„Paraceratherium“ – Versionsunterschied

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== Forschungsgeschichte ==
== Forschungsgeschichte ==
[[Bild:Paraceratherium.jpg|miniatur|Unterkiefer von ''Paraceratherium'', gefunden von Fordter Cooper und von ihm als [[Holotyp]] der Gattung ausgewiesen]]
[[Bild:Paraceratherium.jpg|miniatur|Unterkiefer von ''Paraceratherium'', gefunden von Fordter Cooper und von ihm als [[Holotyp]] der Gattung ausgewiesen]]
[[Bild:Paraceratherium reconstruction Osborn 1923.png|miniatur|Rekonstruktion von ''Paraceratherium'' nach [[Henry Fairfield Osborn]] aus dem Jahr 1923, oben erste Version im Vergleich zum Breitmaulnashorn, unten zweite Version im Vergleich zum Panzernashorn]]
Der Name ''Paraceratherium'' wurde 1911 von Sir [[Clive Forster Cooper]] (1880–1947) eingeführt.<ref name="Cooper 1911"/> Die ersten veröffentlichten Knochen dieses Tieres, darunter ein hinterer Teil eines Unterkiefers und einzelne Oberkieferzähne, die während einer Expedition nach Dera Bugti (Bugti-Berge) in Belutschistan (Pakistan) entdeckt wurden, hatte bereits [[Guy E. Pilgrim]] (1875–1943) im Jahr 1910 als ''Aceratherium bugtiense'' beschrieben. Weitere isolierte Oberkieferzähne wies Pilgrim der Art ''Bugtitherium grandincisivum'' zu, die vollständige Publikation des Materials erfolgte aber erst 1912.<ref name="Pilgrim 1912"/> Pilgrims Interesse an dieser Region war durch die Fossilienfunde von [[William Thomas Blanford]] (1832-1905) aus dem Jahr 1882 geweckt worden.<ref name="Abel 1923"/>,die frühesten bekannten Funde stammten aber aus dem Jahr 1846, die ein Soldat namens Vickary fand, aufgrund ihres fragmentierten Charakters aber lange Zeit nicht zugeordnet werden konnten.<ref name="Prothero 2013"/> Forster Cooper leitete 1910 eine eigene Expedition in das Gebiet und fand einen fast vollständigen Unterkiefer, mehrere Wirbel und Langknochen. Auf Basis dieses Materials und unter Berufung auf Pilgrims erster kurzer Erwähnung veröffentlichte Forster Cooper die [[Erstbeschreibung]] von ''Paraceratherium bugtiense'', wobei der Unterkiefer als [[Holotyp]] der Gattung dient. Während einer weiteren Expedition im Jahr 1911 in die Region, genauer nach Lundo Tschur, ebenfalls Belutschistan, entdeckte Forster Cooper neben einem weitgehend vollständigen auch drei stärker fragmentierte Schädel.<ref name="Cooper 1924"/> Die Fundstellen von Dera Bugti wurden erst in den der Mitte der 1990er Jahre wiederentdeckt, wobei die Originalfundstelle der heutigen [[Chitawara-Formation]] zugewiesen werden konnte.<ref name="Welcomme et al. 2001"/><ref name="Antoine 2004"/>
Der Name ''Paraceratherium'' wurde 1911 von Sir [[Clive Forster Cooper]] (1880–1947) eingeführt.<ref name="Cooper 1911"/> Die ersten veröffentlichten Knochen dieses Tieres, darunter ein hinterer Teil eines Unterkiefers und einzelne Oberkieferzähne, die während einer Expedition nach Dera Bugti (Bugti-Berge) in Belutschistan (Pakistan) entdeckt wurden, hatte bereits [[Guy E. Pilgrim]] (1875–1943) im Jahr 1910 als ''Aceratherium bugtiense'' beschrieben. Weitere isolierte Oberkieferzähne wies Pilgrim der Art ''Bugtitherium grandincisivum'' zu, die vollständige Publikation des Materials erfolgte aber erst 1912.<ref name="Pilgrim 1912"/> Pilgrims Interesse an dieser Region war durch die Fossilienfunde von [[William Thomas Blanford]] (1832-1905) aus dem Jahr 1882 geweckt worden.<ref name="Abel 1923"/>,die frühesten bekannten Funde stammten aber aus dem Jahr 1846, die ein Soldat namens Vickary fand, aufgrund ihres fragmentierten Charakters aber lange Zeit nicht zugeordnet werden konnten.<ref name="Prothero 2013"/> Forster Cooper leitete 1910 eine eigene Expedition in das Gebiet und fand einen fast vollständigen Unterkiefer, mehrere Wirbel und Langknochen. Auf Basis dieses Materials und unter Berufung auf Pilgrims erster kurzer Erwähnung veröffentlichte Forster Cooper die [[Erstbeschreibung]] von ''Paraceratherium bugtiense'', wobei der Unterkiefer als [[Holotyp]] der Gattung dient. Während einer weiteren Expedition im Jahr 1911 in die Region, genauer nach Lundo Tschur, ebenfalls Belutschistan, entdeckte Forster Cooper neben einem weitgehend vollständigen auch drei stärker fragmentierte Schädel.<ref name="Cooper 1924"/> Die Fundstellen von Dera Bugti wurden erst in den der Mitte der 1990er Jahre wiederentdeckt, wobei die Originalfundstelle der heutigen [[Chitawara-Formation]] zugewiesen werden konnte.<ref name="Welcomme et al. 2001"/><ref name="Antoine 2004"/>



Version vom 3. August 2014, 09:11 Uhr

Paraceratherium

Skelettrekonstruktion von Paraceratherium

Zeitliches Auftreten
Priabonium (Obereozän) bis Aquitanium (Untermiozän)
Fehler. Bitte {{Erdzeitalter/Beginn|fmt=1|{{{1|}}}}} verwenden! bis Fehler. Bitte {{Erdzeitalter/Ende|fmt=1|{{{1|}}}}} verwenden! Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Laurasiatheria
Unpaarhufer (Perissodactyla)
Rhinocerotoidea
Hyracodontidae
Paraceratherium
Wissenschaftlicher Name
Paraceratherium
Forster Cooper, 1911

Paraceratherium (früher auch als Baluchitherium, Indricotherium oder Dzungariotherium beschrieben) ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Hyracodontidae, die zu den Nashornartigen (Rhinocerotoidea) gehört und mit einem Gewicht von bis zu 20 Tonnen die größten landbewohnenden Säugetiere aller Zeiten stellte. Lediglich einige der größten Rüsseltiere könnten ähnliche Dimensionen erreicht haben. Weiterhin zeichnete es sich durch lange Beine, einen verlängerten Hals und einen vergleichsweise kleinen Schädel aus. Die Gattung lebte im Oligozän und frühen Miozän vor 37 bis 20 Millionen Jahren. Sie ist von zahlreichen, teils gut erhaltenen Fossilresten aus Ost-, Zentral- und Westasien bekannt, kam aber auch im heutigen Südosteuropa vor. Laut Untersuchungen der Backenzähne von Paraceratherium ernährte es sich hauptsächlich von weicher Pflanzenkost, dabei lebte es in teils offenen Landschaften, die unter subtropisch-warmem Klima bestanden. Die mitunter häufig genutzten Synonymnamen beruhen auf unabhängigen Beschreibungen von Fundmaterial aus unterschiedlichen Fundregionen, die überwiegend zu Anfang des 20. Jahrhunderts in recht kurzen Zeitabständen erfolgten, aber schlussendlich im Jahr 1989 offiziell mit Paraceratherium vereint wurden. Die wissenschaftliche Entdeckung der Gattung begann Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Name Paraceratherium leitet sich aus den griechischen Wörtern παρά pará „neben“, κέρας keras „Horn“ und θηρίον thēríon „Tier“ ab und bezieht sich auf die nahe Verwandtschaft mit den Nashörnern.

Merkmale

Habitus

Neuere Lebendrekonstruktion von Paraceratherium

Paraceratherium war ein relativ langbeiniges und langhalsiges Tier mit einem kräftigen Körperbau und einem verhältnismäßig kleinen Kopf. Anhand der gefundenen Knochen wird für die größten Arten eine Kopf-Rumpf-Länge von 7,4 bis 8,7 m und eine Schulterhöhe von 4,5 bis 5 m angenommen (ohne Berücksichtigung der Bedeckung des Skelettes durch Weichteilgewebe). Das Gewicht betrug dabei schätzungsweise 15 bis 20 Tonnen, weibliche Tiere waren aber deutlich kleiner.[1] Kleinere Arten wurden nur rund 6,2 m lang und besaßen ein Gewicht von etwa 7 bis 9 Tonnen.[2][3]

Schädel- und Gebissmerkmale

Schädel von Paraceratherium
Oberkieferzähne von Paraceratherium

Ein vollständig erhaltener Schädel war bis zu 130 cm lang und an den Jochbeinbögen bis zu 61 cm breit, einige fragmentierte Stücke lassen noch größere Exemplare annehmen. Dabei war der Schädel ausgesprochen langgestreckt und im Bereich des Gehirnschädels schmal und niedrig. Allerdings besaß der Oberschädel in der Mitte eine leichte kuppelartige Aufwölbung.[1] In Relation zum gesamten Körper ist er verglichen mit heutigen Nashörnern eher klein.[4] Das Nasenbein zeigte eine nur schwache Entwicklung und wies keine Aufrauhungen auf, womit es belegt, dass die Gattung keine Hörner besaß. Das Hinterhauptsbein war schmal und lang und nicht so breit gebaut wie bei den heutigen Nashörnern. Es besaß lediglich einen schwach ausgeprägten Hinterhauptswulst, was auf eine weniger gut entwickelte Nackenmuskulatur schließen lässt – ein weiterer Hinweis auf die Abwesenheit eines Horns. Allerdings waren die Gelenkansätze am Hinterhaupt für die Wirbelsäule enorm groß.[5][1] Der Unterkiefer war lang und schmal, aber recht kräftig gebaut. Die Symphyse reichte bis zum dritten Prämolar und war damit äußerst lang und robust.[6][7]

Paraceratherium hatte ein teilweise reduziertes Gebiss, die Zahnformel lautet: .[8] Im vorderen Gebiss besaß Paraceratherium im Ober- und Unterkiefer jeweils ein Paar Schneidezähne, die dolchartig geformt waren und mit einer Länge von 6 bis 7 cm kleinen Stoßzähnen ähnelten.[6] Dabei waren im Oberkiefer jeweils die zweiten Schneidezähne (I2) ausgebildet, die eher senkrecht oder leicht schräg nach vorn gerichtet im Kiefer saßen. Im Unterkiefer dagegen befanden sich die ersten Schneidezähne (I1) in horizontaler oder schräg aufsteigender Position. Ein weiteres kleines Schneidezahnpaar war manchmal noch im Oberkiefer vorhanden, zusätzlich kam im Oberkiefer noch ein rudimentär erhaltener Eckzahn vor.[9] Zwischen vorderem und hinterem Gebiss befand sich ein großes Diastema. Die vorderen Prämolaren waren sehr klein, während die hinteren fast die Größe der folgenden Molaren erreichten. Die Molaren selbst ähnelten denen der Nashörner, besaßen aber weniger geschwungene Schmelzfalten. Der Zahnschmelz war aber mit 4 mm sehr dick. Allgemein waren die Molaren moderat hochkronig (hypsodont). Häufig wies der letzte Molar die größten Dimensionen auf und besaß Längen von über 10 cm. Allgemein waren die Backenzähne aber sehr klein, bezogen auf die Größe der Tiere, die Gesamtlänge der Backenzahnreihe betrug 40 cm.[1][10]

Körperskelett

Die am Schädel ansetzenden Halswirbel erreichten eine enorme Größe und waren in der Länge gestreckt, was den langen Hals von Paraceratherium bewirkte. Die Lage der Gelenkflächen an den Wirbeln zeigt, dass der Kopf in der Regel horizontal gehalten wurde, dafür aber seitlich gut ausschwenkbar war. Außerdem waren die beiden ersten Halswirbel deutlich kürzer und schränkten dabei eine vertikale Bewegung ein. Aufgrund dessen war eine pferde- oder okapiähnliche dauerhafte Kopfhaltung mit nach oben angewinkeltem Hals kaum möglich. Die Dornfortsätze der ersten Brustwirbel waren extrem lang und indizieren dadurch einen kleinen Buckel direkt hinter dem Nacken, zudem aber auch eine Muskulatur, die kräftig genug war, den schweren Kopf zu halten.[1]

Die Gliedmaßen waren sehr langgestreckt und setzten wie bei den heutigen Nashörnern leicht gewinkelt unter dem Körper an. Das Femur erreichte Längen von 120 bis 150 cm, dieses besaß zudem im Gegensatz zu den nahe verwandten Nashörnern weniger stark ausgebildete Trochanter (Großer, Kleiner und Dritter), was möglicherweise auf die enorme Streckung des Gesamtknochens zurückzuführen ist und eine Parallele in der Entwicklung der Elefantenfemora findet. Die Tibia war dagegen mit 80 bis 90 cm Länge deutlich kürzer. Generell war der Humerus mit 90 bis 99 cm kürzer als der Radius, der teilweise über 120 cm Länge erreichte. Das Verhältnis dieser beiden Langknochen zueinander lässt auf eine Herkunft von schnellläufigen Vorahnen schließen. Sowohl die Vorder- als auch die Hinterbeine endeten in je drei Zehen, wobei der mittlere am größten war. Die Metapodien waren dabei seitlich teilweise verschmälert, die Zehenknochen zusätzlich deutlich abgeplattet.[11][12]

Fundstellen

Die wichtigsten Fundgebiete von Paraceratherium in Eurasien

Bedeutende Fundstellen finden sich im ehemaligen Belutschistan im heutigen westlichen Pakistan. Von dort stammen auch die ersten Funde aus den Bugti-Bergen.[6][10] Sehr fundreiche Gebiete liegen des Weiteren bei Torghai im nordwestlichen Kasachstan, deren Fossilien zu den größten Vertretern von Paraceratherium gehören,[12] aber auch in anderen Landesteilen sind Reste dieser Tiergattung bekannt, so aus den Aktau-Bergen im Südosten.[13][14] Von herausragender Bedeutung ist vor allem das Tsagan-Nor-Becken in der Mongolei, wo die meisten Funde aus der Hsanda-Gol-Formation stammen und den bisher vollständigsten Schädel einschließen. Auch diese Funde repräsentieren teilweise sehr große Formen.[11] Die nördlichen und nordwestlichen Provinzen Chinas bergen überdies ebenfalls zahlreiche Fossilien, die aber auch andere Indricotherien-Formen umfassen.[15][7] In jüngerer Zeit wurden Paraceratherium-Funde auch aus der Türkei bekannt, die teilweise sehr großen Vertretern angehören, so etwa aus der Kizilirmak-Formation im Çankiri-Çorum-Becken im zentralen und aus der Güngörmez-Formation im Kağızman-Tuzluca-Becken im nordöstlichen Anatolien.[16][17] Die bisher westlichsten Fundpunkte liegen in Südosteuropa, wo Reste von Paraceratherium unter anderem in der Cuzăplac-Formation in Rumänien vorkommen,[18] aber auch aus Montenegro (Berane) und Bulgarien (Dragovischtitza) wurden einzelne Knochen berichtet.[17]

Paläobiologie

Körpergröße

Größenvergleich von Paraceratherium mit Nashörnern als nächste verwandte Gruppe und dem Menschen

Ursprünglich wurde von einem Gewicht von bis zu 34 Tonnen ausgegangen, diese Werte beruhten aber auf Proportionsvergleichen mit heutigen Nashörnern und resultierten teilweise aus einem ersten, aber missglückten Rekonstruktionsversuch von Henry Fairfield Osborn aus dem Jahr 1923.[19] Diese Gewichtsangaben erwiesen sich aber nach neueren Studien als zu hoch, so dass heute von einem maximalen Gewicht von 15 bis 20 Tonnen, im Extremfall von 24 Tonnen ausgegangen wird, bei kleineren Exemplaren nur von 7 bis 9 Tonnen. Dabei beruhen diese Studien weitgehend auf dem Vergleich einzelner Knochen zueinander, vor allem des Schädels und der Gliedmaßen, und bezogen auch zahlreiche andere Tierarten mit ein.[2][20] Trotzdem müssen diese Gewichtsangaben nur als ungefähre Schätzwerte angesehen werden, da die Indricotherien in ihren Körperproportionen deutlich von anderen Unpaarhufern abweichen. Aufgrund dieser Werte gilt Paraceratherium aber letztendlich als das größte bekannte Landsäugetier aller Zeiten. Im Vergleich zum heutigen Afrikanischen Elefanten, der etwa 4 bis 6 Tonnen wiegt, ist Paraceratherium durchaus größer, der größte, jemals geschossene Elefant wog jedoch immerhin rund 10 Tonnen und ist heute im Smithsonian Institution ausgestellt. Die größten bekannten Rüsseltiere wiesen dem gegenüber ein Gewicht vergleichbar zu Paraceratherium auf. So wurde der Steppenelefant aus dem Pleistozän Eurasiens bis zu 4,5 m hoch und wog gut 14 Tonnen, Deinotherium giganteum aus dem Miozän brachte es immerhin noch auf 4,3 m Schulterhöhe und 13 Tonnen Gewicht.[21] Möglicherweise stellen die von Paraceratherium erreichten 15 bis 20 Tonnen aufgrund der speziellen Nahrungsverwertung im Magen-Darm-Trakt die Obergrenze der Körpermasse bei landlebenden Säugetieren dar.[22] Die angegebenen Größenwerte setzen voraus, dass Paraceratherium über eine ausreichende Thermoregulation verfügt haben muss. Das subtropische Klima, in dem es überwiegend lebte, lässt somit annehmen, dass es eine nur geringe Fellbedeckung besaß, ähnlich den anderen sehr großen Säugern heute, da ein dichtes Fell die überschüssige Körperwärme nur unnötig speichert und schlecht ableitet. Weiterhin deuten die Knochen rund um den Ohreingang, vor allem der Processus mastoideus und der Processus paroccipitalis, die beiden jenen heutiger Elefanten entsprechen, darauf hin, dass die Ohrmuschel möglicherweise deutlich größer gestaltet war als vergleichsweise bei den heutigen Nashörnern und so ebenfalls einen Beitrag zur Regulierung des Wärmehaushaltes leisten konnte.[3]

Fortbewegung

Hinterbein von Paraceratherium

Die meisten der heutigen extrem großen Säugetiere, wie die Elefanten, Nashörner und Flusspferde besitzen Anpassungen an eine schwerfällige Fortbewegungsweise (graviportal), die sich aufgrund eines fehlenden Drucks durch Fressfeinde im ausgewachsenen Alter entwickelte, ihnen es aber ermöglicht, das hohe Körpergewicht zu tragen. Diese zeigen sich hauptsächlich bei den Gliedmaßen, die vor allem durch lange obere Abschnitte (Oberarm- und Oberschenkelknochen) und verkürzte untere, insbesondere der Hand- und Fußknochen, charakterisiert sind. Gerade bei den Metapodien (Mittelhand- und Mittelfußknochen) und den Phalangen (Finger- und Zehenknochen) sind diese Verkürzungen besonders deutlich erkennbar, die dadurch bei diesen Tieren eine sehr schnelle Fortbewegung einschränken. Paraceratherium jedoch wies im Gegensatz dazu vergleichsweise kurze obere und lange untere Gliedmaßenabschnitte auf, vor allem an den vorderen Beinen, die auf seine Herkunft von den schnellläufigen (cursorial) Hyracodontidae hinweisen. Im Gegensatz zu echten Fluchttieren, wie etwa die Pferde oder Rehe sind aber die Phalangen deutlich in ihrer Länge reduziert und gleichen so denen der schwerfällig gebauten Nashörner und Elefanten, eine ähnliche Entwicklung ist auch bei den großen Sauropoden zu beobachten.[23] Daraus lässt sich schließen, dass auch Paraceratherium in einer sehr schnellen Fortbewegung eingeschränkt war.[3]

Ernährungsweise

Der Bau der Zähne, der lange Hals und die generelle Größe der Tiere mit hoher Kopfposition machen es wahrscheinlich, dass Paraceratherium auf weiche Pflanzennahrung mit geringem Kieselsäureanteil spezialisiert war und sich höchstwahrscheinlich von Blättern, Zweigen, Knospen oder Blüten ernährte (browsing). Mikroskopische Abschleifspuren an den Backenzähnen zeigen dabei ein typisches Muster, was jenem der heutigen, auf weiche Pflanzennahrung spezialisierten Pflanzenfressern gleicht. Zudem ergaben Isotopenanalysen der Backenzähne, die sowohl an Funden aus China als auch aus Pakistan vorgenommen wurden, dass sich Paraceratherium ausgehend vom Verhältnis der Kohlenstoff-Isotopen zueinander fast ausschließlich von Blättern ernährte.[24][25] Seine Größe ermöglichte es ihm dabei, in den Baumkronen mittelhoher Bäume seiner Zeit zu weiden, ähnlich wie es bei den heutigen Giraffen in Afrika zu beobachten ist. Da bei zahlreichen rezenten auf Blattnahrung spezialisierten Tieren, wie beispielsweise bei den diversen sich so ernährenden Nashornarten, eine meist sehr bewegliche Oberlippe zur Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme ausgebildet ist, kann eine solche auch bei Paraceratherium angenommen werden. Knöcherne Erhebungen als Muskelansatzstellen im Gesichtsschädel ebenso wie der weit nach hinten reichende Naseninnenraum weisen darauf hin, dass die Oberlippe sogar die Form eines kleinen, kurzen Rüssels, ähnlich den Tapiren, besessen haben könnte.[26][3]

Es ist zu vermuten, dass bei Paraceratherium analog zu den heutigen und nachgewiesen auch bei einigen ausgestorbenen Unpaarhufern die Verdauung im hinteren Darmtrakt stattfand (Enddarmfermentierer). Daraus lässt sich schließen, dass die Verwertung der aufgenommenen Nahrung schlechter erfolgte als bei den Wiederkäuern, wodurch es nötig für ein Tier wurde, täglich große Nahrungsmengen aufzunehmen. Im Vergleich zu der Menge an Futter, die ein heutiger Elefant pro Tag vertilgen muss, ist von einer mindestens ebenso großen bei Paraceratherium auszugehen.[3]

Paläolandschaft

Die Größe der Tiere indiziert, dass sie in offenen Waldlandschaften oder Baumsavannen zu Hause waren.[19] Neuere Untersuchungen an Fundstellen mit Paraceratherium-Resten belegen diese Vermutung.[16] Diese offenen Landschaften gehen mit Klimaveränderungen während des Oligozän einher, die zu kühleren und trockeneren Klimaten führten und so zur Öffnung der Landschaften beitrugen. Da Paraceratherium überwiegend Blattnahrung zu sich nahm, muss in solchen offenen Landschaften der Aktionsradius einzelner Tiere extrem groß gewesen sein, um die notwendige tägliche Nahrungsmenge zu erreichen. Ob diese Herden bildeten, ist unbekannt, die meisten Unpaarhufer leben solitär mit Mutter-Kalb-Beziehungen während der Aufzucht, nur einige Pferdearten bilden heute Herdenverbände, allerdings ist dies eine eher moderne Anpassung an Steppen- und Savannenlandschaften, die ab dem Miozän entstanden.[27] Ausgewachsene Vertreter von Paraceratherium hatten wohl aufgrund der Größe kaum natürliche Feinde, allerdings finden sich an einigen Knochen aus den Bugti-Bergen in Pakistan Bissspuren, die auf ein riesiges Krokodil, Crocodylus bugtiensis zurückgeführt werden, dass bis zu 11 m lang wurde und offensichtlich gelegentlich ein Tier angriff.[3]

Stammesgeschichte

Paraceratherium geht vermutlich auf das nur ponygroße Forstercooperia als Basisform der Indricotherien aus dem mittleren Eozän zurück.[28][29]Die darauf folgenden Gattungen Juxia und Urtinotherium aus dem späten Eozän und frühen Oligozän waren ebenfalls aufgrund der andersartigen Gebissmorphologie sehr urtümlich.[30] Im frühen Oligozän vor 37 Millionen Jahren ist dann auch erstmals Paraceratherium nachgewiesen, zu den frühesten Funden gehören jene von Nei-Monggol (China). Die Gattung war über weite Gebiete von West- bis Ostasien verbreitet und kam in einer späteren Phase auch im südöstlichen Europa vor. Im Unteren Miozän vor 20 Millionen Jahren starb sie dann aus. Zu den stammesgeschichtlich jüngsten Nachweisen gehören jene von den Bugti-Bergen in Pakistan.[31][32] Dieses Aussterben ging möglicherweise mit weiteren klimatischen Abkühlungen einher, aber auch mit der Ankunft neuer, konkurrenzfähigerer Pflanzenfresser, etwa den Rüsseltieren, die zu jener Zeit Eurasien über die neuentstandene Landbrücke durch die Schließung der Tethys aus Afrika erreichten.[3]

Forschungsgeschichte

Unterkiefer von Paraceratherium, gefunden von Fordter Cooper und von ihm als Holotyp der Gattung ausgewiesen
Rekonstruktion von Paraceratherium nach Henry Fairfield Osborn aus dem Jahr 1923, oben erste Version im Vergleich zum Breitmaulnashorn, unten zweite Version im Vergleich zum Panzernashorn

Der Name Paraceratherium wurde 1911 von Sir Clive Forster Cooper (1880–1947) eingeführt.[6] Die ersten veröffentlichten Knochen dieses Tieres, darunter ein hinterer Teil eines Unterkiefers und einzelne Oberkieferzähne, die während einer Expedition nach Dera Bugti (Bugti-Berge) in Belutschistan (Pakistan) entdeckt wurden, hatte bereits Guy E. Pilgrim (1875–1943) im Jahr 1910 als Aceratherium bugtiense beschrieben. Weitere isolierte Oberkieferzähne wies Pilgrim der Art Bugtitherium grandincisivum zu, die vollständige Publikation des Materials erfolgte aber erst 1912.[33] Pilgrims Interesse an dieser Region war durch die Fossilienfunde von William Thomas Blanford (1832-1905) aus dem Jahr 1882 geweckt worden.[34],die frühesten bekannten Funde stammten aber aus dem Jahr 1846, die ein Soldat namens Vickary fand, aufgrund ihres fragmentierten Charakters aber lange Zeit nicht zugeordnet werden konnten.[3] Forster Cooper leitete 1910 eine eigene Expedition in das Gebiet und fand einen fast vollständigen Unterkiefer, mehrere Wirbel und Langknochen. Auf Basis dieses Materials und unter Berufung auf Pilgrims erster kurzer Erwähnung veröffentlichte Forster Cooper die Erstbeschreibung von Paraceratherium bugtiense, wobei der Unterkiefer als Holotyp der Gattung dient. Während einer weiteren Expedition im Jahr 1911 in die Region, genauer nach Lundo Tschur, ebenfalls Belutschistan, entdeckte Forster Cooper neben einem weitgehend vollständigen auch drei stärker fragmentierte Schädel.[5] Die Fundstellen von Dera Bugti wurden erst in den der Mitte der 1990er Jahre wiederentdeckt, wobei die Originalfundstelle der heutigen Chitawara-Formation zugewiesen werden konnte.[35][10]

Der Gattungsname Indricotherium basiert auf einer Beschreibung von Alexei A. Borissiak (1872–1944) aus dem Jahr 1915, die anhand von Funden aus Torghai im nördlichen Turkestan (Kasachstan) erfolgte. Diese umfassten neben Gebissfragmenten einen Großteil der Wirbel und der Knochen des Bewegungsapparates.[36][12] Da die vollständige Artbenennung als Indricotherium asiaticum erst 1923 abgeschlossen war,[37] wurde dieser Name nicht anerkannt, da bereits im vorangegangenen Jahr M. Pavlova Indricotherium transouralicum anhand von Funden, darunter ein 63 cm langes Unterkieferfragment mit vollständiger hinterer Bezahnung, aus der gleichen Region beschrieben hatte.[38]

Weiteres umfangreiches Knochenmaterial wurde 1922 während der Second Central Asiatic Expedition of the American Museum of Natural History unter Leitung von Roy Chapman Andrews (1884–1960) und Walter Granger (1872–1942) im Tsagan-Nor-Becken in der Mongolei entdeckt, darunter ein Unterkiefer, ein nahezu vollständiger, aber in mehr als 360 Einzelteile[39] zerfallener, 129 cm langer Schädel sowie ein Oberarmknochen. Diese wurden im darauffolgenden Jahr von Henry Fairfield Osborn (1857–1935) als Baluchitherium grangeri beschrieben.[11] Der Gattungsname Baluchitherium war aber bereits 1913 von Forster Cooper aufgrund mehrerer sehr großer und seiner Meinung nach nicht zu Paraceratherium passender Wirbel eingeführt worden, nachdem der ursprünglich vorgesehene Name Thaumastotherium osborni für die von ihm neu beschriebene Art abgelehnt worden war, da er schon für ein Insekt aus der Gruppe der Schnabelkerfe vergeben worden war.[40][41]

Während die ersten Funde aus China in das Jahr 1922 in der Ordos-Region der Inneren Mongolei am Ufer des Gelben Flusses datieren, begannen systematische Untersuchungen erst Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre und standen teilweise in Verbindung mit gemeinsamen Expeditionen zusammen mit sowjetischen Paläontologen. Dabei kamen bedeutende Fossilreste zu Tage, die alle aus dem nördlichen Teil Chinas, vor allem aus der Provinz Xinjiang und aus der Inneren Mongolei stammen und mehrere Schädel umfassen, darunter auch ein 121 cm langes Exemplar aus dem Dzungaria-Becken, aber auch Zahnreste und Teile des postcranialen Skelettes einschließen. Diese Funde wurden der Gattung Dzungariotherium zugewiesen, einem sehr großen Vertreter.[42][43] Vor allem aus der Inneren Mongolei sind in jener Zeit zudem auch die ersten Überreste von Juxia und Urtinotherium entdeckt worden, zwei stammesgeschichtlich ältere Mitglieder der Indricotherien. Eine treibende Kraft hinter diesen Entdeckungen war der chinesische Paläontologe Chow Minchen (1918–1996).[3]

Eine erste Rekonstruktion erfolgte 1923 von Osborn, die aber nur auf wenigen Funden aus der Mongolei basierte und dadurch einen zu nashornähnlichen Charakter trug mit deutlich zu kurzen Gliedmaßen und zu kurzem Hals. Noch im gleichen Jahr fertigte er eine erfolgreichere Rekonstruktion an, die er anhand umfangreicherer Funde aus der Mongolei und Belutschistans erstellte.[19] Ihr folgte der Rekonstruktionsversuch von Borissiak im Jahr darauf, den er basierend auf den Indricotherium-Funden durchführte und dem er mangels eines vollständigen Schädels den von Baluchitherium hinzufügte. Seine Rekonstruktion wich aber von der Osborns zweiter im Bezug auf die Körperproportionen ein wenig ab, kam dem realen Aussehen von Paraceratherium aber ebenfalls deutlich nahe.[4] Eine sehr umfassende und bis heute bildbestimmende Rekonstruktion ist jene von Granger und Gregory aus dem Jahr 1935, die mit Hilfe der mongolischen Funde erfolgte und der sich auch eine umfangreiche Beschreibung des Fundmaterials anschloss. Es ist dabei zu erwähnen, dass diese Rekonstruktion verschiedenes Fundmaterial einschließt, das von beiden Autoren in vier unterschiedliche Größenklassen eingeteilt wurde, da es von mehreren Individuen mit abweichender Körpergröße stammte.[44][1]

Systematik

Äußere Systematik

Das Vordergebiss der drei Familien der Rhinocerotoidea, links Amynodontidae (Amynodon), Mitte, Hyracodontidae (Paraceratherium), rechts Rhinocerotidae (Trigonias)

Als ein Vertreter der Rhinocerotoidea war Paraceratherium mit den heutigen Nashörnern verwandt, trug aber selbst keine Hörner. Bei seiner Entdeckung wurde die Tiergattung zunächst von Forster Cooper den Rhinocerotidae zugewiesen,[6] von Borissiak stammt die Bezeichnung der Unterfamilie Indricotheriinae (Indricotherien), die er 1923 einführte und die er damals ebenfalls als Mitglied der Nashörner sah.[37] Im gleichen Jahr schlug Osborn die Bezeichnungen Baluchitheriinae beziehungsweise Paraceratheriinae vor, beide Benennungen haben aber keine Gültigkeit.[11] Im Jahr 1939 allerdings etablierte Borissiak den Familiennamen Indricotheriidae als Schwestertaxon der Nashörner, der aber kaum Anerkennung fand.[9] Fast 30 Jahre später wurde die Gruppe der Indricotherien 1967 aufgrund ihres komplexeren und teilweise anders strukturierten vorderen Gebisses aus den Rhinocerotidae ausgeschlossen und den Hyracodontidae innerhalb der Rhinocerotoidea als ein Schwestertaxon der Nashörner zugewiesen. Dabei besteht der Unterschied darin, dass die Hyracodontidae zwei Paare dolchartiger Schneidezähne im Gebiss haben (je eines im Ober- und Unterkiefer). Die echten Nashörner dagegen besitzen im Oberkiefer ein Paar plattenförmiger Schneidezähne, während solche spitzen, dolchförmigen Zähne nur im Unterkiefer ausgebildet sind (sogenannte „Meißel-Stoßzahn-Anordnung“).[28] Dass ein am Vorderfuß ausgebildeter rudimentärer vierter Zeh bei basalen Indricotherien eine Stellung innerhalb der echten Nashörner befürwortete,[45]wurde weitgehend abgelehnt, da dieses Merkmal bei vielen urtümlichen Nashornartigen ebenfalls auftritt.[31] Die Ausgliederung der Indricotherien aus den Nashörnern wurde mehrheitlich begrüßt,[30] ist allerdings auch nicht ganz unumstritten.[9]

Innerhalb der Indricotheriinae ist die Eigenstellung von Indricotherium Gegenstand einer häufig geführten Diskussion. Während Baluchitherium schon sehr früh als identisch mit Indricotherium erkannt wurde[1] und beide letztendlich 1959 zu Indricotherium zusammengeführt wurden,[8] war die Beziehung zu Paraceratherium lange ungelöst. Bemerkenswert ist der Größenunterschied zwischen dem kleineren Paraceratherium und dem wesentlich größeren Indricotherium. Weitere Unterschiede betreffen die Form des Unterkiefers und des Schädels sowie den Zahnbau und die Zahnanzahl, vor allem bei den Schneidezähnen. So besaß Indricotherium zwei kleinere Schneidezähne zwischen den oberen großen dolchartigen Stoßzähnen, während dies bei Paraceratherium nicht der Fall war.[46] Auch die Stellung der unteren Schneidezähne unterscheidet sich in ihrer anatomischen Ausprägung bei beiden Formen, da jene des Indricotheriums deutlich steiler aufgerichtet waren.[7] Trotz des geringen Fossilmaterials gerade dieser Körperpartien wurde deshalb schon in den 1960er und 1970er Jahren diskutiert, ob die bekannten Abweichungen auf unterschiedliche Arten oder Gattungen zurückzuführen sind.[28] Allerdings wurden beide Formen 1989 als zu einer Gattung (Paraceratherium) gehörig zusammengeführt und die Unterschiede intraspezifisch als Geschlechtsdimorphismus angesehen, wonach Indricotherium möglicherweise die männliche und Paraceratherium die weibliche Form darstellen. Grundlage dafür waren neben morphologischen und metrischen Zahnvergleichen vor allem mehrere Schädel aus dem Turpan-Becken in China, die allesamt kaum Variationsunterschiede ergaben.[47] Trotzdem beharren zahlreiche Forscher aufgrund der vorhandenen Unterschiede auf eine Trennung der beiden Formen.[7][16]

Innere Systematik der Unterfamilie Indricotheriinae nach Prothero et al. 1986[30], Lucas und Sobus 1989[13] und Holbrook und Spencer 1997[26]
 Rhinocerotida  

 Rhinocerotidae 


  Hyracodontidae 

 Hyracodontinae (†)


  Indricotheriinae 

 Forstercooperia (†)


   

 Juxia (†)


   

 Urtinotherium (†)


   

 Paraceratherium (†)







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Neben Paraceratherium gehören auch noch Forstercooperia[48] Juxia[49]und Urtinotherium[50] zu den Indricotherien. Diese unterscheiden sich weitgehend in der höheren Anzahl der Zähne des vorderen Gebisses voneinander und sind allesamt kleiner. Das von Borissiak 1939 basierend auf Schädelfunden aus der Nähe des Aralsees beschriebene Aralotherium wurde ebenfalls 1959 bei der Gesamtbearbeitung des Fundmaterials der Indricotherien mit Paraceratherium gleichgestellt.[8] Ursprünglich wurde mit Dzungariotherium[42] (die Beschreibung basierte auf einem nahezu vollständigen Schädel aus Nordwestchina) noch eine weitere Gattung beschrieben, im Zuge der taxonomischen Überarbeitung 1989 jedoch in Paraceratherium mit eingeschlossen,[47] was aber nicht vollständig akzeptiert wird.[7] Unklar ist die taxonomische Stellung von Benaratherium aus Georgien, eingeführt von L. Gabunia 1955,[8] da diese Gattung bei der 1989 erfolgten Revision nicht mit einbezogen worden war.[16]

Innere Systematik

Zahlreiche unterschiedliche Arten wurden von Paraceratherium beschrieben, aufgrund der Mehrfachbenennung der Gattung überschneiden sich zahlreiche dieser Formen. So wurden Baluchitherium grangeri, Indricotherium transouralicum und Indricotherium asiaticum bzw. Paraceratherium bugtiense und Baluchitherium osborni bereits früh als synonyme Arten erkannt.[8] Im Folgenden werden die sieben heute anerkannten Arten kurz aufgeführt.

  • Paraceratherium bugtiense Pilgrim 1908, 1910, 1912 stellt die Typusart von Paraceratherium dar und war ein kleinerer Vertreter, der etwa 7,4 Tonnen wog. Hauptsächlich nachgewiesen ist die Art in Pakistan.[5][2]
  • Paraceratherium transouralicum Pavlova 1922, ursprünglich Baluchitherium und Indricotherium, war eine große Art, Bullen wogen etwa 15 bis 20 Tonnen, Kühe wahrscheinlich nur 9 bis 11 Tonnen. Bedeutende Nachweisgebiete sind Kasachstan und die Mongolei. Neben P. bugtiense ist dies die am besten erforschte Art.[8][2]
  • Paraceratherium prohovori Borissiak 1939, ursprünglich Aralotherium, war ein kleinerer Vertreter, der ein Gewicht von rund 9 Tonnen aufwies und hauptsächlich im östlichen Kasachstan nachgewiesen wurde. Die Art besaß ein höheres Schädeldach und weicht mit einzelnen anatomischen Unterschieden im Unterkiefer ab.[2][7]
  • Paraceratherium orgosensis Qiu 1973, ursprünglich Dzungariotherium, war eine große Art und erreichte etwa die Ausmaße von P. transouralicum, möglicherweise aber auch größere, da die Zähne bis zu 25 % größer sind als bei P. transouralicum, Gewichtsangaben gehen bei großen Individuen bis zu 24 t.[3][51] Sie ist unter anderem anhand eines nahezu vollständigen, 121 cm langen Schädelfundes aus dem Dzungaria-Becken in Xinjiang im Nordwesten Chinas bekannt und besaß zwei deutlich verkleinerte obere Schneidezahnpaare und ein reduziertes unteres Paar.[42]
  • Paraceratherium zhajremensis Bayshashov 1988 war eine große Art, möglicherweise größer als P. transouralicum. Sie ist durch mehrere Unterkieferfragmente aus dem Südosten Kasachstans bekannt, die morphologisch von den anderen Arten abweichen.[13]
  • Paraceratherium sui Ye, Meng & Wu 2003 stellte eine kleinere Art dar, war jedoch größer als P. bugtiense. Der bisher singuläre Unterkiefer aus Fuhai in Nordwestchina ähnelte aber stark dem der Typusart.[7]
  • Paraceratherium yagouense Qiu, Wang & Deng 2004 war eine kleine Art und in der Größe mit P. bugtiense vergleichbar. Sie unterscheidet sich von anderen Arten durch die Reduktion der oberen Schneide- und Eckzähne, allerdings beruht die Beschreibung auf einem Schädel eines nicht ausgewachsenen Tieres, der im Linxia-Becken in Gansu im Norden Chinas gefunden wurde.[52]

Chinesische Paläontologen unterscheiden darüber hinaus zwei weitere Arten.

  • Paraceratherium tienshanensis Chow & Xu 1959 war eine große Art, möglicherweise so groß wie P. transouralicum oder größer, ist aber nur von einem fragmentierten Unterkiefer bekannt, der aus dem Hami-Becken in Xinjiang stammt.[7][52]
  • Paraceratherium lipidus Xu & Wang 1978 war eine kleinere Art und erreichte die Maße von P. bugtiense, ist bisher aber nur von einem Schädelfund aus der Turpan-Senke in Xinjiang bekannt.[7][52]

Literatur

  • Walter Granger und William K. Gregory: Further notes on the gigantic extinct rhinoceros, Baluchitherium, from the Oligocene of Mongolia. Bulletin of the American Museum of Natural History 72, 1936, S. 1–73
  • Donald R. Prothero: Rhino giants: The palaeobiology of Indricotheres. Indiana University Press, 2013, S. 1–141 ISBN 978-0-253-00819-0

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Walter Granger und William K. Gregory: Further notes on the gigantic extinct rhinoceros, Baluchitherium, from the Oligocene of Mongolia. Bulletin of the American Museum of Natural History 72, 1936, S. 1–73
  2. a b c d e Mikael Fortelius und John Kappelmann The largest land mammal ever imagined. Zoological Journal of the Linnean Society 107, 1993, S. 85–101
  3. a b c d e f g h i j Donald R. Prothero: Rhino giants: The palaeobiology of Indricotheres. Indiana University Press, 2013, S. 1–141 ISBN 978-0-253-00819-0
  4. a b Alexei A. Borissiak: Über die Unterfamilie Indricotheriinae Boriss. = Baluchitheriinae Osb. Zentralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie 18, 1924, S.571–575
  5. a b c Clive Forster-Cooper: On the skull and dentition of Paraceratherium bugtiense: a genus of aberrant rhinoceros from the lower Miocene deposits of Dera Bugti. Philosophical Transactions of the Royal Society of London (B) 212, 1924, S. 369–394
  6. a b c d e Clive Forster-Cooper: Paraceratherium bugtiense, a new Genus of Rhinocerotidae from the Bugti Hills of Baluchistan - preliminary notice. The Anals and Magazine of Natural History 8, 1911, S. 711–716
  7. a b c d e f g h i Ye Jie, Meng Jin und Wu Wen: Discovery of Paraceratherium in the northern Junggar Basin of Xinjiang. Vertebrata Palasiatica 41 (3), 2003, S. 220–229
  8. a b c d e f Вера Громова: Гигантские носороги. Академия Наук СССР 71, Moskau 1959
  9. a b c Demberelyin Dashzeveg: A new Hyracodontid (Perissodactyla, Rhinocerotoidea) from the Ergilin Dzo formation (Oligocene Quarry 1) in Dzamyn Ude, Eastern Gobi Desert, Mongolia. American Museum Novitates 3178, 1996, S. 1–12
  10. a b c Pierre-Olivier Antoine, S. M. Ibrahim Shah, Iqbal U. Cheema, Jean-Yves Crochet, Dario de Franceschi, Laurent Marivaux, Grégoire Métais and Jean-Loup Welcomme: New remains of the baluchithere Paraceratherium bugtiense (Pilgrim, 1910) from the Late/latest Oligocene of the Bugti hills, Balochistan, Pakistan. Journal of Asian Earth Sciences, Volume 24, Issue 1, October 2004, Seiten 71–77 ([1])
  11. a b c d Henry Fairfield Osborn: Baluchitherium grangeri, a giant hornless rhinoceros from Mongolia. American Museum Novitates 78, 1923, S. 1–15
  12. a b c Алексей Алексеевич Борисяк: Остеология индрикотерия. Исвестя Императорскоӣ Академиӣ Наук 11, 1917, S. 287–299
  13. a b c Spencer George Lucas und Bolat U. Bayshashov: The giant rhinoceros Paraceratherium from the Late Oligocene at Aktau Mountain, southern Kazakhstan, and its biochronological significance. Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Stuttgart 9, 1996, S. 539–548
  14. Болат У. Байшашов: О гигантском носороге местонарождения Кызылжар (юго-восточныи Казахстан. Хабаршы Вестник 40 (1), 2009, S. 50–53
  15. Chiu Chan-Siang: Giant rhinoceros from Loping, Yunnan, and discussion of the taxonomic characters of Indricotherium grangeri. Vertebrata Palasiatica 6 (1), 1962, S. 57–71
  16. a b c d Pierre-Olivier Antoine, Levent Karadenizli, Gerçek Saraç und Sevket Sen: A giant rhinocerotoid (Mammalia, Perissodactyla) from the late Oligocene of north-central Anatolia (Turkey). Zoological Journal of the Linnean Society 152 (3), 2008, S. 581–592
  17. a b Sevket Sen, Pierre-Olivier Antoine, Bakit Varol, Turban Ayyiidiz und Koray Sozeri: Giant rhinoceros Paraceratherium and other vertebrates from Oligocene and middle Miocene deposits of the Kazman-Tuzluca Basin, Eastern Turkey. Naturwissenschaften 98 (5), 2011, S. 407–423
  18. Vlad A. Codrea: Rinoceri și Tapiri Terțiari din România. Presa Universitara Clujeana, Cluj-Napoca, 2000, Französischer Abstract S. 145–147
  19. a b c Henry Fairfield Osborn: The extinct giant rhinoceros Baluchitherium of Western and Central Asia. Natural History, New York 23 (3), 1923, S. 208–228
  20. Philip D. Gingerich: Predictions of Body by Browse to Save">Mass in mammalian species from bone lengths and diameters. Contributions from the Museum of Paleontology, University of Michigan, Ann Arbor 28 (4), 1990, S. 79– 92
  21. Per Christiansen: Body size in proboscideans, with notes on elephant metabolism. Zoological Journal of the Linnean Society 140, 2004, S. 523–549
  22. M. Clauss R. Frey, B. Kiefer, M. Lechner-Doll,·W. Loehlein,·C. Polster, G. E. Rössner·und W. J. Streich: The maximum attainable body size of herbivorous mammals: morphophysiological constraints on foregut, and adaptations of hindgut fermenters. Oecologia 136, 2003, S. 14–27
  23. P. Martin Sander, Andreas Christian, Marcus Clauss, Regina Fechner, Carole T. Gee, Eva-Maria Griebeler, Hanns-Christian Gunga, J¨urgen Hummel, Heinrich Mallison, Steven F. Perry, Holger Preuschoft, Oliver W. M. Rauhut, Kristian Remes, Thomas T¨utken, Oliver Wings und Ulrich Witzel: Biology of the sauropod dinosaurs: the evolution of gigantism. Biological Reviews 86, 2011, S. 117–155
  24. C. Martin, I. Bentaleb und P.-O. Antoine: Pakistan mammal tooth stable isotopes show paleoclimatic and paleoenvironmental changes since the early Oligocene. Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 311, 2011, S. 19–29
  25. Yang Wang und Tao Deng: A 25 m.y. isotopic record of paleodiet and environmental change from fossil mammals and paleosols from the NE margin of the Tibetan Plateau. Earth and Planetary Science Letters 236, 2005, S. 322– 338
  26. a b Luke T. Holbrook und Spencer George Lucas: A new genus of rhinocerotoid from the Eocene of Utah and the status of North American "Forstercooperia. Journal of Vertebrate Paleontology 17 (2), 1997, S. 384–396
  27. Bruce J. MacFadden: Fossil Horses. Systematic, Paleobiology, and Evolution of the family Equidae. Cambridge University Press, 1992
  28. a b c Leonard B. Radinsky: A review of the Rhinocerotoid Family Hyracodontidae (Perissodactyla). Bulletin of the American Museum of Natural History 136 (1), 1967, S. 1–47
  29. Bolat Uapovich Bayshashov und Spencer George Lucas: The giant rhinoceros Urtinotherium from the Upper Eocene of the Zaisan basin, Kazakhstan. Selevinia (Kazachstansky zoologichesky churnal - The Zoological Journal of Kazakhstan) 1-4, 2001, S. 185–187
  30. a b c Donald R. Prothero, Earl Manning und C. Bruce Hanson: The phylogeny of the rhinocerotoidea (Mammalia, Perissodactyla). Zoological Journal of the Linnean Society 87, 1986, S. 341–366
  31. a b Donald R. Prothero, Claude Guérin und Earl Manning: The history of Rhinocerotoidea. In Donald R. Prothero und R. M. Schoch (Hrsg.): The evolution of the Perissodactyls. New-York, London, Oxford University Press, 1989, S. 321–340
  32. Spencer George Lucas, Bolat U. Bayshashov, Lyubov A. Tyut'kova, Ayzhan K. Dzhamangaraeva und Bolat Zh. Aubekerov: Mammalian biochronology of the Paleogene-Neogene boundary at Aktau Mountain, Eastern Kazakhstan. Paläontologische Zeitschrift 71 (3-4), 1997, S. 305–314
  33. Guy E. Pilgrim: The vertebrate fauna of the Gaj Series in the Bugti Hills and the Punjab. Memoirs of the Geological Survey of India (Palaeontologia Indica) New Series 4 (2), 1912, S. 1–6
  34. Othenio Abel: Über die Entdeckung eines riesigen Säugetiers im unteren Miozän Asiens. Die Naturwissenschaften 15 (13. 4.), 1923, S. 284–286
  35. Jean-Loup Welcomme, Mouloud Benammi, Jean-Yves Crochet, Laurent Marivaux, Gregoire Metais, Pierre-Olivier Antoine und Ibrahim Baloch: Himalayan Forelands: palaeontological evidence for Oligocene detrital deposits in the Bugti Hills (Balochistan, Pakistan). Geological Magazine 138 (4), 2001, S. 397–405
  36. Алексей Алексеевич Борисяк: О зубномъ аппаратъ индрикотерия. Исвестя Императорскоӣ Академиӣ Наук 10, 1916, S. 343–350
  37. a b Алексей Алексеевич Борисяк: О роде Indricotherium n. g. (сем. Rhinocerotidae). Записки Российской Академик Наукъ 35 (8), 1923, S. 1–128
  38. M. Pavlova: Indricotherium transouralicum n. sp. provenant du district de Tourgay. Bulletin de la Societe des Naturalistes de Moscou, Section Geologique 31, 1922, 95–116
  39. Othenio Abel: Weitere Entdeckungen von Resten des riesenhaften Rhinocerotiden Baluchitherium im Tertiär Innerasiens. Die Naturwissenschaften 1 (4. 1.), 1924, S. 14–17
  40. Clive Forster-Cooper: Thaumastotherium osborni, a new genus of Perissodactyles from the Upper Oligocene deposits of the Bugti Hills of Baluchistan: preliminary notice. Annals and Magazine of Natural History (8) 12, 1913, S. 376–381
  41. Clive Forster-Cooper: Correction of generic name Baluchitherium. Annals and Magazine of Natural History (B) 1, 1913, S. 504
  42. a b c Qiu Zhan-Xiang: A new genus of giant rhinoceros from oligocene of Dzungaria, Sinkang. Vertebrata Palasiatica 11 (2), 1973, S. 182–191
  43. Qi Tao: A new species of Dzungariotherium (Perissodactyla, Mammalia). Vertebrata Palasiatica 27 (4), 1989, S. 301–305
  44. Walter Granger und William K. Gregory: A revised restoration of the skeleton of Baluchitherium, gigantic fossil rhinoceros of Central Asia. American Museum Novitates 787, 1935, S. 1–3
  45. Kurt Heissig: The rhinocerotidae. In: Donald R. Prothero und R. M. Schoch (Hrsg.): The evolution of perissodactyls. New York, London, Oxford University Press, 1989, S. 399–417
  46. Clive Forster-Cooper: The extinct Rhinoceroses of Baluchistan. Philosophical Transactions of the Royal Society of London (B) 223, 1934, S. 569–616
  47. a b Spencer George Lucas und Jay C. Sobus: The systematics of Indricotheres. In : Donald R. Prothero und R. Schoch (Hrsg.): The evolution of Perissodactyls. New York : Oxford Univ Press., 1989, S. 358–378
  48. Horace Elmer Wood: Cooperia totadentata, a remarkable rhinoceros from the eocene of Mongolia. American Museum Novitates 1012, 1938, S. 1–22
  49. Chow Minchen und Chiu Chan-Siang: An eocene giant rhinoceros Juxia sharamurenense. Vertebrata Palasiatica 8, 1964, S. 264–268
  50. Chow Minchen und Chiu Chan-Siang: New genus of giant rhinoceros from oligocene of inner Mongolia Urtinotherium incisivum. Vertebrata Palasiatica 7 (3), 1963, S. 230–239
  51. Tao Deng: Late Cenozoic environmental changes in the Linxia basin (Gansu, China) as indicated by cenograms of fossil Mammals. Vertebrata Palasiatica 47 (4), 2009, S. 282–298
  52. a b c Qiu Zhan-Xiang, Wang Ban-Yue und Deng Tao: Indricothere (Perissodactyla, Mammalia) from Oligocene in Linxia Basin, Gansu, China. Vertebrata Palasiatica 42 (3), 2004, S. 177–192
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