„Hamburger Konstituante“ – Versionsunterschied

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Im Zuge der Revolution von 1848/49 wählten die Hamburger im Herbst 1848 eine verfassunggebende parlamentarische Versammlung, die '''Hamburger Konstituante'''.<ref>[http://www.hamburgische-buergerschaft.de/cms_de.php?templ=aufg_sta.tpl&sub1=91&sub2=107&cont=8 Die Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft]</ref> Am 14. Juni 1850 wurde die Hamburger Konstituante wieder aufgelöst.
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|Foto = Plenarsaal Hamburgische Bürgerschaft IMG 6403 6404 6405 edit.jpg
|FotoBeschreibung = Plenarsaal der Bürgerschaft
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[[File:Plenarsaal Hamburgische Bürgerschaft IMG 6403 6404 6405 edit.jpg|miniatur|hochkant=1.5|Plenarsaal der Bürgerschaft]]
Die '''Hamburgische Bürgerschaft''' ist seit 1859 das Parlament der [[Hamburg|Freien und Hansestadt Hamburg]]. Heute ist es eines von sechzehn [[Landesparlament]]en der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] und nimmt im [[Stadtstaat]] zugleich kommunalpolitische Aufgaben wahr.


== Vorgeschichte ==
1859 wurde die Bürgerschaft erstmals als Parlament gewählt. Der [[Senat der Freien und Hansestadt Hamburg|Hamburger Senat]], bis dahin autonome Institution, wurde ab 1860 verfassungsrechtlich von den Bürgerschaftsabgeordneten abhängig. Die Wahl zur Bürgerschaft blieb bis 1918 trotz mehrfacher Verfassungsänderungen ein [[Klassenwahlrecht]]. Nach der [[Novemberrevolution]] wurden erstmals in freien, geheimen und vor allem gleichen Wahlen die Mandate der Bürgerschaft bestimmt und der Institution die volle [[Souveränität]] zugesprochen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde im Herbst 1933 das Hamburger Parlament durch den Reichsstatthalter [[Karl Kaufmann (Gauleiter)|Karl Kaufmann]] aufgelöst. Erst im Februar 1946 konstituierte sich eine durch die britische Besatzungsmacht eingesetzte Bürgerschaft neu. Im Herbst desselben Jahres wurde dann für eine Wahlperiode von drei Jahren die erste demokratische Bürgerschaft nach der [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Zeit]] anhand des [[Mehrheitswahlrecht]]s gewählt. Ab der Wahl 1949 wurde die Wahlperiode auf vier Jahre verlängert und eine Kombination aus Mehrheits- und [[Verhältniswahlrecht]] eingeführt. Die 1957 gewählte Bürgerschaft wurde dann nach einem reinen Verhältniswahlrecht bestimmt. Sie besteht seit 1991 aus 121 Abgeordneten. Im Gegensatz zu anderen Landesparlamenten erfolgte die Ausübung der Abgeordnetentätigkeit bis zur Bürgerschaftswahl 1997 als Ehrenamt. Dennoch wird die Bürgerschaft noch gelegentlich als [[Feierabendparlament]] bezeichnet, da das Bürgerschaftsmandat seitdem als nebenamtliche Tätigkeit gilt, die die Ausübung eines anderen Berufes nicht ausschließt.

== Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft ==

Von ''Bürgerschaft'' als gewähltes Parlamentarisches Gremium wird erst seit 1859 gesprochen. Im Mittelalter wurde der Begriff der Bürgerschaft auch verwendet, aber dieser als Gesamtheit aller Bürger (männliche Einwohner mit Bürgerrechten) verstanden. Daraus bildete sich ab dem 15. Jahrhundert die Erbgesessene Bürgerschaft<ref>Erbgessene Bürger sind Inhaber eines schuldenfreien städtischen Grundstücks. Vgl. dazu: Rainer Postel, Bürgerausschüsse und Reformation in Hamburg, in: Lars Jockheck (Hrsg.), Rainer Postel, Beiträge zur hamburgischen Geschichte der Frühen Neuzeit. Ausgewählte Aufsätze zum 65. Geburtstag, Hamburg 2005, S. 67–85, hier: S. 68.</ref>, ein Gremium, welches neben dem Rat die Geschicke der Stadt lenken sollte.<ref name="Wege/Grönwald, S. 7">Wege/Grönwald, S. 7.</ref>

=== Ursprünge (ab 1410) ===
[[Datei:Der Erste Rezess von 1410.jpg|miniatur|links|Der Erste Rezess 1410]]
Die Bürgerschaft der Stadtrepublik Hamburg hat eine lange Geschichte. Im [[Mittelalter]] waren mit ''Bürgern'' ursprünglich alle männlichen Hamburger Bewohner gemeint, die das Hamburger [[Bürgerrecht]] besaßen.

War der Rat der Stadt ursprünglich Vertreter der Bürger (meist Kaufleute) gegenüber dem [[Landesherr]]en sowie Inhaber der [[Exekutive|tatsächlichen Gewalt]], wandelte sich das Selbstverständnis des Rates zu einer [[Obrigkeit]] von Gottes Gnaden, mit Ratsherrn auf Lebenszeit. Bei Tod eines Ratsmitgliedes wählten im späten Mittelalter die restlichen Ratsmitglieder das neue Mitglied. Da sich der Rat also zunehmend von den Bürgern abgrenzte, entstand innerhalb der Bürgerschaft das Bedürfnis, den Rat zu kontrollieren. So sind schon im 13. Jahrhundert sogenannte ''Wittigesten'', die Weisesten, als gewählte Vertreter der Bürgerschaft an der Stadtverwaltung beteiligt. Dass der Rat sich aus sich selbst immer wieder vervollständigte, blieb bis 1859.

Erstmals wurden ihre Rechte 1410 im so genannten „Ersten [[Rezess]]“, einem Vergleich zwischen dem Rat (Regierung) und den volljährigen Bürgern der Stadt, festgeschrieben. Vorausgegangen war ein Protest von 60 Bürgern, die von einer Bürgersversammlung gewählt wurden, um gegen eine Entscheidung des Rates zu protestieren. Ausgelöst wurde dieser Protest, weil der Rat den Bürger Hein Brandt auf Wunsch des in der Stadt weilenden Herzogs Johannes von Sachsen-Lauenburg, 1401–1411 Mitregent [[Erich IV. (Sachsen-Lauenburg)|Erichs IV.]], ohne Verhör und ohne Urteil ins Gefängnis werfen ließ. Johannes hatte überfällige Schulden bei Brandt und fühlte sich von dessen vorgebrachten Zahlungsverlangen belästigt. Neben dem erfolgreichen Protest wurden zudem grundlegende Verfassungsgarantien erkämpft. Das persönliche Recht auf Festnahme nur mit Urteil (außer wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wurde) wurde direkt aufgrund der Ereignisse aufgenommen. Zudem wurde festgesetzt, dass in schwerwiegenden Fällen wie Krieg, Verträgen mit auswärtigen Mächten oder in Fragen der Steuerhöhe die Gesamtheit der Bürger (Bürgerschaft) nach dem Rezess mit zu entscheiden hatte.<ref name="Wege/Grönwald, S. 7" /> Diese Bürgerversammlung wurde in diesen Fällen zusammengerufen und tagte als Vollversammlung vor dem Rathaus. Bei einer gesamten Einwohnerschaft von etwa 10.000 Menschen (im Jahr 1350) war das unproblematisch, zumal nicht alle Bewohner das Bürgerrecht hatten. Aus diesen Versammlungen entwickelte sich die „Erbgesessene Bürgerschaft“, eine Versammlung, deren Mitglieder Grundbesitz in der Stadt haben mussten. Es folgten weitere Rezesse, die Regelungen der Zuständigkeit zwischen Bürgerschaft und Rat aufnahmen.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts nahm der Unmut der Bürgerschaft über das Gebaren des Rates wieder zu. Hauptvorwürfe waren Vetternwirtschaft und schleichende Beschneidung der Bürgerrechte. 1684 wurde Bürgermeister [[Hinrich Meurer]] verhaftet, weil er sich für den suspendierten Ratsherrn [[Nicolaus Krull]] beim Kaiser eingesetzt hatte. Meurer floh nach [[Lüneburg]]-[[Celle]] und die Sprecher der Bürgerschaft [[Hieronymus Snitger]] und [[Cord Jastram]] regierten von da ab zwei Jahre de facto die Stadt. Als sie den dänischen König [[Christian V. (Dänemark und Norwegen)|Christian V.]] um Beistand gegen die cellische Bedrohung ersuchten, verlangte dieser eine hohe [[Kontribution]], die Übergabe der Stadtschlüssel und Duldung einer dänischen Besatzung. Dadurch schlug die Stimmung in der Stadt über Nacht zugunsten eines Bündnisses mit Lüneburg-Celle um, und mit deren Hilfe wurde der Angriff der Dänen am 26. August 1686 abgewehrt. Snitger und Jastram wurden anschließend verhaftet und hingerichtet. Meurer kehrte am 10. November auf den Bürgermeistersessel zurück. Die innenpolitische Krise wurde aber erst 13 Jahre später durch einen Rezess endgültig beigelegt. Seitdem war der Rat von der Bürgerschaft abhängig.<ref>[http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/senat/rathaus/ausstellungen/hammaburg/politik/blatt-2.html Der ewige Senat – Machtverhältnisse vom 15. bis 17. Jahrhundert] auf den Seiten von hamburg.de</ref>

=== Bürgerliche Kollegien ===
[[Datei:Wahl der Kirchspielverwaltung.png|miniatur]]
[[Datei:Buergerliche Kollegien Hamburg 1530.png|miniatur|Zusammensetzung der Kollegien von 1529 bis 1687]]
[[Datei:Rat- und Bürgerkonvent 1834.jpg|miniatur|Rat- und Bürgerkonvent 1834]]
[[Datei:Bürgerbrief 1845.jpg|miniatur|links|Bürgerbrief 1845]]
Im „Langen Rezess“ von 1529 wurde nach der [[Reformation]] verfassungsrechtlich festgelegt, dass der Rat der Stadt mehreren Ausschüssen der Erbgesessenen Bürgerschaft, den so genannten bürgerlichen Kollegien, Rechenschaft ablegen musste.

Die bürgerlichen Kollegien entwickelten sich aus der kirchengemeindlichen Selbstverwaltung und blieben auch Teil derselben, weshalb nur Mitglied in diesen Gremien werden konnte, wer männlich, ein Bürger mit Grundbesitz und [[Evangelisch-Lutherische Kirche im Hamburgischen Staate|lutherisch]] war. Das zentrale Gremium der Kirchenspiele war der Rat der Verwalter der Armenkassen, jeweils zwölf Diakone, die aus der Bürgerschaft bestimmt wurden. Dabei wechselte das Wahlverfahren. Wurden die Diakone und Subdiakone anfangs von den Erbgesessenen gewählt, machten diese später Wahlvorschläge und die jeweiligen höheren Gremien ergänzten die unteren.

Die ältesten drei Mitglieder aus dem Rat der Diakone standen als Gemeindeälteste, genannt Oberalte, an der Spitze der Kirchengemeinde. Die Gemeindeältesten aller Kirchspiele bildeten zusammen das [[Kollegium der Oberalten]]. Die Oberalten waren neben ihrer kirchlichen Gemeindetätigkeit dafür verantwortlich, dass die in dem Rezess ausgehandelten Einigungen zwischen Rat und Bürgerschaft auch eingehalten wurden. Außerdem beriefen die Oberalten die Vollversammlungen der Bürgerschaft ein und leiteten diese Versammlungen.

Die Erbgesessene Bürgerschaft stimmte nicht geschlossen, sondern getrennt nach Kirchspiel ab. Daher fanden in der Rathaushalle vier, später fünf Versammlungen nacheinander statt.<ref>Percy Ernst Schramm: '' Neun Generationen: Dreihundert Jahre deutscher „Kulturgeschichte“ im Lichte der Schicksale einer Hamburger Bürgerfamilie (1648–1948). Band I u. II, Göttingen 1963/64; Band 1, Seite 80</ref> Das Hamburger Stadtgebiet war in vier Kirchspiele aufgeteilt: [[Hauptkirche St. Petri (Hamburg)|St. Petri]], [[Ehemalige Hauptkirche St. Nikolai (Hamburg)|St. Nikolai]], [[Hauptkirche St. Katharinen (Hamburg)|St. Katharinen]] und [[Hauptkirche St. Jacobi (Hamburg)|St. Jacobi]]. 1687 wurde die [[Hamburg-Neustadt|Neustadt]] mit dem fünften Kirchspiel [[Hauptkirche St. Michaelis (Hamburg)|St. Michaelis]] hinzugefügt.

Die Initiative für neue Gesetze ging von dem Gremium der ''144er'' (ab 1687: ''180er'') aus, einem Zusammenschluss der Diakone und Subdiakone aller Kirchspiele, in dem die Gesetze formuliert und diskutiert wurden, bevor sie dem Rat und der Bürgerschaft zur Abstimmung vorgelegt wurden. Diese Kollegien bildeten einen bürgerlichen Gegenpol zum Rat, da aber auch die Diakone und damit die Oberalten ihr Amt auf Lebenszeit innehatten, waren auch diese Vertreter in der Regel sehr alt.

Dennoch war auch dieses System der Bürgerlichen Kollegien kein Garant für Frieden innerhalb der Stadt. So musste um 1708 eine Kaiserliche Kommission mit Waffengewalt die Ordnung in der Stadt wiederherstellen und die unterschiedlichen Gruppierungen um Rat und Bürgerschaft zu Verhandlungen zwingen, die 1712 ihren Abschluss im sogenannten ''Hauptrezess'' fanden. Dieser legte unter anderem fest, wer an den Versammlungen der Bürgerschaft teilnehmen durfte, wie viele Ratsherren (24) und Bürgermeister (vier) die Regierung bildeten, wie Bürgerschaft und Rat zusammenarbeiten sollten.

Seit 1710 erhielt die „[[Handelskammer Hamburg#Geschichte|Commerz-Deputation]]“ sieben Sitze in der Bürgerschaft. Die Wahlinstitution war die [[Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg|Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns]]. Dieses Wahlrecht ging 1919 verloren.

=== Vormärz und Revolutionszeit (1842 bis 1859) ===
Nach dem [[Hamburger Brand]] 1842, bei dem das alte Hamburger Rathaus zerstört wurde, vermehrte sich die Kritik an den Staats- und Verwaltungsorganen. Im Vormärz, der überall in Deutschland Kritik an den politischen Verhältnissen hervorbrachte, entstanden auch in Hamburg verschiedene Strömungen. Auf der einen Seite standen die Liberalen, die eine Repräsentativverfassung nach englischem Vorbild forderten. Sie wollten aber bei den Wahlen das Besitz- und Bildungsbürgertum gegenüber den ärmeren Schichten bevorzugen. Die Gruppe der Demokraten dagegen wollte eine „Unbedingte Volkssouveränität“ und eine Beteiligung aller Schichten am politischen Prozess. Gegen beide Richtungen stemmte sich die Erbgesessene Bürgerschaft, aus der der Senat gewählt wurde.<ref>Eckardt: ''Von der privilegierten Herrschaft'', S. 21.</ref>
Nach dem [[Hamburger Brand]] 1842, bei dem das alte Hamburger Rathaus zerstört wurde, vermehrte sich die Kritik an den Staats- und Verwaltungsorganen. Im Vormärz, der überall in Deutschland Kritik an den politischen Verhältnissen hervorbrachte, entstanden auch in Hamburg verschiedene Strömungen. Auf der einen Seite standen die Liberalen, die eine Repräsentativverfassung nach englischem Vorbild forderten. Sie wollten aber bei den Wahlen das Besitz- und Bildungsbürgertum gegenüber den ärmeren Schichten bevorzugen. Die Gruppe der Demokraten dagegen wollte eine „Unbedingte Volkssouveränität“ und eine Beteiligung aller Schichten am politischen Prozess. Gegen beide Richtungen stemmte sich die Erbgesessene Bürgerschaft, aus der der Senat gewählt wurde.<ref>Eckardt: ''Von der privilegierten Herrschaft'', S. 21.</ref>


==== Deutsche Revolution und Hamburger Konstituante ====
Auf die immer massiveren Forderungen im Winter und Frühjahr 1848 reagierten am 13. März der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft mit einer gemeinsamen [[Deputation]]. Sie sollte alle Forderungen sammeln und beraten. Überraschenderweise beruhigten sich die Gemüter, auch wenn in der Deputation wieder nur Mitglieder der beiden Organe beteiligt waren. Die erste moderne Wahl vom 18. bis 20. April fand aber nicht zu einem Hamburger Parlament, sondern zur [[Frankfurter Nationalversammlung]] statt. Gewählt wurden die drei liberalen Politiker [[Edgar Daniel Roß]], [[Ernst Merck]] und [[Johann Gustav Wilhelm Moritz Heckscher]].
Auf die immer massiveren Forderungen im Winter und Frühjahr 1848 reagierten am 13. März der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft mit einer gemeinsamen [[Deputation]]. Sie sollte alle Forderungen sammeln und beraten. Überraschenderweise beruhigten sich die Gemüter, auch wenn in der Deputation wieder nur Mitglieder der beiden Organe beteiligt waren. Die erste moderne Wahl vom 18. bis 20. April fand aber nicht zu einem Hamburger Parlament, sondern zur [[Frankfurter Nationalversammlung]] statt. Gewählt wurden die drei liberalen Politiker [[Edgar Daniel Roß]], [[Ernst Merck]] und [[Johann Gustav Wilhelm Moritz Heckscher]].


== Einsetzung der Hamburger Konstituante ==
[[Datei:Hamburg.PatriotischeGesellschaft.wmt.jpg|miniatur|Haus der patriotischen Gesellschaft und Sitz der Hamburger Konstituante von 1848 bis 1850]]
Da die Deputation sich nicht auf ein neues Wahlrecht beziehungsweise eine Verfassung einigen konnte und klar wurde, dass sie am Status Quo festhalten wollte, forderten die politischen Vereine in Hamburg eine „Konstituante“ (verfassunggebende Versammlung) nach dem Vorbild der Frankfurter Nationalversammlung. Der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft konnten sich dem Druck des Volkes nur schlecht entziehen, weil auch das [[Hamburger Bürgermilitär|Bürgermilitär]] mit den neuen politischen Ideen sympathisierte. Aber die vom Senat am 18. August 1848 zugesicherten freien Wahlen brachten Streit zwischen der liberalen und der demokratischen Strömung. Streitpunkte waren vor allem die Frage nach einem relativen oder absoluten Mehrheitswahlrecht sowie nach den Diäten der Abgeordneten.
Da die Deputation sich nicht auf ein neues Wahlrecht beziehungsweise eine Verfassung einigen konnte und klar wurde, dass sie am Status Quo festhalten wollte, forderten die politischen Vereine in Hamburg eine „Konstituante“ (verfassunggebende Versammlung) nach dem Vorbild der Frankfurter Nationalversammlung. Der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft konnten sich dem Druck des Volkes nur schlecht entziehen, weil auch das [[Hamburger Bürgermilitär|Bürgermilitär]] mit den neuen politischen Ideen sympathisierte. Aber die vom Senat am 18. August 1848 zugesicherten freien Wahlen brachten Streit zwischen der liberalen und der demokratischen Strömung. Streitpunkte waren vor allem die Frage nach einem relativen oder absoluten Mehrheitswahlrecht sowie nach den Diäten der Abgeordneten.


Am 8. September wurde mit Zustimmung der Erbgesessenen Bürgerschaft das Wahlgesetz verkündet. Es sollten mit wenigen Ausnahmen alle männlichen Staatsangehörigen ab 22 Jahre wahlberechtigt sein. Hamburg wurde in elf Wahlbezirke aufgeteilt, aus denen insgesamt 188 Abgeordnete gewählt werden sollten. Die beiden Hauptgruppen, die sich zur Wahl stellten, waren das fortschrittliche „Liberale Wahlkomitee“ und der eher konservative „Patriotische Verein“. Die Beteiligung an der Wahl vom 5. Oktober bis 4. Dezember (es wurde nacheinander in den Wahlkreisen gewählt) fiel mit 50 % der 38.000 Wahlberechtigten ernüchternd aus. Das Liberale Wahlkomitee ging aber mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen als klarer Sieger aus dieser Wahl hervor. [[David Christopher Mettlerkamp]] wurde Alterspräsident der Konstituante und forderte am Anfang der Beratungen: ''„Gleiche politische und bürgerliche Berechtigung aller Staatsangehörigen, […] ist eine unabweisliche Forderung der Vernunft und eines sittlichen Willens.“''<ref>Kopitzsch (1999), S. 295</ref>
[[Datei:Hamburg.PatriotischeGesellschaft.wmt.jpg|miniatur|Haus der patriotischen Gesellschaft und Sitz der Hamburger Konstituante von 1848 bis 1850]]
Am 8. September wurde mit Zustimmung der Erbgesessenen Bürgerschaft das Wahlgesetz verkündet. Es sollten mit wenigen Ausnahmen alle männlichen Staatsangehörigen ab 22 Jahre wahlberechtigt sein. Hamburg wurde in elf Wahlbezirke aufgeteilt, aus denen insgesamt 188 Abgeordnete gewählt werden sollten. Die beiden Hauptgruppen, die sich zur Wahl stellten, waren das fortschrittliche „Liberale Wahlkomitee“ und der eher konservative „Patriotische Verein“. Die Beteiligung an der Wahl vom 5. Oktober bis 4. Dezember (es wurde nacheinander in den Wahlkreisen gewählt) fiel mit 50 % der 38.000 Wahlberechtigten ernüchternd aus. Das Liberale Wahlkomitee ging aber mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen als klarer Sieger aus dieser Wahl hervor. [[David Christopher Mettlerkamp]] wurde Alterspräsident der Konstituante und forderte am Anfang der Beratungen: ''„Gleiche politische und bürgerliche Berechtigung aller Staatsangehörigen, […] ist eine unabweisliche Forderung der Vernunft und eines sittlichen Willens.“''
<ref>Kopitzsch (1999), S. 295</ref>


Präsident dieser Konstituante wurde zeitweise Dr. [[Johannes Versmann]], der 1859 erster Präsident der Bürgerschaft werden sollte. Als herausragender Erfolg kann die Verabschiedung der „Verfassung des Freistaates Hamburg“ vom 11. Juli 1849 gesehen werden.<ref>Eckardt: ''Von der privilegierten Herrschaft'', S. 21–27.</ref> Die Konstituante tagte bis zu ihrer Auflösung 1850 in den Räumen der [[Patriotische Gesellschaft von 1765|Patriotischen Gesellschaft von 1765]].<ref>Ernst Christian Schütt: Die Chronik Hamburgs, Chronik Verlag, Dortmund 1991, S. 230.</ref>
Präsident dieser Konstituante wurde zeitweise [[Johannes Versmann]]. Als herausragender Erfolg kann die Verabschiedung der „Verfassung des Freistaates Hamburg“ vom 11. Juli 1849 gesehen werden.<ref>Eckardt: ''Von der privilegierten Herrschaft'', S. 21–27.</ref> Die Konstituante tagte bis zu ihrer Auflösung am 14. Juni 1850 in den Räumen der [[Patriotische Gesellschaft von 1765|Patriotischen Gesellschaft von 1765]].<ref>Ernst Christian Schütt: Die Chronik Hamburgs, Chronik Verlag, Dortmund 1991, S. 230.</ref>


== Mitglieder der Hamburger Konstituante ==
==== Restauration ====
* [[Jakob Audorf (der Ältere)|Jakob Audorf]]<ref>Jakob Audorf (der Ältere), * 20. Dezember 1807; † 30. August 1891 in Hamburg. [http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/00146051.htm Digitale Bibliothek] der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]</ref>
Die [[Restaurierung|Restauration]] nach der Revolution machte auch vor Hamburg nicht halt. Als im Rahmen des [[Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848–1851)|Schleswig-Holsteinischen Krieges]] ab August 1849 [[Preußen|preußische Truppen]] in Hamburg stationiert waren und Hamburg dem Drei-Königs-Bündnis [[Preußen]], [[Königreich Sachsen|Sachsen]] und [[Königreich Hannover|Hannover]] beigetreten war, wurden die demokratischen Kräfte zurückgedrängt, und die konservativen Kräfte bekamen die Oberhand. Am 14. Juni 1850 wurde die Konstituante aufgelöst. Schon vorher hatte sie sich am 2. Mai wegen andauernder Beschlussunfähigkeit auf unbestimmte Zeit vertagt. In der Folge gab es zwar viele Diskussionen und auch einen Entwurf zu einer neuen Verfassung durch die „Neuner Kommission“<ref>Die “Neuner Kommission” wurde am 27. September 1849 einberufen und bestand aus neun Mitglieder der Erbgesessenen Bürgerschaft und des Rates. Sie sollte die von der Konstituante ausgearbeitete Verfassung prüfen und gegebenenfalls überarbeiten. Die Konstituante lehnte eine Zusammenarbeit ab. Siehe Kopitzsch (1999), S. 296.</ref>, aber erst 1859/1869 wurden zögerliche Reformen im Wahlrecht und in den Verfassungsfragen umgesetzt.<ref>Eckardt: ''Von der privilegierten Herrschaft'', S. 27/28.</ref>
* [[Georg Heinrich Ballheimer]]
* [[Delff Billerbeck]]
* [[Theodor Hagen (Komponist)|Theodor Hagen]] (ab 1848)
* [[Johann A. T. Hoffmann]]
* [[Eduard Johns]] (ab 1848)
* [[Jacob Lazarus]] (1848-1849)
* [[Ascan Wilhelm Lutteroth]] (ab 1848, zeitweilig Vizepräsident)
* [[Friedrich Wilhelm Christian Marburg]]
* [[Wilhelm Marr]]<ref>http://www.literaturhaus.ch/bibliothek/fundstueck/fundstueck-ein-untertaeniger-fingerzeig</ref><ref>http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MarrWilhelm/</ref>
* [[David Christopher Mettlerkamp]] (ab 1848, Alterspräsident)
* [[Heinrich Adolph Meyer]] (1848-1849)
* [[Friedrich Theodor Müller (Senator)|Friedrich Theodor Müller]]
* [[Anton Rée]] (ab 1848)
* [[Peter Anton Rodatz]] (1848)<ref>http://www.hamburgerpersoenlichkeiten.de/hamburgerpersoenlichkeiten/member_file_uploads/helper.asp?id=1705</ref>
* [[Edgar Daniel Roß]] (ab 1848)
* [[Gotthold Salomon]] (ab 1848)
* [[Johann Christian Söhle]]
* [[Adolph Tesdorpf]] (ab 1849)
* [[Georg Ludwig Ulex]]
* [[Johannes Versmann]] (ab 1848, zeitweise Präsident)
* [[Isaac Wolffson]] (ab 1848)


== Personen im Umfeld der Hamburger Konstituante ==
Die Erbgesessene Bürgerschaft trat am 24. November 1859 zu ihrer letzten Versammlung zusammen. Zwischen 1.200 und 1.600 stimmberechtigte Männer waren anwesend und schafften sich selbst und die Oberalten als Gremien ab. ''Zutritt zu dieser'' (d.h. der Erbgesessenen Bürgerschaft) ''hatte jeder gehabt, der das Bürgerrecht sowie eines der alten Häuser ("Erben") besaß. Berechtigt zum Mitreden waren etwa 4000 bis 5000 Männer gewesen, die wie in den Schweizer Urkantonen – nur für sich selbst sprachen.''<ref>[[Percy Ernst Schramm]]: '' Neun Generationen: Dreihundert Jahre deutscher „Kulturgeschichte“ im Lichte der Schicksale einer Hamburger Bürgerfamilie (1648–1948). Band I u. II, Göttingen 1963/64; Band 2, Seite 292</ref>
* [[Ludwig Friedrich Wilhelm Kaufmann]] war als Ersatzmann zur für die Hamburger Konstituante gewählt, wurde auch einberufen, erklärte aber unter den gegeben Verhältnissen und Bestimmungen nicht eintreten zu können und bat um seinen Entlassung.
* [[Carl Friedrich Petersen]] gehörte der Neuner-Kommission an, die vom Senat die Aufgabe bekommen hatte, die von der Hamburger Konstituante vorgeschlagenen Verfassungsentwürfe zu prüfen.


== Quellen ==
=== Parlamentarische Bürgerschaft (1859 bis 1918) ===
<references />
Der Status der Bürgerschaft wurde durch die Hamburgische Verfassung vom 28. September 1860 aufgewertet. Der Senat war ab diesem Moment von der Bürgerschaft zum Teil abhängig. Durch die Verfassung, die von Senat und Bürgerschaft verabschiedet wurde, konnten die [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft von 1859 bis 1919|Mitglieder der Bürgerschaft]] erstmals die Senatoren wählen. Vorher waren die Senatoren durch „Selbstergänzung“ des Senats bestimmt worden. Weiterhin war das Amt eines Senators auf Lebenszeit angelegt.

Die Verfassung und somit auch die Wahl zur Bürgerschaft waren bis 1918 nicht demokratisch, sondern zum größten Teil [[Timokratie|timokratisch]] (Herrschaft der Angesehenen) geprägt. Auch wenn ab Anfang des 20. Jahrhunderts andere Strömungen (beispielsweise die Sozialdemokratie) beschränkten politischen Einfluss gewannen, blieb das Herrschaftsgebilde starr.<ref name="Thieme, Verfassung, S. 1">Thieme, Verfassung, S. 1.</ref>

Der Sitz der neu geschaffenen Hamburgischen Bürgerschaft waren die Räumlichkeiten der [[Patriotische Gesellschaft von 1765|Patriotischen Gesellschaft]], die bereits die [[Hamburger Konstituante]] 1848 bis 1850 genutzt hatte. Das Rathaus, eigentlicher Ort eines Stadtparlaments, war beim [[Hamburger Brand]] von 1842 zerstört worden und ein neues war bis Ende der 1850er-Jahre noch nicht errichtet worden. Erst am 26. Oktober 1897 wurde das [[Hamburger Rathaus|Neue Rathaus]] eingeweiht und zur Heimat des Hamburger Parlaments und des Senats.

==== Ab der ersten gewählten Bürgerschaft 1859 ====
[[Datei:Sitzung der Bürgerschaft 1897.jpg|miniatur|links|Sitzung der Bürgerschaft 1897]]
[[1859]] wurde erstmals die Bürgerschaft in Wahlen bestimmt. In einer Mischung aus [[Zensuswahlrecht]] und [[Klassenwahlrecht]] wurden 192 Abgeordnete in die Bürgerschaft entsandt (ab 1879 nur noch 160 Abgeordnete). Die aktive Teilnahme an den Wahlen war an verschiedenste Voraussetzungen gebunden: Zum einen durften nur Männer ab 25 Jahre wählen, zum anderen mussten sie das Hamburger Bürgerrecht besitzen sowie regelmäßig Steuern abführen.
[[Datei:Die Bürgerschaftsseite des neuen Rathauses 1897.jpg|miniatur|Die Bürgerschaftsseite des neuen Rathauses 1897]]
Von den 192 Mandaten der Bürgerschaft 1859 gingen 84 aus den Zensuswahlen hervor, die vom 14. bis 21. November 1859 durchgeführt wurden. Damit war die Forderung der Hamburger „Konstituante“ von 1848, die Bürgerschaft durch allgemeine Wahlen zu bestimmen, nur teilweise erfüllt worden. Durch das Wahlrecht, welches viele Schichten und Bewohner Hamburgs ausgrenzte, war der Schritt zu einer freien, gleichen und allgemeinen Wahl noch nicht gegeben. Nur etwa fünf Prozent der Bewohner Hamburgs kamen überhaupt in den Genuss des neuen Wahlrechts.<ref>Jochmann: Hamburg, S.80/81; 1879 besaßen von den etwa 450.000 Einwohner Hamburgs nur 22.000 das Wahlrecht.</ref> Weitere 48 Abgeordnete wurden von den ''Erbgesessenen'' (den Grundeigentümern) und 60 von den Deputierten bzw. den Gerichten (den so genannten ''Notabeln'') bestimmt. Die „Erbgesessene Bürgerschaft“ wählte bei ihrer letzten Sitzung am 24. November 1859 ihre Vertreter für das neue Parlament. Zum Teil konnte eine Person in zwei oder sogar in drei Bereichen wählen; ihre Stimme erhielt so ein überproportionales Gewicht.<ref>Studt/Olsen, S.175, zu den Notabeln gehörten die Mitglieder des Senats und der Erbgesessenen Bürgerschaft, die Richter und Handelsrichter, Mitglieder der Vormundschaftsbehörde, die bürgerlichen Mitglieder der Verwaltungsbehörde sowie die Mitglieder der Handels- und Gewerbekammer.</ref>

Die Bürgerschaft konstituierte sich am 6. Dezember 1859 und wählte den Rechtsanwalt [[Johannes Versmann]] zu ihrem Präsidenten. Dadurch, dass Versmann als Liberaler schon in der „Hamburger Konstituante“ gesessen hatte, wird deutlich, dass trotz des eingeschränkten Wahlrechts eine „reformerische Mehrheit“ in der Bürgerschaft überwog.<ref>Eckardt, S. 28.; Kopitzsch (1999), S. 297.</ref> Sekretäre und Syndici wurden weiterhin vom Senat selbst bestimmt.

In der ersten Bürgerschaft bildeten sich zwei Fraktionen: die ''Fraktion der Rechten'' (vorwiegend Kaufleute und [[Notabeln]]) und die ''Fraktion der Linken'' (vorwiegend [[Handwerk]]er und [[Kleingewerbe]]). Die ''Fraktion des Linken Zentrums'' (vorwiegend [[Industrieller|Industrielle]]) kam erst 1868 dazu und forderte, die Sachthemen wieder in den Vordergrund zu stellen und nicht die politische Überzeugung. Die Richtungsbezeichnungen der drei Fraktionen hatten aber trotzdem mehr mit der sozialen Herkunft als mit einer politischen Überzeugung zu tun.<ref>Studt/Olsen, S.176/177.</ref> Mit der neuen Bürgerschaft ging auch die Emanzipation der Juden einher. In der ersten Bürgerschaft saßen neun jüdische Abgeordnete. Unter ihnen waren [[Gabriel Riesser]], [[Isaac Wolffson]] und [[Anton Rée]]. Ihre verfassungsmäßige Gleichberechtigung kam erst ein Jahr später mit der neu erlassenen Hamburgischen Verfassung.<ref>Klessmann, S.467.</ref>

==== 1860er- bis 1880er-Jahre ====
Bald nach ihrer Gründung ging die Bürgerschaft viele Einrichtungen an, die nicht mehr zeitgemäß waren oder so empfunden wurden. Als erster Schritt wurde 1860 die [[Torsperre (Hamburg)|Torsperre]] aufgehoben, was der neuen Institution schnell Sympathien einbrachte. 1865 folgte ein Gewerbegesetz, welches alte [[Zunft|Zünfte]] und [[Brüderschaft]]en entmachtete. Dieses Gesetz war einer der ersten großen Streitpunkte in der Bürgerschaft. Aufgrund der Verfassung von 1860 und der damit einhergehenden [[Trennung von Religion und Staat|Trennung von Staat und Kirche]] wurde die ''[[Kirchenbuch]]führung'' abgeschafft; stattdessen wurden die ''[[Zivilstandesregister]]'' eingeführt. Zudem kam 1876 noch die obligatorische [[Zivilehe]] hinzu. Mit dem Unterrichtsgesetz vier Jahre später wurden die Schulen und Bildungseinrichtungen unter staatliche Aufsicht gestellt. Mit diesen Maßnahmen fand Hamburg „endlich Anschluss an die Ideen der neuen Zeit“.<ref>Studt/Olsen, S. 177.</ref>

[[Datei:Julius Engel 1905.jpg|miniatur|links|[[Julius Engel]], Bürgerschaftspräsident von 1902 bis 1913]]
Die [[Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg|Hamburger Verfassung]] von 1860 wurde 1879 grundlegend reformiert. Diese in der Bürgerschaft lebhaft diskutierte Reform änderte auch die Institution selber: Die Anzahl der Parlamentarier wurde von 192 auf 160 reduziert. Auch der Wahlmodus wurde verändert. Nun wurde die Hälfte der Abgeordneten durch direkte und geheime Wahl bestimmt. Weiterhin blieb das Wahlrecht aber an das Bürgerrecht gekoppelt und grenzte breite Schichten der Bevölkerung aus. 1879 besaßen von den etwa 450.000 Einwohnern Hamburgs nur 22.000 das Wahlrecht zur Bürgerschaft, dagegen durften 103.000 ihre Stimme zur Reichstagswahl abgeben. Je 40 weitere Mandate für das Hamburger Parlament wurden durch Wahl innerhalb der Grundeigentümer und der Notabeln vergeben.<ref>Klessmann, S.470/471.</ref> Die Notabeln setzten sich nach Artikel 30 der Verfassung aus Richtern, Handelsrichtern, Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde, bürgerlichen Mitgliedern der Verwaltungsbehörden, der Handels- oder Gewerbe-Kammer zusammen.<ref>[http://www.verfassungen.de/de/hh/hamburg79-index.htm Hamburgische Verfassung von 1879]</ref>

Im Mai 1881 stimmte die Bürgerschaft zusammen mit dem Senat dem Beitritt zum [[Deutscher Zollverein|Deutschen Zollverein]] zu. Ein Kompromiss zwischen dem Hamburger Bürgermeister [[Johannes Versmann]] und [[Otto von Bismarck]] sah ein [[Freihafen]]gebiet vor, in dessen Bereich die Waren zollfrei blieben, auch wenn sie dort weiterverarbeitet oder veredelt wurden (beispielsweise [[Kaffee]] geröstet). Das umstrittene Projekt, welches eines der größten Bauprogramme ([[Speicherstadt]]) der Stadt nach sich zog, wurde mit dem endgültigen Beitritt im Oktober 1888 vollendet.<ref>Klessmann, S.474.</ref>

==== Die neuen Fraktionen ====
Die Sozialdemokraten kamen 1901 durch [[Otto Stolten]] zu ihrem ersten Sitz im Parlament. Es folgte nach den Wahlen 1904 die Fraktion der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Sozialdemokratischen Partei Deutschlands]] (SPD) mit 13 Mitgliedern. Bemerkenswert ist der relativ geringe Anteil von Abgeordneten, im Vergleich zu den Wahlergebnissen der [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstagswahlen]]. In den drei Wahlkreisen<ref>die drei Wahlkreise der Reichstagswahlen waren 1. Wahlkreis [[Hamburg-Altstadt|Altstadt]], 2. Wahlkreis [[Hamburg-Neustadt|Neustadt]] und [[Hamburg-St. Pauli|St. Pauli]] und 3. Wahlkreis Außenbezirke und Landgebiete. Siehe dazu Studt/Olsen, S. 180.</ref> konnte die SPD 1880 einen, ab 1883 zwei und ab 1890 alle ihre Kandidaten durchbringen. Durch die freie und gleiche Wahl aller männlichen Bewohner erzielte die SPD Ergebnisse von mehr als 58 %<ref>Reichstagswahlergebnisse der SPD: 1871 – 24,1 %; 1878 – 41,3 % und 1880 58,7 %. Vgl. dazu Eckardt, S. 37.</ref>

1906 wurde zur Abwehr der Sozialdemokratie das Wahlrecht verschärft (der so genannte [[Wahlrechtsraub]]). Als Protest gegen das neue Wahlrecht, das das Klassenwahlrecht stärkte, bildete sich die Fraktion der „[[Vereinigte Liberale|Vereinigten Liberalen]]“, deren Mitglieder – wie beispielsweise [[Carl Wilhelm Petersen]] – zuvor überwiegend der ''Fraktion der Rechten'' angehört hatten. Einzelne Abgeordnete entstammten aber auch einer der beiden anderen traditionellen Fraktionen.

=== Novemberrevolution (1918/1919) ===
In der Nacht vom 5. auf den 6. November 1918 übernahmen [[Seemann|Matrosen]] unter dem 20-jährigen [[Maat (Schiff)|Maat]] Friedrich Zeller die Macht in Hamburg. Der Vorsitzende der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]], [[Ferdinand Kalweit]], übernahm am Morgen des 6. November die zivile Verantwortung. Bereits am Vormittag bildete sich unter der Leitung von Zeller und Kalweit ein „provisorischer Arbeiter- und Soldatenrat“. Die Macht lag bereits gegen Mittag de facto bei diesem Rat, auch wenn offiziell die Stellung von Bürgerschaft und Senat unangetastet blieb. Am 8. November bildete sich der ''Große Arbeiterrat'' in Hamburg. Zwei Tage später wurde das Exekutivgremium des Rates gewählt. Der Historiker und Linksradikale [[Heinrich Laufenberg]], der erst wenige Stunden in der Stadt war, wurde sofort in das dreißigköpfige Gremium gewählt und wenig später durch eine Kampfabstimmung als Vorsitzender bestätigt. Laufenberg und der Matrose [[Wilhelm Heise]] stellten somit den Kopf des in Hamburg regierenden [[Arbeiter- und Soldatenrat]]s.<ref>Ulrich, S. 200–204.</ref>

Am 12. November wurde die Bürgerschaft gegen den Widerstand der Mehrheits-SPD und des überwiegenden Teils der Gewerkschaften auf Druck Laufenbergs offiziell beseitigt, aber bereits wenige Tage später, am 18. November, wieder als „kommunale Verwaltungsinstanz“ eingesetzt. Sie sollte wie die [[Behörde]]n ihre Alltagsgeschäfte weiterführen, hatte aber keine politische Entscheidungsbefugnis. Es gab somit eine Zusammenarbeit zwischen dem Arbeiter- und Soldatenrat sowie der Bürgerschaft. Die Kooperation zwischen den beiden Gremien entstand daraus, dass der Rat nicht auf das Wissen und die Erfahrung im Bereich der [[Verwaltung]] verzichten konnte. Ein Problem für die Bürgerschaft war dagegen, dass sie von einem Großteil der Bevölkerung nicht mehr als Entscheidungsträger akzeptiert wurde und sie den Rat brauchte, um Maßnahmen durchzusetzen. Gemeinsam wurden zum Beispiel der [[Achtstundentag]], ein neuer [[Kündigungsschutz]] sowie die Beseitigung der [[Akkordarbeit]] eingeführt.

Von fast allen politischen Strömungen wurde eine neu gewählte Bürgerschaft gefordert. Die Frage, wie diese Wahl aussehen sollte, welche die Aufgaben der neuen Bürgerschaft sein sollten und der Zeitpunkt der Wahl waren aber äußerst umstritten. Die SPD wollte einen schnellen Termin für eine freie, gleiche und geheime Wahl, weil dies eine der Hauptforderungen war, für die sie die Jahre vor der Revolution gekämpft hatten. Die bürgerlichen und konservativen Kräfte, die vorher meist eine allgemeine und gleiche Wahl abgelehnt hatten, drängten ebenso auf einen frühzeitigen Termin. Es war für sie die einzige Möglichkeit, wieder politischen Einfluss zu erlangen und die Machtposition des Arbeiter- und Soldatenrates zu brechen. Die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] war eher für einen späteren Termin, um die Erfolge der [[Revolution]] zu sichern und auf ein gesichertes Fundament zu stellen. Die einzigen, die eine [[Verfassungsgebende Versammlung]] ablehnten, waren die so genannten [[Linksradikal]]en, die sich später der neugegründeten [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] anschlossen. Es entstand unter anderem durch dieses Thema eine so heftige [[Kontroverse]], dass sich auf Jahre ein tiefer Spalt zwischen den [[Arbeiterpartei]]en bilden sollte.<ref>Büttner: ''Politischer Neubeginn'', S. 11–21.</ref>

=== Weimarer Republik (1919 bis 1933) ===
Ab 1919 galt ein allgemeines und gleiches [[Wahlrecht (Hamburg)|Wahlrecht]] für die Bürgerschaft. Erst seitdem besitzt die Bürgerschaft die volle [[Souveränität]]. Senatoren wurden ab diesem Zeitpunkt ausschließlich von der Bürgerschaft gewählt. 1921 wurde dieses auch offiziell in die neu geschaffene Verfassung aufgenommen. Damit war die Bürgerschaft erstmals eine volle Repräsentation aller Wahlbürger im obersten Staatsorgan. Der Senat stand nun unter direkter Kontrolle des Parlaments.<ref name="Thieme, Verfassung, S. 1" />

Nach der Wahl zur Verfassungsgebenden Bürgerschaft 1919 (siehe unten) wurde bis 1932 sechsmal nach den Regeln der neuen Verfassung gewählt. Die Bürgerschaftswahl vom 9. Oktober 1927 musste aufgrund eines Urteils des [[Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich|Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich]] wiederholt werden. Das Gericht entschied, dass die Wahlrechtsänderung, die eine Hürde für kleine Parteien zur Bürgerschaftswahl vorsah, verfassungswidrig sei. Die Hürde bestand darin, dass die Parteien 3.000 Unterstützer-Unterschriften nachweisen und eine Kaution stellen sollten. Diese Maßnahmen waren aber mit der [[Weimarer Verfassung|Reichsverfassung]] nicht vereinbar.<ref name="Eckardt">Eckardt, S. 69.</ref>

Insgesamt gab es in der [[Weimarer Republik]] von 1919 bis 1933 [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft von 1919 bis 1933|536 Politiker]], die ein [[Mandat (Politik)|Mandat]] in der Bürgerschaft innehatten. Davon waren lediglich 44 Frauen (für die SPD: 18, KPD: 11, [[Deutsche Demokratische Partei|DDP]]: 6, [[Deutsche Volkspartei|DVP]]: 4, [[Deutschnationale Volkspartei|DNVP]]: 3, USPD 2).<ref>Rita Bake / Brita Reimers: ''So lebten sie! Spazieren auf den Wegen von Frauen in Hamburgs Alt- und Neustadt'', Hamburg 2003, S. 192 ff.</ref>

Ab 1919 bildeten die SPD und die DDP (ab 1930 Deutsche Staatspartei [DStP]) eine [[Koalition (Politik)|Koalition]] und konnten so den ersten demokratischen Senat der Hansestadt bestimmen. Mit der Bürgerschaftswahl vom 26. Oktober 1924 hatte die bisherige Koalition keine Mehrheit mehr und die Deutsche Volkspartei wurde in die Koalition mit aufgenommen. Nach der Wahl vom 27. September 1931 hatte auch dieser Zusammenschluss seine Mehrheit in der Bürgerschaft verloren. Am 24. April 1932 wurde die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] zur stärksten Fraktion in der Bürgerschaft, konnte aber noch nicht den Senat stellen. Am 8. März 1933 wurde eine Koalition aus NSDAP, DStP, DNVP und DVP gebildet.

Die SPD stellte ab 1919 die stärkste Fraktion, bis sie 1932 knapp von der NSDAP abgelöst wurde. Sie verlor aber während dieser Zeit über 20 % ihrer Stimmen. Waren es 1919 noch über 50 % sollten es 1931 nur noch 27,8 % der Stimmen sein.

==== Bürgerschaftswahl 1919 ====
{{Wahldiagramm
|LAND = DE
|TITEL = Bürgerschaftswahl 1919
|JAHRALT =
|JAHRNEU = 1919
|PARTEI1 = SPD
|ERGEBNIS1 = 50.46
|PARTEI2 = DDP
|ERGEBNIS2 = 20.47
|PARTEI3 = DVP-1
|ERGEBNIS3 = 8.60
|PARTEI4 = USPD
|ERGEBNIS4 = 8.07
|PARTEI5 = [[Reichspartei des deutschen Mittelstandes|HWB]]
|ERGEBNIS5 = 4.20
|FARBE5 = CDBE70
|PARTEI6 = DNVP
|ERGEBNIS6 = 2.86
|PARTEI7 = [[Grundeigentümer-Wahlbüro|GeWb]]
|ERGEBNIS7 = 2.45
|FARBE7 = 008B8B
|PARTEI8 = Z
|ERGEBNIS8 = 1.20
|PARTEI9 = Sonst.
|ERGEBNIS9 = 1.69
}}
Bei der ersten Bürgerschaftswahl am 16. März 1919 wurden erstmals alle Bürger und Bürgerinnen Hamburgs aufgerufen zu wählen. Das Recht zu wählen war nicht mehr abhängig vom Status als Bürger, sondern nur vom Wohnsitz, der in Hamburg sein musste. Eine der Hauptaufgaben der Bürgerschaft war es, der Stadt eine neue Verfassung zu geben und diese mit demokratischen und republikanischen Inhalten zu füllen.<ref>Büttner: Hamburg, S.13/14.</ref>

Es beteiligten sich 532.911 Hamburger an den Wahlen, was eine Wahlbeteiligung von 80,55 % ergab.
Die SPD gewann klar mit 50,5 % der Stimmen die Wahl. Es folgten bei den Wahlen die DDP (20,5 %), die USPD (8,1 %), die DVP (8,6 %) und die DNVP (2,9 %). Durch den klaren Erfolg der SPD und DDP bei der Wahl zeigte sich ein deutliches Signal für die Demokratie. Die beiden Parteien hatten sich nämlich von Anfang an eindeutig für eine demokratische Republik ausgesprochen. Die SPD ging trotz ihrer absoluten Mehrheit eine Koalition mit der DDP ein. Schon in der Kaiserzeit war die Zusammenarbeit zwischen den Linksliberalen ([[Vereinigte Liberale]]) und Sozialdemokraten intensiv geführt worden und sollte nun als Regierung eine breite Masse repräsentieren.

Bei der Bürgerschaftswahl 1919 hatten Frauen erstmals das aktive und passive [[Wahlrecht]]. In der ersten Bürgerschaft waren von 185 Abgeordneten 17 Frauen (9,2 %). Davon stellte die SPD mit neun Frauen den größten Anteil, gefolgt von der DDP mit vier und der USPD mit zwei. Je ein Sitz im Parlament wurde von der DVP und der DNVP mit einer Frau besetzt.<ref>Büttner: ''Politischer Neubeginn'', S. 99/100</ref>

==== Kapp-Putsch ====
Der [[Kapp-Putsch]] 1920 wurde in Hamburg sofort von dem für die [[Hansestadt]] zuständigen Chef des [[Generalkommando]]s in [[Stettin]] [[Paul von Lettow-Vorbeck]], dem [[Garnison]]sältesten Oberst von Wangenheim und weiteren Offizieren unterstützt. Von Wangenheim löste im Verlauf des Putsches die Bürgerschaft auf und die veranlasste die Absetzung des Senats. Der Großteil der in Hamburg stationierten Mannschaften und deren Unteroffiziere sowie die Polizei hielten sich anscheinend loyal zur Republik und zu den gewählten Vertretern Hamburgs. Trotz der Weigerung des späteren Senators [[Hermann Carl Vering]], die Einwohnerwehren gegen die Putschisten einzusetzen, verhielten diese sich in großen Teilen loyal zur Verfassung.

Während des Putsches unterstützten der Großteil der Bürgerschaft sowie der Hamburger Senat die demokratische [[Reichsregierung (Weimarer Republik)|Reichsregierung]]. Für die beiden sozialdemokratischen Parteien (SPD und USPD) und die DDP sprach der liberale Politiker [[Christian Koch (Politiker)|Christian Koch]] aus diesem Anlass in der Bürgerschaft: ''„Wir wollen den Bruderkrieg nicht; wenn jene gewissenlosen Menschen ihn aber wollen, dann nur zu. Wir sind bereit unser Leben einzusetzen, damit das Errungene dem deutschen Volke erhalten bleibt.“'' Die Regierungsparteien sowie die USPD bildeten einen [[Parität (Politik)|paritätisch]] besetzten [[Ausschuss]] und riefen die Demokraten auf, sich zum bewaffneten Kampf für die Republik bereitzuhalten. Die genannten Parteien sowie die Gewerkschaften, die Betriebsräteorganisationen, Beamtenverbände und weitere gesellschaftliche Gruppen riefen zum Generalstreik auf.

Durch die vehemente Gegenwehr der demokratischen Kräfte und die Folgen des erfolgreichen Generalstreiks mussten die Putschisten schnell einsehen, dass sie keine Chance hatten. Bereits zwei Tage vor dem Rückzug [[Wolfgang Kapp]]s von seinen selbst ernannten Ämtern war am 15. März 1920 der Putsch in Hamburg beendet.<ref>Jochmann: ''Hamburg'', S. 182–186. Zitat von Chr. Koch Seite 185.</ref>

==== Hamburger Aufstand ====
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-12940, Ernst Thälmann (scrap).jpg|miniatur|[[Ernst Thälmann]], Mitglied der Bürgerschaft und Anführer beim Hamburger Aufstand]]
Dreieinhalb Jahre später war mit dem kommunistischen [[Hamburger Aufstand]] die Bürgerschaft wieder mit einem Umsturzversuch konfrontiert. Dieser Aufstand vom 23. bis zum 24. Oktober 1923 war aber im Gegensatz zum Kapp-Putsch in der Ausführung ein regionales Ereignis für Hamburg und Umgebung. Die Hamburger KPD und SPD standen sich in der Bürgerschaft noch unversöhnlicher gegenüber als überregional in der [[Weimarer Republik]] ohnehin schon. Bereits vor der offenen Revolte waren Tendenzen in der Bürgerschaft über eine gewaltsame Auseinandersetzung hörbar. Der KPD-Politiker [[Hugo Urbahns]] sagte zum Beispiel am 5. September 1923: ''„[…] deswegen sagen wir den Arbeitern: Schließt Euch zusammen gegen das Unternehmen, gegen diesen Staat, gegen die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaftsführer; nehmt den Kampf auf, wenn es sein muss, mit den Waffen in der Faust, […] nehmt den Kampf auf mit allen Mitteln; erst dann werdet Ihr Gewissheit haben, daß Ihr errettet werdet vor dem Unternehmertum und vor den Führern, die gegen Euch wüten!“.''<ref>Sitzungsprotokoll der Hamburgischen Bürgerschaft vom 5. September 1923 Seite 872, Zitat abgedruckt bei Voss, S. 178.</ref> Solche Aufrufe sollten sich in der Zeit bis zum Aufstand wiederholen, vor allem weil das Parteiorgan, die ''[[Hamburger Volkszeitung]]'', zum wiederholten Male verboten wurde. Die KPD in der Bürgerschaft ging aber die überwiegende Zeit der normalen Parlamentstätigkeit nach und beteiligte sich an den tagespolitischen Themen.<ref>Voss, S. 173–179.</ref>

Nachdem in den Morgenstunden des 23. Oktober der Aufstand losgebrochen war, standen die Kommunisten einer Übermacht an Hamburger und Altonaer Polizei gegenüber. Der Aufruhr war schon am Abend des Tages in fast allen Gebieten gescheitert. Nur in [[Barmbek]] und [[Hamburg-Billstedt#Schiffbek|Schiffbek]] konnten die Aufständischen sich bis zum nächsten Tag halten. Das Ergebnis der zwei Tage waren über 100 Tote und eine weitere Verschärfung der Spannungen zwischen den beiden Arbeiterparteien.

Am 24. Oktober um 18 Uhr, also wenige Stunden nach dem generellen Ende des Aufstandes, kam die Bürgerschaft zu ihrer regulären Sitzung zusammen. Neben der kommunistischen Verantwortung des Aufstandes wurde von den sozialdemokratischen Abgeordneten aber auch die Notlage der deutschen Bevölkerung angesprochen, die eine solche Aktion erst ermöglichen konnte. Neben der an der Regierung beteiligten DDP lehnten auch die rechten Parteien den Aufstand als Terrorakt ab. Die DVP hätte noch mehr Härte gegenüber den Aufständischen angebracht gefunden. Von kommunistischer Seite war es [[Karl Seß]], der sich zu den Ereignissen äußerte. Er sagte nichts direkt zum Aufstand, sondern griff die anderen Parteien, vor allem die SPD, und das kapitalistische System scharf an. In der Nacht zum 24. Oktober und den darauffolgenden Tagen waren insgesamt sieben kommunistische Mitglieder der Bürgerschaft verhaftet worden. Der Abgeordnete Hugo Urbahn hielt sich versteckt und wurde erst am 13. Januar des folgenden Jahres verhaftet. Erst ein Jahr später kam es zu Verurteilungen der beteiligten kommunistischen Abgeordneten, Redakteure und Gewerkschafter. Die Bürgerschaftsabgeordneten waren [[Karl Rühl]], [[Fritz Esser (MdR)|Fritz Esser]], [[Alfred Levy]] und [[Karl Köppen (KPD)|Karl Köppen]]. Andere Politiker wie [[Ernst Thälmann]] oder [[Hans Kippenberger]] tauchten unter.<ref>Voss, S. 183–204.</ref>

==== Bürgerschaftswahl 1925 ====
1925 wurde die Bürgerschaft das dritte Mal während der Weimarer Republik gewählt. Die Wahlbeteiligung war von 80,55 % (1919) und 70,9 % (1921) bei dieser Wahl auf 66,06 % abgerutscht. Die Anzahl der Wähler blieb dabei aber aufgrund des Zuwachses der Stadt bei etwa 535.000 fast gleich. Zehn Parteien stellten die 160 Abgeordnete, wobei die fünf kleinen Parteien nur elf Mandate auf sich verbuchen konnten.

Nachdem sich die [[Koalition (Politik)|Regierungskoalition]] trotz großer Verluste im Wahljahr 1921 noch einmal hatte behaupten können, war sie dieses Mal auf einen weiteren Partner angewiesen. Im Gegensatz zu ersten Wahl 1919, bei der die Koalition aus SPD und DDP noch eine Zustimmung von über 70 % erhalten hatte, musste sie sich 1921 schon mit knapp 55 % zufriedengeben und 1925 schenkten ihnen nur noch etwas mehr als 45 % der Wähler das Vertrauen. Die DVP wurde als neuer Koalitionspartner gewonnen. Diese Partei hatte ihr Ergebnis gegenüber der Wahl von 1921 behaupten und sogar leicht ausbauen können und stellte die viertstärkste Kraft dar. Das Selbstverständnis dieser Partei war ein gänzlich anderes als das der SPD und der DDP. Die Partei legte gerade in Hamburg wert darauf, eine Rechtspartei (oder auch ''[[Schwarz-Weiß-Rot|schwarz-weiß-rote-Partei]]'') zu sein. Sie hatte eine Abneigung gegen den demokratischen Staat und war zudem nicht an einem Ausgleich zwischen den sozialen Schichten interessiert. Den Staat aber direkt zu bekämpfen, stand gegen die ''„Tradition des hanseatischen Besitz-und Bildungsbürgertums“''. Der Drang für viele Personen, der DVP wieder in die Machtzentrale zu kommen, überwog trotz der Abneigung gegenüber den [[Linksliberalismus|Linksliberalen]] und sozialdemokratischen Parteien.

Die antirepublikanischen Kräfte auf der linken und rechten Seite des politischen Spektrums waren mit über 30 % gestärkt aus der Wahl hervorgegangen. Die DNVP stellte mit fast 17 % der Stimmen und einem Zugewinn gegenüber 1921 von über 5 % die zweitstärkste Kraft innerhalb des Parlamentes. Es sollte aber auch das beste Ergebnis für die Partei bleiben.<ref>Büttner: Hamburg, S.19</ref>

==== Bürgerschaftswahl 1927 und 1928 ====
Erstmals seit dem ''Hamburger Aufstand'' kam es nach der Bürgerschaftswahl vom 9. Oktober 1927 wieder zu Verhandlungen zwischen den beiden Arbeiterparteien SPD und KPD. Doch trotz dieser Verhandlungen konnten sich die beiden Parteien nicht auf eine [[Koalition (Politik)|Koalition]] einigen. Die SPD forderte als stärkere Partei die Richtlinien der gemeinsamen Politik vorzugeben, was die KPD kategorisch ablehnte. Dagegen konnte sich die SPD nicht auf die Mindestforderungen der KPD einlassen und auch nicht auf das Angebot, sich von den Kommunisten als eine [[Minderheitsregierung|Minderheitenregierung]] tolerieren zu lassen. Am 26. Oktober wurden die Gespräche offiziell als gescheitert erklärt. Die SPD setzte die Koalition mit der DDP und der DVP, die seit 1925 bestand, fort. Auch nachdem die Wahl von 1927 vom Staatsgerichtshof für ungültig erklärt worden war und im darauf folgenden Jahr wieder gewählt werden musste, blieb die Koalition bestehen.<ref>Ernst Christian Schütt: Die Chronik Hamburgs, Chronik Verlag, Dortmund 1991, S. 432.</ref>

==== Zeit der Stabilisierung ====
Zwischen 1924 und 1929 war in der gesamten Weimarer Republik eine „relative Stabilisierung“ zu erkennen.<ref>Vgl. dazu [[Eberhard Kolb]]: ''Die Weimarer Republik'', [Oldenbourg Grundriss der Geschichte], [[R. Oldenbourg Verlag]], München 2000. S. 54 ff.</ref> Dies galt auch für die Stadt Hamburg, wo in dieser Zeit [[Sozialreform]]en durchgeführt wurden. Trotz des Koalitionspartners DVP, die sich nicht als Reformpartei einen Namen machte, wurden in den Jahren durch die SPD und die DDP die Reformen vorangetrieben. Zudem entstand Druck auf die SPD von seiten der um Wählerstimmen konkurrierenden KPD.

Nach den Revolutions- und Krisenjahren, in denen durch Unruhen und [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Geldentwertung]] keine Zeit und keine Möglichkeiten für große [[Reform]]vorhaben war, sollte sich ab 1924 die Bürgerschaft vermehrt den Bereichen der Wohnungsbau-, Bildungs- und Sozialpolitik zuwenden. Unter [[Fritz Schumacher]] als Oberbaudirektor wurden durch die Bürgerschaft Gelder bewilligt, um gerade den [[Sozialer Wohnungsbau|sozialen Wohnungsbau]] zu fördern. In der Weimarer Republik und gerade in der Zeit zwischen 1923 und 1931 entstanden über 60.000 Neubauwohnungen in der Stadt. In der [[Schulpolitik|Schul- und Ausbildungspolitik]] wurden viele verschiedene Bereiche angegangen. Die [[Volksschule]]n wurden räumlich erweitert (sie erhielten Gymnastikhallen und Festsäle) oder wurden neu gebaut. Die Klassen wurden verkleinert und die Lehrerausbildung wurde durch die universitäre Anbindung für Volksschullehrer verbessert. Die Bildungspolitik der Sozialdemokraten und Liberalen wurde von konservativer Seite in der Bürgerschaft als Verschwendungssucht angeprangert. Eine weitere Reform war die Erschaffung eines modernen und auf [[Resozialisierung]] aufbauenden [[Strafvollzug]]es unter der Leitung des Bürgerschaftsabgeordneten [[Christian Koch (Politiker)|Christian Koch]].<ref>Büttner: Hamburg, 21-24.</ref>

==== Untergang der Demokratie in Hamburg ====
Die Nationalsozialisten zogen bei der Wiederholungswahl 1928 (die Wahl vom Oktober 1927 wurde als ungültig erklärt) mit drei Mandaten ein. Drei Jahre später stellten sie bei der nächsten Wahl bereits 43 Abgeordnete. Die Parlamentsmehrheit, die bis dahin von SPD, DDP und zum Teil der DVP gestellt wurde, war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden. Die Parteien, die die Weimarer Republik ablehnten (NSDAP und DNVP auf der rechten Seite und die KPD auf der linken), hatten nun ein Übergewicht im Parlament, waren aber ideologisch völlig entgegengesetzt und konnten sich nicht auf ein gemeinsames Programm einigen. Der Senat, der vom Willen der Bürgerschaft abhängig war, hatte ab diesem Zeitpunkt bis zum Ende der [[Weimarer Republik]] keine Mehrheit mehr in der Bürgerschaft. Eine Mehrheit, den Senat abzuwählen, fand sich aber auch nicht.<ref name="Eckardt" />

==== Bürgerschaftswahlen zwischen 1919 und 1932<ref>Büttner: Errichtung, S. 6. Die Reihenfolge der Parteien wurde aus der Tabelle bei Büttner übernommen.</ref> ====
{| class="prettytable" style="font-size:100%;"
|- style="background: #f3f3f3; font-size:100%;"
! Jahr
! [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]]
! [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]]
! [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]
! [[Deutsche Demokratische Partei|DDP]]
! [[Deutsche Volkspartei|DVP]]
! [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrum]]
! [[Christlich-Sozialer Volksdienst|CSVD]]
! [[Deutschnationale Volkspartei|DNVP]]
! [[Völkisch-Sozialer Block|VSB]]
! [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]
! [[Reichspartei des deutschen Mittelstandes|HWB]]
! [[Grundeigentümer-Wahlbüro|GeWb]]
! [[Gewerbetreibende|Gt]]
! [[Mittelstandspartei|MSP]]
! [[Hermann Abel – Wohnungssuchende|Abel]]
! [[Mieterschutz und Wohnungsneubau|MSUWB]]
! [[Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung|VRP]]
|--
| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (1. Wahlperiode)|1919]]
| 8,07 %<br />13 Sitze
| –
| 50,46 %<br />82 Sitze
| 20,47 %<br />33 Sitze
| 8,60 %<br />13 Sitze
| 1,20 %<br />2 Sitze
| –
| 2,86 %<br />4 Sitze
| –
| –
| 5,60 %<br />9 Sitze
| 2,45 %<br />4 Sitze
| –
| –
| –
| –
| –
|--
| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (2. Wahlperiode)|1921]]
| 1,43 %<br />2 Sitze
| 11,04 %<br />17 Sitze
| 40,62 %<br />67 Sitze
| 14,10 %<br />23 Sitze
| 13,90 %<br />23 Sitze
| 1,23 %<br />2 Sitze
| –
| 11,27 %<br />18 Sitze
| –
| –
| 3,51 %<br />5 Sitze
| 2,25 %<br />3 Sitze
| –
| –
| –
| –
| –
|--
| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (3. Wahlperiode)|1924]]
| –
| 14,70 %<br />24 Sitze
| 32,44 %<br />53 Sitze
| 13,22 %<br />21 Sitze
| 14,00 %<br />23 Sitze
| 1,59 %<br />2 Sitze
| –
| 16,96 %<br />28 Sitze
| 2,53 %<br />4 Sitze
| –
| –
| –
| 1,27 %<br />2 Sitze
| –
| 0,65 %<br />1 Sitz
| 1,31 %<br />2 Sitze
| –
|--
| [[Liste Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (4. Wahlperiode)|1927]]<ref>Die Wahl wurde für ungültig erklärt und 1928 wiederholt.</ref>
| –
| 16,99 %<br />27 Sitze
| 38,15 %<br />63 Sitze
| 10,06 %<br />16 Sitze
| 11,17 %<br />18 Sitze
| 1,51 %<br />2 Sitze
| –
| 15,23 %<br />25 Sitze
| –
| 1,50 %<br />2 Sitze
| –
| –
| –
| 4,19 %<br />6 Sitze
| –
| –
| 1,20 %<br />1 Sitz
|--
| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (5. Wahlperiode)|1928]]
|
| 16,65 %<br />27 Sitze
| 35,94 %<br />60 Sitze
| 12,76 %<br />21 Sitze
| 12,46 %<br />20 Sitze
| 1,37 %<br />2 Sitze
| –
| 13,70 %<br />22 Sitze
| –
| 2,15 %<br />3 Sitze
| –
| –
| –
| 2,93 %<br />4 Sitze
| –
| –
| 0,82 %<br />1 Sitz
|--
| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (6. Wahlperiode)|1931]]
|
| 21,86 %<br />35 Sitz
| 27,81 %<br />46 Sitze
| 8,70 %<br />14 Sitze
| 4,79 %<br />7 Sitze
| 1,40 %<br />2 Sitze
| 1,41 %<br />2 Sitze
| 5,61 %<br />9 Sitze
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| 26,25 %<br />43 Sitze
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| 1,47 %<br />2 Sitze
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| [[Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (Weimarer Republik) (7. Wahlperiode)|1932]]
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| 15,97 %<br />26 Sitz
| 30,23 %<br />49 Sitze
| 11,24 %<br />18 Sitze
| 3,18 %<br />5 Sitze
| 1,34 %<br />2 Sitze
| 1,03 %<br />1 Sitz
| 4,32 %<br />7 Sitze
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| 31,23 %<br />51 Sitze
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| 0,65 %<br />1 Sitz
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=== Nationalsozialismus (1933 bis 1945) ===
Die Verfolgung der ersten KPD-Bürgerschaftsabgeordneten wurde nach der [[Machtergreifung|Machtübernahme]] auf Druck der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] aus Berlin durch die Hamburger SPD-Regierung mit dem Polizeisenator [[Adolph Schönfelder]] durchgeführt. Die SPD gab sich der Illusion hin, durch „äußerste Korrektheit gegenüber der Reichsregierung“ die „[[Machtergreifung]]“ der NSDAP in Hamburg zu verhindern. Spätestens Anfang März wurden die Funktionäre der SPD eines besseren belehrt. Mehrere Abgeordnete der Sozialdemokraten wurden am 5. März trotz ihrer eigentlichen [[Politische Immunität|Immunität]] festgenommen.<ref>Tormin: Verfolgung und Widerstand, S. 10.</ref>
[[Datei:Gedenkstein wittmoor hamburg.JPG|miniatur|links|Gedenkstein für die Opfer des [[KZ Wittmoor]]]]
Am 8. März 1933 wählte die Bürgerschaft den [[Hamburger Senat im Nationalsozialismus|neuen Senat]] mit zwölf Senatoren. Von den Senatoren waren die Hälfte Mitglieder der NSDAP oder von dieser gestellt, die andere Hälfte kam von den bürgerlichen Koalitionspartnern. Die Abgeordneten der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] waren bereits durch Verhaftung oder Verfolgung aus der Bürgerschaft gedrängt worden.<ref name="Jochmann">Jochmann, Hamburg, S. 270–273.</ref> Die KPD nahm am 8. März in einem Brief an den Bürgerschaftspräsidenten [[Herbert Ruscheweyh]] zur Wahl des neuen Senats Ende März Stellung: ''„Gegen die Funktionäre und Abgeordneten der KPD ist Haftbefehl ausgesprochen. Wir haben keine Veranlassung, unsere Abgeordneten freiwillig der faschistischen Diktatur auszuliefern und nehmen darum an der heutigen Sitzung nicht teil.“''<ref>„Erklärung der kommunistischen Bürgerschaftsfraktion zur Neuwahl des Senats“ an den Bürgerschaftspräsidenten Herbert Ruscheweye mit der Bitte diesen Brief vor der Bürgerschaft vorzulesen. Abgedruckt bei Timpke: Dokumente, S. 95–97.</ref> Das [[KZ Wittmoor]] wurde Ende März im [[Wittmoor]] als erstes Hamburger Konzentrationslager eingerichtet. Dort wurde unter anderem der KPD-Abgeordnete [[Alfred Levy]] inhaftiert. Später wurden auch Mitglieder der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und der [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|SAPD]] dort eingesperrt und gefoltert.

Am 31. März 1933 wurde mit dem Ersten [[Gleichschaltung]]sgesetz („[[Vorläufiges Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich]]“) die Bürgerschaft entsprechend der Stimmenverteilung der [[Reichstagswahl März 1933|Reichstagswahl vom 5. März 1933]] gebildet, so dass die NSDAP die Macht übernehmen konnte. Zugleich verringerte man die Mandate in der Bürgerschaft, indem man die Sitze der KPD ersatzlos strich. Die Bürgerschaft kam am 10. Mai zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, bei der [[Fritz Meyer (NSDAP)|Fritz Meyer]] (NSDAP) zum neuen Präsidenten gewählt wurde. Bürgermeister [[Carl Vincent Krogmann]] machte den Parlamentariern zweifelsfrei klar, dass der Senat der Bürgerschaft keine Rechenschaft mehr schuldig sei. Es wurde offensichtlich, dass den neuen Machthabern nichts an einer Volksvertretung lag. Die übriggebliebenen Parlamentarier der SPD und der Linksliberalen überlegten ihre Mandate niederzulegen, weil eine Mitarbeit in einem machtlosen Gremium sinnlos wäre.<ref name="Jochmann" />

Die zweite Bürgerschaftssitzung am 31. Mai 1933 dauerte knapp eine halbe Stunde. Aussprachen oder Diskussionen waren nicht gestattet, der neue Bürgerschaftspräsident war der einzige Redner der Versammlung. Die NSDAP-Anträge galten als angenommen, anderes wurde nicht verhandelt.<ref>Hamburger Nachrichten vom 1. Juni 1933</ref>

Am 28. Juni 1933 kam die Bürgerschaft zu ihrer dritten Sitzung und zum vorerst letzten Mal zusammen. Die 32 SPD-Abgeordneten waren dabei aufgrund des von Innenminister [[Wilhelm Frick]] am 21. Juni 1933 erlassenen Betätigungsverbotes von der Teilnahme ausgeschlossen. Nachdem am 14. Juli 1933 die SPD, wie schon vorher die KPD, ganz verboten wurde, wuchs der Druck auf die restlichen Parteien. Zur Selbstauflösung gezwungen bzw. aufgefordert wurden die [[Deutsche Demokratische Partei|DStP]] und die in ''Deutschnationale Front'' umbenannte [[Deutschnationale Volkspartei|DNVP]]. Der [[Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten|Stahlhelm]], der über das Wahlbündnis ''Kampffront Schwarz-Weiß-Rot'' in der Bürgerschaft vertreten war, wurde unter der Bezeichnung ''Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund'' 1934 in die [[Sturmabteilung|SA]] übernommen. Die [[Deutsche Volkspartei|DVP]] hatte sich in Hamburg schon am 1. April 1933 aufgelöst, die Mehrheit der Mitglieder war zur NSDAP übergetreten.

Die Bürgerschaft tagte nach dem 28. Juni 1933 nicht mehr, am 14. Oktober 1933 löste sie der [[Reichsstatthalter]] [[Karl Kaufmann (Gauleiter)|Karl Kaufmann]] auf. Da neben der NSDAP keine Partei offiziell mehr existieren durfte, verlor die Existenz eines Parlamentes ihren Sinn. Der am 20. Juli 1933 neugeschaffene Staatsrat sollte ''den Schein einer fortbestehenden Repräsentanz aller Schichten und Stände wahren''.<ref name="HH Drittes Reich">Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Dritten Reich, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-903-1, S. 124</ref> Mit dem [[Groß-Hamburg-Gesetz]] wurde im April 1937 der Hamburger Staatsrat durch eine so genannte ''Ratsherrenversammlung'', eine ''weitere Attrappe bürgerlicher Beteiligung'', ersetzt.<ref name="HH Drittes Reich" />

Während der [[Zeit des Nationalsozialismus|Zeit des Nazi-Regimes]] wurden viele ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete der Sozialdemokraten und Kommunisten verfolgt, 18 von ihnen wurden ermordet. Der Verfolgung und dem Polizeiterror waren zudem auch bürgerliche Kräfte aus dem linksliberalen Spektrum ausgesetzt.<ref>Siehe dazu: Frank Müller: ''Mitglieder der Bürgerschaft. Opfer totalitärer Verfolgung'', Hamburg 1993.</ref>

{{Siehe auch|Liste der im Nationalsozialismus ermordeten Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft}}

=== Besatzungszeit (1945 bis 1949) ===
Während der englischen Besatzungszeit wurden zwei Bürgerschaften konstituiert. Zum einen die ernannte Bürgerschaft im Februar 1946 und die erste frei gewählte im Oktober desselben Jahres. Hamburg war durch das „[[Groß-Hamburg-Gesetz]]“ von 1937 erheblich vergrößert worden. Die neue Grenzziehung Hamburgs wurde von den [[Alliierte]]n zwar übernommen, aber auch teilweise in Frage gestellt. Unter anderem hatten die einwohnerstarken Gebiete [[Hamburg-Altona|Altona]], [[Hamburg-Wandsbek|Wandsbek]] oder auch [[Harburg-Wilhelmsburg]] bei der ersten [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1946|freien und demokratischen Wahl der Nachkriegszeit vom 13. Oktober 1946]] die Möglichkeit, sich erstmals an einer Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft zu beteiligen.

==== Die ernannte Bürgerschaft ====
[[Datei:Sitzverteilung Ernannte Bürgerschaft 1946.png|miniatur|Die ernannte Bürgerschaft im Februar 1946 mit den sechs Fraktionen.]]
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde [[Rudolf Petersen (Hamburg)|Rudolf Petersen]] schon im Sommer 1945 beauftragt, einen [[Senat Petersen|neuen Senat für Hamburg]] zu bilden. Politiker von ehemaligen Parteien der Bürgerschaft versuchten schon am 26. Juli 1945 Petersen davon zu überzeugen, eine vorläufige Bürgerschaft einzurichten. Die Delegation, bestehend aus [[Karl Meitmann]] (SPD), [[Friedrich Dettmann (Politiker)|Friedrich Dettmann]] (KPD), [[Max Traeger]] (Staatspartei) und [[Franz Beyrich]] (Zentrum), war der Meinung, dass ein „Beratender Ausschuss der Hamburger Bürgerschaft“ die politische Willensbildung ankurbeln könne und Verbindungsglied zwischen Besatzungsmacht, berufenem Senat und Hamburger Bevölkerung werden könne. Petersen befürwortete die Idee, musste die Entscheidung aber an die Militärregierung weiterleiten. Diese lehnte ab, indem sie nichts von sich hören ließ.<ref>Tormin: Der schwere Weg, S.115.</ref> Erst am 22. September stellte die Besatzungsmacht einen Ratsausschuss in Aussicht. Dieser sollte neben den früheren Parteien auch von Personen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten besetzt werden. Der Militärregierung war es wichtig, einen breiten Querschnitt der „einfachen Bürger“ mit einzubeziehen und so die Demokratie von unten her aufzubauen.<ref>Tormin: Der schwere Weg, S.116.</ref> Am 27. Februar 1946 traf sich die [[Ernannte Hamburgische Bürgerschaft|Ernannte Bürgerschaft]] zu ihrer [[Konstituierende Sitzung|konstituierenden Sitzung]]. [[Herbert Ruscheweyh]], dem letzten Bürgerschaftspräsidenten vor 1933, wurde wieder der Vorsitz im Parlament eingeräumt. An der Sitzung nahmen neben den [[Mitglieder der ernannten Hamburgischen Bürgerschaft (1946)|81 Abgeordneten]] auch der Generalleutnant Sir [[Evelyn Barker]] ([[Militärgouverneur]] für Schleswig-Holstein und Hamburg) und der Hamburger [[Stadtkommandant]] Brigadier [[George Ayscough Armytage|Armytage]] teil.

Die Hauptaufgabe der ernannten Bürgerschaft war die Erarbeitung einer neuen Verfassung, die am 15. Mai 1946 verabschiedet wurde. Der spätere Hamburger Bürgermeister [[Paul Nevermann]], zu der Zeit Senator, sagte bei der Grundsatzdebatte als Vertreter seiner Fraktion am 20. März 1946 vor der Bürgerschaft: ''„Die »verfassungslose, die schreckliche Zeit« ist überwunden. Das politische Leben soll wieder auf breite Basis eines staatsrechtlichen Grundgesetzes gestellt werden. Wir wollen damit bekunden, daß wir gewillt sind, Deutschland und Hamburg wieder zu einem Rechtsstaat auszubauen.“'' Daneben war es vor allem Aufgabe der Bürgerschaft die Sozialprobleme der Stadt zu organisieren. Im Vordergrund standen die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung, die Trümmerräumung und damit die ersten Aufbaumaßnahmen.<ref>Nevermann: Metaller – Bürgermeister – Mieterpräsident, S. 27–29. Zitat Seite 27.</ref>

Die Ernannte Bürgerschaft war ein Teil der schrittweisen Wiedereinführung von demokratischen Elementen in der Stadt. Zudem konnten sich in der Bürgerschaft die Parteien mit zum Teil neuem Profil bilden und sammeln. Am 8. Oktober 1946 beendete die Ernannte Bürgerschaft ihre Arbeit. Paul Nevermann sagte in der letzten Sitzung der ernannten Bürgerschaft am 7. Oktober rückblickend: ''„Es ist ja die historische Tragik der demokratischen Kräfte, daß sie immer dann ihre Aufgabe antreten müssen, wenn ein autoritäres Staatssystem ein Volksvermögen in die Luft gepulvert hat.[…] Das war nach dem ersten Krieg so und das ist jetzt wieder der Fall. Die Tatsache, daß wir angesichts einer unabsehbaren Vernichtung sachlicher Werte in diesem Lande gerade wegen der Armut eine starke Sozialpolitik zu treiben gezwungen sind, macht uns die Aufgabe selbstverständlich besonders schwer.“''<ref>Nevermann: Metaller – Bürgermeister – Mieterpräsident, S. 29.</ref>

==== Bürgerschaft 1946 bis 1949 ====
[[Datei:Max Brauer 1927.jpg|miniatur|Max Brauer war ab 1946 Erster Bürgermeister]]
In die [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1946|erste gewählte Bürgerschaft]] nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurden [[Liste der Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (1. Wahlperiode)|110 Abgeordnete]] gewählt (später 120 bzw. ab 1991 121). Durch die Gewichtung der Stimmen anhand des [[Mehrheitswahlrecht]]s bekam die SPD 83 Sitze in der Bürgerschaft, obwohl sie nur einen Stimmenanteil von 43 % erreicht hatte. Die SPD verfügte also über eine überragende Mehrheit in der Bürgerschaft und hätte ganz allein die Regierung stellen können, versuchte aber trotzdem mit einer Koalition die neue Demokratie auf ein breiteres Fundament zu stellen. Auf der einen Seite wollte man an die lange Tradition zwischen Sozialdemokraten und Liberalen in Hamburg anknüpfen und auf der anderen Seite den Bruderkampf mit der KPD nicht wieder aufkommen lassen. So kam es zu einer aus heutiger Sicht sehr ungewöhnlichen Koalition: die SPD erhielt neun, die FDP drei und die KPD einen Sitz in der [[Senat Brauer I|neuen Regierung]].
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 01. Wahlperiode.png|links|miniatur|Die SPD erhält in der ersten frei gewählten Bürgerschaft im Oktober 1946 die absolute Mehrheit.]]
Kritik (nicht nur durch die Opposition!) gegen das Wahlsystem der englischen Besatzung kam schnell auf, und dieses wurde schon 1949 bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1949|nächsten Bürgerschaftswahl]] nur noch modifiziert angewendet. Der aus der Emigration zurückgekehrte und neu gewählte Bürgermeister [[Max Brauer]] war selbst der Überzeugung, dass es eine starke Opposition geben müsse und das zunächst von den Engländern eingeführte Wahlsystem für das Hamburg der Nachkriegszeit nicht angebracht sei. Der Kampf um ein neues Bürgerschaftswahlrecht sollte in dieser Wahlperiode noch häufiger auf der Tagesordnung stehen.<ref>Lüth: Die Hamburger Bürgerschaft, S. 32–34.</ref>

Die drei Regierungsparteien zeigten eine deutliche personelle Kontinuität zu den Parteien der Weimarer Republik. Die SPD (z.&nbsp;B. [[Gustav Dahrendorf]] oder [[Paula Karpinski]]) und KPD (z.&nbsp;B. [[Friedrich Dettmann (Politiker)|Friedrich Dettmann]] oder [[Gustav Gundelach]]) konnten auf die Parteistrukturen der ersten Deutschen Republik zurückgreifen, aber auch die FDP formierte sich hauptsächlich aus den Mitgliedern der ehemaligen DDP (z.&nbsp;B. [[Christian Koch (Politiker)|Christian Koch]]). Dagegen war die in der Opposition sitzende CDU eine Partei von vielen neuen Politikern, die noch keine praktische Erfahrungen im Umgang mit dem Parlamentswesen hatten. Als Ausnahme ist der ehemalige [[Deutsche Volkspartei|DVP-Politiker]] [[Paul de Chapeaurouge]] zu nennen, der sich um eine bürgerliche Sammlungsbewegung bemühte. Trotz dieses Nachteils in der Parteistruktur konnten sich schnell einzelne Politiker der Opposition profilieren (z.&nbsp;B. [[Erik Blumenfeld]] oder [[Renatus Weber]]).<ref>Lüth: Die Hamburger Bürgerschaft, S. 34–35.</ref>

=== Bundesrepublik (ab 1949) ===
==== 1949 bis 1957 ====
[[Datei:Hamburger Rathaus von St-Petri.jpg|miniatur|links|Sitz der Bürgerschaft: Das [[Hamburger Rathaus]] heute]]
Während der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1946|1. Wahlperiode]] (1946–1949) wurde ein neues Wahlgesetz beschlossen, welches bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1949|Wahl 1949]] erstmals umgesetzt wurde. Es sollte die Übermacht einer einzelnen Partei (in diesem Fall der SPD) und das reine Mehrheitswahlsystem abgelöst werden. Neu waren die Aufstockung der Mandate von 110 auf [[Liste der Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (2. Wahlperiode)|120]] Parlamentarier und eine vierjährige Wahlperiode (bisher waren drei Jahre vorgesehen). Das Wahlsystem war ein Mischsystem aus einem [[Mehrheitswahlrecht]] (72 Mandate) und einem [[Verhältniswahlrecht]] (48 Mandate).<ref>Dabei wurden für die 48 Sitze, die nach Verhältniswahlrecht verteilt wurden, lediglich die "überzähligen" Stimmen berücksichtigt. Das bedeutet, daß die Stimmen der erfolglosen Direktkandidaten und der Vorsprung des Wahlkreissiegers vor dem Zweitplatzierten den jeweiligen Parteien für die Sitzberechnung gutgeschrieben wurden.</ref> Bei der Bürgerschaftswahl 1949 wurde die SPD wieder die stärkste Partei, stellte aber nur noch 65 (vorher 83) Sitze. Die Koalition zwischen SPD und FDP war schon vor der Wahl zerbrochen. Die FDP hatte sich mit der CDU und der [[Deutsche Konservative Partei|DKP]] zusammengetan und den [[Vaterstädtischer Bund Hamburg|Vaterstädtischen Bund Hamburg]] wiederbelebt, eine Idee des Abgeordneten [[Paul de Chapeaurouge]] um die bürgerlichen Kräfte zu bündeln und den sozialistischen und kommunistischen Kräften etwas entgegenzustellen. Die Wahlbeteiligung lag mit 70,5 % fast 10 Prozentpunkte unter der von 1946.<ref>Stubbe da Luz, S. 118–124.</ref>
Die Hauptaufgabe der Bürgerschaft war die Beratung und die Ausarbeitung einer [[Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg|Hamburger Verfassung]]. Vor allem die Verfassungsexperten der beiden großen Parteien, der Abgeordnete [[Renatus Weber]] (CDU) und der Senatssyndikus [[Wilhelm Drexelius]] (SPD), traten im Verfassungsausschuss und in den öffentlichen Beratungen hervor. Es gab grundlegende Unterschiede der beiden Blöcke in den Ansichten zur Ausrichtung der Verfassung. Die SPD forderte eine „Vergesellschaftung von Grund und Boden“ und ein Verbot von wirtschaftlicher Macht in privater Hand sowie von Monopolbildung. Der Bürgerliche Block forderte dagegen eine liberalere und wirtschaftlich ausgerichtete Grundlage der Verfassung.<ref>Stubbe da Luz, S.124.</ref> Man verständigte sich auf folgende Formulierung in der [[Präambel]], wie sie bis heute Gültigkeit hat: ''"Um die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung zu verwirklichen, verbindet sich die politische Demokratie mit den Ideen der wirtschaftlichen Demokratie."''<ref>[http://www.landesrecht.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-VerfHArahmen&doc.part=X&doc.origin=bs&st=lr Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952 HmbBl I 100-a, S. in der geltenden Fassung]</ref> Im Unterschied zu den meisten anderen [[Landesverfassung (Deutschland)|Landerverfassungen]] sind in Hamburg viele Fragen des materiellen Verfassungsrechts in allgemeine Gesetze verlagert worden. Dadurch können viele Änderungen, bei denen in anderen Bundesländern die Stimmen der Opposition für eine Verfassungsänderung benötigt werden, mit der einfachen Mehrheit des Parlaments beschlossen werden.<ref>Thieme: Verfassung, S. 2–4.</ref> Die Verfassung wurde von allen Mitgliedern der Bürgerschaft, außer den 5 Abgeordneten der KPD, am 4. Juni 1952 beschlossen. Hamburg war das letzte der westlichen Bundesländer, welches sich eine Verfassung gegeben hatte.<ref>Eckardt, S. 72–74, sowie Thieme: Verfassung, S. 2/3</ref>

Am 1. November 1953 fand die Wahl zur [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1953|3. Nachkriegsbürgerschaft]] statt. Nach einem zum Teil sehr emotional und hart geführten Wahlkampf, der sich vor allem mit der Schulreform beschäftigte, gewann eine Neuauflage des Bürgerblocks, der in der vorangegangenen Wahl keine Mehrheit fand. Diesmal setzte sich der [[Hamburg-Block]] aus [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]], [[Freie Demokratische Partei|FDP]] und [[Deutsche Partei|DP]] durch und errang mit 62 Sitzen eine knappe Mehrheit. Der Block wählte den CDU-Politiker [[Kurt Sieveking]] zum Ersten Bürgermeister. Als Opposition war nur die SPD mit 58 Sitzen vertreten (die KPD schaffte wegen der neu eingeführten Fünf-Prozent-Klausel den Sprung ins Parlament nicht mehr; zudem wurde sie während der Wahlperiode im ganzen Bundesgebiet am 17. August 1956 verboten).

Zu einer Regierungskrise kam es, als sich die Abgeordneten der DP zusammen mit der SPD an einem [[Konstruktives Misstrauensvotum|konstruktiven Misstrauensvotum]] gegen den Bürgermeister beteiligten wollten. Auf Druck der Bundespolitik, vor allem von [[Konrad Adenauer]], wurde diese Krise beigelegt und die Abgeordneten der DP ordneten sich wieder in dem Hamburg-Block ein.<ref>Lüth, Hamburger Bürgerschaft, S. 70/71.</ref>

==== 1957 bis 1970 ====
In den Jahren 1957 bis 1966 waren die Machtverhältnisse in der Bürgerschaft klar aufgeteilt. Die SPD gewann während der Wahlen 1957, 1961 und 1966 stetig dazu und konnte durchgehend die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich verbuchen. Die CDU blieb in dieser Zeitspanne konstant bei knapp 30 % und die FDP unter 10 %. Trotz der absoluten Mehrheit der SPD war die FDP bis April 1966 weiterhin am Senat beteiligt.

[[Datei:Sturmflut-Hamburg.jpg|miniatur|Die Sturmflut 1962 war ein wichtiges Thema in der Bürgerschaft]]
Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1957|Bürgerschaftswahl 1957]] konnte die SPD die Mehrheit der Sitze im Parlament wieder zurückgewinnen. Der Hamburg-Block, bei der Wahl 1953 als eine Vereinigung aus bürgerlichen Parteien geschaffen, konnte wegen grundlegender Meinungsunterschiede nicht fortgeführt werden. Der Block war schon vor der Wahl zerbrochen und die Parteien isoliert in den Wahlkampf gezogen. Die Wahl wurde erstmals als reine [[Verhältniswahl]] abgehalten, wie es das neue Wahlgesetz aus dem Jahre 1956 vorsah.<ref>Wege/Grönwald, S. 10.</ref>

Die Deutsche Partei (DP), die 1953 noch mit dem Hamburg-Block ins Parlament eingezogen war, schaffte den Wiedereinzug nicht. Die KPD (die bei der Wahl 1953 noch 3,2 % der Stimmen erhalten hatte) war wegen des Parteiverbotes von 1956 bei dieser und den folgenden Wahlen nicht mehr vertreten. Bis zum ersten Einzug der Grünen (GAL) 1982 war es den Parteien der SPD, CDU und FDP alleine überlassen die Abgeordneten zu stellen. Keine weitere Partei schaffte in diesen Jahren den Sprung über die [[Fünf-Prozent-Hürde]].

Eine der hitzigsten Debatten der Wahlperiode war die Frage inwieweit der [[Flughafen Hamburg]] in Fuhlsbüttel von Düsenflugzeugen angeflogen werden könne und solle. Alle Parteien waren bemüht zu sagen, dass man vorsichtig hinsichtlich der Lärmentwicklung sein müsse. Im Gegensatz dazu waren aber die Abgeordneten unterschiedlichster Meinung zur zukünftigen Nutzung des Flughafens.

Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1961|Bürgerschaftswahl 1961]] gab es ein klares Votum für die SPD/FDP-Regierung. Die SPD gewann, ebenso die FDP. Die einzige Oppositionspartei, die CDU, verlor Stimmen und rutschte unter 30 %. Während der Wahlperiode wurde die [[Sturmflut 1962]] eines der Themen. In der Bürgerschaft wurden unter anderem ausführlich das Vorgehen des Innensenators [[Helmut Schmidt]] besprochen und der angeblich unzureichende Schutz vor solchen Flutkatastrophen moniert. Ein anderes Thema, welches auch die Bürgerschaft beschäftigte, war die sogenannte „[[Spiegelaffäre]]“. 1965 gab [[Paul Nevermann]] das Amt des ersten Bürgermeisters ab, sein Nachfolger wurde Herbert Weichmann. Dieser schaffte ein Jahr später mit 59 % bei der Bürgerschaftswahl das bis heute beste Ergebnis für die SPD in der Hansestadt.<ref>Schütt (1991), S. 537–538, 543, 546.</ref>

Nach der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1966|Bürgerschaftswahl 1966]] war die FDP nicht mehr bereit sich an der Regierungsverantwortung zu beteiligen. Die bis dahin von der SPD ausgesprochenen freiwilligen Koalitionsangebote (die SPD hätte durch ihre absolute Mehrheit auch alleine den Senat stellen können) wurden ausgeschlagen.<ref>Stubbe da Luz, S. 140. Bereits nach der Bürgerschaftswahl 1970 trat die FDP - trotz absoluter PD-Mehheit - wieder in den Senat ein.</ref>

==== 1970 bis 1982 ====

Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1970|Wahl 1970]] verlor die SPD erstmals seit 1949 Stimmenanteile. Zwar reichte die absolute Mehrheit weiterhin aus, die Regierung und den Ersten Bürgermeister zu stellen, aber ein Abwärtstrend sollte sich bei den nächsten Wahlen fortsetzen. Im Gegenzug konnte die CDU einen Aufwärtstrend einläuten. Unter dem Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten [[Dietrich Rollmann]] wollte die CDU endlich dem selbst so genannten „30-Prozent-Ghetto“ entfliehen und konnte dieses auch verwirklichen. Die FDP ging, nach der Ablehnung der Regierungsbeteiligung 1966, jetzt wieder eine Koalition mit der SPD ein (dem [[Senat Weichmann III|Senat 1970]] unter [[Herbert Weichmann]] beziehungsweise dem [[Senat Schulz I|Senat 1971]] unter [[Peter Schulz]]).<ref>Stubbe da Luz, S. 145–150.</ref>

Wichtigste Themen in der Wahlperiode waren die Forderungen der Studentenschaft nach einer Reform der Hochschulgesetzgebung. Bei der Hochschulreform hatten alle Fraktionen ihre Gesetzesvorlagen und Ideen in die Bürgerschaft eingebracht. Überschattet wurden diese Verhandlungen von den zum Teil massiven Studentenunruhen der Zeit. Ein anderes Thema war die Reform des Parlaments.
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 09. Wahlperiode.png|miniatur|Nach der Wahl 1978 gibt es nur zwei Parteien in der Bürgerschaft]]
Die [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1974|Bürgerschaftswahl 1974]] sollte den Trend von 1970 bestätigen. Die SPD verlor über 10 Prozentpunkte und der Erste Bürgermeister Peter Schulz trat ein halbes Jahr später aufgrund des Ergebnisses zurück (Nachfolger wurde [[Hans-Ulrich Klose]]). Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten [[Erik Blumenfeld]] schaffte den Sprung auf knapp über 40 %, womit die beiden großen Parteien nur noch knapp 5 % Punkte voneinander entfernt waren. Die SPD benötigte erstmals die FDP um einen Senat stellen zu können. Die Liberalen hatten mit einem Zugewinn von 4 Prozentpunkten eine deutlich bessere Verhandlungsposition als bei den Regierungsbeteiligungen vorher. Die SPD-Fraktion wirkte dagegen zerrissen und war sich in vielen Themen uneins. So waren die Projekte des Senats wie der Bau von zwei neuen [[Kernkraftwerk]]en, die Hafenerweiterung, der weitere Ausbau der Elbe als Schifffahrtsweg und der [[Radikalenerlass]] umstritten und stellten die Fraktion vor eine Zerreißprobe.<ref>[http://www.spd-fraktion-hamburg.de/uploads/tx_wfpresse/60-jahre-spd-fraktion-hamburg.pdf 60 Jahre SPD-Fraktion in der Bürgerschaft] ([[Portable Document Format|PDF]]), S. 54.</ref>

Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1978|Wahl 1978]] wurden die Trends der Wahlen 1970 und 1974 wieder in das Gegenteil verkehrt. Die SPD gewann mit über 50 % die absolute Mehrheit zurück; die CDU verlor leicht und rutschte wieder unter 40 %. Die FDP war der klare Verlierer der Wahl und verpasste mit 4,8 % den Einzug in Parlament. Es war die einzige Wahlperiode in der nur die beiden großen Parteien der SPD und CDU in der Bürgerschaft vertreten waren. Bereits bei der nächsten Wahl schaffte die [[Grün-Alternative Liste]] erstmals den Einzug ins Hamburger Parlament. Bei der Wahl 1978 waren die beiden Vorgänger-Organisationen Bunte Liste und die Grüne Liste Umweltschutz (GLU) auf zusammen mehr als 4 % gekommen, in [[Bezirk Hamburg-Eimsbüttel|Hamburg-Eimsbüttel]] konnte die GLU sogar mit zwei Abgeordneten in die Bezirksversammlung einziehen.<ref>[http://www.hamburg.gruene.de/cms/default/rubrik/9/9021.geschichte_der_gal.htm Geschichte der GAL in der Hamburgischen Bürgerschaft]</ref>

==== 1982 bis 1991 ====
1982 und 1986/87 sollte es je zwei Bürgerschaftswahlen mit jeweils stark unterschiedlichen Ergebnissen geben. Durch die so genannten „[[Hamburger Verhältnisse]]“ konnten sich die Parteien auf keine regierungsfähige Mehrheit einigen und somit war der einzige Ausweg in beiden Fällen eine Neuwahl.<ref>Julia von Blumenthal, S. 214–219.</ref>
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 10. Wahlperiode.png|links|miniatur|„Hamburger Verhältnisse“ im Juni 1982. Erstmals wäre in einem Landesparlament eine rot-grüne Mehrheit möglich]]
Bei der ersten [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1982 (Juni)|Wahl im Juni 1982]] konnte die CDU erstmals die meisten Stimmen auf sich versammeln. Mit einem Vorsprung von einem halben Prozentpunkt besser als die SPD, aber ohne reellen Koalitionspartner, konnte die CDU keine Mehrheit in der Bürgerschaft stellen. Die FDP war nicht in die Bürgerschaft eingezogen und wieder knapp an der [[Fünf-Prozent-Hürde]] gescheitert. Eine Große Koalition kam durch die teilweise sehr unterschiedlichen Ansichten nicht zustande und wurde auch vom Spitzenkandidat der SPD und Ersten Bürgermeister [[Klaus von Dohnanyi]] kategorisch ausgeschlossen.<ref>[[Hamburger Abendblatt]], 7. Juni 1982, abgedruckt in Erik Verg: Vierzig Jahre Hamburger Abendblatt, Axel Springer Verlag, Hamburg 1988, S. 310.</ref>

Die Sozialdemokraten hätten zwar rein rechnerisch die Möglichkeit mit der GAL zusammenzuarbeiten und es kam auch zu Gesprächen über eine [[Minderheitsregierung|Tolerierung]] eines SPD-Senates durch die GAL. Die Gespräche zwischen den Parteien wurden aber nach kurzer Zeit abgebrochen. Seitens der GAL wurden die Tolerierungsgespräche mit dem Ziel geführt, die SPD als prinzipienlose Partei darzustellen und für die Öffentlichkeit die Widersprüche zwischen Handeln und Programmatik der SPD deutlich zu machen.<ref>http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2002/0060/pdf/z2001-0060.pdf, S. 275</ref>
Bei der Zweiten [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1982 (Dezember)|Wahl des Jahres 1982 im Dezember]] konnte die SPD ihre absolute Mehrheit zurückgewinnen. Die beiden bürgerlichen Parteien CDU sowie FDP verloren und auch die GAL musste etwa einen Prozentpunkt abgeben, schaffte aber den Einzug ins Parlament klar. Neu an der Wahlperiode die bis 1986 laufen sollte, war das [[Rotationsprinzip]] der GAL.
[[Datei:Hafenstraße 1.jpg|miniatur|Die Hafenstraße war ein Dauerstreitpunkt in der Bürgerschaft]]
Themen der Wahlperiode waren die bundesweiten Themen, die auch in Hamburg Wellen schlugen: die NATO-Nachrüstung und der Kampf gegen die Atomenergie. In Hamburg zählen die Themen [[Hamburger Hafen|Hafenerweiterung]], [[Elbvertiefung]] und die besetzten Häuser in der [[Hafenstraße]] zu den Kernpunkten der Auseinandersetzung. Zudem war in dieser 10. Wahlperiode ein [[Parlamentarischer Untersuchungsausschuss]] eingerichtet worden der sich mit dem Skandal um den Arzt Dr. [[Rupprecht Bernbeck]] am [[Asklepios Klinik Barmbek|Allgemeinen Krankenhaus Barmbek]] beschäftigte. Am Ende der Wahlperiode kommt es im Rahmen einer Demonstration zum [[Hamburger Kessel]], der die Bürgerschaft bis weit in die nächste Wahlperiode hinein beschäftigen sollte.
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 12. Wahlperiode.png|links|miniatur|Wieder „Hamburger Verhältnisse“ im Dezember 1986]]
Ein weiteres Mal kam es in der Hansestadt zu den so genannten „Hamburger Verhältnissen“ bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1986|Wahl im Dezember 1986]]. Sie war für die SPD verlustreich und ergab leichte Zugewinne der CDU und der FDP, die aber erneut nicht den Sprung ins Parlament schaffte. Der größte Gewinner der Wahl war die GAL, die über 10 % der Stimmen erhielt. Wie bereits 1982 waren die Positionen der drei in der Bürgerschaft vertretenden Parteien zu weit auseinander, als dass sich die Fraktionen auf eine regierungsfähige Koalition einigen konnten.<ref>[[Hamburger Abendblatt]], 10. November 1986, abgedruckt in Erik Verg: Vierzig Jahre Hamburger Abendblatt, Axel Springer Verlag, Hamburg 1988, S. 350.</ref> Bei der Ende November 1986 konstituierenden Bürgerschaftssitzung kamen die Abgeordneten der GAL, die sich als reine Frauenliste bei der Bürgerschaftswahl aufgestellt hatten, in Nadelstreifenanzügen sowie Krawatten oder Fliegen. Sie griffen die sarkastische Bezeichnung des Bürgermeisters Dohnanyi auf, der eine Frauenliste als “Kasperletheater“ bezeichnete.<ref>Grolle / Brake, S. 274–276.</ref>

Wegen der unklaren Machtverhältnisse im Rathaus kam es im [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1987|Mai 1987]] wieder zu Neuwahlen. Wie bereits bei den Neuwahlen 1982 gewann die SPD, die GAL sowie die CDU verloren an Prozentpunkten. Im Gegensatz zu 1982 aber gewann die FDP dazu und konnte erstmals seit 1978 mit 8 Abgeordneten wieder ins Parlament einziehen. Sie ging mit der SPD eine Koalition ein die bis 1991 fortgeführt wurde.

Das Hauptthema der Wahlperiode war der Konflikt um die besetzten Häuser in der Hafenstraße. Die Lage, die sich im November 1987 zuspitzt führt in der Bürgerschaft zu hitzigen Debatten. Gegen den Protest der CDU-Opposition und gegen große Bedenken in den eigenen Parteien setzen die beiden Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Ingo von Münch am 19. November 1987 die Tolerierung der Hausbesetzungen durch, um eine mögliche Konfrontation entgegenzuwirken.<ref>[http://www.zeit.de/1988/50/in-harlem-wuerden-sie-nur-kichern/komplettansicht In Harlem würden sie nur kichern] von Bartholomäus Grill, in: [[Die Zeit]] (1988/50).</ref> Der CDU-Chef [[Jürgen Echternach]] bezeichnet den geschlossenen Vertrag zwischen Stadt und Hafenstraßenbewohnern als „völligen Quatsch“ und setzt mit seiner Fraktion einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss durch.<ref>[[Hamburger Abendblatt]], 20. November 1987, abgedruckt in Erik Verg: Vierzig Jahre Hamburger Abendblatt, Axel Springer Verlag, Hamburg 1988, S. 353/354.</ref>

Im April 1990 entstand aus den GAL-Abgeordneten [[Heide Neitsch]], [[Eva Hubert]], [[Krista Sager]] und [[Angela Friedrich]] (später kamen noch [[Margret Hauch]] und [[Helga Wullweber]] dazu) die parteilose „Frauenfraktion“.<ref>Grolle / Brake, S. 274–276 sowie [http://www.hamburg.gruene.de/cms/default/rubrik/9/9021.geschichte_der_gal.htm Geschichte der GAL]</ref>

==== 1991 bis 2001 ====

Die SPD kam bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1991|Bürgerschaftswahl 1991]] noch einmal fast an die 50 % der Wählerstimmen heran und konnte mit 61 Sitzen knapp die Mehrheit der Parlamentarier stellen. Die CDU verlor gut 5 Prozentpunkte und die beiden kleinen Parteien GAL und FDP hielten ungefähr ihr Ergebnis von 1987. Zu bemerken war auch die Wahlbeteiligung von knapp 66 %, die geringste seit Bestehen der Bundesrepublik. Auch danach konnte die Wahlbeteiligung sich nur geringfügig erholen. Eine Neuerung in dieser kurzen Wahlperiode war die Aufstockung der Parlamentarier von 120 auf 121. Man wollte durch die ungerade Zahl von Abgeordneten Pattsituationen verhindern und eine Mehrheitsbildung vereinfachen.
[[Datei:Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Briefmarke 1999.jpg|miniatur|Briefmarke zu Ehren der Bürgerschaft (1999)]]

In dieser Wahlperiode kam es bei der CDU und damit in der Hansestadt zu einem Eklat. Nach der Wahl klagte eine Gruppe von etwa 20 CDU-Mitgliedern gegen die Gültigkeit der Bürgerschaftswahl. Die Kandidatenaufstellung bei der CDU hätte gegen [[Wahlrechtsgrundsätze]] verstoßen. Das [[Verfassungsgerichtsbarkeit|Verfassungsgericht]] gab dem Antrag recht.<ref>[http://www.zeit.de/1993/19/ratlos-im-rathaus/komplettansicht ''Ratlos im Rathaus''] von Martin Klingst, in: [[Die Zeit]] (19/1993).</ref> Es kommt zu [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1993|Neuwahlen am 19. September 1993]].

Der Verleger [[Markus Wegner]], ehemals CDU und Mitkläger, gründete die [[Statt Partei|STATT Partei]] und erreichte auf Anhieb bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1993|Wahl 1993]] 5,6 %. Die CDU fiel auf ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Partei und die FDP schaffte den Sprung ins Parlament nicht. Die Grünen waren neben der STATT-Partei die großen Gewinner der Wahl und erhielten mehr als doppelt so viele Mandate gegenüber 1991. Die SPD verlor auch, konnte aber als stärkste Partei zusammen mit der STATT Partei den Senat stellen.

Interessant ist der Zuwachs der „[[Kleinpartei|kleinen Parteien]]“ von der Wahl 1991 zu 1993. Während 1991 die vier etablierten Parteien (SPD, CDU, GAL und FDP) noch 95,7 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen konnten, waren es 1993 nur noch 83,2 Prozent. Die erfolgreichsten der „kleinen Parteien“ waren die STATT Partei, sowie die beiden [[Rechtsextremismus|rechtsextremen]] Parteien der [[Die Republikaner|Republikaner]] und der [[Deutsche Volksunion|DVU]]. Aber auch „[[Die Grauen – Graue Panther|Die Grauen]]“ konnten ihr Wahlergebnis auf 1,6 % fast verdoppeln.

1996 wurde eine umfangreiche Verfassungsreform durch die Bürgerschaft beschlossen. Bereits während der 14. Wahlperiode (1991 bis 1993) wurde eine ''„[[Enquete-Kommission]] Parlamentsreform“'' unter dem Vorsitz des späteren Justizsenators [[Wolfgang Hoffmann-Riem]] eingesetzt. In der 15. Wahlperiode (1993–1997) übernahm der Verfassungsausschuss die Arbeit der Kommission und brachte die Überarbeitung in Gesetzesform. Eine der Hauptpunkte der Verfassungsreform war die Abkehr von dem rein ehrenamtlichen Mandats in der Bürgerschaft. Der Status der Abgeordneten wurde umgewandelt zu einer Teilzeitbeschäftigung der Parlamentarier.<ref>Thieme, Verfassung, S. 4/5.</ref>

Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1997|Wahl 1997]] stürzte die SPD zwar erstmals unter die 40-%-Marke ab, konnte aber in einer Koalition mit der GAL, die konstant bei dem Wahlergebnis von 1991 blieb, mit [[Ortwin Runde]] wieder den ersten Bürgermeister stellen. Die CDU gewann und konnte wieder auf knapp über 30 % klettern, dagegen verpasste die FDP den Einzug in die Bürgerschaft ein weiteres Mal. Die rechtsextreme DVU schaffte mit 4,98 % (oder auch mit 190 fehlenden Stimmen) den Schritt in die Bürgerschaft nicht. Die STATT-Partei, deren Gründer Markus Wegner die Partei bereits 1995 im Streit verlassen hatte, konnte mit 3,8 % ihren Wahlerfolg aus dem Jahre 1993 nicht wiederholen.<ref>[http://www.zeichen.de/Zeichen/dvusz.html DVU fehlen in Hamburg 190 Stimmen] Artikel in der [[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]] vom 27. September 1997.</ref>

Mit Beginn der 16. Wahlperiode (1997) verlor die Bürgerschaft den Status eines reinen [[Feierabendparlament]]s. Die Abgeordneten übernahmen vorher ihr Mandat als Ehrenamt und statt [[Abgeordnetenentschädigung|Diäten]] bekamen die Abgeordneten eine steuerfreie [[Abgeordnetenentschädigung|Aufwandspauschale]]. Seit 1997 ist das Abgeordnetenmandat nicht mehr ehrenamtlich, sondern nebenamtlich, die Sitzungszeiten beginnen bereits am frühen Nachmittag und die Diäten wurden deutlich erhöht, liegen aber immer noch unter denen anderer Bundesländer.<ref>Oskar Niedermayer u.a. 2008: ''Parteien und Parteiensysteme in den deutschen Ländern'', S. 233</ref>

Am 18. Mai 1999 spalteten sich die fünf Abgeordneten [[Norbert Hackbusch]], [[Susanne Uhl]], [[Heike Sudmann]], [[Lutz Jobs]] und [[Julia Koppke]] von der GAL ab und bildeten die Gruppe [[Regenbogen – Für eine neue Linke]]. Die rot-grüne Koalition wurde aufgrund ihrer breiten Mehrheit dadurch jedoch nicht gefährdet. Die Bürgerschaftsgruppe konnte sich als Wählergemeinschaft bei den nächsten Wahlen nicht durchsetzen (2001 gewann sie 1,7 % und 2004 nur noch 1,1 % der Stimmen).

==== 2001 bis 2008 ====
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 17. Wahlperiode.png|miniatur|links|Erstmals sind fünf Fraktionen Gleichzeitig in der Bürgerschaft vertreten.]]
Die CDU verlor bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2001|Wahl 2001]] und fiel klar unter die 30 Prozent-Marke, konnte aber mit der von [[Ronald Schill]] neu gegründeten [[Partei Rechtsstaatlicher Offensive]] (Schill) und der FDP eine Koalition eingehen. Der Koalition unter Einbindung der „rechtspopulistischen“<ref>[http://www.focus.de/panorama/boulevard/brennpunkt_aid_211384.html Brennpunkt Spliterparteien] auf Focus-Online (5. September 2005).</ref> PRO von Ronald Schill schlug einige Skepsis entgegen.<ref>Als Nachweise dafür siehe: [http://www.zeit.de/2003/35/Hamburg Die Zeit 2003/35] oder auch</ref>

Die SPD, die ihr Wahlergebnis von 1997 halten konnte, musste erstmals seit 1953 wieder in die [[Opposition (Politik)|Opposition]] gehen. Damit stellte die stärkste Partei des Parlaments nicht den Ersten Bürgermeister, ein Novum in Hamburg seit 1946. Die GAL/Grüne verloren deutlich und rutschten unter 9 %. Eine [[Ampelkoalition]], die kurzzeitig im Gespräch war, wurde schnell von der GAL als nicht realistisch vom Tisch gefegt.<ref>[http://www.zeit.de/2001/39/200139_dlfinterview_0924.xml Interview mit dem Bundespolitiker Franz Müntefering (SPD)], in [[Die Zeit]], 2001/35.</ref>

Während dieser 17. Wahlperiode kam es dann zu einem Bruch der Koalition mit der Partei um den Innensenator Schill. Er hatte im Sommer 2003 dem Ersten Bürgermeister [[Ole von Beust]] mit Enthüllungen gedroht. Von Beust ging in die Offensive, entließ den Innensenator, versuchte jedoch, die Koalition mit Schills Partei weiterzuführen. Durch Querelen mit dem Koalitionspartner sah sich die CDU im Dezember genötigt, Neuwahlen auszurufen und die Koalition mit der FDP und der Schill-Partei als beendet zu erklären.
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 18. Wahlperiode.png|miniatur|Ein Novum in Hamburg: Die CDU hat die absolute Mehrheit]]
Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2004|Bürgerschaftswahl 2004]] konnte die CDU mit 47,2 % der Wählerstimmen und 63 Sitzen erstmals in ihrer Geschichte die absolute Mehrheit der Mandate erringen und so alleine den Senat stellen. Zudem konnte Ole von Beust durch das Vorgehen gegen den ehemaligen Innensenator sein Profil schärfen<ref>[http://www.zeit.de/2003/50/v__Beust Der Unberührbare], Artikel von Matthias Krupa, in Die Zeit 2003/50.</ref> und für die CDU das bisher beste Wahlergebnis in Hamburg einfahren. Die [[Pro Deutsche Mitte – Initiative Pro D-Mark|neue Partei von Ronald Schill]], die SPD und die FDP waren die Verlierer der Wahl. Die SPD rutschte auf das schlechteste Ergebnis seit dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] und die Partei um Schill sowie die FDP konnten nicht die Fünf-Prozent-Hürde erklimmen. Der einzige Gewinner der Wahl neben der CDU war die GAL, die wieder auf über 10 % der Stimmen zulegen konnte.

2004 wurde im Wege des [[Volksentscheid]]s ein neues [[Wahlrecht (Hamburg)|Wahlrecht in Hamburg]] verabschiedet. 2006 schaffte die Bürgerschaft mit den Stimmen der CDU-Fraktion gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen Kernelemente dieses Wahlrechts wieder ab. 2007 erklärte das [[Hamburgisches Verfassungsgericht|Hamburgische Verfassungsgericht]] die Reform von 2006 in wesentlichen Teilen für verfassungsgemäß. Die für verfassungswidrig erklärten Teile mussten jedoch von der Bürgerschaft neu geregelt werden.

==== 2008 bis 2011 ====
[[Datei:Sitzverteilung Hamburgische Bürgerschaft 19. Wahlperiode.png|miniatur|links|Erstmals kommt es zu einer schwarz-grünen Koalition auf Landesebene.]]
Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008|Bürgerschaftswahl 2008]] konnte die CDU trotz Verlusten wieder die meisten Stimmen auf sich verbuchen. Die SPD gewann dazu, konnte aber ihr Ziel, wieder stärkste Fraktion zu werden, nicht erreichen. Die GAL verlor und fiel unter 10 % der abgegebenen Stimmen. Die FDP konnte zwar ihr Ergebnis fast verdoppeln, scheiterte aber knapp an der 5 %-Hürde. Erstmals zog [[Die Linke]] mit über 6 % der Wählerstimmen in die Bürgerschaft ein. Eine Regierungskoalition aus CDU und SPD bzw. CDU und GAL war rechnerisch möglich. Auch eine Koalition aus SPD, GAL und Linke war es, wurde aber bereits vor der Wahl von allen Beteiligten, auch von der Linken, ausgeschlossen.
[[Datei:12000 gegen Moorburg.jpg|miniatur|Streitpunkt auch in der Bürgerschaft: das Kraftwerk Moorburg]]
Bei der Wahl kam ein [[Wahlrecht (Hamburg)|neues Wahlrecht]] zum Einsatz, bei dem [[Liste der Bürgerschaftswahlkreise in Hamburg|Hamburg in 17 Bürgerschaftswahlkreise]] aufgeteilt wurde. Zudem konnte der Wähler in den Wahlkreisen, neben einer Stimme für die Landesliste, 5 Stimmen auf verschiedene Kandidaten verteilen. Durch die Rücknahme eines [[Digitaler Wahlstift|digitalen Wahlstiftes]] verzögerte sich die Auszählung der Direktkandidaten um mehrere Tage.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/11/20/818410.html CDU: Digitaler Wahlstift endgültig vom Tisch], Hamburger Abendblatt vom 20. November 2007.</ref>

Der [[Wahlkampf]] in Hamburg war auf der einen Seite durch stadtspezifische Themen und die beiden Spitzenkandidaten bestimmt. Zudem war der Wahlkampf durch die [[Landtagswahl in Hessen 2008|Landtagswahl in Hessen]] und die dortige Patt-Situation und mögliche Koalitionen beeinflusst. Themen waren die auch bundesweit diskutierte Jugendgewalt und Bildungspolitik. Hamburgspezifische Themen waren dagegen der [[Volksentscheid]], die [[Studiengebühren|Uni-Gebühr]], der Neubau des [[Kohlekraftwerk Moorburg|Steinkohlekraftwerks]] im Hamburger Stadtteil [[Hamburg-Moorburg|Moorburg]] und die geplante Elbvertiefung.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/26/852187.html Schwarz-rote Knackpunkte: Uni-Gebühr, Jugendgewalt, Volksentscheid] Hamburger Abendblatt vom 26. Februar 2008.</ref> Dazu kam das Thema über den Umgang mit der Linkspartei, was vor allem am Ende des Wahlkampfes bestimmend war.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/23/851515.html Umgang mit der Linken prägt den Endspurt im Wahlkampf], in Hamburger Abendblatt vom 24. Februar 2008.</ref> Neben den Themen war es ein personalisierter Wahlkampf. Die beiden Kontrahenten [[Ole von Beust]] (CDU) und [[Michael Naumann]] (SPD) prägten auf den Wahlplakaten das Bild in der Stadt.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/21/850296.html Mit roten Rosen auf Stimmenfang] in Hamburger Abendblatt 21. Februar 2008</ref><ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2008/02/22/850820.html Politischer Popstar wider Willen] in Hamburger Abendblatt vom 22. Februar 2008</ref>

==== 2011 ====
{{Wahldiagramm
| LAND = DE
| DIFF2 = ja
| PROZENT =
| TITEL = '''Bürgerschaftswahl 2011'''
| TITEL2 = in Prozent
| JAHRALT = 2008
| PARTEI1 = SPD
| ERGEBNIS1 = 48.4
| ERGEBNISALT1 = 34.1
| PARTEI2 = CDU
| ERGEBNIS2 = 21.9
| ERGEBNISALT2 = 42.6
| PARTEI3 = GRÜNE
| ERGEBNIS3 = 11.2
| ERGEBNISALT3 = 9.6
| PARTEI4 = FDP
| ERGEBNIS4 = 6.7
| ERGEBNISALT4 = 4.8
| PARTEI5 = LINKE
| ERGEBNIS5 = 6.4
| ERGEBNISALT5 = 6.4
| PARTEI6 = Sonst.
| ERGEBNIS6 = 5.5
| ERGEBNISALT6 = 2.5
}}
Bei der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2011|Bürgerschaftswahl 2011]] konnte die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten [[Olaf Scholz]] die absolute Mehrheit der Sitze in der Hamburgischen Bürgerschaft gewinnen, die CDU verlor drastisch an Zustimmung bei den Wählern und halbierte ihren Stimmanteil annähernd. Neben der GAL und den Linken kam auch die FDP erstmals seit 2001 wieder in die Bürgerschaft.

Olaf Scholz wurde am 7. März 2011 zum neuen [[Erster Bürgermeister (Hamburg)|Ersten Bürgermeister Hamburgs]] gewählt, die Abstimmung über seinen Senat ist am 23. März erfolgt.<ref>{{Internetquelle | url=http://www.hamburg.de/nachrichten-hamburg/2815898/wahl-buergermeister-scholz.html | titel=Scholz neuer Erster Bürgermeister | zugriff=2011-03-08}}</ref>

==== Wahlergebnisse seit 1946 ====
''Hinter den Prozentangaben ist die Sitzverteilung angegeben. Berücksichtigt sind alle Parteien, die seit 1946 mindestens einen Sitz in der Bürgerschaft hatten.''<ref>Wahlergebnisse von 1946 bis 2008 zu sehen auf [http://stat.tagesschau.de/wahlarchiv/wid255/index.shtml ARD-Online], genaue Ergebnisse (mit sonstigen Parteien) von 1966 bis 2004 auf der Seite des [http://relaunch.statistik-nord.de/fileadmin/wahldb/index.php?site=votedb_tables Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein].</ref>
{| class="prettytable" style="font-size:85%;"
|- style="background: #f3f3f3; font-size:80%;"
! Jahr
! Wahl-<br />beteiligung
! [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]
! [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]
! [[Grün-Alternative Liste|Grüne<br />GAL]]<sup>1</sup>
! [[Die Linke]]
! [[Freie Demokratische Partei|FDP]]
! [[Partei Rechtsstaatlicher Offensive|PRO Schill]] <sup>2</sup>
! [[Statt-Partei|STATT]]
! [[Radikal-Soziale Freiheitspartei|RSF/FSU]]
! [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] / [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] <sup>3</sup>
! [[Deutsche Partei|DP]]
! [[Vaterstädtischer Bund Hamburg|VBH]] <sup>4</sup> / [[Hamburg-Block|HB]] <sup>5</sup>
! Übersicht
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1946|1946]]
| 79 %
| 26,7 % / 16
| 43,1 % / 83
| –
| –
| 18,2 % / 7
| –
| –
| –
| 10,4 % / 4
| –
| –
| rowspan="20" align="center"|[[Datei:Übersicht Regierungskonstellationen Hamburger Bürgerschaft.svg|400px|Übersicht der Regierungskonstellationen der Hamburger Bürgerschaft seit 1946]]
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1949|1949]]
| 70,5 %
| s. VBH
| 42,8 % / 65
| –
| –
| s. VBH
| –
| –
| 2,0 % / 1
| 7,4 % / 5
| 13,3 % / 9
| 34,5 % / 40
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1953|1953]]
| 80,9 %
| s. HB
| 45,2 % / 58
| –
| –
| s. HB
| –
| –
| 0,6 %
| 3,2 %
| s. HB
| 50,0 % / 62
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1957|1957]]
| 77,3 %
| 32,2 % / 41
| 53,9 % / 69
| –
| –
| 8,6 % / 10
| –
| –
| –
| –
| 4,1 %
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1961|1961]]<sup>6</sup>
| 72,3 %
| 29,1 % / 36
| 57,4 % / 72
| –
| –
| 9,6 % / 12
| –
| –
| –
| –
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1966|1966]]<sup>7</sup>
| 69,8 %
| 30,0 % / 38
| 59,0 % / 74
| –
| –
| 6,8 % / 8
| –
| –
| 0,3%
| –
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1970|1970]]<sup>8</sup>
| 73,4 %
| 32,8 % / 41
| 55,3 % / 70
| –
| –
| 7,1 % / 9
| –
| –
| 0,1 %
| 1,7 %
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1974|1974]]
| 80,4 %
| 40,6 % / 51
| 45,0 % / 56
| –
| –
| 10,9 % / 13
| –
| –
| 0,1 %
| 2,2 %
| 0,1 %
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1978|1978]]
| 76,6 %
| 37,6 % / 51
| 51,5 % / 69
| 4,5 %
| –
| 4,8 %
| –
| –
| 0,0 %
| 1,0 %
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1982 (Juni)|1982]]<sup>9</sup>
| 77,8 %
| 43,2 % / 56
| 42,7 % / 55
| 7,7 % / 9
| –
| 4,9 %
| –
| –
| –
| 0,6 %
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1982 (Dezember)|1982]]<sup>10</sup>
| 84,0 %
| 38,6 % / 48
| 51,3 % / 64
| 6,8 % / 8
| –
| 2,6 %
| –
| –
| 0,0 %
| 0,4 %
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1986|1986]]
| 77,8 %
| 41,9 % / 54
| 41,7 % / 53
| 10,4 % / 13
| –
| 4,8 %
| –
| –
| 0,0 %
| 0,2 %
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1987|1987]]
| 79,5 %
| 40,5 % / 49
| 45,0 % / 55
| 7,0 % / 8
| –
| 6,5 % / 8
| –
| –
| –
| –
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1991|1991]]
| 66,1 %
| 35,1 % / 44
| 48,0 % / 61
| 7,2 % / 9
| –
| 5,4 % / 7
| –
| –
| 0,0 %
| 0,1 %
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1993|1993]]<sup>11</sup>
| 69,6 %
| 25,1 % / 36
| 40,4 % / 58
| 13,5 % / 19
| –
| 4,2 %
| –
| 5,6 % / 8
| –
| –
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1997|1997]]<sup>12</sup>
| 68,7 %
| 30,7 % / 46
| 36,2 % / 54
| 13,9 % / 21
| –
| 3,5 %
| –
| 3,8 %
| 0,0 %
| –
| –
| –
|--
|[[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2001|2001]]
| 71,0 %
| 26,2 % / 33
| 36,5 % / 46
| 8,5 % / 11
| –
| 5,1 % / 6
| 19,4 % / 25
| 0,4 %
| 0,0 %
| –
| –
| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2004|2004]]
| 68,7 %
| 47,2 % / 63
| 30,5 % / 41
| 12,3 % / 17
| –
| 2,8 %
| 3,1 %
| –
| –
| –
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| –
|--
| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008|2008]]
| 63,5 %
| 42,6 % / 56
| 34,1 % / 45
| 9,6 % / 12
| 6,4 % / 8
| 4,8 %
| –
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| [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2011|2011]] <ref>[http://www.hamburg.de/wahlen/nofl/2799004/2011-02-23-bis-pm-vorlaeufiges-wahlergebnis.html Vorläufiges amtliches Endergebnis, bekannt gegeben vom Landeswahlleiter]</ref>
| 57,8 %
| 21,9 % / 28
| 48,4 % / 62
| 11,2 % / 14
| 6,4 % / 8
| 6,7 % / 9
| –
| –
| –
| –
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|}

<sup>1</sup>Bei der Bürgerschaftswahl 1978 errangen die Vorgängerparteien Bunte Liste (BL) 3,5 % bzw. die GLU 1,0 %. Ab 1982 als Zusammenschluss GAL und ab 1986 offiziell als Landesverband der Grünen.<br />
<sup>2</sup> 2004: als Pro DM/Schill.<br />
<sup>3</sup> 1956 wurde die KPD in Westdeutschland verboten. 1968 wurde die [[Deutsche Kommunistische Partei]] (DKP) gegründet und zählte als direkter Nachfolger der KPD.<br />
<sup>4</sup>Der [[Vaterstädtischer Bund Hamburg|Vaterstädtische Bund Hamburg]] (VBH) war ein Zusammenschluss aus CDU, FDP und der [[Deutsche Konservative Partei - Deutsche Rechtspartei|Deutschen Konservativen Partei]] (DKP).<br />
<sup>5</sup>Der [[Hamburg-Block]] war ein Zusammenschluss aus CDU, FDP, DP und [[Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten|Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten]] (BHE).<br />
<sup>6</sup> 1961: zusätzlich: DFU: 2,9 %<br />
<sup>7</sup> 1966: zusätzlich: NPD: 3,9 %<br />
<sup>8</sup> 1970: zusätzlich: NPD: 2,7 %<br />
<sup>9</sup> 1982: 1. Wahl am 6. Juni 1982<br />
<sup>10</sup> 1982: 2. Wahl am 19. Dezember 1982<br />
<sup>11</sup> 1993: zusätzlich: REP: 4,8 %, DVU: 2,8 %<br />
<sup>12</sup> 1997: zusätzlich: DVU: 4,98 %

== Aufgaben, Stellung und Organe ==

Die Bürgerschaft ist neben dem [[Senat der Freien und Hansestadt Hamburg|Senat]] und dem [[Hamburgisches Verfassungsgericht|Verfassungsgericht]] eines der drei [[Verfassungsorgan]]e und das einzige, dessen [[Abgeordneter|Vertreter]] direkt vom Volke gewählt werden. Das heißt, in der Bürgerschaft wird die Bevölkerung durch gewählte Abgeordnete repräsentiert. Seit der Wahl 2008 werden die Abgeordneten sowohl über Wahllisten als auch über Direktkandidaturen in Wahlkreisen gewählt. Bis dahin war die Listenwahl die einzige Möglichkeit, ein Mandat in der Bürgerschaft zu erhalten. Die Bürgerschaft ist seit 1996 ein Teilzeitparlament und die Abgeordneten erhalten wie in anderen Landtagen Diäten. Bis dahin war die Bürgerschaft ein so genanntes „Feierabendparlament“ bei dem die Abgeordneten eine Aufwandsentschädigung erhielten.<ref>[http://www.abendblatt.de/extra/service/944949.html?xmlurl=http%3a%2f%2f87.230.59.37%2fha%2f1996%2fxml%2f19960613xml%2fhabxml960406_13112.xml&pdfurl=http%3a%2f%2f87.230.59.37%2fha%2f1996%2fpdf%2f19960613.pdf%2fASV_HAB_19960613_HA_016.pdf Hamburger Abendblatt vom 13. Juni 1996, Seite 16.]</ref>

Zu den Organen der Bürgerschaft gehören der [[Liste der Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft|Präsident]] als höchster Repräsentant der Bürgerschaft, das [[Präsidium]] und der [[Ältestenrat]] als unterstützende Gremien des Präsidenten, das [[Plenum]], die [[Fraktion (Politik)|Fraktionen]] sowie die [[Ausschuss|Ausschüsse]].

Die wichtigsten Funktionen der Bürgerschaft sind:
* die Gesetzgebung,
* die Wahl des [[Erster Bürgermeister (Hamburg)|Ersten Bürgermeisters]],
* die Bestätigung des vom Ersten Bürgermeisters vorgeschlagenen [[Senat der Freien und Hansestadt Hamburg|Senats]],
* die Kontrolle des Senats und
* die Beschlussfassung über den [[Öffentlicher Haushalt|Haushalt]].

=== Präsident / Präsidentin ===
[[Datei:Johannes Versmann (1820 bis 1899).jpg|miniatur|Erster Präsident der gewählten Bürgerschaft: [[Johannes Versmann]]]]
Die Bürgerschaft hat seit 1859 einen [[Liste der Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft|Präsidenten]]. Er wird nach jeder Bürgerschaftswahl neu gewählt und repräsentiert die Bürgerschaft. Unterstützt vom [[Präsidium]] leitet der Präsident die Sitzungen der Bürgerschaft. Seine [[Amtszeit]] endet grundsätzlich mit dem Ende der Wahlperiode der Bürgerschaft, eine Wiederwahl ist möglich. Es ist von Anfang an parlamentarischer Brauch, dass die stärkste Fraktion in der Bürgerschaft das Vorschlagsrecht für das Amt des Präsidenten hat. Dem Präsidenten standen bis zum Ende der 16. Wahlperiode (2001) zwei Vizepräsidenten zur Seite. Seit Beginn der 17. Wahlperiode richtet sich die Anzahl der Vizepräsidenten nach der Anzahl der Fraktionen.

Der Präsident ist Hausherr in der Bürgerschaft, das heißt er sorgt für die Einhaltung der [[Geschäftsordnung]] der Bürgerschaft und die Würde des Hauses. Er besucht wichtige Veranstaltungen der Stadt, hält Reden und Ansprachen im Namen der Bürgerschaft. Ihm untersteht die Bürgerschaftskanzlei, eine „Service-Zentrale“ für alle Abgeordneten des Parlaments.<ref>Julia von Blumenthal (2003), S. 214.</ref> In der ersten Sitzung übernimmt die Aufgabe des gewählten Präsidenten der [[Alterspräsident]]. Er ist das an Lebensjahren älteste Mitglied der Bürgerschaft.

Siehe auch: [[Liste der Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft]]

=== Das Präsidium ===
Das Präsidium ist ein [[Gremium]], welches aus der Mitte der Bürgerschaft heraus gewählt wird und zahlreiche Mitglieder umfassen kann. Die Hauptaufgabe des Präsidiums ist die Unterstützung des Präsidenten in der Führung der parlamentarischen Geschäfte sowie der Verwaltung. Es müssen nicht alle Parteien, die in der Bürgerschaft vertreten sind, auch einen Sitz im Präsidium innehaben. In der [[Bürgerschaftswahl in Hamburg 1991|14. Wahlperiode]] zum Beispiel waren neben der CDU und SPD (die das Präsidium alleine stellten) auch die FDP und die GAL im Parlament vertreten.

Das Gremium besteht neben dem Präsidenten zurzeit aus vier Vizepräsidentinnen und -präsidenten sowie zwei Schriftführern. Es wird in der konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft für die Dauer der Legislaturperiode gewählt. In der aktuellen ([[Bürgerschaftswahl in Hamburg 2011|20. Wahlperiode]]) besteht das Präsidium aus: Bürgerschaftspräsidentin [[Carola Veit]] (SPD), dem Ersten Vizepräsidenten [[Frank Schira]] (CDU) sowie den Vizepräsidenten [[Barbara Duden (Politikerin)|Barbara Duden]] (SPD), [[Eva Gümbel]] (GAL), [[Wieland Schinnenburg]] (FDP), [[Kersten Artus]] (DIE LINKE) und den Schriftführern [[Metin Hakverdi]] (SPD) und [[Andreas C. Wankum]] (CDU).

=== Der Ältestenrat ===
Der [[Ältestenrat]] ist ein Gremium, welches im Gegensatz zum Präsidenten und [[Präsidium]] nicht in der Verfassung verankert ist. Trotzdem ist der Ältestenrat aber eine feste [[Institution]] innerhalb des Hamburger Parlaments.

Die Hauptaufgaben sind die Unterstützung des Präsidenten sowie des Präsidiums und eine überfraktionelle Verständigung über Themen der Bürgerschaft. Es werden im Ältestenrat unter anderem die Tagesordnungspunkte, der technische Sitzungsablauf und das Arbeitsprogramm verabredet. Zudem ist der Rat für den Präsidenten als beratende Instanz tätig und wirkt auf eine Verständigung bei der Besetzung von Vorsitzenden und Schriftführern der Ausschüsse hin.

Das Gremium besteht aus dem Präsidenten, den Vizepräsidenten sowie weiteren von den Fraktionen benannten Mitgliedern. In der 19. Wahlperiode (2008 bis 2011) bestand der Ältestenrat aus 26 Mitgliedern. Davon stellt die CDU 10, die SPD 7, die GAL 4 und DIE LINKE 5 Mitglieder.

=== Ausschüsse ===
[[Ausschuss|Fachausschüsse]] werden am Anfang einer Wahlperiode auf Vorschlag des Ältestenrats eingesetzt und die Anzahl der Mitglieder bestimmt. Die Anzahl der Mitglieder wird dadurch festgelegt, dass jede Fraktion mindestens ein Mitglied im Ausschuss sitzen haben sollte und gleichzeitig die Mehrheitsverhältnisse widergespiegelt werden soll.

Die Aufgabe der Ausschüsse in der Hamburgischen Bürgerschaft ist es, das [[Plenum]] in zeitlicher und fachlicher Hinsicht zu entlasten und die Senatoren fachgebunden zu kontrollieren. In den Ausschüssen werden mit dem zuständigen Senator, als oberster Behördenvertreter, politische Lösungen und Kompromisse gesucht.

Die Bürgerschaft kann Anträge, Gesetzesvorlagen und andere Drucksachen mit einfacher Mehrheit zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überweisen. Im Rahmen der sogenannten Selbstbefassung kann auch der Ausschuss selber Themen behandeln, die im engen Zusammenhang mit seinem Fachgebiet stehen.

Jeder Ausschuss kann im Rahmen seiner Befassung mit einem Thema Anhörungen durchführen. Dabei werden entweder Sachverständige befragt (Expertenanhörung) oder es kommen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung Bürgerinnen und Bürger zu Wort, die zum Gegenstand der Beratungen sachliche Auskunft geben wollen.

Über die Ergebnisse der Beratungen wird die Bürgerschaft unregelmäßig informiert. Zudem geben die Ausschüsse schriftliche Empfehlungen an die Parlamentarier zurück. Abschließende Beschlüsse können Ausschüsse nur dann treffen, wenn sie im Einzelfall von der Bürgerschaft dazu ausdrücklich ermächtigt worden sind und Verfassung und Gesetze dem nicht entgegenstehen. Die Ausschüsse tagen - mit Ausnahme des Eingabenausschusses - in der Regel öffentlich, können aber in besonderen Fällen auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen.

Jeder Ausschuss kann so genannte Unterausschüsse einsetzten. Diese Ausschüsse können aus einem Hauptausschuss heraus eingesetzt werden aber auch von mehreren Ausschüssen eingesetzt werden, wenn beispielsweise eine Vorlage durch die Bürgerschaft an mehrere Ausschüsse verwiesen wurde.<ref>Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft, Stand 11. Dezember 1997.</ref>

In der aktuellen 19. Wahlperiode gibt es 17 Fachausschüsse. Die Ausschüsse sind nicht in jeder Wahlperiode gleich. So gab es zum Beispiel in der ersten Wahlperiode nach dem Zweiten Weltkrieg einen „Wiedergutmachungsausschuss“, in der 5. Wahlperiode (1961 bis 1966) einen „Ausschuss zur Bekämpfung der Luft- und Wasserverunreinigung“ und in der 14. Wahlperiode (1991 bis 1993) einen „Ausschuss für die Situation und die Rechte der Ausländer“. Klassische Ausschüsse sind dagegen zum Beispiel der [[Haushaltsausschuss]], der [[Petitionsausschuss|Eingabenausschuss]] oder der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung.<ref>Grolle / Brake, S. 423–425.</ref>

== Siehe auch ==
* [[Politik in Hamburg]]
* [[Geschichte Hamburgs]]
* [[Notabeln]]
* [[Wahlrecht (Hamburg)]]
* [[Liste der Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft]]
* [[Liste der Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft (20. Wahlperiode)]]
* [[Bürgerkoalition]]
* [[Gewerkschaftsfraktion]]
* [[Deputationen (Hamburg)]]
* [[:Kategorie:Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft]]

== Literatur ==
* [[Julia von Blumenthal]]: ''Freie und Hansestadt Hamburg: Das letzte Feierabendparlament.'' In: [[Uwe Andersen]], [[Wichard Woyke]] (Hrsg.): ''Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland.'' Opladen 2003, ISBN 3-8100-3670-6, S. 195–224. (Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung)
* [[Jürgen Bolland]]: ''Die Hamburgische Bürgerschaft in alter und neuer Zeit''. 1859-1959. Aus Anlaß des 100jährigen Jubiläums der gewählten Bürgerschaft in ihrem Auftrage verfaßt im Staatsarchiv. Hamburg 1959.
* ''Bürgerhandbuch der Hamburgischen Bürgerschaft.'' (14., 15. und 18. Wahlperiode)
* [[Ursula Büttner]]: ''Politischer Neubeginn in schwieriger Zeit. Wahl und Arbeit der ersten demokratischen Bürgerschaft 1919–1921.'' Hamburg 1994, ISBN 3-929728-07-9.
* Ursula Büttner: ''Hamburg zur Zeit der Weimarer Republik.'' sechs Abhandlungen. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 1996, ISBN 3-929728-28-1.
* Ursula Büttner: ''Errichtung und Zerstörung der Demokratie in Hamburg.'' Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 1998.
* [[Hans Wilhelm Eckardt]]: [http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/weitere-einrichtungen/landeszentrale-fuer-politische-bildung/publikationen/broschueren/start.html ''Von der privilegierten Herrschaft zur parlamentarischen Demokratie.''] 2. überarbeitete und ergänzte Auflage. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg (Hrsg.), Hamburg 2002, ISBN 3-929728-66-4.
* [[Inge Grolle]], [[Rita Brake]]: ''„Ich habe Jonglieren mit drei Bällen geübt“. Frauen in der Hamburgischen Bürgerschaft von 1946 bis 1993''. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 1995, ISBN 3-930802-01-5.
* [[Werner Jochmann]], [[Hans-Dieter Loose]]: ''Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner.'' Band 1. ''Von den Anfängen bis zur Reichsgründung.'' Hoffmann und Campe, Hamburg 1986, ISBN 3-455-08709-4.
* Werner Jochmann, Hans-Dieter Loose: '' Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner.'' Band 2 ''Vom Kaiserreich bis zur Gegenwart.'' Hoffmann und Campe, Hamburg 1986, ISBN 3-455-08255-6.
* [[Eckart Kleßmann]]: ''Geschichte der Stadt Hamburg.'' Neuausgabe. Die Hanse, Hamburg 2002, ISBN 3-434-52596-3.
* [[Franklin Kopitzsch]]: ''„…die vereitelte Hoffnung, das Hin- und Herschwenken der Meinungen, die verschiedenen Parteiungen…“ – Hamburg und die Revolution von 1848/49.'' In: Wilfried Beutin, Wolfgang Hoppe, Franklin Kopitzsch (Hrsg.): ''Die deutsche Revolution von 1848/49 und Norddeutschland.'' Beiträge der Tagung vom 15. bis 17. Mai 1998 in Hamburg. Verlag Peter Lang, Bern/New York/Paris 1999.
* [[Erich Lüth]]: ''Die Hamburger Bürgerschaft. Wiederaufbau und Neubau.'' Verlag Conrad Kayser, Hamburg 1971. (Im Auftrag der Hamburger Bürgerschaft)
* [[Paul Nevermann]]: ''Metaller – Bürgermeister – Mieterpräsident. »Rosinen aus meinem Leben«.'' Verlagsgesellschaft des Deutschen Mieterbundes, Köln 1977.
* [[Ernst Christian Schütt]]: ''Die Chronik Hamburgs.'' Chronik Verlag, Dortmund 1991, ISBN 3-611-00194-5.
* [[Helmut Stubbe-da Luz]]: ''Von der Arbeitsgemeinschaft“ zur Großpartei. 40 Jahre Christlich Demokratische Union in Hamburg (1945–1985).'' Herausgegeben von der Staatspolitischen Gesellschaft, Hamburg 1986.
* [[Bernhardt Studt]], [[Hans Olsen]]: ''Hamburg. Die Geschichte einer Stadt.'' Hans Köhler Verlag, Hamburg 1951.
* [[Werner Thieme]]: ''Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg (Kommentar).'' Harvesterhuder Fachverlag, Hamburg 1998.
* [[Henning Timpke]]: ''Dokumente zur Gleichschaltung des Landes Hamburg 1933.'' Frankfurt am Main 1964.
* [[Walter Tormin]]: ''Der schwere Weg zur Demokratie. Politischer Neuaufbau in Hamburg 1945/46.'' Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 1995.
* Walter Tormin: ''Verfolgung und Widerstand von Hamburger Sozialdemokraten und Sozialdemokraten 1933–1945''. Ein Überblick. In: SPD-Hamburg: ''Für Freiheit und Demokratie. Hamburger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Verfolgung und Widerstand 1933–1945.'' Hamburg 2003, S. 10–22.
* [[Volker Ullrich]]: ''Weltkrieg und Novemberrevolution. Die Hamburger Arbeiterbewegung 1914–1918.'' In: [[Jörg Berlin]]: ''Das andere Hamburg. Freiheitliche Bestrebungen in der Hansestadt seit dem Spätmittelalter.'' Pahl Rugenstein Verlag, Köln 1981, S. 181–208.
* [[Angelika Voss]]: ''Der »Hamburger Aufstand« im Oktober 1923'', in: ''Hamburg im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts – Die Zeit des Politikers [[Otto Stolten]]''. Sieben Abhandlungen. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 2000, S. 167–218.
* [[Joachim Wege]], [[Angelika Grönwall]]: ''Die Bürgerschaft. Geschichte, Aufgaben und Organe des Hamburger Landesparlaments.'' 3. Aktualisierte Auflage. Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 1989.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Karl-Heinz Witzthum: „Die Soziale Herkunft der Abgeordneten der Hamburger Konstituante 1848“, [http://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh/cntmng;jsessionid=CDB7BF072FF76F59067D32E731210841.jvm1?type=pdf&did=c1:15942 AGORA: e-Plattform für die Hamburger Geisteswissenschaften]
{{Commonscat|Members of Hamburgische Bürgerschaft}}
{{Commonscat|Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft im Hamburger Rathaus}}
* [http://www.hamburgische-buergerschaft.de/ Offizielle Internetseite der Hamburgischen Bürgerschaft]
* {{DNB-Portal|2028271-0}}
* [http://www.spd-fraktion-hamburg.de/uploads/tx_wfpresse/60-jahre-spd-fraktion-hamburg.pdf 60 Jahre SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft] ([[Portable Document Format|PDF]]; 492 kB)
* [http://www.cduhamburg.de/deutsch/769/730/730/27002/design1.html Geschichte der Hamburger CDU]
* [http://www.fdp-hh.de/Portals/LV/Docs/Misc/FDP_HH_Festschrift_60.pdf 60 Jahre FDP in Hamburg]([[Portable Document Format|PDF]]; 126 kB)
* [http://www.hamburg.gruene.de/cms/default/rubrik/9/9021.geschichte_der_gal.htm Geschichte der GAL in Hamburg]
* [http://www.spiegel.de/flash/0,5532,17311,00.html Wahlergebnisse 2004 und 2008 auf spiegel.de]
* [http://rathaus-3d.hamburg.de/#pano=70 virtueller Rundgang durch den Plenarsaal]

== Einzelnachweise ==
<references />

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Version vom 13. Juni 2012, 09:03 Uhr

Im Zuge der Revolution von 1848/49 wählten die Hamburger im Herbst 1848 eine verfassunggebende parlamentarische Versammlung, die Hamburger Konstituante.[1] Am 14. Juni 1850 wurde die Hamburger Konstituante wieder aufgelöst.

Vorgeschichte

Nach dem Hamburger Brand 1842, bei dem das alte Hamburger Rathaus zerstört wurde, vermehrte sich die Kritik an den Staats- und Verwaltungsorganen. Im Vormärz, der überall in Deutschland Kritik an den politischen Verhältnissen hervorbrachte, entstanden auch in Hamburg verschiedene Strömungen. Auf der einen Seite standen die Liberalen, die eine Repräsentativverfassung nach englischem Vorbild forderten. Sie wollten aber bei den Wahlen das Besitz- und Bildungsbürgertum gegenüber den ärmeren Schichten bevorzugen. Die Gruppe der Demokraten dagegen wollte eine „Unbedingte Volkssouveränität“ und eine Beteiligung aller Schichten am politischen Prozess. Gegen beide Richtungen stemmte sich die Erbgesessene Bürgerschaft, aus der der Senat gewählt wurde.[2]

Auf die immer massiveren Forderungen im Winter und Frühjahr 1848 reagierten am 13. März der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft mit einer gemeinsamen Deputation. Sie sollte alle Forderungen sammeln und beraten. Überraschenderweise beruhigten sich die Gemüter, auch wenn in der Deputation wieder nur Mitglieder der beiden Organe beteiligt waren. Die erste moderne Wahl vom 18. bis 20. April fand aber nicht zu einem Hamburger Parlament, sondern zur Frankfurter Nationalversammlung statt. Gewählt wurden die drei liberalen Politiker Edgar Daniel Roß, Ernst Merck und Johann Gustav Wilhelm Moritz Heckscher.

Einsetzung der Hamburger Konstituante

Haus der patriotischen Gesellschaft und Sitz der Hamburger Konstituante von 1848 bis 1850

Da die Deputation sich nicht auf ein neues Wahlrecht beziehungsweise eine Verfassung einigen konnte und klar wurde, dass sie am Status Quo festhalten wollte, forderten die politischen Vereine in Hamburg eine „Konstituante“ (verfassunggebende Versammlung) nach dem Vorbild der Frankfurter Nationalversammlung. Der Senat und die Erbgesessene Bürgerschaft konnten sich dem Druck des Volkes nur schlecht entziehen, weil auch das Bürgermilitär mit den neuen politischen Ideen sympathisierte. Aber die vom Senat am 18. August 1848 zugesicherten freien Wahlen brachten Streit zwischen der liberalen und der demokratischen Strömung. Streitpunkte waren vor allem die Frage nach einem relativen oder absoluten Mehrheitswahlrecht sowie nach den Diäten der Abgeordneten.

Am 8. September wurde mit Zustimmung der Erbgesessenen Bürgerschaft das Wahlgesetz verkündet. Es sollten mit wenigen Ausnahmen alle männlichen Staatsangehörigen ab 22 Jahre wahlberechtigt sein. Hamburg wurde in elf Wahlbezirke aufgeteilt, aus denen insgesamt 188 Abgeordnete gewählt werden sollten. Die beiden Hauptgruppen, die sich zur Wahl stellten, waren das fortschrittliche „Liberale Wahlkomitee“ und der eher konservative „Patriotische Verein“. Die Beteiligung an der Wahl vom 5. Oktober bis 4. Dezember (es wurde nacheinander in den Wahlkreisen gewählt) fiel mit 50 % der 38.000 Wahlberechtigten ernüchternd aus. Das Liberale Wahlkomitee ging aber mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen als klarer Sieger aus dieser Wahl hervor. David Christopher Mettlerkamp wurde Alterspräsident der Konstituante und forderte am Anfang der Beratungen: „Gleiche politische und bürgerliche Berechtigung aller Staatsangehörigen, […] ist eine unabweisliche Forderung der Vernunft und eines sittlichen Willens.“[3]

Präsident dieser Konstituante wurde zeitweise Johannes Versmann. Als herausragender Erfolg kann die Verabschiedung der „Verfassung des Freistaates Hamburg“ vom 11. Juli 1849 gesehen werden.[4] Die Konstituante tagte bis zu ihrer Auflösung am 14. Juni 1850 in den Räumen der Patriotischen Gesellschaft von 1765.[5]

Mitglieder der Hamburger Konstituante

Personen im Umfeld der Hamburger Konstituante

  • Ludwig Friedrich Wilhelm Kaufmann war als Ersatzmann zur für die Hamburger Konstituante gewählt, wurde auch einberufen, erklärte aber unter den gegeben Verhältnissen und Bestimmungen nicht eintreten zu können und bat um seinen Entlassung.
  • Carl Friedrich Petersen gehörte der Neuner-Kommission an, die vom Senat die Aufgabe bekommen hatte, die von der Hamburger Konstituante vorgeschlagenen Verfassungsentwürfe zu prüfen.

Quellen

  1. Die Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft
  2. Eckardt: Von der privilegierten Herrschaft, S. 21.
  3. Kopitzsch (1999), S. 295
  4. Eckardt: Von der privilegierten Herrschaft, S. 21–27.
  5. Ernst Christian Schütt: Die Chronik Hamburgs, Chronik Verlag, Dortmund 1991, S. 230.
  6. Jakob Audorf (der Ältere), * 20. Dezember 1807; † 30. August 1891 in Hamburg. Digitale Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
  7. http://www.literaturhaus.ch/bibliothek/fundstueck/fundstueck-ein-untertaeniger-fingerzeig
  8. http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MarrWilhelm/
  9. http://www.hamburgerpersoenlichkeiten.de/hamburgerpersoenlichkeiten/member_file_uploads/helper.asp?id=1705