein schädliches Oligopol liegt vor, wenn entweder eine Kollusion der Oligopolisten droht (sog. coordinated effects) oder wenn die Imitation der Oligopolisten zu einem Oligopolfrieden führt. (siehe die neue Studie von Vorster (2013)).

Durch die Vielfalt „eigenständiger Marken“ kann ein Oligopol verschleiert werden.[2] Unter anderem ist der Handel mit CDs und anderen Tonträgern ein Oligopol weniger Anbieter, die einen Marktanteil von knapp 72 % (2004) haben. Durch die Heterogenität der Produkte und die geringe Preiselastizität der Nachfrage befand sich der Markt in der Vergangenheit in einer sehr starken Preis- und Organisationsstruktur.

Beispiele

  • Auf dem deutschen Strommarkt gibt es ein Oligopol. Der Strommarkt ist im Wesentlichen unter den vier Großkonzernen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall aufgeteilt, die gemeinsam 80 % des Erzeugungsmarktes kontrollieren. Der Marktführer E.ON kontrolliert allein 34 %. (Siehe auch Die großen Vier (deutsche EVU))
  • Im Fahrtreppen­bau gibt es ein Oligopol. Auf dem deutschen Fahrtreppenmarkt gibt es heute nur noch vier Fahrtreppenhersteller: Otis Elevator Company, Schindler Aufzüge, Thyssen Krupp Elevator und KONE. Das Aufzugs- und Fahrtreppenkartell wurde 2004 aufgedeckt. Zumindest in Deutschland und den Benelux-Staaten funktionierte das Kartell. Im Visier der Fahnder waren dort 17 Tochtergesellschaften des weltweit führenden Quartetts der Aufzugs- und Fahrtreppenkonzerne: ThyssenKrupp Elevator aus Deutschland, die zum US-amerikanischen Konzern United Technologies gehörende Otis, Schindler aus der Schweiz, Kone aus Finnland sowie ferner die Mitsubishi Elevator Europe, die nur am niederländischen Kartell mitwirkte.
  • Ein weiteres Beispiel ist der Mobilfunk­markt: Es gibt in Deutschland drei öffentliche Netzbetreiber, nämlich T-Mobile, Vodafone und Telefónica Germany (mit den Marken E-Plus und O2), denen Millionen von Mobilfunknutzern gegenüberstehen. Allerdings werden die Leistungen der Netzbetreiber auch von vielen anderen Telekommunikationsfirmen als Reseller unter deren Namen vertrieben.
  • Die europäische Mineralölwirtschaft wird von den „Großen FünfBP/Aral, Esso (Exxon), Jet (ConocoPhillips), Shell und Total beherrscht, was sowohl die Produktion wie den Vertrieb von Kraftstoffen betrifft. Diesem Oligopol wird in Deutschland vorgeworfen, den Wettbewerb durch die Abgabe von Kraftstoffen zu überhöhten Preisen an freie Tankstellen gesetzwidrig behindert zu haben.[3]
  • Außerdem kann man bei Spielekonsolen ein Oligopol beobachten, derzeit halten nur Nintendo, Sony und Microsoft eine relevante Marktstellung für solche Produkte inne. Wobei Microsoft durch sein Quasi-Monopol bei PC-Betriebssystemen auch noch über eine marktbeherrschende Stellung im Videospielmarkt für PC-Spiele verfügt.

Siehe auch

Literatur

  • Wiktionary: Oligopol – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Microeconomics by Elmer G. Wiens: Online Interactive Models of Oligopoly, Differentiated Oligopoly, and Monopolistic Competition
  • Oligopole in der EU-Fusionskontrolle, Vorster, Nomos 2013 - eine kritische Studie mit dem Ergebnis, dass Oligopole nicht nur bei der Gefahr einer Kollusion, sondern auch bei Imitation verboten werden sollen.

Einzelnachweise

  1. Arthur Woll (2000) Wirtschaftslexikon, 9. Auflage, R.Oldenbourg Verlag, München, S. 564
  2. Mogelpackung Wettbewerb: Die Vielfalt der Einkaufstüten täuscht – viele Marken gehören zu wenigen Konzernen. In: Die Zeit (Onlineangebot), abgerufen am 18. Februar 2010
  3. Kartellamt ermittelt gegen Mineralölkonzerne, abgerufen 5. April 2012