Guanacoit

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Guanacoit
Guanacoit aus der „El Guanaco Mine“, Antofagasta, Chile
Größe 2,3 cm × 2,1 cm × 1,6 cm
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2003-021[1]

IMA-Symbol

Gnc[2]

Chemische Formel
  • Cu2Mg2(Mg0.5Cu0.5)(OH)4(H2O)4(AsO4)2[3]
  • Cu2(Mg,Cu)Mg2[(OH)2|AsO4]2·4H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate, Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/D.16-025

8.DD.10
42.04.01.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[6]
Gitterparameter a = 5,459(2) Å; b = 16,808(9) Å; c = 6,917(3) Å
β = 100,44(1)°[6]
Formeleinheiten Z = 2[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,31; berechnet: 3,36
Spaltbarkeit deutlich bis gut parallel {010}
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig; spröde[3]
Farbe blau bis hellblau,[3] türkisblau[7]
Strichfarbe weiß bis hellblau
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,664(1)[8]
nβ = 1,691(1)[8]
nγ = 1,695(1)[8]
Doppelbrechung δ = 0,031[8]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 31°; berechnet: 42°[8]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in kalten und warmen Säuren

Guanacoit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Cu2Mg3(OH)4(AsO4)2·4H2O[1] oder in der kristallchemischen Formelschreibweise nach Stunz Cu2(Mg,Cu)Mg2[(OH)2|AsO4]2·4H2O[4]. Guanacoit ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kupfer-Magnesium-Arsenat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Guanacoit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, entwickelt allerdings nur kleine, nadelige bis prismatische Kristalle von etwa 0,7 mm Länge von hellblauer bis türkisblauer Farbe.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Guanacoit in der „El Guanaco Mine“ bei Guanaco in der chilenischen Región de Antofagasta und wissenschaftlich beschrieben durch Thomas Witzke, Uwe Kolitsch, Werner Krause, Annemarie Wiechowski, Olaf Medenbach, Anthony R. Kampf, Ian M. Steele und Georges Favreau, die das Mineral nach seiner Typlokalität benannten.

Als eigenständiges Mineral wurde Guanacoit von der International Mineralogical Association (IMA) bereits 2003 unter der vorläufigen Bezeichnung IMA 2003-021 anerkannt. Veröffentlicht wurden die Untersuchungsergebnisse und der anerkannte Name Guanacoit 2006 im European Journal of Mineralogy 18.

Typmaterial, das heißt Mineralproben aus dessen Typlokalität Guanaco, wird in der Mineralogischen Sammlung der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in Deutschland unter der Katalog-Nr. 79704 aufbewahrt.

Unabhängige Untersuchungen von einem der Erstbeschreiber konnten Guanacoit auch in Mineralproben aus dem Tagebau Taghouni in der marokkanischen Provinz Ouarzazate (Souss-Massa-Daraâ) nachweisen. Das Typmaterial dieser Fundstätte wird in der Sammlung der Abteilung für Naturwissenschaften des Natural History Museum of Los Angeles County unter den Katalog-Nr. 55435, 55436 und 55437 aufbewahrt.

Da der Guanacoit erst 2003 entdeckt wurde, ist er in der seit 2001 veralteten Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage) nicht aufgeführt. Einzig im zuletzt 2014 erschienenen „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach der klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System-Nr. VII/D.16-25. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Guanacoit zusammen mit Akrochordit, Chenevixit und Luetheit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[4]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Guanacoit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 2 : 1“, wo er zusammen mit dem namensgebenden Akrochordit die „Akrochorditgruppe“ mit der System-Nr. 8.DD.10 bildet.

Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Guanacoit in die Abteilung der „Hydratisierte Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ und dort in die Unterabteilung der „Hydratisierten Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen und er allgemeinen Zusammensetzung (AB)5(XO4)2Zq • x(H2O)“, wo er ebenfalls zusammen mit Akrochordit die unbenannte Gruppe 42.04.01 bildet.

Die mithilfe der Elektronenstrahlmikroanalyse ermittelte chemische Zusammensetzung ergab einen gewichtsprozentualen Anteil von 29,67 % CuO, 17,12 % MgO, 35,67 % As2O5 und 18 % H2O. Das entspricht der empirischen Formel Cu2.32Mg2.64(OH)4.13(H2O)4.15(AsO4)1.93 oder vereinfacht Cu2Mg2(Mg0.5Cu0.5)(OH)4(H2O)4(AsO4)2.[3]

Kristallstruktur

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Guanacoit kristallisiert isotyp mit Akrochordit im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 5,459(2) Å; b = 16,808(9) Å; c = 6,917(3) Å und β = 100,44(1)° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Bildung und Fundorte

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Himmelblaue, nadelige Guanacoit-Kristalle auf blassblauen, kugeligen Arhbarit-Aggregaten aus der Guanaco Mine, Chile (Größe 2,3 cm × 2,1 cm × 1,6 cm)

Da alle Guanacoitproben auf den Abraumhalden des Tagebaus Guanaco gefunden wurden, ist die genaue Position des Vorkommens innerhalb des Grubenfeldes nicht bekannt. Die Lagerstätte El Guanaco selbst entstand unter hydrothermalen Bedingungen bei eher niedrigen Temperaturen zwischen 200 und 100 °C (epithermal) mit hohem Sulfidisierungsgrad. Säurebedingte Alterationen (Mineral-Umwandlungen) und Verwitterungsprozesse führten zu einer Anreicherung verschiedener Metalle und damit neben gediegen Kupfer, Gold und Silber auch zur Bildung einer Vielzahl entsprechender, teilweise seltener Minerale wie Arhbarit, Brochantit, Chenevixit (Cu2Fe3+2[(OH)2|AsO4]2), Chrysokoll, Enargit, Klinoklas, Konichalcit, Lammerit, Lavendulan, Lemanskiit und Olivenit sowie Jodargyrit und Bismoclit (BiOCl) führte.

Neben den Gruben El Guanaco in Chile und Taghouni in Marokko ist bisher nur ein weiterer Fundort für Guanacoit bekannt (Stand: 2017), nämlich der in Spanien liegende Cerro de la Corona nahe Huércal de Almería in Andalusien.[10]

  • Thomas Witzke, Uwe Kolitsch, Werner Krause, Annemarie Wiechowski, Olaf Medenbach, Anthony R. Kampf, Ian M. Steele, Georges Favreau: Guanacoite, a new arsenate mineral species from the El Guanaco Mine, near Taltal, Chile: Description and crystal structure. In: European Journal of Mineralogy. Band 18, Nr. 6, 2006, S. 813–821, doi:10.1127/0935-1221/2006/0018-0813 (rruff.info [PDF; 329 kB; abgerufen am 22. September 2019]).
  • Atsushi Kyono: Compositional variability and crystal structural features of guanacoite. In: American Mineralogist. Band 93, 2008, S. 501–507 (rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 22. September 2019]).
Commons: Guanacoite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d Thomas Witzke, Uwe Kolitsch, Werner Krause, Annemarie Wiechowski, Olaf Medenbach, Anthony R. Kampf, Ian M. Steele, Georges Favreau: Guanacoite, a new arsenate mineral species from the El Guanaco Mine, near Taltal, Chile: Description and crystal structure. In: European Journal of Mineralogy. Band 18, Nr. 6, 2006, S. 813–821, doi:10.1127/0935-1221/2006/0018-0813 (rruff.info [PDF; 329 kB; abgerufen am 22. Januar 2018]).
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Guanacoite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 22. September 2019 (englisch).
  6. a b c Atsushi Kyono: Compositional variability and crystal structural features of guanacoite. In: American Mineralogist. Band 93, 2008, S. 501–507 (rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 22. September 2019]).
  7. Mineralienatlas: Guanacoit
  8. a b c d e Guanacoite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 22. September 2019 (englisch).
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  10. Fundortliste für Guanacoit beim Mineralienatlas und bei Mindat