„Spitzkiele“ – Versionsunterschied

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Version vom 5. September 2015, 10:22 Uhr

Spitzkiele

Berg-Spitzkiel (Oxytropis jacquinii)

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Tribus: Galegeae
Gattung: Spitzkiele
Wissenschaftlicher Name
Oxytropis
DC.

Die Spitzkiele oder Fahnenwicken (Oxytropis) sind eine Pflanzengattung in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Die etwa 310 Arten sind auf der Nordhalbkugel in Nordamerika, Eurasien und Afrika weitverbreitet.[1]

Beschreibung

Illustration des Lappland-Spitzkiel (Oxytropis lapponica) aus Anton Hartinger: Atlas der Alpenflora, 1882
Früchte von Oxytropis japonica
Frucht von Oxytropis oreophila var. oreophila

Vegetative Merkmale

Die Spitzkiel-Arten sind meist ausdauernde, krautige Pflanzen, die ein verholztes Rhizom bilden. Es gibt stängellose wie auch stängelbildende Arten.

Die Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite ist meist unpaarig gefiedert oder die Endfieder ist zu einem Stachel reduziert; bei manchen Arten ist nur ein Fiederblatt vorhanden. Die Fiederblättchen sind ganzrandig und am Grund asymmetrisch. Die auffälligen, meist haltbaren Nebenblätter können mit dem Blattstiel verwachsen, untereinander frei oder verwachsen sein.[1]

Generative Merkmale

Die seitenständigen, traubigen, ährigen oder kopfigen Blütenstände enthalten eine bis viele Blüten. Die Tragblätter sind meist dreieckig oder lanzettlich-dreieckig. Deckblätter fehlen meist oder es sind manchmal schmal-dreieckige vorhanden.[1]

Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind glockenförmig bis röhrig verwachsen[1] und die Kelchzähne sind annähernd gleich. Die fünf violetten, purpurfarbenen, weißen oder blassgelben Kronblätter stehen in der typischen Form der Schmetterlingsblüte zusammen. Die Kronblätter sind lang genagelt, meistens frei und fallen nach den Anthese ab. Flügel und Schiffchen sind je nach Art unterschiedlich geformt.[1] Das Schiffchen hat vorne eine deutliche aufgesetzte Spitze. Von den zehn Staubblättern ist das oberste frei. Das sitzende oder gestielte, einzige Fruchtblatt ist kahl oder flaumig behaart und enthält meist viele Samenanlagen.[1] Der gerade oder öfter gekrümmte Griffel besitzt eine endständige Narbe.[2]

Die Hülsenfrüchte sind häufig aufgedunsen, haben ein Fach, häufiger sind sie durch eine falsche Längsscheidewand zweifächrig und enthalten meist mehreren Samen. Die Oberfläche der Früchte ist kahl oder behaart. Die relativ kleinen Samen sind, linsenförmig, nierenförmig oder kugelig, ohne Strophiole.[2]

Ökologie und Evolution

Blütenökologisch handelt es sich um Schmetterlingsblumen mit einem einfachen Klappmechanismus. Flügel und Schiffchen sind gelenkig verbunden. Die Bestäubung erfolgt durch Hummeln, andere langrüsselige Apoideen, in Gebirgslagen häufig durch Schmetterlinge.

Innerhalb ihres Lebensraumes sind sie wichtige Futterpflanzen für Wildtiere (mit einigen die hohe Toxizität zeigen).[3]

Aus evolutionärer Sicht sieht Boris Aleksandrovich Yurtsev (russ. Борис Александрович Юрцев) die Entwicklung der Gattung Oxytropis aus alpinen Hemikrytophten zu Kryophyten der Artkis, die sich durch Mikrophyllie, Verkleinerung der Wuchsform, Verringerung de Anzahl der Blättchen eines Blattfieders wie der Blütenzahl pro Blütenstand verändert hat und für die Radiation der Gattung wichtige taxonomische Kennzeichen geben.[4] Zytotaxonomisch vollzog sich gleichzeitig eine Entwicklung von diploiden Arten in südsibirischen Gebrigen zu polyploiden artktischen. Im Kontrast zu artkischen Arten der Gattung Astragalus finden sich bei arktischen Spitzkielen keine Mesophyten. Ökologisch varierien sie zwischen Xeromesophyten und Cryo-Xeromesophyten zu Steppen-Xerophyten, Xero-Petrophyten oder Cryo-Xerophyten. Nur eine Unterart (Oxytropis middendorfii subsp. middendorfii) wächst in mesomorphen Kraut-Zwergstrauch-Moos-Tundren. Yurtsev nimmt an, dass die Vorfahren der heutigen Spitzkiel-Arten vielleicht auf instabilen Schutt und Geröllen siedelten, was sie zur Adaption an erniedrigte Sommertemperaturen und den Wechsel an Lebensräume in Tundren befähigte.[4]

Alpen-Spitzkiel (Oxytropis campestris)
Der Prenj-Spitzkiel (Oxytropis prenja) ist einer der vier endemischen Spitzkiel-Arten Südosteuropas.

Vorkommen und Vergesellschaftung

Verbreitung

Die Gattung Spitzkiele (Oxytropis) ist auf der Nordhalbkugel in Nordamerika, Eurasien und Afrika weitverbreitet.[1] Die Oxytropis-Arten gedeihen von gemäßigten über subarktischen bis arktischen Gebieten.[5] Von ihrem Verbreitungszentrum in Südsibirien haben sie sich voreiszeitlich zirkumpolar verbreitet. Sie stellen in den Tundren der Paläarktis eine der wenigen artenreichen Gattungen dar.

Im Jahr 1948 wurden 276 Taxa für das ehemalige Territorium der UdSSR fetgestellt.[6] In China gibt es 133 Arten, 74 davon nur dort (Stand 2010).[1]

In Mittel- und Südosteuropa kommen folgende 13 Arten vor: Feld- oder Alpen-Spitzkiel (Oxytropis campestris), Dinarischer Spitzkiel (Oxytropis dinarica), Drüsiger Spitzkiel (Oxytropis fetida), Seidenhaar-Spitzkiel (Oxytropis halleri), Schweizer Spitzkiel (Oxytropis helvetica), Berg-Spitzkiel ( Oxytropis jacquinii), Lappland-Spitzkiel (Oxytropis lapponica), Pyrenäen-Spitzkiel (Oxytropis neglecta), Zottiger Spitzkiel (Oxytropis pilosa), Prenj-Spitzkiel (Oxytropis prenja), Dreiblüten-Spitzkiel (Oxytropis triflora), Oxytropis urumovii, Vinschgauer Seidenhaar-Spitzkiel (Oxytropis xerophila).[7][8][9][10][11]

Neben der Blütenfarbe ist bei den europäischen Spitzkiel-Arten die Pflanzengröße wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Die Größe des Feld- oder Alpen-Spitzkiels (Oxytropis campestris) variiert zumeist je nach Höhenfundlage er wird jedoch kaum als Miniaturform aufgefunden. Der ähnliche Dinarische Spitzkiel variiert bei seinen fünf Unterarten und Varietäten sehr viel stärker, wobei die Größe nach Süden sukzessive abnimmt. Beim verwandten und ähnlichen bulgarischen Endemiten Oxytropis urumovii kommen nur sehr kleinwüchsige Pflanzenexemplare vor, die kaum ein Drittel der Größe von Alpen-Spitzkiel oder der Nominatform des Dinarischen Spitzkiels erreichen. Auch weitere Arten wie der Prenj-Spitzkiel oder der Schweizer-Spitzkiel sind Miniaturformen, die in ihrem Lebensraum unverwechselbar sind, da sie nie über 10 Zentimeter hoch werden.

Lebensräume

Die Oxytropis-Arten gedeihen in sandigen und kiesigen, generell gut drainierten Böden um Glazialseen, auf Gebirgsgeröllhalden und Moränen sowie Gebrigsgrasländern.[5] Spitzkiel-Arten fehlen in Wüsten- und Halbwüstenlandschaften der Erde und siedelt zumeist in Gebirgshabitaten.[6] Innerhalb ihres Lebensraumes stabilisieren durch die tiefe Pfahlwurzel Flussböschungen, Hänge und künstliche Dämme.[3]

Als Pionierpflanzen besiedeln sie nach vulkanischen Eruptionen die Vulkane Kamtschatkas.[12] Über spezifische Eigenschaften ihres Wurzelsystemes können Spitzkiel-Arten vulkanisches Lockermaterial festigen. Sie besiedeln Habitate, die noch keine Bodenbedeckung zeigen, was über diese Aktivität zur Bodenentwicklung beiträgt und einer weiteren Besiedlung von anderen Pflanzenarten führt. Die Symbiose von Spitzkiel-Arten mit Knöllchenbakterien unterstützt diese Entwicklung weiterhin.[13] Unter den Leguminosen, die typisch arktisch verbreitet sind (Oxytropis, Astragalus, Hedysarum) hat nur Oxytropis eine intensive Speziation unterlaufen.[4]

Während das Vorkommen des Alpen-Spitzkiels in seinem Teil-Verbreitungsgebieten in den Europäischen Alpen aus nacheiszeitlicher Einwanderung aus unbekannten pleistozänen Refugien erklärt wird,[14] sind andere Arten wie Oxytropis urumovii aus dem Bulgarischen Pirin vermutlich Glazialrelikte.[15] Schönswetter u. a. (2004) folgern aus dem Fehlen von phylogeographischen Mustern in den Genen des Alpen-Spitzkiels in den Alpen, Pyrenäen und der Tatra sowie seiner guten Anpassung an Steppenhabitate, dass die Art während der Eiszeit möglicher Weise aus Tieflandsteppen und Tundrengebieten in die Gebirge eingewandert ist.[16]

Vergesellschaftung

Pflanzensoziologische Einheiten alpiner Hochgebirge der Subtropen bis Gemäßigten Breiten haben Spitzkiel-Arten als ihre Charakter- und Kennarten: in den Südostdinariden ist es der Verband Oxytropidion dinaricae (mit Oxytropis dinarica und Oxytropis prenja) auf alpinen Kalksteinmagerrasen der Gipfel- und Grate der Hochdinariden, im Iran gibt es die Klasse Oxytropidetea persica (mit Oxytropis persica) für Schneeboden-Gesellschaften auf Silikatgestein im Elburs-Gebirge, in den Westalpen sind es die pflanzensoziologische Ordnung Oxytropido-Kobresietalia mit dem Verband Oxytropido-Elynion.[17][18]

Systematik

Die Gattung Oxytropis wurde durch Augustin Pyrame de Candolle 1802 aufgestellt. Jedoch ist aufgrund einer Übernahme der Phrase Astragalus montanus bei Adrian van Royens durch Linné, die auf einer von Clusius später nicht mehr eindeutig zuzuordnender Onobrichis montana fußte, in der nominellen Typusart Oxytropis montana (L.) DC.[19] ein Einschluss der Gruppen um Oxytropis pyrenaica oder Oxytropis jaquinii gegeben.[20] Spätere Emendationen, u. a. Bunges, stifteten noch mehr Verwirrung, so dass französische und deutsche Botaniker im Epitheton montana zwei unterschiedliche Spitzkiel-Arten einschlossen. Daher wurde das Epitheton montana von Walter Gutermann und Hermann Merxmüller 1961 als Nomen ambiguum in der weiteren taxonomische Verwendung bei Oxytropis ausgeschlossen (Oxytropis montana (L.) DC. partim et auct. patim, non sensu stricto (sec. Bunge), nomen ambiguum rejiciendum). Der Gattungsname Oxytropis leitet sich von den griechischen Wörtern oxys für spitz sowie tropis für Schiffskiel ab und bezieht sich auf die am Schiffchen aufgesetzte Spitze, die die Gattungen Oxytropis und Astragalus morphologisch unterscheidet. Ein Synonym für Oxytropis DC. nom. cons. ist Spiesia Neck. ex Kuntze.[1]

Die Gattung Oxytropis gehört zur Tribus Galegeae in der Unterfamilie Faboideae innerhalb der Familie der Fabaceae.[1] Sie wurde früher als Untergattung der Gattung Astragalus, Astragalus subg. Oxytropis, geführt.

Zur Zeit (Stand Mitte 2015) ermöglichen molekulargenetische Daten noch keine umfassende phylogenetische Abgrenzung innerhalb der Gattung Oxytropis und es existieren noch keine auf solchen Daten basierende Revisionen einzelner Verwandtschaftsgruppen. Allgemein sind viele Oxytropis-Arten morphologisch ähnlich, was schon in der einzigen bis dato vorliegende Monographie der Gattung Oxytropis durch Alexander von Bunge 1874 bemerkt wurde. Bunge gliederte 1874 die damals 181 Arten der Gattung Oxytropis in seinem Werk Species Generis in Oxytropis DC. in vier Untergattungen mit 19 Sektionen.[21] Die Flora der UdSSR 1948 unter Leitung der Bearbeitung der Gattung Oxytropis durch Alexander Grossheim übernahm die Gliederung von Bunge ergänzte jedoch die Bunges taxonomische Bearbeitung und Gliederung in vielerlei Hinsicht. Eine generelle Revision der Gattung steht aber nach wie vor aus.

Die Gattung Oxytropis enthält etwa 310 Arten.[1][22] Je nach taxonomischer Auffassung einzelner Autoren und Länder wird der Umfang der Gattung und die Arten kontrovers diskutiert:[23]