Klima-Nische

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Klimanische bei gegenwärtiger Entwicklung und hypothetischer Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels (schraffiert: nicht länger bewohnbare Zonen außerhalb der Klimanische)

Die menschliche Klimanische (englisch: human climate niche oder kurz: Klimanische, climate niche) ist die Gesamtheit der Umweltbedingungen, die in den vergangenen Jahrtausenden den Erhalt menschlichen Lebens und der entsprechender Kulturtechniken wie Landwirtschaft ermöglicht haben. Die Klimanische wird durch das Verhältnis von Faktoren wie Bevölkerungsdichte und Jahresdurchschnittstemperatur überschlagen.[1][2] Damit kann angegeben werden, wie viele Menschen weltweit sich im Jahresverlauf in Regionen aufhalten, in denen ihr Überleben aufrechterhalten werden kann.

Die theoretische menschliche Populationsdichte entspricht im Jahresverlauf einer Bimodalverteilung der geeigneten Durchschnittstemperaturen zweier Modi; einem um 15 °C, einem zwischen 20 und 25 °C.[2] Für die Lebensmittelsicherheit notwendige Ernteerträge und Nutztiere sind von ähnlichen ökologischen Nischen abhängig. Auch Faktoren wie Luftfeuchtigkeit können die Größe der Klimanische beeinflussen. Mit dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen wird prognostiziert, dass weite Teile der Weltbevölkerung Umweltbedingungen außerhalb der menschlichen Klimanische ausgesetzt sein werden. Einige Prognosen unter Einbeziehung des demographischen Wandels gehen davon aus, dass sich zwischen 2030 und 2090 etwa 2,0 bis 3,7 Milliarden Menschen außerhalb der Klimanische aufhalten werden.[2][3][4] Bei global gleichbleibender Bevölkerungszahl und einem derzeit realistischen Szenario von 2,7 Grad Celsius Erwärmung könnte dies beispielsweise für Deutschland einen absehbaren Zustrom von 67 Millionen Menschen bedeuten.[5]

Aufgrund der Zahl der Betroffenen, der prognostizierten Intensität möglicher Migrationsbewegungen und resultierender Konflikte wird die Verkleinerung der Klimanische mancherorts als „Genozid“ für weite Teile der Bevölkerung Afrikas und indigener Völker weltweit bezeichnet.[6][7][8][9] Da die auf absehbare Zeit aus ihren ursprünglichen Regionen vertriebenen Menschen mehrheitlich keinen signifikanten Anteil an den Ursachen haben, ist die sich verkleinernde Klimanische auch Bestandteil von Fragen der Klimagerechtigkeit.[2]

Changes in relative human population density with respect to mean annual temperature
Veränderung der relativen Bevölkerungsdichte gegenüber der Jahresdurchschnittstemperaturen

Einzelnachweise

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  1. Chi Xu, Timothy A. Kohler, Timothy M. Lenton, Jens-Christian Svenning, Marten Scheffer: Future of the human climate niche. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 117. Jahrgang, Nr. 21, 26. Mai 2020, ISSN 0027-8424, S. 11350–11355, doi:10.1073/pnas.1910114117, PMID 32366654, PMC 7260949 (freier Volltext), bibcode:2020PNAS..11711350X (englisch).
  2. a b c d Timothy M. Lenton, Chi Xu, Jesse F. Abrams, Ashish Ghadiali, Sina Loriani, Boris Sakschewski, Caroline Zimm, Kristie L. Ebi, Robert R. Dunn, Jens-Christian Svenning, Marten Scheffer: Quantifying the human cost of global warming. In: Nature Sustainability. 6. Jahrgang, Nr. 10, 22. Mai 2023, ISSN 2398-9629, S. 1237–1247, doi:10.1038/s41893-023-01132-6, bibcode:2023NatSu...6.1237L (englisch, nature.com).
  3. Ein Drittel aller Menschen lebt 2100 außerhalb der Klimanische. In: Science Media Center. 22. Mai 2023, abgerufen am 10. Mai 2024 (englisch).
  4. Clemens Haug: Klima-Update: 40 Prozent der Menschheit bald außerhalb der Klima-Nische. In: MDR.de. Mitteldeutscher Rundfunk, 26. Mai 2023, abgerufen am 10. Mai 2024.
  5. Marten Scheffer, W. Neil Adger, Stephen R. Carpenter, Carl Folke, Tim Lenton, Gaia Vince, Frances Westley, Chi Xu: Anticipating the global redistribution of people and property. In: One Earth. Band 7, Nr. 7, Juli 2024, S. 1151–1154, doi:10.1016/j.oneear.2024.06.008 (elsevier.com [abgerufen am 14. August 2024]).
  6. Andreas Exenberger, Andreas Pondorfer: Genocidal risk and climate change. Africa in the twenty-first century. In: Jürgen Zimmerer (Hrsg.): Climate Change and Genocide. Routledge, London 2015, ISBN 978-1-315-71487-5, doi:10.4324/9781315714875.
  7. From Global Warming to Genocide Warning: Climate Change and Mass Atrocities - World. In: ReliefWeb. 4. Dezember 2016, abgerufen am 24. Juni 2024 (englisch).
  8. Michael T. Klare: Climate change as genocide. Inaction equals annihilation. In: OpenDemocracy. 21. April 2017, abgerufen am 24. Juni 2024 (englisch).
  9. James Robins: The Case for Calling Climate Change “Genocide”. In: The New Republic. 23. September 2020, ISSN 0028-6583 (newrepublic.com [abgerufen am 24. Juni 2024]).