„Hanswurst“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Stamps of Germany (BRD) 1970, MiNr 651.jpg|mini|Darstellung des Hanswurst auf einer [[Briefmarken-Jahrgang 1970 der Deutschen Bundespost|Briefmarke von 1970]]]]

Der '''Hanswurst''' (auch '''Hans Wurst''') ist eine derb-komische Gestalt der deutschsprachigen [[Stegreifkomödie]] seit dem 16. Jahrhundert. Als populäre bäuerliche Figur trat der Hanswurst in Stücken des [[Jahrmarkt]]stheaters und der [[Deutsche Wanderbühne|Wanderbühnen]] auf. „Hanswurst“ war (und ist noch immer) als [[Spott]]- und [[Schimpfwort]] in Gebrauch.

== Äußere Beschreibung ==
Nach seinem berühmtesten Darsteller [[Josef Anton Stranitzky]] sah der Hanswurst folgendermaßen aus: Sein Kostüm besteht aus einer roten, offenen Jacke mit bauschigen Ärmeln, blauer Brustfleck und mitten darauf zwischen den roten, grün eingefassten Hosenträgern ein grünes Herz; er hat eine weite gelbe Hose, die nur bis zu den Knöcheln reicht, niedrige derbe Schuhe aus Leder und breiter Ledergurt mit großer Schließe aus Metall an, auf dem Kopf den grünen Spitzhut und ein hölzernes Schwert.

== Geschichte ==
[[Datei:Wursteltheater Prater 1890.jpg|hochkant|mini|„Wursteltheater“ im [[Wiener Prater]] um 1890]]
[[File:Hanswurst Konstanz.JPG|thumb|„Die Verbannung des Hanswurst vom Theater“, Wandbild von F.X. Hermann am Stadttheater Koblenz]]
Der Name erscheint erstmals in einer [[mittelniederdeutsch]]en Version von [[Sebastian Brant]]s [[Das Narrenschiff (Brant)|Narrenschiff]] (1519) (wobei in der Originalversion der Name ''hans myst'' verwendet wurde). [[Martin Luther]] verwendete ihn 1530 in einer ''Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg'' und schrieb 1541 die Streitschrift ''[[Wider Hans Worst]]''. Im 16. und 17. Jahrhundert trifft man diesen Figurennamen gelegentlich in [[Fastnachtsspiel]]en und [[Komödie]]n an. 1775 verfasste der 26-jährige [[Johann Wolfgang Goethe]] eine [[Farce (Theater)|Farce]] mit dem Titel ''[[Hanswursts Hochzeit]].

Der Wanderarzt und Pächter des [[Kärntnertortheater]]s in [[Wien]] seit 1712, Josef Anton Stranitzky, machte mit seiner Truppe „Teutscher Komödianten“ den [[Commedia dell'Arte]]-Truppen Konkurrenz und entwickelte dazu den Hanswurst als „deutsche“ komische Figur. Der Theaterhistoriker [[Otto Rommel]] sah darin den Beginn des sogenannten [[Alt-Wiener Volkstheater]]s. Stranitzkys Hanswurst trug die Tracht eines Salzburger Bauern ([[Lungau]]er [[Sauschneider]]), hatte einen Hut mit breiter Krempe auf und eine [[Narrenpritsche]]. Stranitzky verfasste parodistische „[[Haupt- und Staatsaktion]]en“, in denen der Hanswurst zumeist als Dienerfigur sein Bühnenunwesen trieb. Dieser Hanswurst fand zahlreiche Nachahmer. Als Nachfolger kam der Schwiegersohn Stranitzkys, [[Gottfried Prehauser]] (1699–1769), 1725 von Salzburg nach Wien, wo er als „Neuer Wienerischer Hanswurst“ Stranitzky am Kärntnertortheater ablöste.

Im „[[Hanswurststreit]]“ seit den 1730er Jahren versuchte der Gelehrte [[Johann Christoph Gottsched]] zusammen mit der Schauspielerin [[Friederike Caroline Neuber]] den Hanswurst von der deutschsprachigen Bühne zu verbannen, um die Qualität der deutschen Komödien zu verbessern und vor allem ihren [[Sozialer Status|sozialen Status]] zu heben. Dies stieß vor allem in Wien auf Widerstand. Auch konnte Caroline Neuber als [[Theaterleiter|Prinzipalin]] einer Schauspieltruppe aus wirtschaftlichen Gründen nicht ganz auf den Hanswurst verzichten. Die Kämpfer gegen Hanswurst wie [[Johann Friedrich Schönemann]] in Deutschland waren dennoch eine Art Wegbereiter der [[Bildungsbürger|bildungsbürgerlichen]] deutschen [[Stadttheater]].

Der letzte bedeutende Hanswurst war der 1763 gestorbene [[Franz Schuch der Ältere|Franz Schuch]], der den Hanswurst wieder dem italienisch-französischen [[Harlekin]] annäherte. Im späteren 18. Jahrhundert kam der Hanswurst aus der Mode und wurde nur mehr im [[Puppentheater]] eingesetzt. [[Komische Figur]]en wie [[Kasper]]l oder [[Staberl (Theater)|Staberl]] ersetzten ihn für einige Jahrzehnte. Auf Betreiben von [[Joseph von Sonnenfels]] nach der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] (''Promemoria für die Richtlinien der künftigen Theaterzensur'', 1790) verbot Kaiser [[Joseph II. (HRR)|Josef II.]] in einem ''Handbillett'' die Stegreifkomödien und [[posse]]nartigen Hanswurstspiele und führte die [[Zensur (Informationskontrolle)|Theaterzensur]] ein. Aus [[obrigkeit]]licher Angst vor politischer [[Agitation]] ging die Stegreifkomödie über in ein literarisch fixiertes Theater (die „regelmäßige Schaubühne“) beziehungsweise in die stumme, musikbegleitete [[Pantomime]]. In seiner 1797 verfassten Komödie ''[[Der gestiefelte Kater (Tieck)|Der gestiefelte Kater]]'' lässt [[Ludwig Tieck]] noch einmal Hanswurst auftreten. Bei Gelegenheit der [[Wiener Musik- und Theaterausstellung 1892]] erlebte der Hanswurst durch den Darsteller [[Ludwig Gottsleben]] erneut eine Wiedergeburt.

Im deutschen Film ''Komödianten'' von [[G. W. Pabst]] (1941), der von der Ideologie der Kriegszeit geprägt war, tritt [[Gotthold Ephraim Lessing]] als deutscher Nationaldichter zum siegreichen Kampf gegen den unflätigen Hanswurst an. – Der historische Lessing hatte sich in der ''[[Hamburgische Dramaturgie|Hamburgischen Dramaturgie]]'' allerdings für den Hanswurst ausgesprochen.

== Siehe auch ==
*[[Lustige Person]]
*[[Harlekin]]
*[[Kasper]]
*[[Clown]]
*[[Punch]]
*[[Pickelhering]]
*[[Leporello]]
*[[Arlecchino]]
*[[Pierrot]]
*[[Petruschka]]
*[[Bajazzo]]

== Literatur ==
* Eike Pies: ''Ich bin der Doktor Eisenbarth. Arzt der Landstraße. Eine Bildbiographie''. Ariston, Genf 1977, ISBN 3-7205-1155-3
* Helmut G. Asper: ''Hanswurst: Studien zum Lustigmacher auf der Berufsschauspielerbühne in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert''. Emsdetten: Lechte, 1980.
* Hugo Aust, Peter Haida, Jürgen Hein: ''Volksstück. Vom Hanswurstspiel zum sozialen Drama der Gegenwart,'' München: Beck 1996. ISBN 3-406-33606-X
* Beatrix Müller-Kampel: ''Hanswurst, Bernadon, Kasperl: Spaßtheater im 18. Jahrhundert''. Paderborn [u.a.] : Schöningh, 2003, ISBN 3-506-75812-8.
* {{OeML|Hanswurst|Hanswurst|OGSch}}

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
{{Wiktionary}}
* {{Austriaforum|AEIOU/Hanswurst}}
* http://www.kfunigraz.ac.at/ainst/unizeit/archiv/vor1999/597/5-97-01.html
* [http://titelmagazin.com/artikel/186/903/beatrix-m%C3%BCller-kampel.html Herr Kant blickt streng auf Österreich oder: Wie der Anarchist Hanswurst zum lieben Kasperle wurde.] aus der Magazin ''titel. literatur und mehr''.

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[[Kategorie:Theatergeschichte]]
[[Kategorie:Theaterfach]]
[[Kategorie:Clownfach]]
[[Kategorie:Alt-Wiener Volkstheater]]

Version vom 3. Juli 2014, 15:16 Uhr