„2channel“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K s. u.
Zeile 7: Zeile 7:


== Grundlegende Konzepte ==
== Grundlegende Konzepte ==
Alle Teilnehmer an der Diskussion sind prinzipiell anonym (vgl. [[Anonymität im Internet]]), per [[Voreinstellung]] werden alle Beiträge mit einem uniformen Platzhalternamen (meist {{lang|ja-Jpan|名無しさん}}, ''Nanashi-[[Japanische Anrede|san]]'' (etwa: „Herr/Frau Ohnenamen“) oder einer Variante davon) veröffentlicht. Eine vorherige Registrierung ist nicht erforderlich, man kann aber jederzeit seine eigene [[IP-Adresse]] von der Forum-Software ausgeben lassen, ein [[Pseudonym]] annehmen oder dieses sichern (per sogenannten [[Tripcode]]s, willkürlichen Zeichenfolgen, die bei der Eingabe an den Namen angehängt werden und per [[Kryptologische Hash-Funktion|kryptologischer Hash-Funktion]] eine Art Authentifizierung in der Namensanzeige ausgeben). Der Gründer und Betreiber von 2channel, [[Hiroyuki Nishimura]], hält Anonymität für nötig, weil sonst nicht damit gerechnet werden könne, dass wichtige Informationen ohne einen Filter durch die Medien veröffentlicht werden könnten. Zudem solle die prinzipielle Anonymität die Diskussionskultur fördern, indem das Zuordnen bestimmter Argumente zu bestimmten Personen erschwert und ein daraus folgendes Abgleiten von Diskussionen in die unsachliche Form eines [[Argumentum ad hominem]] prinzipiell vermieden würde.<ref>Hideki Furukawa: „[http://www.ojr.org/japan/internet/1061505583.php Japan Media Review: Q&A With the Founder of Channel 2]“, 22. August 2003.</ref>
Alle Teilnehmer an der Diskussion sind prinzipiell anonym (vgl. [[Anonymität im Internet]]), per [[Voreinstellung]] werden alle Beiträge mit einem uniformen Platzhalternamen (meist {{lang|ja-Jpan|名無しさん}}, ''Nanashi-[[Japanische Anrede|san]]'' (etwa: „Herr/Frau Ohnenamen“) oder einer Variante davon) veröffentlicht. Eine vorherige Registrierung ist nicht erforderlich, man kann aber jederzeit seine eigene [[IP-Adresse]] von der Forum-Software ausgeben lassen, ein [[Pseudonym]] annehmen oder dieses sichern (per sogenannten [[Tripcode]]s, willkürlichen Zeichenfolgen, die bei der Eingabe an den Namen angehängt werden und per [[Kryptologische Hash-Funktion|kryptologischer Hash-Funktion]] eine Art Authentifizierung in der Namensanzeige ausgeben). Der Gründer und Betreiber von 2channel, [[Hiroyuki Nishimura]], hält Anonymität für nötig, weil sonst nicht damit gerechnet werden könne, dass wichtige Informationen ohne einen Filter durch die Medien veröffentlicht werden könnten. Zudem solle die prinzipielle [[Anonymität]] die Diskussionskultur fördern, indem das Zuordnen bestimmter Argumente zu bestimmten Personen erschwert und ein daraus folgendes Abgleiten von Diskussionen in die unsachliche Form eines [[Argumentum ad hominem]] prinzipiell vermieden würde.<ref>Hideki Furukawa: „[http://www.ojr.org/japan/internet/1061505583.php Japan Media Review: Q&A With the Founder of Channel 2]“, 22. August 2003.</ref> [[Kathrin Passig]] zitiert Hiroyuki Nishimura:„In einem anonymen System weiß man bei [[Kritik]] an den eigenen Beiträgen nicht, über wen man sich ärgern soll. Wenn es Benutzernamen gibt, neigen die alteingesessenen Nutzer dazu, immer mehr [[Autorität]] anzuhäufen, und es wird immer schwieriger, eine [[abweichende Meinung]] zu vertreten“ und sie ergänzt aus eigener Sicht, dass auf Teilnehmern, die in der [[Rangordnung (Biologie)|Hackordnung]] niedriger rangieren, bei vollständiger Anonymität weniger herumgehackt wird. Auch würde es in einem solchen System schwierig oder sogar unmöglich, Beiträge nur deswegen positiv zu bewerten, weil sie von einem bestimmten Autor verfasst worden sind. Passig lässt Nishimuras Zitat schließen mit: „Alle Informationen sind gleichberechtigt, und nur präzise [[Argument]]e bringen einen weiter.“<ref>Kathrin Passig: ''Standardsituationen der Technologiekritik'', Suhrkamp Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-26048-7, S. 60</ref>


Die Server für 2channel stehen in Amerika. Damit gibt es keine japanischen [[Internetdienstanbieter|Provider]], der Zugriff japanischer Regierungsstellen oder Gerichte auf das System wird damit erschwert.
Die Server für 2channel stehen in Amerika. Damit gibt es keine japanischen [[Internetdienstanbieter|Provider]], der Zugriff japanischer Regierungsstellen oder Gerichte auf das System wird damit erschwert.

Version vom 12. Oktober 2014, 11:38 Uhr

2channel (jap. 2ちゃんねる, Ni-channeru) oder auch 2ch (auf die URL zurückgehende Abkürzung) ist das größte Internetforum der Welt.

Bedeutung

2channel wird in japanischer Sprache betrieben und hat knapp 10 Millionen Benutzer. Alexa führt die Webadresse im August 2014 auf Platz 25 in Japan.[1] Für den 17. August 2014 meldete das System von 2channel mehr als 2,8 Millionen neue Diskussionsbeiträge.[2]

Die größte Werbeagentur der Welt Dentsu beschäftigt eine eigene Abteilung damit, die Beiträge auf 2channel zu verfolgen, um aktuelle Trends schnell zu erfassen.[3]

Grundlegende Konzepte

Alle Teilnehmer an der Diskussion sind prinzipiell anonym (vgl. Anonymität im Internet), per Voreinstellung werden alle Beiträge mit einem uniformen Platzhalternamen (meist 名無しさん, Nanashi-san (etwa: „Herr/Frau Ohnenamen“) oder einer Variante davon) veröffentlicht. Eine vorherige Registrierung ist nicht erforderlich, man kann aber jederzeit seine eigene IP-Adresse von der Forum-Software ausgeben lassen, ein Pseudonym annehmen oder dieses sichern (per sogenannten Tripcodes, willkürlichen Zeichenfolgen, die bei der Eingabe an den Namen angehängt werden und per kryptologischer Hash-Funktion eine Art Authentifizierung in der Namensanzeige ausgeben). Der Gründer und Betreiber von 2channel, Hiroyuki Nishimura, hält Anonymität für nötig, weil sonst nicht damit gerechnet werden könne, dass wichtige Informationen ohne einen Filter durch die Medien veröffentlicht werden könnten. Zudem solle die prinzipielle Anonymität die Diskussionskultur fördern, indem das Zuordnen bestimmter Argumente zu bestimmten Personen erschwert und ein daraus folgendes Abgleiten von Diskussionen in die unsachliche Form eines Argumentum ad hominem prinzipiell vermieden würde.[4] Kathrin Passig zitiert Hiroyuki Nishimura:„In einem anonymen System weiß man bei Kritik an den eigenen Beiträgen nicht, über wen man sich ärgern soll. Wenn es Benutzernamen gibt, neigen die alteingesessenen Nutzer dazu, immer mehr Autorität anzuhäufen, und es wird immer schwieriger, eine abweichende Meinung zu vertreten“ und sie ergänzt aus eigener Sicht, dass auf Teilnehmern, die in der Hackordnung niedriger rangieren, bei vollständiger Anonymität weniger herumgehackt wird. Auch würde es in einem solchen System schwierig oder sogar unmöglich, Beiträge nur deswegen positiv zu bewerten, weil sie von einem bestimmten Autor verfasst worden sind. Passig lässt Nishimuras Zitat schließen mit: „Alle Informationen sind gleichberechtigt, und nur präzise Argumente bringen einen weiter.“[5]

Die Server für 2channel stehen in Amerika. Damit gibt es keine japanischen Provider, der Zugriff japanischer Regierungsstellen oder Gerichte auf das System wird damit erschwert.

Es gibt eine größere Anzahl von Freiwilligen, die nach internen Richtlinien unerwünschte Diskussionsbeiträge löschen.

Haftung für illegale Äußerungen

Die Benutzer von 2channel sind anonym. Daher können durch illegale Eintragungen Geschädigte den Autor einzelner Beiträge normalerweise nicht identifizieren. Dies bedeutet, dass zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten gegen den einzelnen Autor und eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Autors meist an dessen Anonymität scheitern. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen ein Geschädigter vom Betreiber des 2channel zumindest die IP-Adresse erfahren hat.[6]

Eine Haftung des Betreibers dagegen ist nach japanischem Recht denkbar. Es gibt auch bereits verschiedene Gerichtsverfahren, in denen Geschädigte geklagt haben.

Ein bekannter Fall ist eine Klage von Debito Arudou. Dieser ist vor allem als Kläger im Prozess um rassistische Diskriminierung im Yunohana Onsen in Otaru bekannt, mit dem er sich gegen eine Politik des „Japanese Only“ dieses Betriebes gewehrt hat. Ihm wurden auf 2channel rassistische Äußerungen unterstellt. Dagegen wehrte er sich mit einer Klage, die erfolgreich war, aber noch Probleme bei der Zwangsvollstreckung aufwirft.[7]

Der Betreiber von 2channel, Hiroyuki Nishimura, fühlt sich zur Erfüllung rechtskräftig festgestellter Forderungen nicht verpflichtet. Asahi Shimbun zitiert ihn wie folgt: We are actually all living bound by an incomplete set of rules--you don't have to pay if you simply refuse to pay. („Wir leben in Wirklichkeit alle unter unverbindlichen Regeln – man braucht nicht zu bezahlen, wenn man sich einfach weigert, zu bezahlen“).[8]

Es gibt zahlreiche erfolgreiche Klagen Geschädigter, deren Gesamtwert bereits 4 Millionen Dollar übersteigt.[3]

Gesellschaftliche Wirkung

2channel war im Jahre 2004 Bühne einer Liebesgeschichte, die unter dem Namen Densha Otoko berühmt geworden ist.

Weiter hatte 2channel auch Einfluss auf die Wahl zur Person des Jahres vom Time Magazine genommen. Eine Kampagne in 2channel führte dazu, dass der Server wegen übermäßiger Stimmbeteiligung zusammenbrach und der betreffende Kandidat aus der Wahl ausgeschlossen wurde.[3]

Einnahmequellen

2channel erzielt Einnahmen aus Werbung. Ein System dazu ist es, Links von Diskussionsbeiträgen auf eine externe Seite nicht sofort zu bedienen, sondern zunächst zu einer Zwischenseite weiterzuleiten, auf der dann Werbung platziert ist. Der Benutzer muss sich dann erst einmal die Werbeseite ansehen, ehe er zu der ihn interessierenden Seite kommt.

Eine andere Einnahmequelle liegt darin, dass ältere Diskussionsbeiträge in ein Archiv verschoben werden, wo sie gegen Bezahlung abgerufen werden können.

Einzelnachweise

  1. Alexa.com, Top in Sites Japan
  2. stats.2ch.net
  3. a b c Lisa Katayama: „2-Channel Gives Japan's Famously Quiet People a Mighty Voice“, in: Wired.com, April 2007.
  4. Hideki Furukawa: „Japan Media Review: Q&A With the Founder of Channel 2“, 22. August 2003.
  5. Kathrin Passig: Standardsituationen der Technologiekritik, Suhrkamp Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-26048-7, S. 60
  6. Vgl. die Entscheidung des Landgerichts Tokio vom 17. September 2003.
  7. Einzelheiten in der Blog Kategorie 2channel auf Debitos Blog.
  8. Tomoya Ishikawa und Mariko Sugiyama: „Criticism mounts against online forum“, in: Asahi Shimbun, 29. Mai 2007 aufgerufen über web.archive.org am 2. Januar 2013