Benutzer:Metalmore/Kritik FE

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Kritik an der feministischen Erkenntnistheorie

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Da die feministische Erkenntnistheorie ein heterogenes Feld ist, fällt auch die Kritik an ihr sehr unterschiedlich aus. So wird von der Philosophin und Feministin Susan Haack kritisiert, dass die Bestrebungen von feministischen Erkenntnistheoretikern, nicht im Starkmachen einer ausschließlich weiblichen Perspektive liegen soll, sondern von einer gemeinsamen Humanität von Männern und Frauen und deren Egalität ausgehen muss. Somit kritisiert Haack in diesem Zusammenhang die Annahme, dass es einen dezidiert „weiblichen Blick“ gibt, der bisher von dem androzentrischen Wissenschaftsbetrieb vernachlässigt wurde.[1] Allerdings ist anzumerken, dass die Idee eines distinktiv weiblichen Erfahrungszugangs von vielen Vertretern der feministischen Erkenntnistheorie nicht behauptet wird.

Ebenfalls von Haack stammt der Hinweis, dass es innerhalb der feministischen Erkenntnistheorie weder eine einheitliche, noch kohärente oder konsistente Argumentation gibt.[2] Wie oben beschrieben, lässt sich die feministische Erkenntnistheorie jedoch eher als ein Sammelbegriff einer Reihe heterogener Positionen verstehen und gibt folglich nicht vor, einheitlich zu sein. Allen Positionen gemein ist jedoch die Prämisse der Situiertheit von Wissen.

In Bezug auf diese allen gemeinsame Prämisse besteht der Vorwurf, dass durch ein als situiert charakterisiertes Subjekt der Erkenntnis, der wissenschaftliche Anspruch auf Objektivität zugunsten einer relativistischen Beliebigkeit verloren geht.[3] Außerdem sei die feministische Erkenntnistheorie durch diese Grundannahme zu sehr um Werte bemüht, da sie versucht gesellschaftliche, politische, soziale und geschlechterspezifische Einflüsse in wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung mit einzubeziehen. Damit vermischt die feministische Erkenntnistheorie empirische, als objektiv geltende Studien mit einer Befürwortung und Propagierung soziologischer Kontexte. Haack sieht in diesem Zugang sogar eine ausgesprochene Gefahr, der es entgegenzuwirken gilt, wenn sie von den „Ambitionen des imperialistischen Feminismus“ spricht, die Erkenntnistheorie zu „kolonialisieren“.[4]

Dem wird entgegengebracht, dass mit der These der Situiertheit von Wissen nicht dafür argumentiert wird, die Wertfreiheit der Wissenschaften zugunsten von politisierenden Entscheidungen ersetzen zu wollen. Vielmehr wird im Einklang mit den Befunden der Wissenschaftssoziologie und Wissenschaftsforschung betont, dass wissenschaftliche Erkenntnis niemals wertfrei ist, sondern als Prozess in sozialen, politischen und ökonomischen Kontexten beschrieben und verstanden werden muss.[5]

Ferner sieht Code hinter dem scheinbaren Problem einer relativistischen Sichtweise den erkenntnistheoretischen Vorteil in der Entfaltung einer vielseitigen Perspektive. Durch die Offenlegung der jeweiligen Umstände des Erkennens, gilt es für die jeweiligen Forscher verantwortungsbewusst mit ihren Entscheidungen umzugehen und den Wissensrahmen stets mitzureflektieren.[6] Den Vorwurf des erkenntnistheoretischen Relativismus weist auch die Philosophin Kathrin Hönig zurück. Sie sieht in der relativistischen Tendenz, vor allem in Codes Ansatz, in erster Linie ein rhetorisches Problem, welches durch die Umformulierung in eine "anti-anti-relativistische" Haltung, eine treffendere Beschreibung findet. Gemeint ist hiermit, dass Code und andere im Kern nicht relativistisch argumentierten, sondern vielmehr universalistische oder essentialistische, d. h. anti-relativistische Einwände zurückweisen.[7]

Einwände erfährt außerdem das explizite Berufen auf die Relevanz der soziologischen Kategorie des Geschlechts im Erkenntnisgewinn. Die Kritik fußt auf der allgemeinen Annahme, dass das wissende Subjekt geschlechtslos und somit rein objektiv konstituiert ist. Das Geschlecht des Forschenden ist von daher irrelevant für die Ergebnisse. Allerdings spielt die Kategorie des Geschlechts sichtbar eine Rolle im Wissenschaftsbetrieb. Historisch betrachtet wurde Wissen schon immer geschlechterspezifisch konnotiert und auch der sexistische Umgang mit Forscherinnen basiert auf geschlechterbezogenen Vorurteilen. ## Dieser Absatz würde auf jeden Fall einen Beleg benötigen. Vielleicht ließe er sich inhaltlich aber auch nach oben zu "spezifisch weiblicher Zugang" verschieben? ##

  1. Susan Haack: Knowledge and Propaganda: Reflections of an Old Feminist. In: Susan Haack (Hrsg.): Manifesto of a Passionate Moderate. University of Chicago Press, Chicago 1998, ISBN 978-0-226-31136-4, S. 123–136.
  2. Susan Haack: Knowledge and Propaganda: Reflections of an Old Feminist. In: Susan Haack (Hrsg.): Manifesto of a Passionate Moderate. University of Chicago Press, Chicago 1998, ISBN 978-0-226-31136-4, S. 123–136.
  3. Lorraine Code: Is the Sex of the Knower Epistemologically Significant? In: Louis P. Pojman (Hrsg.): The Theory of Knowledge. Classical and Contemporary Readings. 3. Auflage. Wadsworth, Belmont 2003, ISBN 978-0-534-55822-2, S. 559–571.
  4. englisch: „My diagnosis is that the New Cynicism in philosophy of science has fed the ambition of the new, imperialist feminism to colonize epistemology.“Susan Haack: Knowledge and Propaganda: Reflections of an Old Feminist. In: Susan Haack (Hrsg.): Manifesto of a Passionate Moderate. University of Chicago Press, Chicago 1998, ISBN 978-0-226-31136-4, S. 123–136, hier S. 128.
  5. Helen Longino: In Search of Feminist Epistemology. In: The Monist. Band 77, Nr. 4, 1994, S. 472–485.
  6. Lorraine Code: Is the Sex of the Knower Epistemologically Significant? In: Louis P. Pojman (Hrsg.): The Theory of Knowledge. Classical and Contemporary Readings. 3. Auflage. Wadsworth, Belmont 2003, ISBN 978-0-534-55822-2, S. 559–571.
  7. Kathrin Hönig: Relativism or Anti-Anti-Relativism? Epistemological and Rhetorical Moves in Feminist Epistemology and Philosophy of Science. In: European Journal of Women's Studies. Band 12, Nr. 4, 2005, S. 407–419.