„Nichtcodierende Desoxyribonukleinsäure“ – Versionsunterschied

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Protein-codierende DNA dient als Vorlage für die [[mRNA|Messenger-RNA]], welche wiederum bei der Synthese der Proteine als Vorlage verwendet wird. Der erstere Vorgang wird als [[Transkription (Biologie)|Transkription]], der letztere als [[Translation (Biologie)|Translation]] bezeichnet. Auch nicht-codierende DNA-Bereiche werden vielfach transkribiert, die resultierenden RNAs werden aber nicht für die Translation verwendet ([[nichtcodierende Ribonukleinsäure]]). Klassische, schon lange bekannte Beispiele sind die [[Ribosomale RNA|ribosomale]] und die [[tRNA|Transfer-RNA]], die beide ebenfalls bei der Translation essentielle Funktionen haben, aber nicht als Vorlage dienen.
Protein-codierende DNA dient als Vorlage für die [[mRNA|Messenger-RNA]], welche wiederum bei der Synthese der Proteine als Vorlage verwendet wird. Der erstere Vorgang wird als [[Transkription (Biologie)|Transkription]], der letztere als [[Translation (Biologie)|Translation]] bezeichnet. Auch nicht-codierende DNA-Bereiche werden vielfach transkribiert, die resultierenden RNAs werden aber nicht für die Translation verwendet ([[nichtcodierende Ribonukleinsäure]]). Klassische, schon lange bekannte Beispiele sind die [[Ribosomale RNA|ribosomale]] und die [[tRNA|Transfer-RNA]], die beide ebenfalls bei der Translation essentielle Funktionen haben, aber nicht als Vorlage dienen.


Nichtcodierende DNA ist vor allem charakteristisch für [[Eukaryoten]], bei denen sie den größten Teil des [[Genom]]s ausmacht, während ihr Anteil bei [[Prokaryoten|prokaryotischen]] Genomen nur 5-20 % beträgt.<ref>Mattick, J.S. & Makunin, I.V. (2006): ''Non-coding RNA.'' In: ''Hum. Mol. Genet.'' 15 (Review Issue 1):R17-R29. PMID 16651366 {{DOI|10.1093/hmg/ddl046}} [http://hmg.oxfordjournals.org/cgi/reprint/15/suppl_1/R17.pdf PDF]</ref>
Nichtcodierende DNA ist vor allem charakteristisch für [[Eukaryoten]], bei denen sie den größten Teil des [[Genom]]s ausmacht, während ihr Anteil bei [[Prokaryoten|prokaryotischen]] Genomen nur 5-20 % beträgt.<ref>J.S. Mattick, I.V. Makunin: ''Non-coding RNA.'' In: ''Hum. Mol. Genet.'' 15 (Review Issue 1), 2006, S. R17-R29, PMID 16651366 {{DOI|10.1093/hmg/ddl046}} [http://hmg.oxfordjournals.org/cgi/reprint/15/suppl_1/R17.pdf PDF]</ref>
In der menschlichen DNA werden zurzeit etwa 95 % der [[Nukleotide]] als nichtcodierende DNA betrachtet, das heißt, maximal 5 % der Nukleotide, aus denen die DNA besteht, [[genetischer Code|codieren]] [[Erbinformation]] für Proteine.
In der menschlichen DNA werden zurzeit etwa 95 % der [[Nukleotide]] als nichtcodierende DNA betrachtet, das heißt, maximal 5 % der Nukleotide, aus denen die DNA besteht, [[Genetischer Code|codieren]] [[Erbinformation]] für Proteine.


Das [[ENCODE]]-Projekt, bei dem die funktionellen Elemente des Genoms beschrieben werden sollen, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Bereiche jedoch trotzdem zu einem großen Teil transkribiert, also in RNA umgeschrieben werden.
Das [[ENCODE]]-Projekt, bei dem die funktionellen Elemente des Genoms beschrieben werden sollen, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Bereiche jedoch trotzdem zu einem großen Teil transkribiert, also in RNA umgeschrieben werden.
In einer Folgesstudie kam das ENCODE-Projekt zu dem Ergebnis, dass sogar über 80% des menschlichen Genoms eine biochemische Aktivität (in der Regel Transkription) aufweist. <ref name="DOI10.1038%2Fnature11247">Ian Dunham, Anshul Kundaje u.&nbsp;a.: ''An integrated encyclopedia of DNA elements in the human genome.'' In: ''Nature.'' 489, 2012, S.&nbsp;57–74, {{DOI|10.1038%2Fnature11247}}.</ref>
In einer Folgesstudie kam das ENCODE-Projekt zu dem Ergebnis, dass sogar über 80% des menschlichen Genoms eine biochemische Aktivität (in der Regel Transkription) aufweist.<ref name="DOI10.1038%2Fnature11247">Ian Dunham, Anshul Kundaje u.&nbsp;a.: ''An integrated encyclopedia of DNA elements in the human genome.'' In: ''Nature.'' 489, 2012, S.&nbsp;57–74, {{DOI|10.1038/nature11247}}.</ref>
Eine andere Studie, welche die Häufigkeit von RNA-Transkripten analysiert kommt zu dem Ergebnis, dass nichtcodierende Bereiche praktisch nicht transkribiert werden.<ref>{{cite journal |author=van Bakel H, Nislow C, Blencowe BJ, Hughes TR| year = 2010 | title = Most “Dark Matter” Transcripts Are Associated With Known Genes | journal = [[PLoS Biology]] | volume = 8 | issue = 5 | pages = | doi = 10.1371/journal.pbio.1000371 | pmid = | url = http://www.plosbiology.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pbio.1000371 | format = | accessdate = 2010-05-22 |}}</ref>
Eine andere Studie, welche die Häufigkeit von RNA-Transkripten analysiert kommt zu dem Ergebnis, dass nichtcodierende Bereiche praktisch nicht transkribiert werden.<ref>{{cite journal|author=van Bakel H, Nislow C, Blencowe BJ, Hughes TR| year = 2010 | title = Most “Dark Matter” Transcripts Are Associated With Known Genes | journal = [[PLoS Biology]] | volume = 8 | issue = 5 | pages = | doi = 10.1371/journal.pbio.1000371 | pmid = | url = http://www.plosbiology.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pbio.1000371 | format = | accessdate = 2010-05-22}}</ref>
Dieser Widerspruch hat zu der Hypothese geführt, dass ein Großteil der nichtcodierenden RNA-Transkripte nicht stabil ist und kurz nach der Transkription bereits wieder degradiert wird. <ref name="DOI10.1371/journal.pgen.1004351">Alexander F. Palazzo, T. Ryan Gregory, Joshua M. Akey: ''The Case for Junk DNA.'' In: ''PLoS Genetics.'' 10, 2014, S.&nbsp;e1004351, {{DOI|10.1371/journal.pgen.1004351}}.</ref>
Dieser Widerspruch hat zu der Hypothese geführt, dass ein Großteil der nichtcodierenden RNA-Transkripte nicht stabil ist und kurz nach der Transkription bereits wieder degradiert wird.<ref name="DOI10.1371/journal.pgen.1004351">Alexander F. Palazzo, T. Ryan Gregory, Joshua M. Akey: ''The Case for Junk DNA.'' In: ''PLoS Genetics.'' 10, 2014, S.&nbsp;e1004351, {{DOI|10.1371/journal.pgen.1004351}}.</ref>


== Beispiele ==
== Beispiele ==

Version vom 11. Dezember 2014, 23:41 Uhr

Als nichtcodierende Desoxyribonukleinsäure (englisch noncoding DNA, auch junk DNA) werden diejenigen Teile der Desoxyribonukleinsäure (DNA) bezeichnet, die nicht für Proteine codieren. Bei höheren Organismen wie Menschen, Tieren und Pflanzen ist der ganz überwiegende Teil der DNA in diesem Sinne „nicht codierend“. Auch für diese nichtcodierende DNA wurden vielfältige Funktionen gefunden. Es ist unbekannt, wie groß der Anteil der nichtcodierenden DNA mit Funktion gegenüber dem funktionslosen Anteil nichtcodierender DNA ist.

Vorkommen

Protein-codierende DNA dient als Vorlage für die Messenger-RNA, welche wiederum bei der Synthese der Proteine als Vorlage verwendet wird. Der erstere Vorgang wird als Transkription, der letztere als Translation bezeichnet. Auch nicht-codierende DNA-Bereiche werden vielfach transkribiert, die resultierenden RNAs werden aber nicht für die Translation verwendet (nichtcodierende Ribonukleinsäure). Klassische, schon lange bekannte Beispiele sind die ribosomale und die Transfer-RNA, die beide ebenfalls bei der Translation essentielle Funktionen haben, aber nicht als Vorlage dienen.

Nichtcodierende DNA ist vor allem charakteristisch für Eukaryoten, bei denen sie den größten Teil des Genoms ausmacht, während ihr Anteil bei prokaryotischen Genomen nur 5-20 % beträgt.[1] In der menschlichen DNA werden zurzeit etwa 95 % der Nukleotide als nichtcodierende DNA betrachtet, das heißt, maximal 5 % der Nukleotide, aus denen die DNA besteht, codieren Erbinformation für Proteine.

Das ENCODE-Projekt, bei dem die funktionellen Elemente des Genoms beschrieben werden sollen, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Bereiche jedoch trotzdem zu einem großen Teil transkribiert, also in RNA umgeschrieben werden. In einer Folgesstudie kam das ENCODE-Projekt zu dem Ergebnis, dass sogar über 80% des menschlichen Genoms eine biochemische Aktivität (in der Regel Transkription) aufweist.[2] Eine andere Studie, welche die Häufigkeit von RNA-Transkripten analysiert kommt zu dem Ergebnis, dass nichtcodierende Bereiche praktisch nicht transkribiert werden.[3] Dieser Widerspruch hat zu der Hypothese geführt, dass ein Großteil der nichtcodierenden RNA-Transkripte nicht stabil ist und kurz nach der Transkription bereits wieder degradiert wird.[4]

Beispiele

Den größten Anteil nichtcodierender DNA machen transposable Elemente aus, die etwa 45% des menschlichen Genoms ausmachen.

Weit verbreitet sind weiterhin die sogenannten Pseudogene, Kopien von Genen, die aufgrund von Mutationen nicht mehr funktionsfähig sind. Sie gelten im Rahmen der Evolutionstheorie als Ausgangsmaterial für neue Gene mit neuen Funktionen.

Bedeutende Anteile der nichtcodierenden DNA machen repetitive Sequenzen aus, die aus zahlreichen Wiederholungen einer Basensequenz bestehen.

Auch reguläre Gene enthalten nichtcodierende Abschnitte: die Promotor-Region, die der Regulation der Aktivität des Gens (Genexpression) dient, und die Introns, die zwar mit transkribiert werden, deren Transkripte jedoch vor der Translation entfernt werden (Splicing). Weitere nichtcodierende DNA-Abschnitte, die selbst nicht Bestandteile von Genen sind, aber durch Interaktion mit Promotoren bei der Regulation der Genexpression mitwirken, sind die Enhancer und Silencer.

Nichtcodierend sind des Weiteren die Telomere, die Enden der Chromosomen.

Funktionen nichtcodierender DNA

Es sind viele Abschnitte nichtcodierender DNA bekannt, die für den Organismus essentielle Funktionen ausüben und evolutionär konserviert werden. Nichtcodierende DNA übt unter anderem wichtige Funktionen bei der Genregulation sowie für die chromosomale Struktur aus.

Zu unterscheiden ist zwischen einer direkten Funktion im Organismus und einer langfristigen evolutionären Bedeutung. Manche Typen nichtcodierender DNA, wie Pseudogene oder Transposable Elemente haben eine wichtige Rolle in der Evolution inne, auch wenn sie keine unmittelbare Funktion ausfüllen.[5]

Debatte um „Junk-DNA“

Der Begriff „Junk-DNA“, der in den 60er Jahren durch Susumu Ohno (1928–2000) populär wurde, bezeichnet DNA, die keine Funktion für den Organismus ausübt. Die Frage, ob ein bedeutender Anteil der menschlichen DNA funktionslos ist, ist Gegenstand einer bis heute andauernden wissenschaftlichen Debatte.

Die Ergebnisse des ENCODE-Projektes, dessen Autoren über 80% des menschlichen Genoms eine Funktion zuschrieben, haben zu Medienberichten geführt, in denen das Konzept von Junk DNA für widerlegt erklärt wurde.[6] Die Definition des Begriffs „Funktion“ über biochemische Aktivität der ENCODE-Autoren (anstelle von Nutzen für den Organimus) haben jedoch zu teils scharfer Kritik an dieser Interpretation der Ergebnisse geführt.[7][8][9]

Zu den Argumenten der Befürworter von Junk-DNA gehört das C-Wert-Paradoxon, exemplifiziert durch den „Onion Test“, welcher die Frage aufwirft, weshalb die Zwiebel (Allium cepa) ein um einen Faktor 5 größeres Genom als der Mensch hat wenn nicht weite Teile hiervon nichtfunktional sind. [4] Für die Entbehrlichkeit von Teilen nichtcodierender DNA spricht weiter das Ergebnis einer Studie, bei der zwei längere Abschnitte nichtcodierender DNA aus dem Genom von Mäusen entfernt wurde, was zu keinen merkbaren Unterschieden im Phänotyp führte.[10]

Da für den Großteil nichtcodierender DNA unbekannt ist, ob ihr funktionale Aufgaben zukommen, ist es weiterhin eine offene Frage wie groß der Anteil nichtcodierender DNA ist, der eine Funktion ausfüllt.[11][4]

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. J.S. Mattick, I.V. Makunin: Non-coding RNA. In: Hum. Mol. Genet. 15 (Review Issue 1), 2006, S. R17-R29, PMID 16651366 doi:10.1093/hmg/ddl046 PDF
  2. Ian Dunham, Anshul Kundaje u. a.: An integrated encyclopedia of DNA elements in the human genome. In: Nature. 489, 2012, S. 57–74, doi:10.1038/nature11247.
  3. van Bakel H, Nislow C, Blencowe BJ, Hughes TR: Most “Dark Matter” Transcripts Are Associated With Known Genes. In: PLoS Biology. 8. Jahrgang, Nr. 5, 2010, doi:10.1371/journal.pbio.1000371 (plosbiology.org [abgerufen am 22. Mai 2010]).
  4. a b c Alexander F. Palazzo, T. Ryan Gregory, Joshua M. Akey: The Case for Junk DNA. In: PLoS Genetics. 10, 2014, S. e1004351, doi:10.1371/journal.pgen.1004351.
  5. C. Biémont, C. Vieira: Genetics: junk DNA as an evolutionary force. In: Nature. Band 443, Nummer 7111, Oktober 2006, S. 521–524, ISSN 1476-4687. doi:10.1038/443521a. PMID 17024082.
  6. E. Pennisi: ENCODE Project Writes Eulogy for Junk DNA. In: Science. 337, 2012, S. 1159–1161, doi:10.1126/science.337.6099.1159.
  7. D. Graur, Y. Zheng, N. Price, R. B. R. Azevedo, R. A. Zufall, E. Elhaik: On the Immortality of Television Sets: "Function" in the Human Genome According to the Evolution-Free Gospel of ENCODE. In: Genome Biology and Evolution. 5, 2013, S. 578–590, doi:10.1093/gbe/evt028.
  8. W. F. Doolittle: Is junk DNA bunk? A critique of ENCODE. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 110, 2013, S. 5294–5300, doi:10.1073/pnas.1221376110.
  9. Deng-Ke Niu, L. i. Jiang: Can ENCODE tell us how much junk DNA we carry in our genome?. In: Biochemical and Biophysical Research Communications. 430, 2013, S. 1340–1343, doi:10.1016/j.bbrc.2012.12.074.
  10. M. A. Nóbrega, Y. Zhu, I. Plajzer-Frick, V. Afzal, E. M. Rubin: Megabase deletions of gene deserts result in viable mice. In: Nature. Band 431, Nummer 7011, Oktober 2004, S. 988–993, ISSN 1476-4687. doi:10.1038/nature03022. PMID 15496924.
  11. C. I. Castillo-Davis: The evolution of noncoding DNA: how much junk, how much func? In: Trends in genetics : TIG. Band 21, Nummer 10, Oktober 2005, S. 533–536, ISSN 0168-9525. doi:10.1016/j.tig.2005.08.001. PMID 16098630. (Review).